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Kreisbahn Rathenow-Senzke-Nauen

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Die Kreisbahn Rathenow-Senzke-Nauen – wie sie von 1930 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges firmierte – war ein Eigenbetrieb des damaligen Landkreises Westhavelland in Rathenow. Sie diente der Erschließung des Landstrichs zwischen der Hamburger Bahn im Norden und der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn im Süden.

Streckenverlauf

Gleisanlagen Rathenow um 1900

Am 2. April 1900 wurde die 31 Kilometer lange Strecke von der Kreisstadt Rathenow an der Havel in nordöstlicher Richtung über Kriele – Senzke nach Paulinenaue in Betrieb genommen. In Senzke zweigte eine 20 Kilometer lange Strecke über Ribbeck nach der Kreisstadt Nauen des Nachbarkreises Osthavelland ab, die am 1. Oktober 1901 eröffnet wurde. Das nunmehr fast 52 Kilometer umfassende Netz war in der Schmalspur von 750 Millimeter zwischen den Schienen angelegt. Weil sich die Trasse, um möglichst viele Ortschaften anzuschließen, durch das Land schlängelte, erhielt die anfangs als Kreisbahn Rathenow-Senzke-Paulinenaue-Nauen bezeichnete Bahn auch den Beinamen „Krumme Pauline“.

Betriebsstellen

km Name
0,0 Bf Rathenow (RSN)
8,0 Hst Stechow
9,2 Bf Ferchesar
13,7 Hst Kotzen
15,7 Hst Landin
16,7 Hst Kriele (ab 1946 Bf)
21,0 Hst Haage
22,5 Bf Senzke
25,2 Hst Wagenitz
27,2 Hst Brädikow
31,6 Bf Paulinenaue
0,0 Bf Senzke
3,9 Hst Pessin
5,8 Hst Retzow
8,1 Hst Selbelang
10,8 Hst Ribbeck
13,4 Hst Berge
16,0 Hst Lietzow
20,1 Bf Nauen

Geschichte

Bis 1945

1895
Der Kreistag Westhavelland in Rathenow erörtert Kleinbahnprojekte mit dem Ziel, das durch eine rege Landwirtschaft geprägte Kreisgebiet verkehrsmäßig besser zu erschließen. Im Dezember 1895 wird ein Komitee gegründet, das die möglichen Linienführungen prüfen soll.

1896
Eine Verbindung Rathenow–Paulinenaue wird ins Auge gefasst. Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten ist aber lediglich bereit, dem Bau einer den örtlichen Verkehrsbedürfnissen dienenden Eisenbahn auf Grundlage des Kleinbahngesetzes von 1892 zuzustimmen, und zwar nur als schmalspurige Kleinbahn.

18971899
Die Würfel sind gefallen: Die Kleinbahnstrecke wird von Rathenow über Stechow, Ferchesar, Kotzen, Landin, Kriele, Haage, Senzke, Wagenitz und Brädikow nach Paulinenaue führen. Zur Erschließung des Gutshofes Pessin ist zudem eine Zweigbahn von Paulinenaue aus vorgesehen. Der Kreistag in Rathenow stimmt am 29. Juni 1897 dem Bau beider Linien zu. Am 28. Oktober 1898 erteilte der Königliche Regierungspräsident in Potsdam die Konzession zum Bau und Betrieb der "Eisenbahn Rathenow-Senzke-Paulinenaue" (RSP). Anfang 1899 wird der Bahnbau in Angriff genommen. Ebenso werden Lokomotiven, Reisezug- und Güterzugwagen in Auftrag gegeben.
Etwa zum gleichen Zeitpunkt wird klar, dass die Streckenführung von Rathenow nach Paulinenaue den Verkehrsbedürfnissen nur teilweise gerecht werden wird. Nach entsprechenden Voruntersuchungen beschießt der Kreistag in Rathenow am 10. April 1899 anstelle der Zweigstelle Paulinenaue–Pessin eine Ergänzungsstrecke vom Schnittpunkt des Weges Senzke–Wagenitz mit der Hamburger Chaussee über Pessin, Retzow, Selbelang, Ribbeck, Berge und Lietzow nach Nauen zu erbauen.

