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Max Blokzijl

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Max Blokzijl als niederländischer Propagandasprecher im Hörfunk in der NS-Zeit (vordere Umschlagseite seines Buches Ik zei tot ons volk…).

Marius „Max“ Hugh Louis Wilhelm Blokzijl (* 20. Dezember 1884 in Leeuwarden; † 16. März 1946 in Den Haag) war ein niederländischer Journalist und Autor.

Er wurde zunächst durch seine Undercover-Reportagen bekannt, wandte sich später dem Nationalsozialismus zu und trat für diesen während der deutschen Besatzung der Niederlande im Zweiten Weltkrieg als Pressewächter und insbesondere als Propagandasprecher im Radio ein. Nach Kriegsende wurde er als einziger niederländischer Journalist wegen Landesverrats hingerichtet.

Leben

Familie, Undercover-Reporter und Kriegskorrespondent

In Leeuwarden als Sohn eines Berufssoldaten geboren, verbrachte Blokzijl seine frühe Kindheit zunächst in Kampen und Utrecht. Seine Mutter arrangierte für ihn Klavierstunden, die sich später für seine journalistische Karriere als förderlich herausstellen sollten. Nach der Scheidung der Eltern blieb Blokzijl bei seiner Mutter, die sich mit ihrem Sohn in Den Haag niederließ. Nach seiner Schulzeit besuchte er kurzfristig eine Malerakademie, entschied sich dann jedoch für die Journalistik und wurde 1903 Reporter beim Amsterdamer Algemeen Handelsblad.

Blokzijl leistete bald darauf zunächst seinen Militärdienst ab und schrieb während dieser Zeit für das militärische Fachblatt De Militaire Gids. Danach arbeitete er wieder beim Algemeen Handelsblad und betätigte sich als Lokal- und Sportreporter. 1907 wurde er durch eine Undercover-Reportagereise durch die Niederlande berühmt, die er mit seinem Kollegen, dem vormaligen London-Korrespondenten Jean-Louis Pisuisse, machte, bei der Blokzijl und Pisuisse als italienische Straßenmusikanten verkleidet auftraten. Die darüber im Algemeen Handelsblad als Serie veröffentlichten Berichte brachten der Zeitung zu jener Zeit erhöhte Auflagen ein; das daraufhin entstandene Buch Avonturen als straatmuzikant wurde gleichermaßen ein Bestseller.

Blokzijl und Pisuisse traten anschließend in Theatern in den Niederlanden und Niederländisch-Ostindien auf, zunächst in Form eines Vortragsabends. In Surabaya gründeten sie ein Kabarett, nach drei Jahren kehrten sie über die Stationen China, Japan, Sibirien, St. Petersburg und Berlin nach Amsterdam zurück. Während ihrer Zeit in Berlin nahmen sie auch eine Grammophonplatte auf. Das Duo ging anschließend wieder getrennte Wege.[1]

Nach einer Zeit als Reisekorrespondent wurde Blokzijl beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs mobilisiert und stieg während seiner dreijährigen Zeit in der Armee zum Ersten Leutnant auf. 1917 wurde er Kriegskorrespondent für seinen früheren Auftraggeber Algemeen Handelsblad und war für dieses in Belgien, Frankreich, Nord-Italien, Riga, auf der Krim und am Schwarzen Meer unterwegs. Seiner Undercover-Tradition getreu versteckte sich er während der Friedensverhandlungen in Spa im Versammlungssaal hinter den dortigen Gardinen.

Auslandskorrespondent in Berlin

Nach dem Krieg ging Blokzijl für das Algemeen Handelsblad als Auslandskorrespondent nach Berlin, wo er die nächsten 22 Jahre als Chronist der Weimarer Republik und des darauf folgenden nationalsozialistischen Regimes zubringen sollte. 1921 ging er dort mit der 13 Jahre jüngeren Hermine Eleonore Behle seine zweite Ehe ein, seine erste Ehe von 1912 war bereits 1914 wieder geschieden worden. Blokzijl hatte sehr gute Kontakte zu den Ministerien und gewann als Vorsitzender der Ausländischen Pressevereinigung beträchtlichen Einfluss, den er während der NS-Zeit zuweilen auch für in Bedrängnis mit dem NS-Regime gekommene ausländische Kollegen nutzte.

