Flexion

Die Flexion (von lat. flectere) oder Beugung bezeichnet in der Grammatik die Änderung der Gestalt eines Wortes (eines Lexems) zum Ausdruck seiner grammatischen Funktion innerhalb eines Satzgefüges. Dies geschieht mithilfe von Morphemen. Sprachen mit Flexion besitzen einen so genannten flektierenden Sprachbau. Eine Flexion hat stets eine semantische Funktion und folglich auch eine pragmatische, so beim Kasus, Numerus, Genus und Tempus.
Der Begriff Flexion
Der Ausdruck Flexion (englische/angloamerikanische Entsprechung: inflection bzw. inflexion) wird nicht nur für die Flexion im engeren Sinne (Fusion) verwendet , sondern er bezieht häufig auch die sog. Agglutination (grobe und leicht zerlegbare Anfügung von Affixen) mit ein, daher ist die Bezeichnung flektierende Sprache in vielen Fällen ein Synonym für eine synthetische Sprache. Flexion liegt vor, wenn Wortstämme verändert werden (flektierte Formen gebildet werden), um grammatische Merkmale auszudrücken. Damit ist Flexion der Oberbegriff für Agglutination und Fusion (Verschmelzung von Morphemen) zum Ausdruck grammatischer Kategorien.
- So werden:
- agglutinierende und
- fusionierende Flexion
unterschieden. Der Verschmelzungsgrad ist dabei verschieden: Während bei Agglutination die gebundenen Flexive monofunktional sind und leicht zerlegbar sind, ist das bei der Fusion nicht möglich. Ein agglutinatives Flexiv ist z.B. das -te des deutschen Präteritums, ein fusionales das -t in geht, wobei im Morph -t sowohl das Morphem {3.Person} als auch {Singular} vereint sind.
Dem steht die Derivation gegenüber, die der Bildung neuer lexikalischer Wortbedeutungen dient.
Beispiel im Deutschen (für starke Flexion), die Stammänderung markiert das Tempus:
du läufst – du liefst
Arten
Bei der schulgrammatischen Definition von Flexion wird abhängig von der Wortart unterschieden zwischen
- der Deklination bei Substantiven (diese Flexion wird auch als Biegung bezeichnet, um sie von der Beugung der Verben abzugrenzen)‚
- Beispiel: das Haus, des Hauses, der Häuser. Deklination nach Kasus und Numerus; eine Genusänderung ist nicht möglich.
- der Deklination bei Adjektiven nach Kasus, Numerus, Genus
- Beispiel: (ein) schneller, (eine) schnelle, (ein) schnelles): Deklination nach Genus; (ein) schneller, (eines schnellen): Deklination nach Kasus; (ein) schneller, (die) schnellen): Deklination nach Numerus.
- der Konjugation bei Verben
- beispielsweise nach Person, Numerus, Aspekt, Aktionsart, Tempus/ Zeit, Genus Verbi, Modus
- der Komparation (Steigerung) bei Adjektiven und Partizipien
- nach der Steigerungsstufe
- Beispiel: schnell (Positiv), schneller (Komparativ), am schnellsten (Superlativ)
Man unterscheidet bei Verben parallel dazu drei Arten der Flexion
- beispielsweise Präfixe, Suffixe, Infixe, Zirkumfixe wie bei (ich) spiele - spielte (Tempusflexion durch Anhängen von -{t}- an den Wortstamm)
- unregelmäßige Flexion mit weitergehender Veränderung des Wortstammes (Ablaut und Konsonantenwechsel) wie bei (ich) ziehe - zog und manchmal zusätzlich mit dem Tempusaffix wie bei (ich) bringe - brachte (Vokalwechsel, Konsonantenwechsel und Präteritumsuffix -{t}- oder mit Suppletivformen wie bei (ich) bin - (du) bist - (er) ist, (ihr) seid, (wir, sie) sind, wo verschiedene Stämme ein Flexionsparadigma bilden (Suppletion).
Die Zusammengehörigkeit von Wörtern oder Wortgruppen im Satz kommt durch Kongruenz zum Ausdruck. Dabei handelt es sich vor allem um Kasus-, Numerus- und Genuskongruenz innerhalb eines Satzgliedes, die Numeruskongruenz zwischen Subjekt und Prädikat sowie die Numerus- und Genuskongruenz zwischen Bezugsnomen und Relativpronomen.
- Beispiel: Wir sehen den kleinen Jungen. Der Satz weist eine Numeruskongruenz zwischen Subjekt und Prädikat auf, ferner eine Kasus-, Numerus- und Genuskongruenz im Objekt.
Der Begriff flektierende Sprache wird häufig als Oberbegriff für synthetische Sprachen verwendet, also auch für agglutinierende Sprachen und fusionale Sprachen.
Eine flektierte Form kann durchaus mehrere verschiedene Bedeutungen haben, wie auch eine grammatische Funktion durch mehrere flektierte Formen ausgedrückt werden kann.
Sprachen
Viele indoeuropäische Sprachen – z. B. Deutsch, Latein, slawische Sprachen, Hindi – haben einen flektierenden Sprachbau. Innerhalb der semitischen Sprachen sind besonders in der klassischen arabischen Sprache sehr viele Flexionsformen erhalten geblieben.
Hingegen hat das gesprochene Französisch im Laufe der Jahrhunderte viele Flexionsformen verloren. Beispiel: il donne (er gibt) und ils donnent (sie geben) sind vom bloßen Hören nicht zu unterscheiden.
Auch die englische Sprache hat in den letzten Jahrhunderten nahezu alle Flexionsformen aufgegeben. Dazu ein Vergleich der Konjugation des Verbs "make" in der mittelenglischen, frühneuenglischen und modernen Form:
Mittelenglisch | Frühneuenglisch | Neuenglisch | |||
---|---|---|---|---|---|
ich | make | I | make | I | make |
þu | makest | thou | makst | you | make |
he/she/it | makeþ | he/she/it | maketh | he/she/it | makes |
we | maken | we | make | we | make |
3e | maken | ye | make | you | make |
þey | maken | they | make | they | make |
Im Kontrast zu flektierenden bzw. synthetischen Sprachen stehen analytische bzw. isolierende Sprachen.
Literatur
- Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2002. ISBN 3-520-45203-0
- Duden. Die Grammatik. 7., völlig neu erarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag: Mannheim/ Leipzig/ Wien/ Zürich 2005. ISBN 3-411-04047-5
- Heide Wegener: Die Nominalflexion des Deutschen - verstanden als Lerngegenstand. Niemeyer, Tübingen 1995. ISBN 3-484-31151-7
Siehe auch
Weblinks
- Online Verbformgenerator Sämtliche deutsche Verbformen und Verbphrasen konjugieren