1900
Am 2. April 1900 wird die 31,5 Kilometer lange Kleinbahn zwischen Rathenow und Paulinenaue eröffnet. Auf der Strecke verkehren täglich drei so genannte gemischte Zugpaare, die auch Güterwagen befördern. Die vom Minister der öffentlichen Arbeiten im Oktober 1899 erlaubten Vorarbeiten für den Streckenast nach Nauen laufen indes auf Hochtouren. Im Mai 1900 genehmigt die Königliche Regierung in Potsdam den Bau und Betrieb dieser Ergänzungslinie.
Am 20. September 1901 wird die Neubaustrecke Senzke–Nauen eisenbahntechnisch und landespolizeilich abgenommen und schon einen Tag später rollt der erste Rübenzug von Senzke nach Nauen. Erstmalig verkehrt am 29. September 1901 ein Personenzug von Nauen nach Rathenow aus Anlass eines in Rathenow stattfindenden Pferderennens. Er gilt zugleich als Eröffnungszug der Strecke. Am 1. Oktober 1901 schließlich wird die 20,1 km lange Zweigstrecke für den öffentlichen Reise- und Güterverkehr in Betrieb genommen. Die Betriebsverwaltung und die Werkstätten befinden sich in Rathenow. Für den täglichen Betriebsablauf ist ein ebenfalls in Rathenow tätiger Bahnverwalter zuständig.

1902-1910
Besonders während der Rübenkampagne rollen ständig Bedarfsgüterzüge nach Nauen. Die Anwohner benutzen die Kleinbahn vor allem für Einkäufe und Behördenbesuche in Rathenow und umgeehrt in Nauen. Für den mitunter regen Ausflugsverkehr in den Sommermonaten legt die RSPN von Rathenow nach Ferchesar Verstärkungszüge ein, die sich großer Beliebtheit erfreuen.

19111918
Bis 1914 steigt das Reise- und Güterverkehrsaufkommen ständig an. Trotzdem sind stets Zuschüsse aus dem Kreishaushalt nötig.
Nach Beginn des ersten Weltkriegs verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation der Kleinbahn zusehends. Ab 1917 decken die Betriebseinnahmen nicht mehr die laufenden Ausgaben, so dass sich die Rathenower Kreisverwaltung gezwungen sieht, auf beiden Strecken täglich nur noch zwei Zugpaare verkehren zu lassen.

19191924
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich herausgestellt, dass die Teilstrecke Senzke–Paulinenaue besonders unwirtschaftlich ist. Vom 1. Januar 1924 an wird der Reiseverkehr eingestellt und der Güterverkehr auf den Abschnitt Senzke–Wagenitz beschränkt.
Ein wichtiges Datum der Kreisbahngeschichte ist der 1. April 1924. An diesem Tag wird die RSPN von der Beförderungspflicht zwischen Wagenitz und Paulinenaue entbunden, die Gleise bleiben aber zunächst liegen, Sie werden erst Mitte der dreißiger Jahre abgebaut.
Nun verkehren auf der Strecke Rathenow–Senzke–Nauen zwei Zugpaare täglich, die sich in Senzke kreuzen. Hier werden die Lokomotiven getauscht. An diesem Betriebsablauf wird sich bis 1945 nichts mehr ändern.

19251931
Durch den Abtransport größerer Mengen Holz aus der Rhinsmühler Heide und die dadurch entstehenden Einnahmen kann eine neue Lokomotive beschafft werden.

19321939
Zu Beginn des Jahres 1932 wechselt die RSPN ihre Unternehmensbezeichnung in "Kreisbahn Rathenow - Senzke - Nauen" (RSN). Eine Umspurung der RSN auf Normalspur oder die Einführung des Rollwagenverkehrs wird zwecks Kostensenkung und Zeitersparnis beim Umladen von Gütern in Erwägung gezogen. Doch für derartige Investitionen fehlt das Geld. Es gelingt zwar Zuschüsse von der Provinz Brandenburg für die Beschaffung von zwei Triebwagen zu erhalten, die aber „kriegsbedingt“ nicht mehr gebaut werden.

19401942
Die von der Nazi-Regierung angeordnete Rationierung von Treibstoffen führt zu einer enormen Steigerung der Leistung vor allem im Reiseverkehr, da viele Buslinien eingestellt werden. Mit den erzielten Gewinnen kann die RSN jedoch nichts anfangen, da sie keine Kontingente für benötigten Materialen erhält.

1943
Für den Osteinsatz müssen u. a. eine Lok und die beiden Kesselwagen abgegeben werden. Zum 31. März 1943 wird der Bedarfsgüterverkehr auf der Teilstrecke Senzke–Wagenitz eingestellt, die Gleise werden sofort abgebaut.

