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Basilika St. Vitus (Ellwangen)

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Die Basilika St.Vitus in Ellwangen‎
Historische Ansicht der Basilika St. Vitus (um 1849)‎

Die Basilika St. Vitus (ehemalige Stiftskirche St. Vitus) dient seit der Säkularisation als katholische Pfarrkirche von Ellwangen in Baden-Württemberg. Der spätromanische Gewölbebau wurde im 18. Jahrhundert im Inneren in Rokokoformen umgestaltet. Der Außenbau der dreitürmigen Basilika ist dagegen weitgehend in seiner mittelalterlichen Gestalt erhalten.

Die Basilika St. Vitus steht im Mittelpunkt Ellwangens und wird von zahlreichen historischen Bauten umgeben. Dazu gehören die den Marktplatz umgebenden barocken Stiftsherrenhäuser, Adelspaläste und Amtsgebäude der Fürstprobstei Ellwangen. Direkt an die Nordwestfassade der Basilika St. Vitus angeschlossen ist die – seit 1802 evangelische – Jesuitenkirche.

Geschichte

Die Westfassade, links das Jesuitenkolleg mit der Jesuitenkirche

Gründung des Klosters Ellwangen

Das Kloster Ellwangen entstand um 764 auf dem Grundbesitz der beiden adeligen Brüder Hariolf und Erlof. Die beiden adeligen Brüder stammten wohl aus einem alamannisch-bayrischen Geschlecht und jagten an der oberen Jagst. Hariolf stand in königlichen Diensten, während Erlof im damals nordostburgundischen Dijon das Bischofamt von Langres inne hatte. Im heutigen Stadtgebiet bestand damals bereits ein kleines Alamannendorf bei dem Hariolf und Erlof ihr Benediktinerkloster gründeten. Es war dem Salvator (Erlöser) und den Aposteln Petrus und Paulus geweiht, die Mönche beriefen die beiden Klostergründer wohl aus der Abtei St. Benigne in Dijon.

814 nahm König Ludwig der Fromme das um 775/780 zur Reichsabtei aufgestiegene Virngrundkloster in seinen Schutz, bestätigte dessen bereits ansehnlichen Besitz und verlieh ihm das Recht, den Abt frei zu wählen. 830 zählte der Konvent 120 und 838 sogar 160 Priester und Laienmönche, im Verbrüderungsbuch von St. Gallen ist ist sogar die Rede von 177 Ordensleuten, die in dem erweiterten Klosterareal lebten. Als Schutzheilige verehrt wurden zu dieser Zeit Christus als Erlöser (Salvator), Maria sowie St. Sulpitius und Servilianus deren Märtyrergebeine 773 Papst Hadrian I. Bischof Erlof von Langres schenkte und die noch heute in einem Reliquienschrein in der Basilika St. Vitus aufbewahrt werden.

Der frühere Abt Sandrad brachte zwischen 981 und 987 aus Gladbach eine Armreliquie des Heiligen Vitus in das Jagstkloster. Dieser wird schließlich neuer Kirchen- und Klosterpatron. Die Armreliquie des Hl. Vitus nimmt bis heute – platziert im Vierungsaltar in einem Spätgotischen Silbergehäuse (um 1500) – einen Ehrenplatz ein.

Bau der romanischen Stiftskirche

Von 1100 bis 1124 entstand ein hochromanischer Neubau der Stiftskirche und der Konventbauten. Brandkatastrophen im Jahre 1100 und 1182 machten jedoch Neubauten notwendig von denen jeder den vorhergehenden übertraf. Die Weihe des ersten Kirchenbaus, der wohl weiter westlich stand als der heutige, nahmen 1124 die Bischöfe Hermann von Augsburg und Ulrich I. von Konstanz vor. Der zweite Kirchenbau für die 1229 ein Abumeister namens Wunnehard bezeugt ist nahm der Naumburger Bischof Engelhard am 3. Oktober 1233 vor. Ebenfalls bekannt sind die Namen der Äbte unter denen der Kirchenbau stattfand:
Adalbert I. (1136–1173) stammte wohl aus dem Reformkloster Ottobeuren und erneuerte das klösterliche Leben in Ellwangen, der Stauferberater Kuno I. (1188–1221) erbaute auch das Schloss ob Ellwangen als Wehrburg und stieg 1215 sogar zum Reichsfürsten auf.
Liturgische Bücher wie ein lateinsiches Lektionar und ein Totenbuch die ebenfalls aus dieser Zeit stammen, lassen auf geistliche Blütezeiten im Kloster Ellwangen schließen.

