Zum Inhalt springen

Politisches System der Schweiz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. Dezember 2004 um 16:10 Uhr durch 212.254.97.144 (Diskussion) (Volksrechte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Schweiz ist eine Willensnation, die weder ethnisch noch sprachlich noch religiös eine Einheit ist, ein Bundesstaat entstanden aus einem Staatenbund von unabhängigen Einzelstaaten (Kantonen). Von daher ist es verständlich, dass das politische System der Schweiz diejenigen, die dazu Ja gesagt haben - Volk und Kantone - besonders berücksichtigt. Das politische System der Schweiz beruht also auf zwei Eckpfeilern:

Die Schweizer Politik hat ihre eigene Terminologie: häufig gebrauchte Ausdrücke sind Initiative, Referendum, Motion, Petition, Postulat, Ständemehr, Urnengang, Interpellation, Kollegialitätsprinzip, Konkordanz oder Vernehmlassung.

Legislative

Das Parlament (Bundesversammlung) besteht aus zwei Kammern:

  • Dem Nationalrat als Volksvertretung (200 Mitglieder). Jeder Kanton stellt Nationalräte gemäss seinem Anteil an der Bevölkerung (Zürich 34, Uri, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden je einen). Der Nationalrat wird in den Kantonen mit Proporzwahl gewählt.
  • Dem Ständerat als Kantonsvertretung (46 Mitglieder; 2 pro Kanton, 1 pro Halbkanton). Die Ständeräte werden in den Kantonen mit Majorzwahl gewählt (ausser im Kanton Jura).

Nationalrat und Ständerat tagen in der Regel getrennt. Alle Vorlagen für Bundesbeschlüsse (Gesetze, Verordnungen) werden in beiden Kammern behandelt und müssen von beiden Kammern angenommen werden. Im sogenannten Differenzbereinigungsverfahren werden allenfalls unterschiedliche Beschlüsse der Kammern zu einem Konsens geführt.

Weder Nationalrat noch Ständerat sind an Weisungen von Kantonen, Parteien oder anderen Instanzen gebunden. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer der Fall.

Das Schweizer Parlament ist ein sogenanntes Milizparlament, das heisst die National- und Ständeräte üben ihr Mandat nicht als Brotberuf aus. Sie erhalten dementsprechend vom Staat keinen Lohn, sondern unter anderem Sitzungsgelder. Das Einkommen eines Nationalrates aus seinem Mandat beträgt rund 100'000 Franken pro Jahr; Ständeräte verdienen wegen der häufigeren Sitzungen mehr. Aufgrund der hohen Belastung durch das politische Mandat spielt der ursprüngliche Hauptberuf oft nur eine untergeordnete Rolle.

Exekutive

Der Bundesrat ist die Schweizer Bundesregierung. Er besteht aus sieben gleichberechtigten Mitgliedern (siehe auch Kollegialitätsprinzip), die den einzelnen Departmenten der Bundesverwaltung vorstehen. Der Bundesrat wird vom Parlament gewählt.

Gegenwärtige Mitglieder (ab Januar 2004):

Der Bundespräsident wird im alljährlichen Turnus aus dem Bundesrat gewählt und präsidiert und repräsentiert die Bundesregierung neben seinen Pflichten als Departmentsvorsteher, übt aber nicht die Pflichten eines Staatsoberhauptes aus.

Siehe auch: Liste der Schweizer Bundespräsidenten

Judikative

Die Judikative besteht aus dem Schweizerischen Bundesgericht mit Sitzen in Lausanne, Bellinzona (ab April 2004) und St. Gallen (voraussichtlich ab 2007) sowie dem Eidgenössischen Versicherungsgericht mit Sitz in Luzern. Die Wahl der Richter erfolgt durch die Bundesversammlung.

  • Das Bundesgericht (BGer) in Lausanne besteht aus 30 hauptamtlichen sowie 15 ordentlichen und 15 außerordentlichen nebenamtlichen Bundesrichtern und -richterinnen. Es überwacht die Verfassungsmässigkeit von eidgenössischen Entscheidungen im Gebiet des Zivil- und Strafrechts sowie kantonaler Entscheidungen in anderen Rechtsbereichen. Zudem fungiert das BGer als höchste Instanz bei Gerichtsentscheidungen. Die Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts gilt als Leitlinie für sämtliche Gerichtsentscheidungen in der Schweiz.
  • Das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) in Luzern hat die letztinstanzliche Jurisdiktion im Bereich der Sozialversicherungen AHV, IV, BVG, AVIG, UVG und EO, sowie sämtliche verwaltungsrechtlichen Entscheidungen. Das EVG besteht aus 11 vollamtlichen Richterinnen und Richtern.
  • Das Bundesstrafgericht (BStGer) in Bellinzona hat seinen Betrieb am 1. April 2004 aufgenommen. Es besteht aus 11 Richterinnen und Richtern und ist die höchste Instanz bei Strafgesetz-Fragen.

Siehe auch: http://www.bger.ch/

Föderalismus

Der Föderalismus in der Schweiz hat zwei Elemente:

  • Beteiligung der Kantone an der politischen Entscheidungsfindung
  • Autonomie der Kantone: Der Bund darf nur das regeln, was in der Verfassung ausdrücklich als seine Kompetenz erwähnt ist, alles andere regeln die Kantone in eigener Kompetenz.

Artikel 3 der Bundesverfassung lautet:

Art. 3 Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind.

Art. 42, Abs. 2 der Bundesverfassung:

Er (der Bund) übernimmt die Aufgaben, die einer einheitlichen Regelung bedürfen.

Art. 44, Abs. 1 der Bundesverfassung:

Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.

Volksrechte

Die Schweiz kennt folgende Mitbestimmungsrechte auf Bundesebene:

  • Wahlrecht: Ab 18 Jahren haben alle Schweizerinnen und Schweizer, inklusive im Ausland wohnhafte, das aktive und passive Wahlrecht (falls sie nicht wegen Krankheit oder Geistesschwäche entmündigt sind). Das heisst sie können selbst wählen und abstimmen (aktives Wahlrecht), sie können sich aber auch selbst zur Wahl stellen (passives Wahlrecht).
  • Stimmrecht: Dieselben Personen die wählen dürfen haben auch das Stimmrecht, das heisst sie können über Kommunale, Kantonale oder Nationale Vorlagen befinden.
  • Initiativrecht: 100'000 Bürgerinnen und Bürger können per Volksinitiaive einen Volksentscheid über eine Verfassungsänderung verlangen. Mit der benötigten Anzahl Unterschriften kann der Auftrag ans Parlament gegeben werden, einen Gesetzestext auszuarbeiten oder ein ausgearbeiteter Text kann zur Volksabstimmung gebracht werden.
  • Referendumsrecht: Das Volk kann Parlamentsentscheide im Nachhinein umstossen oder bestätigen, nämlich in einer Volksabstimmung nach einem obligatorischen oder fakultativen Referendum (hier sind mindestens 100'000 Unterschriften notwendig).
  • Petitionsrecht: Alle urteilsfähigen Personen dürfen schriftlich formulierte Bitten, Anregungen und Beschwerden an die Behörden richten. Diese müssen die Petitionen zur Kenntnis nehmen. In der Praxis wird auch jede Petition behandelt und beantwortet, was jedoch nicht vorgeschrieben ist.

Siehe auch