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Trießnitz

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Die Trießnitz ist ein Landschafts- und ehemaliges Wasserschutzgebiet am südlichen Ortsrand von (Jena-)Winzerla. Der Name "Trießnitz/Triesnitz" ist slawischen Ursprungs: dreznica 'im nassen Laubwalde', 'Laubwäldchen'.

Das Dorf Winzerla bezog seit 1894 über eine Hochdruckleitung sein Trinkwasser aus der Trießnitz. Eine der zahlreichen Trießnitzquellen speist noch immer den einstigen Feuerlöschteich an der Kirche in Winzerla. Die Trinkwasserqualität der Quellen ist wegen der intensiven gärtnerischen Nutzung des Areals oberhalb der Trießnitz nicht mehr gegeben. Noch 1954 gehörte die Trießnitz wie das Mühltal und der Coppanzer Grund zu den für die Wasserwirtschaft relevanten Quellschongebieten um Jena (vgl. J. H. Schultze: Jena [...], S. 260). Trießnitzwasser enthielt das früher in Winzerla gebraute Bier (Brauhaus Ecke Winzergasse/Frongasse).

Die Trießnitz war im 18. und 19. Jahrhundert ein beliebter Fest- und Ausflugsort des "Akademischen Jena". Erwähnt ist ein Gasthaus, das im Verlaufe des 19. Jahrhunderts aufgegeben wurde. Erhalten blieb ein Festplatz (mit gefasster Quelle, einem Lagerkeller für Bier und der Möglichkeit, einen Tanzboden zu errichten), der von der Bevölkerung, oft unter der Regie des örtlichen Männergesangvereins oder der Freiwilligen Feuerwehr, noch bis ins 20. Jahrhundert genutzt wurde.

Wie es auf den Festen in der Trießnitz in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zugegangen sein mag, kann man in "Felix Schnabel's Universitätsjahren" von 1835 (S. 238 ff.) nachlesen: "Sonntags und Mittwochs ist großer Witz [Schwof] auf der Triesnitz, einer Anlage oberhalb des Dorfes Winzerla, von dem dicken, sinnigen Jakob angelegt und bewirthschaftet. In Breterhäusern wird getanzt, gekegelt und gescherzt. Auf der Plattform des Hügels sitzen in buntem Kreise die Schönen von Jena und der Umgegend, der tiefdenkende Professor mit seinem Nachwuchs, der spekulierende Kaufmann, der Angestellte mit der düstern Amtsmiene, der gemüthliche, gaffende Landmann, der sorgenfreie Bursch, sittige und freche Schönen, züchtige Hausfrauen, ehrwürdige Mütterchen, Alles bunt durcheinander, des lächelnden Lebens, dieser süßen Gewohnheit sich freuend. Alles ergezt sich an der reizenden Landschaft, Alles horcht dem Spiele der in luftiger Höhe schwebenden Musikanten, Alles singt, springt, trinkt, kos't, tanzt und spielt."

Weitere Stimmen zur Trießnitz

Ernst Moritz Arndt schreibt: "O lieber Junge, ein [Jena-]Lichtenhainer Kommers in Andacht ist mir tausendmal werther, als dampfende Punschbowlen und der Hauch des köstlichen Weines; bas [besser] behagte mich einst der [Jena-]Ziegenhainer Linde Umarmung, als der Kuß eines reizenden Mädgens, und ich gebe gern der stralsunder Hautboisten schönste Töne für das einförmige Getrudel der zwetzer [(Jena-)Zwätzener] und drusnitzer [Trießnitzer] Musikanten." (An Benjamin von Bergmann vom 10. November 1794).

Johann Wolfgang von Goethe berichtet von seinen Besuchen in Winzerla und in der Trießnitz wie folgt: "Gestern Abend fuhr ich allein auf die Triesnitz wo es recht lustig herging, ich hätte dich und das Kind dabey gewünscht." (An Christiane Vulpius, Jena am 26. Mai 1797). "Unsere Spazierfahrt war noch zur rechten Zeit angestellt, denn der Regen hat gestern besonders alle Triesnitzliebhaber sehr an ihren Freuden gehindert." (An Christiane Vulpius, Jena am 6. Juni 1797). "August [Goethes Sohn] war hier mit seinen Gesellen. Es hat mich gefreut zu sehen, daß es mit seinen körperlichen Kräften und seinem guten Muth so wohl steht. Ich habe mich einige Abende recht hübsch mit ihm unterhalten. Sie sind in allen Bergen und auf allen Schlössern herumgezogen, haben Aal in der Triesnitz gegessen und die Johannisfeuer haben wir zusammen von dem Altan des Daches gesehen." (An Christiane Vulpius, Mittwoch den 25. Juni 1806). "Um nicht aus dem Gleise zu kommen, habe ich einen Karpen von Winzerle für mein Geld kommen lassen [...]." (An Christiane v. Goethe, Jena den 6. Nov. 1812).