Niedergang des Klosters

Nach 1350 wurden auch im Klostergebiet des Klosters Ellwangen die Folgen von Pest, Missernten und Teuerungen spürbar, es erfolgte sowohl ein wirtschaftlicher als auch ein sittlicher Verfall:
Die meist hochadeligen Mönche waren darauf bedacht in wichtigen Angelegenheiuten selbst zu entscheiden, auch widersetzten sie sich allen Reformversuchen die von den Klöstern Fulda und Ottobeuren unternommen wurden und nahmen es mit ihren Gelübden und der benediktinischen Armut nicht so genau. 1384 betrug die Anzahl der Konventualen nur noch sieben, 1430 wurde die Stadt von der Pest heimgesucht, sodass nur noch drei Mönche übrig blieben.
Zu allem Unglück folgte auch noch in der Nacht auf den Luzientag 1443 ein verheerender Stadtbrand bei dem auch das Kloster schwer beschädigt wurde. Daraufhin zogen die verbliebenen Mönche in die Stadt und führten ein eher weltliches Leben.
Die Mönche baten 1459 den zuständigen Augsburger Bischof ihr Kloster in ein Chorherrenstift umzuwandeln, was dann am 14. Januar 1460 mit Einverständnis des Papst Pius II. erfolgte.
Eine fast 700-Jährige Klostergeschichte ging zu Ende.

Das Chorherrenstift

Die nun anbrechenden Zeit des „Stiftes“ war von vielfältigen Änderungen geprägt:
Das reichsunmittelbare Chorherrenstift bestand aus zwölf überwiegend adligen Chorherren, zehn Chorvikaren und einem Fürstpropst. Er wurde vom Stiftskapitel gewählt und musste sich vom Papst bestätigen lassen.
Das mittlerweile fast 250 Jahre alte Gotteshaus war in einem sehr schlechten baulichen Zustand, sodass Propst Albrecht I. von Rechberg den Miltenberger Baumeister Hans Stieglitz mit umfangreichen Renovierungs- und Neubauten betraute:
So entstand 1467 ein neuer Kreuzgang und 1473 die Liebfrauenkapelle.

Barockisierung des Innenraumes

Der mittelalterliche Innenraum wurde 1661–1662 unter Fürstprobst Johann Christoph von Freyberg-Eisenberg durch Wessobrunner Meister barockisiert. Das 18. Jahrhundert empfand diesen frühbarocken Umbau wohl als zu nüchtern und begann ab 1737 mit der Ausgestaltung der Kirche in modernen Rokokoformen.
Bis 1741 arbeiteten die aus Ludwigsburg berufenen norditalienischen Meister Donato Riccardo Retti, Carlo Carlone und Emanuelo Pighini an der Dekoration.

Blick in die Krypta

Nach der Säkularisation des Stifts in den Jahren 1802/03 kam die Fürstprobstei an Württemberg. Seitdem dient die mittelalterliche Abteikirche als Gotteshaus der inzwischen knapp 3350 Katholiken zählenden St. Vitus Gemeinde.

Renovierungs- und Umbaumaßnahmen im 20. Jahrhundert

1909/10 wurde die ehemalige Stiftskirche renoviert. Eine erneute, umfassende Restaurierung erfolgte von 1959–64. Im Zuge dieser Arbeiten konnte die romanische Krypta wiederhergestellt werden.

Anlässlich der 1200-Jahr-Feier Ellwangens wurde St. Vitus am 18. Januar 1964 durch Papst Paul VI. der Rang einer Basilica minor verliehen. 1983 feierten Stadt und Kirchengemeinde das 750-jährige Weihejubiläum der Kirche.

