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Analytische Philosophie

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Analytische Philosophie

Der Begriff „analytische Philosophie“ bezieht sich auf eine Tradition, deren Ausgang man an den Arbeiten von Gottlob Frege (1848 – 1925) und Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951) festmachen kann und deren Explizierung vor allem die beiden britischen Philosophen Bertrand Russel (1872 – 1970) und George Edward Moore (1873 – 1958) geleistet haben. Anfänge analytischer Philosophie kann man bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehen (z.B. bei Bernard Bolzano (1781 – 1848), Franz Bretano (1838 – 1917) oder Alexius Meinong (1853 – 1920)), doch es ist Gottlob Freges Werk, das geradezu programmatisch für weite Teile der analytischen Tradition wurde. Frege expliziert seinen Ansatz in seiner „Begriffsschrift“ (1879) folgendermaßen:

„Wenn es eine Aufgabe der Philosophie ist, die Herrschaft des Wortes über den menschlichen Geist zu brechen, indem sie die Täuschungen aufdeckt, die durch den Sprachgebrauch über die Beziehungen der Begriffe oft fast unvermeidlich entstehen, indem sie den Gedanken von demjenigen befreit, womit ihn allein die Beschaffenheit des sprachlichen Ausdrucksmittels behaftet, so wird meine Begriffsschrift, für diese Zwecke weiter ausgebildet, den Philosophen ein brauchbares Werkzeug werden können.“[1]

Es geht Frege in seinem Werk also um die Sprache als Werkzeug und Medium der Gedanken, deren Verwirrungen er zum großen Teil an den strukturell bedingten Unklarheiten der allgemeinen Sprache festmacht. In einem von Zeitgenossen kaum wahrgenommenen Mammutunternehmen arbeitete er Zeit seines Lebens an der Entwicklung einer von allen Unklarheiten und Verwirrungen befreiten Idealsprache, in der sich wissenschaftliche Erkenntnisse – in seinen Arbeiten hauptsächlich jene der Logik und Arithmetik – in präziser Klarheit formulieren lassen sollten und in welcher zwischen Gesprächspartnern keinerlei Unklarheit mehr bestehen könnte. Diese Tradition, der als weiteres Werk Wittgensteins berühmter „Tractatus Logico-Philosophicus“ (1921) beizustellen ist, bezeichnet man als Ideal Language Philosophy, da sie mit den Mitteln der Logik und der Mathematik versucht, eine von allen Unklarheiten bereinigte formale Sprache zu erstellen. Auch Bertrand Russel und Rudolf Carnap (1891 – 1970) sind unter dieser Sammelbezeichnung zu fassen.

Unabhängig von diesen Unternehmungen entwerfen einige Philosophen ein anderes Modell, das ihren Befürchtungen, die Logik sei ein zu enges Instrument, um die menschliche Sprache (z.B. als sozial Gegebenes) zu beurteilen, Rechnung tragen soll. Sich vor allem auf eine der „Gründerfiguren“ der analytischen Philosophie, George Edward Moore (1873 – 1958) beziehend, entwickelt sich u.a. in Wittgensteins Spätwerk (den „Philosophischen Untersuchungen“ (1953)) und den Arbeiten von John Longshaw Austin (1911 – 1960) und John R. Searle (*1932) zur sog. Sprechakttheorie eine Idee, die nicht die Entwicklung einer künstlichen Formalsprache zur Beseitigung der Unklarheiten aus der Sprache, sondern vielmehr die Analyse und kritische Beschreibung der Alltagssprache in ihrem jeweiligen Gebrauch problematisiert. Ausgehend von einem tiefsitzenden Unbehagen der Sprache einer metaphysischen Schule gegenüber, welche sich „absoluter Idealismus“ nannte, und deren Thesen sich im Widerspruch zu alltäglicher Erfahrung zu bewegen schienen - wie z.B. die These, dass Zeit etwas Unwirkliches sei – entwickelten sie den Anspruch, die Sprache der Philosophie von Pseudoschwierigkeiten eines über-elaborierten Codes zu befreien.

Auch dieser Ansatz der Zerlegung und Analyse sprachlicher Zusammenhänge wird unter dem Begriff der „analytischen Philosophie“ subsumiert, allgemein hat sich (in Abgrenzung zur o.g. Ideal Language Philosophy) für die Vertreter dieser Richtung die Sammelbezeichnung w:Ordinary Language Philosophy (normalsprachliche Philosophie) etabliert.

Beide Traditionslinien eint eine besondere Wertschätzung des klaren, einfachen Wortes sowie der Arbeit am Detail in überprüfbaren Aussagen. Analytisches Philosophieren ist so verstanden eher methodologische Haltung als Problem- oder Ideenspezifische Schule, wobei die Sprachanalyse als prima philosophia innerhalb analytischer Philosophien anzusehen ist.


[1] Frege, Gottlob: Begriffsschrift, S. XII f.