1944 bis 1945
Vorhandene Fahrzeuge: 5 Lokomotiven, 10 Reisezugwagen und 90 Güterwagen Am 20. April 1945 wird in den Vormittagsstunden der Bahnhof Nauen durch alliierte Luftangriffe zum Teil erheblich beschädigt. Davon betroffen sind auch Bahnanlagen und Wagen der RSN. Der Zugverkehr kommt zum Erliegen. Wenige Tage später sprengen deutsche Verbände die beiden Kleinbahnbrücken über dem Havelländischen Hauptkanal. Von Rathenow aus kommt der Kreisbahnverkehr bis Kotzen im Juli 1945 wieder in Gang. Anfang August muss der Verkehr jedoch eingestellt werden, da die RSN unter die Reparationsleistungen an die UdSSR gefallen ist. Die Anlagen sollen demontiert werden und mit den Fahrzeugen abtransportiert werden. Im Spätsommer 1945 gelingt es dem Rathenower Landrat, die Besatzungsmacht von der Notwendigkeit der RSN zu überzeugen.

Nach 1945

Eine weitere Verkürzung der Kreisbahn um 17 Kilometer brachte im Sommer 1945 die Demontage des Abschnitts Rathenow–Kriele. Auch die übrigen Stationen zwischen Kriele und Nauen (25 Kilometer) blieben nach Kriegsende zunächst ohne Zugverkehr; dieser wurde erst am 9. Februar 1946 wieder aufgenommen, nachdem die im Krieg zerstörte Brücke über den havelländischen Hauptkanal bei Senzke repariert war.

In den Winterfahrplänen 1946/47 und 1947/48 findet sich lediglich am Dienstag und Sonnabend ein Zug um 10:30 bzw. 10:00 Uhr ab Nauen nach Kriele mit einer Fahrzeit von 105 Minuten, der um 13:05 Uhr zurückfuhr. Im Sommer 1950 verkehrte dieses Zugpaar auch donnerstags. Inzwischen war die kreiseigene Bahn der VVB Landesbahn Brandenburg und anschließend der Deutschen Reichsbahn zugewiesen worden.

Hier konnte sich die Personenbeförderung noch bis zum 24. Januar 1961 behaupten; wenige Wochen später endete am 1. April 1961 auch der Güterverkehr. Damit war das Schicksal der ehemaligen Kreisbahn besiegelt.

Spuren der Kreisbahnen blieben bis heute erhalten. Am Bahnhof in Nauen steht immer noch der alte Güterschuppen dieser Bahn. Auch die Trasse lässt sich dort noch gut einblicken. In Rathenow wurde anlässlich des Abschlusses der Renovierungsarbeiten dort im Jahre 1998 ein Stück Gleis der früheren Kreisbahn wieder auf dem Bahnhofsvorplatz verlegt. Auch in den anderen von dieser Bahn berührten Gemeinden sind immer wieder Relikte zu entdecken.

Fahrzeuge

Folgende Fahrzeuge wurden bei der RSN dauerhaft oder zeitweise eingesetzt:

Dampflokomotiven

Baureihe 99.451 RSN Nr. 1 bis 5 sowie IV_K

Diesellokomotiven

Kö 6002, Köf 6003, Kö 6004

Literatur

  • Machel, Wolf-Dietger: Kreisbahn Rathenow-Senzke-Nauen - Sammelwerk Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland, Grundwerk (1994), GeraNova-Verlag
  • Richter, Reinhard / Machel, Wolf-Dietger: Kreisbahn Rathenow - Senzke - Paulinenaue - Nauen 2003, Begleitheft der Sonderausstellung des Heimatmuseums Falkensee und des Freundeskreises Kreisbahn RSPN
  • Preuß, Reiner und Preuß, Erich: Archiv deutscher Klein- und Privatbahnen: Schmalspurbahnen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg 1996, transpress Verlag
  • Wagner, Hermann: Vergessene Schmalspurbahnen der DDR: Die Krumme Pauline, in ModellEisenBahner 11/95
  • Ebert, Roland: Nauen und seine Bahnhöfe in Verkehrsgeschichtliche Blätter 6-1994, S. 130-139
  • Brandt, Walter: Vom feurigen Elias und der sanften Elise / Die Privatbahnen und Kleinbahnen der Mark Brandenburg und Berlins 1968, Albis Verlag
  • Kieper, Klaus + Preuß. Reiner: Schmalspur zwischen Ostsee und Erzgebirge, transpress 1980, LizenzA alba, ISBN 3-87094-069-7