Von 1992 bis 1999 erfolgte eine umfassende Restaurierung der durch Witterungseinflüsse erheblich in Mitleidenschaft gezogenen Sandsteinaußenfassade. 2000 wurde die sich unterhalb des Westturms befindliche Michaelskapelle wiederhergestellt. Sehenswert sind besonders die durch Sieger Köder gestalteten Glasfenster.

Der Kirchenbau

Wer Ellwangen besucht, der erblickt schon von Weitem die drei romanischen Türme der Basilika St. Vitus. Zwei dieser Türme ragen auf der Ostseite 42 m hoch empor, ein weiterer schmückt als Dachreiter die Westseite der Basilika. Zusammen mit dem direkt an die Basilika angrenzenden Marktplatz, der zu Zeiten des Klosters und des Chorherrenstiftes ein Friedhof war, stellt die Basilika St.Vitus das Zentrum der Stadt Ellwangen dar.

Datei:Nordeseite 3.JPG
Der Chor von Nordosten

Außenfassade

St. Vitus ist eine dreischiffige, kreuzförmige, spätromanische Basilika, deren weitgehend originale hochmittelalterliche Architektur außen nur durch einige gotische und barocke Ergänzungen gestört wird. Erbaut wurde die Kirche aus abwechselnd violetten und ockergrauen Sandsteinquadern, der auch hirsuische Einflüsse erkennen lässt. An das Nordschiff fügt sich spätgotische Kreuzgang mit seinen Netzgewölben und der – in den Kreuzgarten ausspringenden – Frauenkapelle an. Vor der Westfassade liegt unten als Querriegel eine – in ihrer originalen romanischen Gestalt erhaltene – Vorhalle, das „Alte Stift“. Darüber hat sich die Michaelskapelle erhalten, ein ebenfalls stilrein überkommener romanischer Raum mit reich verzierten Säulenkapitellen.

Die Südseite des Langhauses ist durch einen Schmuckfries bereichert, die Nordseite erscheint hingegen schlichter. Im 18. Jahrhundert fügte man dem alten Bestand noch die zweigeschossige Sakristei (1699) und die Wolkensteinkapelle (1701) hinzu. Diese Bauteile heben sich schon durch ihren weißen Kalkputz vom mittelalterlichen Sandsteinmauerwerk der romanischen Kirche ab. Steht man auf dem Marktplatz so fällt an der Südseite der Basilika neben der Sakristei eine frühbarocke Sonnenuhr ins Auge die 1634 neu gemalt wurde.

Die Außenfassade wird mitgeprägt durch fünf unversehrt erhaltene Rundbogenportale die den Eintritt in die Basilika St.Vitus ermöglichen: Das Hauptportal (um 1225) auf der Südseite mit seinem reich verzierten Gewände zeigt im Tympanon den erhöhten Christus mit Kreuzzepter zusammen mit Maria und Johannes. Darüber ist wohl Gottvater mit der Erdkugel zu erkennen. Die neuromanischen und mit zwei Löwenköpfen und vier Kränze haltenden Engeln verzierten Bronzetüren (1910) entwarf der Stuttgarter Bildhauer August Koch. Der zweite Eingang auf der Südseite wurde 1701 beim Bau der Wolkensteinkapelle zugemauert. Das Westportal stellt den Einlass ins „Alte Stift“ dar: Das verhältnismäßig einfach gestaltete Spitzbogenportal zeigt im Tympanon die Relieffiguren von den Stiftspatronen Vitus, Sulpizius und Servilianus. Die frühbarocken geschnitzten Eichenholztüren (um 1660) zeigen St. Vitus, einen Putto, das Stiftswappen, Grotesken, Ranken- und Früchtezierrat sowie bronzenen Löwenköpfe.

Weitere einfacher gestaltete Portale findet sich auf der Nordseite und als Durchgangsportale zwischen dem Kreuzgang und dem eigentlichen Kirchenraum.

