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Saatkrähe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Saatkrähen
Saatkrähe
Saatkrähe
Saatkrähe (Corvus frugilegus)
Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Sperlingsvögel
(Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeres)
Familie: Rabenvögel (Corvidae)
Gattung: Raben und Krähen
(Corvus)
Art: Saatkrähe (C. frugilegus)

Die Saatkrähe, eine Art der Rabenvogel, ist eine der vier europäischen Vertreter der Gattung Corvus. Diese Gattung kommt mit Ausnahme Südamerikas und der Polargebiete weltweit vor und umfasst etwa 40-45 Arten. Die große Krähe mit markantem Schnabel und metallisch glänzendem Gefieder ist in der Nominatform C.f. frugilegus in einem breiten Gürtel von Westeuropa bis in die Steppen des Altaigebietes verbreitet. Die Vorkommen der zweiten Unterart, C.f. pastinator liegen in einigen großen, aber isolierten Gebieten Ostasiens. Deren Gefieder schimmert eher rötlich-purpurn und sie ist geringfügig kleiner.

Aussehen

Die Saatkrähe ist im Alterskleid kaum verwechselbar. Jungvögel könnten aber mit der in der Größe fast identischen Aaskrähe und zwar in der Unterart C. c. corone (Rabenkrähe), verwechselt werden. Das Gefieder der kräftigen, etwa 46 cm großen Krähe ist einheitlich schwarz, mit leicht rötlichem Glanz. Je nach Lichteinfall schillern Scheitel und Nacken grünlich- oder violett-metallisch. Der Schnabelgrund der Altvögel ist nackt und grindig-weißlich. Der der Jungvögel ist noch befiedert. Der Schnabel ist spitz, etwas nach unten gebogen und schlanker als der der Rabenkrähe. Im Flugbild ist die Saatkrähe an den etwas längeren und tiefer gefingerten Schwingen recht gut von der Rabenkrähe unterscheidbar. Ihr Flug wirkt leichter, der Flügelschlag ist etwas schneller als bei C.c.corone. Die Geschlechter unterscheiden sich weder in Färbung noch in der Größe; die Jungvögel bekommen etwa mit 8 Monaten das Aussehen der Altvögel.

Stimme

Als sozial lebende Art ist die Saatkrähe sehr ruffreudig und verfügt über eine Vielzahl von Lautäußerungen, die zum Teil von denen der Rabenkrähe nur schwer unterscheidbar sind. Häufigster Laut ist das 'Kah' oder 'Krah', das recht variabel klingen kann; häufig wird es beim rituellen Verbeugen sich begrüßender Partner eingesetzt. In aggressiven Situationen ist dieser Laut länger und höher: 'krääääh'. Daneben besonders im Frühjahr ein leises, gurrendes Schwätzen in das längere Krächzlaute eingebettet sind. Auch die Jungvögel und Nestlinge sind sehr laut, sie quietschen hörbar, später hört man von ihnen ein durchdringendes 'Rrrah'.

Verbreitung

Die Saatkrähe ist von Irland und Großbritannien über Frankreich, Nordspanien bis in die Steppen des Altaigebietes verbreitet. Sie fehlt in der Südschweiz, in weiten Teilen Österreichs und in Italien. Im Norden erreicht sie Dänemark und Südschweden, im Südosten die Küsten des Schwarzen - und des Kaspischen Meeres. In den Wintermonaten werden zudem noch die norwegische Küste bis Mittelnorwegen, weite Teile des Balkan, sowie der größte Teil der Türkei besiedelt. In Neuseeland wurde sie erfolgreich eingeführt und genoss dort lange Zeit sogar Schutzstatus.

Lebensraum

C. frugilegus besiedelt meist offenes, von Gehölzen, Wäldchen oder Baumreihen bestandenes Acker-und Wiesenland. Sie ist auf vom Menschen umgewandeltes Kulturland weitgehend angewiesen. Grünlandgebiete, die einen gewissen Anteil an Ackerflächen aufweisen, sind für sie besonders günstig. Sie bevorzugt ebene oder hügelige Gegenden, Gebirge meidet sie. Der Bewuchs ihres Nahrungsgebietes sollte nicht zu hoch sein, obwohl sie bei günstigen Verhältnissen auch in höherem Gras nach Nahrung sucht. Die Nähe des Menschen scheut sie nicht, so liegen viele ihrer Brutkolonien und Schlafplätze in unmittelbarer Nachbarschaft zu menschlichen Siedlungen vielfach auch in Parkanlagen großer Städte, wo ihr recht lautes Verhalten leider oft nicht mit der Toleranz der Menschen rechnen kann.