Vor der nationalsozialistischen Machtübernahme verteidigte Blokzijl die Politik des deutschen Reichspräsidenten Friedrich Ebert und wies unter anderem den in Deutschland in stärkerem Maße hervortretenden Antisemitismus entschieden zurück, seine Artikel führten schließlich sogar zu einer Beschwerde des deutschen Botschafters in den Niederlanden. Mit der Zeit verschoben sich seine Sympathien in seiner Berichterstattung jedoch deutlich. So erkannte er später die NSDAP als ernstzunehmenden Machtfaktor an und nannte Adolf Hitler einen Staatsmann mit nicht unsympathischer Erscheinung. Den Antisemitismus verurteilte er bis zum Zweiten Weltkrieg nach wie vor, war aber der Ansicht, dass der Nationalsozialismus viele positive Veränderungen wie ein Absinken der Kriminalität, einen Wirtschaftsaufschwung und anderes bewirkt habe.

Als Blokzijl 1934 schließlich zusammen mit einigen anderen Korrespondenten erstmals bei Hitler zu Gast war, ließ er in seiner dazugehörigen Berichterstattung offene Bewunderung für diesen durchblicken. 1935 wurde er heimlich Mitglied bei den niederländischen Nationalsozialisten NSB und schrieb unter anderem für die der NSB nahestehende Wochenzeitschrift De Waag unter dem Pseudonym „Roland“. Obwohl die sozialdemokratische Zeitung Het Volk die Identität von „Roland“ aufdeckte, hatte dies für Blokzijl bei dem liberal ausgerichteten Algemeen Handelsblad keinerlei Auswirkungen. Neben dem NSB-Vorsitzenden Anton Adriaan Mussert (später NS-„Führer“ der Niederlande) galt Blokzijl als einflussreichstes Führungsmitglied sowie Hauptakteur der prodeutschen Strömung in der NSB.[2]

Bei der deutschen Annexion von Österreich, der Schaffung der Ersten Slowakischen Republik als deutschen Satellitenstaat und dem Angriff auf Polen beschrieb Blokzijl die deutsche Armee, wann immer er sie begleitete, als Befreier. Die Möglichkeit einer deutschen Besatzung der Niederlande verneinte Blokzijl hingegen. Als diese dann eben doch eintrat, kam er wie andere Korrespondenten in Berlin in einem Hotel unter Hausarrest, aus dem ihn seine Frau nach zwei Wochen wieder herausbekommen konnte. Bei der französischen Kapitulation war Blokzijl als einziger niederländischer Journalist zugegen und besuchte anschließend auch Paris.

Nationalsozialistischer Pressewächter und Radiosprecher

Auf Ansinnen der Deutschen ging Blokzijl zurück in die Niederlande. Das Algmeneen Handelsblad hatte seit der deutschen Besatzung auf seine Mitarbeit verzichtet. Im Februar 1941 wurde er auf Druck der Deutschen als Redaktionsleiter der von der Antirevolutionären Partei herausgegebenen Tageszeitung De Standaard eingesetzt, was zum Rücktritt von Chefredakteur Hendrikus Colijn, vormals Ministerpräsident der Niederlande, führte. Im Juni 1941 wurde er Vorsitzender der Abteilung Pressewesen des Ministeriums für Volksaufklärung und Künste. Dort war Blokzijl für die Gleichschaltung der niederländischen Presse mitverantwortlich und ließ bereits in seinem ersten Monat den Sicherheitsdienst in das Algemeen Handelsblad einfallen und dessen Chefredakteur verhaften. Den katholischen Priester Titus Brandsma ließ er, nachdem sich dieser in seiner Eigenschaft als geistlicher Ratgeber der katholischen Presse der Gleichschaltung widersetzt hatte, ebenfalls verhaften und empfahl dessen Deportation in ein Konzentrationslager, was anschließend so umgesetzt wurde – Brandsma wurde später im KZ Dachau ermordet.