Türme und Geläut

Die beiden 42 Meter hohen Haupttürme stehen östlich der Querschiffe neben dem Chor. Das Mauerwerk durchdringt die Wände der Kirche und die Dachflächen der – zu den Absiden weitergeführten – Seitenschiffe. Sichtbar sind drei Geschosse mit Pyramidendächern und einer verhältnismäßig reichen Gliederung aus Rundbogenfriesen, Gesimsbändern und rundbogigen Fensteröffnungen. Dahinter ist dem letzten Chorjoch die halbrunde Hauptapsis angefügt. Links und rechts flankieren schlichte Nebenabsiden die Apsis, unter deren Dachgesims ein Rundbogenfries verläuft. Ein dritter Turm sitzt in der Art eines Dachreiters über dem Westgiebel.Auch dieses Türmchen ist mit einer spitzen Dachpyramide bekrönt.

Datei:Westansicht basilika.JPG
Gesamtansicht vom Marktplatz

Der Zweite Weltkrieg ging auch nicht spurlos an der Stiftskirche vorbei: In der Nacht des 22./23. April 1945 während der amerikanischen Belagerung schlugen Granaten in das nördliche Hauptdach und den Nordturm ein und beschädigten diese. Zum Gedenken daran wurde im Nordturm 1948 ein Gedenkstein eingesetzt der bis heute sichtbar ist. Auf der Außenseite trägt dieser den Schriftzug „Salve Spes“ („Sei gegrüßt Hoffnung“), die Innenseite trägt neben einer Beschreibung der Ereignisse und der Jahreszahlen die Inschrift „Gott ist in seiner Stadt, darum wird sie fest bleiben“ und spielt damit auf das Unwetter an, das gegen Ende des Zweiten Weltkrieges eine Bombardierung Ellwangens durch die Alliierten verhinderte.

Das Geläute in der Tonfolge a-h-d′-e′-g′-a′-h′-d′′ gehört zu den schönsten der Diozese. Drei der insgesamt acht Glocken wurden 1545 durch Meister Hans Rosenhart aus Nürnberg gegossen: die Susanna (im Nordturm), die Pieta (ebenfalls Nordturm) und das Weihnachtsglöcklein (im Westreiter). Da weitere drei historische Glocken 1942 dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen sind, wurden 1956 durch Alfons Bachert in Heilbronn fünf weitere neu gegossen: Die größte mit 5000 kg im Südturm hängende Phillip Jeningen Glocke zu Ehren des in der Liebfrauenkapelle begrabenen Jesuitenpaters, die 3500 kg schwere Canisius Glocke (ebenfalls Südturm), und die kleinere Josefsglocke sowie die Domitilla-bzw. Vitusglocke die im Westreiter hängen.

Innenraum

Datei:Basilika innenraum.JPG
Der Innenraum der Basilika
Der Innenraum nach Osten

Im Inneren ist der hochmittelalterliche Ursprung trotz der reichen Rokokoformen noch zu erkennen. Besonders die wulstigen Gewölberippen des Mittelschiffs sind noch gut zu sehen. Die Gewölbe und Wandflächen werden von der reichen, teilweise vollplastischen Stuckdekoration der norditalienischen und tessiner Meister überzogen. Die Kanzel (1737/34) stammt von Donato Riccardo Retti. Vor dem Hochaltar in der Hauptapsis, der von dem Biberacher Hans Dürner 1613 geschaffen wurde, wurde 1952 der Hauptaltar aus Juramarmor aufgebaut, in dessen Sockel der frühere Stadtpfarrer Otto Häfner die Vitus-Reliquie einsetzten ließ. Über dem Altar schwebt ein modernes Hängekreuz von Rudolf Müller-Erb und Fritz Möhler.

Der vom Ellwanger Bildhauer Viktor Geiselhart ostseitig zusammengestellte Hochaltar trägt heute das Tabernakel. Zwischen den ganz in weiß und golden gehaltenen Statuen Joachims und Annas – den Eltern Marias – sieht man im barocken Assumptabild von 1753 Maria, wie sie von Engeln in den Himmel hinaufgetragen wird und von Gottesboten erwartet wird (gemalt vom Ellwanger Hofmaler Johann Edmund Wiedemann).

Sobald man die Basilika St. Vitus betritt, stechen die um 1740 vom tessiner Bildhauer Diego Francesco Carlone (1647–1750) gefertigten übermannsgroßen Figuren hervor. Sie zeigen die Apostel, die Evangelisten und – gegenüber der Kanzel – Christus als Salvator. Die Figuren sind leicht an ihren Attributen zu erkennen; die Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes stehen an den Pfeilern vor dem Hochaltar.