Nahrung und Nahrungserwerb

Wie bei allen Corvus-Arten ist auch das Nahrungsspektrum der Saatkrähe äußert vielfältig. Obwohl sie tierische Nahrung vegetabiler vorzieht, liegt pflanzliche Nahrung dennoch mit drei Fünftel anteilsmäßig im Übergewicht. Regenwürmer, verschiedene Schnakenarten, Käfer und ihre Entwicklungsstadien, Drahtwürmer und Nacktschnecken gehören zu bevorzugten Beutetieren. Daneben werden aber auch Säugetiere ( Feld - Spitz- und Schermäuse ) und gelegentlich, aber selten Vögel und deren Gelege verzehrt. In den Wintermonaten geht sie auch an Aas, doch in bedeutend geringerem Maße, als dies die Aaaskrähe tut. Die pflanzliche Nahrung besteht aus Samen aller Art, Getreidearten überwiegen. Daneben werden auch Nüsse und Eicheln, in geringerem Maße Früchte, wie Kirschen und Pflaumen bzw. verschiedene Wildbeeren aufgenommen. Das Aufzuchtfutter der Jungen ist zu einem hohen Prozentsatz aber nicht ausschließlich animalisch.

Die Nahrung wird hüpfend oder schreitend am Boden gesucht, der spitze Schnabel wird dabei als Universalwerkzeug eingesetzt, das sowohl zum Graben und Hacken, als auch zum Sondieren und Stochern dient. Fluginsekten werden auch durch kurze Flugsprünge gefangen. Die Nahrungssuche ist vor allem optisch orientiert. Pflanzliche Nahrung wird vom Boden aufgelesen oder ausgegraben. Zuweilen erntet sie auch Maiskörner oder Sonnenblumensamen, indem sie sich direkt an die Pflanze klammert. Beutetiere werden nur kurz oder gar nicht verfolgt. Im Tagesrhythmus wird am Morgen vor allem an der Oberfläche gesucht ( surface feeding), im weiteren Tagesverlauf beginnt dann die Phase des Grabens und Stocherns ( subsurface feeding), die schließlich vom systematischen Absuchen weiter Flächen abgelöst wird (areal feeding).

Verhalten

Aktivitätsbeginn der Art ist sehr früh ( oft eine Stunde vor Sonnenaufgang ) und endet sehr spät, sodass auch im Hochwinter an die acht Stunden zur Nahrungssuche zur Verfügung stehen. Die Saatkrähe ist während des gesamten Jahres gesellig, brütet in zum Teil sehr großen Kolonien und verbringt die Nacht gemeinsam auf Schlafbäumen. Sie hat eine Fülle von sozialen Verhaltensweisen ausgebildet. Am Boden bewegt sich die Saatkrähe gemessen schreitend oder hüpfend fort, in der Luft in einem kräftigen Ruderflug, in dem längere Segelstrecken eingebettet sind. Im Frühjahr sieht man häufig Flugspiele und Flugkapriolen. Häufig sind Spiele zwischen den Gruppenmitgliedern zu beobachten, wie Fallenlassen und Auffangen von Gegenständen oder Schaukeln auf einem Ast. Sehr vielfältig und differenziert sind die Verhaltensstrukturen zwischen den Partnern und den anderen Koloniemitgliedern. Die Partner begrüßen einander mit einer Art Paradegang, bei dem die Flügel leicht angehoben sind. Während der Balz kommt es zur sozialen Federpflege, zum Futterbetteln und zu langen Balzrufduetten, wobei beide Partner meist etwas abgesondert von den anderen mit breit gefächertem Schwanz nebeneinander sitzen. Die Rollen von Männchen und Weibchen scheinen sich erst während dieser Balzrituale zu festigen, da das Rollenverhalten zumindest am Anfang der Balz häufig zwischen den Geschlechtern wechselt. Sehr häufig schließen sich Dohlen (C. monedula), seltener Aaskrähen (C. corone) Saatkrähenkolonien an.