Blokzijl wurde auf Anfrage der Direktion der Rundfunkgesellschaft AVRO Propagandasprecher im Radio, wo er bei mehr als 800 Sendungen, die im Gegensatz zu anderen Propagandasendungen eine große Zuhörerschaft erreichten, für die Akzeptanz der neuen Verhältnisse warb. In diesen Sendungen machte er im Gegensatz zur Vorkriegszeit auch antisemitische Äußerungen, so bezeichnete er den Moment, an dem der letzte Jude die Niederlande verlassen habe, als eine Bereinigung der Atmosphäre. Dabei hatte Blokzijl selbst eine jüdische Großmutter, was letztendlich seine Berufung zum Generalsekretär seines Ministeriums verhinderte und ihn mangels weiterer Karrierechancen im Ministerium die Radiokarriere verstärkt hatte forcieren lassen. Sein letzte Ansprache hielt er am Tag der Kapitulation der Deutschen in den Niederlanden, die mit den Worten „Wir kommen zurück, Hörer!“ endete.

Nachkriegsprozess und Hinrichtung

Nach dem Krieg wurde Blokzijl verhaftet und in dem am 11. September 1945 eröffneten Strafprozess als Kollaborateur angeklagt. Aufgrund 13 beispielhaft herangezogener Zitate aus seinen Radiosendungen – seine Funktionärstätigkeit für das Ministerium für Volksaufklärung und Künste wurde ebenso wenig herangezogen wie die für die NSB – wurde er am 25. September 1945 wegen Landesverrats zum Tode verurteilt. Während des Prozesses verteidigte er sich damit, dass er nicht Propaganda für Deutschland, sondern für den Nationalsozialismus gemacht habe. Blokzijls Berufung und ein Gnadengesuch bei der Königin wurden abgewiesen, am 16. März 1946 wurde er durch ein Erschießungskommando hingerichtet.[3]

Im Nachhinein lässt sich die Todesstrafe nur durch die Situation in der unmittelbaren Nachkriegszeit erklären. Blokzijl war der bekannteste nationalsozialistische Journalist der Niederlande, an dem sich öffentlichkeitswirksam ein Exempel statuieren ließ. Als Grund für seine Verurteilung wurde der Tenor seiner Radiosendungen herangezogen, obwohl dieser eher einen indirekten, subtilen Stil aufwies und wesentlich weniger demagogisch war als die sonstige NS-Propaganda.

Werke (Auswahl)

  • Niederländische Originalausgaben:
  • Avonturen als straatmuzikant (mit Jean-Louis Pisuisse), H.J.W. Becht, Amsterdam 1907
  • Hans Hedding en zijn wonderlijke secretaris of hoe een Hollandsche jongen in het buitenland beroemd werd, Scheltens & Giltay, Amsterdam 1919
  • Ik trok er op uit …, Blitz Andries, Amsterdam 1928
  • Landverraders (32seitige Propapagandabroschüre), 1941
  • Luisteraars antwoorden, Nenasu, Utrecht 1942
  • Brandende kwesties, Nederlandsche Uitgeverij Opbouw, Amsterdam 1942
  • Ik was er zelf bij, Nenasu, Utrecht 1943
  • Ik zei tot ons volk …, Nenasu, Utrecht 1943

Quellen

Biografie über Max Blokzijl

  • René Kok: Max Blokzijl: Stem van het nationaal-socialisme. Sijthoff, Amsterdam 1988, ISBN 90-218-0231-7. (niederländisch)

Literatur

  • Piet Hagen: Journalisten in Nederland. Een Persgeschiedenis in portretten. Uitgeverij De Arbeiderspers, Amsterdam u. Antwerpen 2002, ISBN 90-295-2222-4. (niederländisch)

Online

Einzelnachweise

  1. Bibliothek auf Nederlands Cabaret Homepage – zwartekanal.nl: siehe Angaben zum Kabarett-Reportoire unter: Jean-Louis Pisuisse, Max Blokzijl (niederländisch)
  2. Bericht auf shoa.de: Wolf Oschlies: „Anton Adriaan Mussert (1894-1946); NS-‚Führer‘ der Niederlande“; siehe Angaben zu: Max Blokzijl
  3. Kurzbericht über Prozess und Hinrichtung auf nieuwsdossier.nl: „Max Blokzijl geëxecuteerd, 16/03/1946“ (niederländisch)