Der spätgotische Kreuzgang

An den Stirnseiten der Querschiffe fallen zwei große, manieristische Altaraufbauten ins Auge. Der Barbara- und Benediktsaltar entstand, wie der Johannes- und Michaelsaltar, im nördlichen Querschiff um 1612. Im südlichen Querschiff sind heute die Pröbstetafeln (Porträts) angebracht, die früher neben den Eingängen zur Krypta hingen. Weiterhin steht im südlichen Querschiff ein kunstvoll gearbeiteter goldener Schrein, in dem die Reliquien der beiden Klostergründer Hariolf und Erlof aufbewahrt werden. Im nördlichen Querschiff fällt besonders eine spätgotische Bronzetafel mit der Pietà ins Auge, die an die Fürstpröbste Johann von Hirnheim und Albrecht I. von Rechberg erinnert. Die qualitätvolle Arbeit wird meist Peter Fischer d. A. zugeschrieben. Außerdem wurde bei Renovierungsarbeiten in den 1960er Jahren eine Wandmalerei im nördlichen Querschiff freigelegt, die die 16. Stiftsheiligen zeigt.

Die dreischiffige Krypta unter der Vierung wurde um 1200 begonnen. Der dreischiffige Raum öffnet sich in je drei Arkaden zu den Querhäusern. Die Kreuzgratgewölbe werden von Rundsäulen gestützt, deren Kapitelle mit Pflanzen- und Tiermotiven geschmückt sind. Der neuromanische Altaraufsatz (um 1880) enthält Reliquien der 16 Stiftsheiligen und erinnert an den geplanten neuromanischen Rückbau des Innenraums, zu dem der damalige Pfarrer Dr. Franz Joseph Schwarz bereits die Entwürfe angefertigt hatte. Erst im Zuge von ausgedehnten Grabungen in Chor und Krypta in den Jahren 1959–1961 wurde die Krypta in ihrer heutigen Form rekonstruiert.

Das Alte Stift

Das Grabmal des Ellwanger Ministerialen Ulrich von Ahelfingen († 1339)

Das „Alte Stift“, wie die romanische Vorhalle im Westen auch genannt wird, entstand an Stelle eines ursprünglich geplanten Westchores ab etwa 1230. Die dreijochige und zweischiffige Halle zeigt schon zaghafte frühgotische Spitzbogenformen und wurde in spätgotischer Zeit um drei Joche verbreitert. Damals schloss man den – ursprünglich nach außen offenen – als Eingangshalle geplanten Raum und schuf als Zugang das schlichte Westportal. Die wuchtigen Architekturformen verweisen auf Vorbilder in Burgund oder dem Elsass. Die abschließenden seitlichen Joche entstanden erst im frühen 17. Jahrhundert in gotisierenden Formen. Im Alten Stift finden sich heute zahlreiche Altäre: Der dritte Fürstpropst Johann Christoph von Westerstetten (1603–1613) ließ den nordwärts aufgestellten Kreuzaltar um 1610 errichten, der aus Sandstein gearbeitet den Ottobeurer Bildhauern Hans und Matthäus Schamm zugeschrieben wird. Weiterhin sind im Alten Stift der Sebastiansaltar zu sehen, der aus Bronze und Stein 1910 von August Koch entworfene Karfreitagsaltar, ein weiterer steinerner Altarschrein und ein Ölberg, der wohl von Hans Stieglitz gefertigt wurde. Sehenswert sind ebenso die nazarenischen Buntglasfenster (um 1871), die Motive aus dem freudenreichen, schmerzhaften und glorreichen Rosenkranz darstellen. Zahlreiche kunstvoll gestaltete Grabmäler von Äbten wie z. B. Abt Kuno II, Fürstpröpsten oder dem Gedenkstein für den Ritter Ulrich von Ahelfingen († 1339) finden sich ebenso im Alten Stift. Eine Besonderheit ist außerdem die ökumenische Pforte, welche im Jahre 1997 feierlich eröffnet wurde. Sie bietet einen Durchgang zur Evangelischen Stadtkirche und ist somit ein Zeichen der Ökumene. Betritt man die Basilika durch das Alte Stift, so sieht man über dem inneren Westportal die mahnende Inschrift:
VOS IGITUR PER QUOS REGITUR DOMUS ISTA NOTETIS NE PEREAT. SI NON HABEAT SUA IURA LUETIS
(Ihr, durch die dieses Gebäude verwaltet wird, achtet darauf dass es nicht zugrunde geht. Wenn ihr nicht auf sein Recht bedacht seid, müsst ihr es büßen).