Wanderung und Zug

Die Saatkrähe kann sowohl Zugvogel als auch Standvogel sein. Generell lässt sich sagen, dass der Anteil der Individuen, die obligate Zugvögel sind von West nach Ost zunimmt. Westeuropäische Vögel verbleiben zum Großteil im Brutgebiet. Mitteleuropäische Populationen ziehen zu etwa 60% in klimatisch günstigere Gebiete ab, wobei die Zugentfernungen in der Regel 1000 km nicht überschreiten. Im europäischen Russland und östlich davon sind schließlich alle Saatkrähen Zugvögel mit Zugdistanzen zwischen 1000 und 3000 km. Hauptsächliche Zugrichtungen sind West und Südwest, zuweilen auch Nordnordwest, doch gibt es auch Populationen mit Süd – und Südostzügen, die dann entsprechend vom Balkan über Griechenland, Kleinasien bis Syrien und dem Irak überwintern. Regelmäßig gelangen ziehende Saatkrähen auf die Färöer und nach Island. Die meisten Saatkrähen bleiben bis Ende September/Mitte Oktober im Brutgebiet und treten dann den Zug an, der von längeren Rast-und Ruhepausen unterbrochen werden kann. Der Zug findet in großen Scharen statt, die aber keine starke Kohärenz aufweisen, kleinere Zuggruppen scheinen jedoch recht feste Einheiten zu bilden. Mit dem Wegzug beginnen die Altvögel schon Anfang Februar, in der ersten Märzwoche ist er meist abgeschlossen. Zusätzlich zu diesem Zugverhalten sind Saatkrähen imstande, bei sehr ungünstiger Witterungen so genannte Wetterfluchten durchzuführen, die in alle Himmelrichtungen führen können.

Fortpflanzung und Brut

Die Saatkrähe wird am Ende ihres zweiten Lebensjahres geschlechtsreif, die Partner führen eine monogame Dauerehe. Der Nestbau beginnt Anfang März, Neststandort ist meist der Kronenschluss von Laubbäumen in Alleen oder Feldgehölzen. Die Nester liegen nah beieinander, doch wird ein Abstand von einem Meter selten unterschritten. Neststandorte in Gebäuden, Brücken u.ä. sowie Bodenbruten kommen vor, sind aber sehr selten. Das Nest, das von beiden Partnern gebaut wird, ist ein kompakter Bau aus dünnen, biegsamen Zweigen, das innen mit verschiedenen Materialien ausgekleidet wird. Materialdiebstahl innerhalb der Kolonie sowie zwischen verschiedenen Kolonien ist häufig. Das Gelege besteht aus 3-6, manchmal bis zu 9 graugrünen, undeutlich gesprenkelten Eiern, und wird vom Weibchen, das in dieser Zeit vom Männchen gefüttert wird, 16-19 Tage bebrütet. Die Nestlingsdauer beträgt etwa einen Monat. In den ersten 10 Tagen besorgt das Männchen allein die Fütterungsarbeit, danach beide Partner. Nach dem Selbständigwerden werden die Jungvögel noch eine gewisse Zeit von den Altvögel versorgt, bevor sie sich Jugendtrupps anschließen und in den meist näheren Gegenden umherstreifen. In diesen Jugendtrupps findet nach einem Jahr dann auch die Paarbildung statt. Meist findet nur eine Jahresbrut statt, nur bei Gelegeverlust Zweit – und in Ausnahmefällen auch Drittbruten.

Bestand und Bestandtrends

Bestand und Bestandsentwicklung hingen sowohl im Positiven wie auch im Negativen immer schon vom direkten Eingreifen des Menschen ab. Durch Umwandlung der Naturlandschaft in landwirtschaftlich genutzte Gebiete schuf er die Voraussetzungen für Bestandsvermehrung und Arealausweitung, durch direkte Verfolgung limitiert und gefährdet er die Bestände. Noch immer ist Verfolgung durch den Menschen, wie Abschuss oder Vergiften, Ausschießen der Nester, Fällen von Horst-oder Schlafbäumen Ursache regionaler Rückgänge und Bestandsschwankungen. Die Saatkrähe gilt als Verursacher landwirtschaftlicher Schäden, obwohl diese Zuweisung einer wissenschaftlichen Nachprüfung in den meisten Fällen nicht standhält. Erst in letzter Zeit ( Vogel des Jahres 1986 ) hat ein gewisses Umdenken eingesetzt, das sich auch positiv auf die Bestände auswirkt. Insgesamt ist eine leichte Westausbreitung festzustellen ( Neuansiedlung in den 60er Jahren in der Schweiz ), auch die Bestände in bisher labil besiedelten Regionen ( z.B. Ostösterreich ) scheinen sich zu stabilisieren. Europaweit wird der Bestand der Art als S ( secure- gesichert ) eingestuft, in Österreich, der Schweiz und in Tschechien befindet sie sich auf den Roten Listen. Der europäische Gesamtbestand wird auf über 10 Millionen Brutpaare geschätzt.

Literatur

  • Ruge: Die Saatkrähe. Kosmos-Frankh. Stuttgart 1986.
  • Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 13/3. S. 1731 - 1852.
  • Bauer/Berthold: Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. Aula-Wiesbaden 1997. S. 452-454.