Eine Aufzählung anderer prominenter Trießnitzbesucher findet man bei August Wilhelm Schlegel: "Gestern gab ... ein Diné auf der Driesnitz, wo es recht hübsch war - so der erste Frühlings Ausflug. Es waren allerley Leute dabey zusammen, Hufelands, Paulus, Loders, Fichtes, Frommanns und - Kotzebue's!" (An Johann Diederich Gries, Jena d. 10 May [17]99).

Zu den Besuchern der Trießnitz zählten u. a. der Kirchenhistoriker Karl von Hase und der Zoologe Ernst Haeckel; letzterer äußert sich in einem Brief vom 22. August 1858 an seine spätere Frau Anna Sethe: "Bei der Festhalle [man feierte das 300-jährige Jubiläum der Universität Jena] setzten wir über die Saale und gingen dann über frische, saftige, mit vielen zerstreuten Bäumen und Gebüschgruppen besetzten Wiesen in einer Stunde nach dem Dorfe Winzerla. Von da stiegen wir in die Triesnitz hinauf, einer reizenden, kühlen, wasser- und waldreichen Bergschlucht, zwischen deren moosigen Felstrümmern und alten Bäumen zahlreiche frische Quellen hervorsprudeln. Auf einem der hübschesten Punkte, von wo man über die Bäume weg ins Saaletal hinübersieht, tranken wir Kaffee ...."

Literatur

Gerhard Cosack / Reinhard Jonscher: Von Ammerbach bis Zwätzen. Aus der Geschichte der Jenaer Vororte. Jena o. J. (Reihe des Stadtarchivs Jena Nr. 2).

"Du mein Jena". Ein Heimat-Almanach aus dem mittleren Saaletal. Herausgeber: Deutscher Kulturbund Jena [1959]. [S. 26 zu Ernst Haeckel und der Triesnitz].

Harald Friedel: Auf Jenas Wanderwegen. 12 Wanderrouten um Jena. 2. Aufl. Jena 1984 (jena-information). [Mit einer Route über die Trießnitz, S. 37].

JENA - das liebe närrische Nest. Ein Bilderbuch aus der Zeit Goethes und Schillers. Mit Stichen von Christian Ludwig Heß. Einführung und Bilderläuterungen neu bearbeitet von Ilse Knoll. Dritte neubearbeitete Auflage. Jena o. J. (Schriften des Stadtmuseums Jena Nr. 8). [Mit einem Stich: Gegend von Burgau und Winzerla, S. 61, und schöner Abbildung des Trießnitz-Wäldchens].

Ilse Knoll: Jena - Gestern & Heute. Vom närrischen Nest zur sozialistischen Großstadt. Mit Stichen von [Christian] Ludwig Heß und Fotos von Herbert Henschel. Jena o. J. (Schriften des Stadtmuseums Jena Nr. 22). [Mit einem Stich: In der Trießnitz, um 1815, und einem Foto vom Sängertreffen auf der Trießnitz, ca. 1980, S. 84].

Wolfgang Lösch / Rainer Petzold / Frank Reinhold / Susanne Wiegand: Jenaer Straßen und Gassen. Jena 1991 (jena-information).

Mein Jena lob ich mir. Briefe und Berichte aus fünf Jahrhunderten zusammengestellt und eingeleitet von Ilse Knoll. Jena o. J. (Schriften des Stadtmuseums Jena Nr. 21). [Mit einer Federzeichnung von Rudolf Beck, 1840/45: Himmelfahrtstag auf der Trießnitz, S. 48].

Mir hat der Ort immer gefallen. Geschichte und Geschichten aus Winzerla. Herausgeber: Eberhard Warncke-Seithe, Stadtteilbüro Winzerla; Bearbeitung der Texte: Dr. Reinhard Jonscher, Jena. 2005. [Trießnitz S. 43-46].

Felix Schnabel's Universitätsjahre oder Der deutsche Student. Ein Beitrag zur Sittengeschichte des neunzehnten Jahrhunderts. Von A. von S. [d.i. August Jäger; Stuttgart 1835]. Neudruck eingeleitet und mit Bemerkungen aus dem 'Burschicosen Wörterbuch' (Ragaz 1846) versehen von Otto Julius Bierbaum. Berlin 1907.

Joachim H. Schultze [u. a.]: JENA. Werden, Wachstum und Entwicklungsmöglichkeiten der Universitäts- und Industriestadt. Jena 1955.