Die Michaelskapelle

Über dem "Alten Stift" also quasi hinter der Orgel der Basilika befindet sich die Michaelskapelle, die vom Künstlerpfarrer Sieger Köder ausgestaltet wurde. Er fertigte den Altar, auf dessen Vorderseite die Stiftsheiligen zu sehen sind, außerdem auch die zwei Glasfenster der Kapelle, darunter das Abendfenster das besonders gut in den Abendstunden bei untergehender Sonne zur Geltung kommt. ursprünglich war die Kapelle als Gebetsort der Äbte über das "Alte Stift" eingebaut worden.

Die Liebfrauenkapelle und der Kreuzgang

Der spätgotische Kreuzgang ist im Norden an das romanische Langhauses angefügt. Vier netzgewölbte Flügel umschließen den Kreuzgarten. Der Westflügel öffnet sich zur Liebfrauenkapelle (1473) mit dem viel besuchten Grab des Jesuitenpaters Philipp Jeningen (1642–1704). Die Grabstätte des im Volk überaus beliebten Jesuitenpaters, der in und um Ellwangen wirkte, wurde 1953 hierher verlegt und wird heute gern von vielen Gläubigen von nah und fern bittend und dankend aufgesucht. Ebenso finden alljährlich Wallfahrten zum Grab des „guten Pater Phillip“ statt, die von der Aktion Spurensuche organisiert werden. Von Wilhelm Geyer wurden 1949/1950 die Buntglasfenster der Liebfrauenkapelle gearbeitet, die das Marienleben dokumentieren.

Im Nordwesten stößt die Stiftskirche an die barocke Jesuitenkirche (1724), die heute als evangelische Stadtkirche dient und durch eine Verbindungstür mit der westlichen Vorhalle der Stiftskirche verbunden ist. Das anschließende Jesuitenkolleg entstand von 1720 bis 1723.

Pfarrer

Bis 1818 waren vorwiegend die Vikare des Chorherrenstiftes für die Seelsorge zuständig. Die meisten seit der Säkularisation in der Basilika St. Vitus wirkenden Pfarrer waren auch Dekane des Dekanats Ellwangen, Kammerer oder Bischöfliche Kommissare und Stadtpfarrer:

Jahr Name
1799–1805 Thaddäus Martin Veeser
1805–1814 Johann Alois Klingenmaier († 1868) aus Dewangen
1819–1826 Anton Huberich († 1833) aus Igersheim
1826–1831 Josef Weinschenk († 1843) aus Ellwangen
1833–1867 Matthäus von Sengele († 1867) aus Rottweil
1868–1885 Dr. Franz Joseph Schwarz († 1885) aus Donzdorf
1886–1892 Emil Hescheler († 1892) aus Schussenried
Jahr Name
1893–1917 Valentin Fuchs († 1917) aus Mergentheim
1917–1926 Johannes Staudenmaier († 1926) aus Oberbettringen
1926–1932 Paul Traub († 1932) aus Ergenzingen
1932–1961 Otto Häfner († 1967) aus Rottweil
1962–1973 Alois Schmitt († 1973) aus Igersheim
1973–2005 Msgr. Patriz Hauser († 2005) aus Neuler
seit 2006 Michael Windisch aus Göppingen

Bilder

Literatur

  • Otto Beck: Die Stiftsbasilika St. Vitus in Ellwangen – Führer durch ein sehenswertes Gotteshaus. Lindenberg, 2003. ISBN 3-89870-005-4
  • Bruno Bushart: Stiftskirche Ellwangen. München, 1953
  • Bruno Bushart: Die Basilika zum heiligen Vitus in Ellwangen. Ellwangen, 1988

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