Lichtbogen

Ein Lichtbogen ist eine sich selbst erhaltende Gasentladung zwischen zwei Elektroden, die eine ausreichend hohe elektrische Spannungsdifferenz aufweisen, um durch Stoßionisation die benötigte hohe Stromdichte aufrechtzuerhalten. Die Gasentladung bildet ein Plasma, in dem die Teilchen (Atome oder Moleküle) teilweise ionisiert sind. Die Ladungsträger haben zur Folge, dass das Gas elektrisch leitfähig wird. Die Plasmen sind quasi neutral, d. h. die Zahl der Ionen und Elektronen ist identisch. Da die schweren Ionen gegenüber den leichten Elektronen wesentlich langsamer sind, sind für den Stromtransport fast ausschließlich die Elektronen relevant.
Charakteristisch sind hierbei
- der im Vergleich zur Glimmentladung relativ geringe Kathodenfall (in der Größenordnung des Anregungs- oder Ionisierungspotentials der beteiligten Atome, ungefähr 10eV),
- eine bereichsweise fallende (nicht ohmsche) Strom-Spannungs-Kennlinie,
- eine im Vergleich zur Glimmentladung hohe Stromdichte in der Entladung,
- Gas- und Elektronentemperatur sind stark gekoppelt. Es wird näherungsweise das lokale thermische Gleichgewicht erreicht.
- Die Gasdrücke sind relativ hoch (p> 0,1 bar).
- Die Gastemperatur liegt bei 5.000 bis 50.000 K.
Das Phänomen des elektrischen Bogens wurde unmittelbar nach der Herstellung der ersten leistungsfähigen Stromquellen (Voltasche Säule von Alessandro Volta, 1800) etwa zeitgleich vom Briten Humphry Davy und dem Russen Petrov entdeckt. Davy hielt zwei Kohlestifte, die jeweils mit einem Pol einer Voltaschen Säule verbunden waren, zusammen und zog sie nach Beginn des Stromflusses langsam auseinander. Bei waagerechter Anordnung der Stifte, die als Elektroden dienen, brennt das Plasma durch seinen thermischen Auftrieb in Form eines charakteristischen Bogens, der dieser Gasentladung ihren Namen gab. Siehe auch Jakobsleiter.
Lichtbögen senden typischerweise intensive infrarote, sichtbare und ultraviolette Strahlung aus.
Je nach Betriebsparametern können verschiedene Prozesse maßgeblich für die Emission der Elektronen aus dem Kathodenmaterial verantwortlich sein. Eine wichtige Kenngröße ist dabei die Austrittsarbeit, die geleistet werden muss, damit Elektronen den Festkörper verlassen können. Diese wird bei Lichtbögen durch das vorhandene externe Feld herabgesetzt (Schottky-Effekt oder auch Schottky-Erniedrigung). Weitere relevante Prozesse bei der Elektronenemission können die folgenden sein:
- Thermoemission (auch thermionische Emission, glühelektrischer Effekt, Edison-Effekt, Richardson-Effekt oder auch Edison-Richardson-Effekt genannt),
- Feldemission (das vorhandene elektrische Feld ermöglicht den Elektronen quantenmechanische Tunnels aus dem Festkörper heraus),
- Thermionische Feldemission (starke elektrische Felder führen zu weiteren Effekten, die durch die obigen Punkte nicht abgedeckt werden),
- Sekundärelektronenemission (durch den Kathodenfall werden positive Ionen zur Kathode hin beschleunigt. Bei ihrem Auftreffen erwirken sie die Freisetzung von Elektronen).
Leistungsbilanz
In einem Lichtbogen wird das Plasma durch Stöße der im elektrischen Feld beschleunigten Elektronen und den schweren Teilchen aufgeheizt. Der Wärmetransport nach außen erfolgt durch Wärmeleitung. Darüberhinaus müssen in der Leistungsbilanz Emission und Absorption der Strahlung berücksichtigt werden. Die Leistungsbilanz lautet:
: Dichte
Unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit eines Volumenelementes kann für die Enthalpieänderung geschrieben werden:
Betrachtet man nun einen vertikal angeordneten stationär betriebenen zylindrischen Lichtbogen, dann kann die Leistungsbilanz einfacher dargestellt werden. Wird die Strömung (in diesem Fall die Aufwärtsbewegung eines Volumenelementes) und die Strahlungstermen vernachlässigt, erhält man eine Leistungsbilanz, die die Aufheizung und die rotationssymmetrische Wärmeleitung nach außen beschreibt:
Das Temperaturprofil des Bogens hängt vom eingesetzten Gas ab. Molekülgase werden im Lichtbogen dissoziiert. In den radialen Bereichen, in denen die Dissoziation der Moleküle stark ansteigt ist auch die Wärmeleitfähigkeit des Gases sehr hoch und dementsprechend ist auch der Temperaturgradient steiler als bei der Verwendung von einatomigen Edelgasen.
Technische Anwendungen
Lichtbögen wurden zuerst in der Beleuchtungstechnik genutzt: Bogenlampen sind die ältesten elektrischen Lichtquellen. Davy machte seine ersten dahingehenden Beobachtungen vermutlich bereits um 1802, veröffentlichte diese aber erst später (1812). Die Lichtbögen wurden zuerst offen in Luft betrieben. Es wurden Graphitelektroden eingesetzt, die relativ schnell abbrannten.
In Quecksilberhochdrucklampen wird Argon mit einem Druck von einigen mbar und Quecksilber eingesetzt. Die Lampe zündet durch einen Hochspannungsimpuls und bildet erst eine Glimmentladung aus. Mit steigender Temperatur verdampft das Quecksilber, der Druck nimmt entsprechend dem Quecksilberdampfdruck zu und die Entladung geht in eine Bogenentladung über. Im Spektrum des Lichtbogens dominieren die starken Quecksilberlinien.
Die Xenon-Kurzbogenlampe wird in Kinoprojektoren und starken Scheinwerfern eingesetzt. Xenon hat im sichtbaren Spektrum viele optische Übergänge. In Verbindung mit hohen Entladungsdrücken wird eine Linienverbreiterung erreicht, so dass eine sehr hohe Strahlungsdichte emittiert wird. Die Strahlungsquelle hat eine geringe räumliche Ausdehnung und kann daher gut mit Reflektoren und Linsen kollimiert werden.
Beim 'WIG'-Schweißverfahren (Wolfram-Inert-Gas-Schweißen) werden gas- oder wassergekühlte Wolfram-Elektroden eingesetzt, und es wird ein Argon-Schutzgasplasma erzeugt. Der Schweißzusatzstoff wird über das Plasma eines Langlichtbogens abgeschmolzen, das gleichzeitig die Kanten der Grundwerkstoffes aufschmilzt.
Beim Elektroschweißen ist der Abbrand des Elektrodenwerkstoffes dagegen erwünscht. Elektrode und die Kanten des Grundwerkstoffes werden beim Schweißen aufgeschmolzen und bilden die Schweißnaht.
In elektrischen Schaltern sind Lichtbögen dagegen unerwünscht. Sie bilden sich insbesondere dann, wenn der Abreißfunke bei hohen Strömen das Kontaktmaterial lokal soweit erhitzt, dass die Austrittsarbeit der Elektronen überwunden wird. Der entstehende Lichtbogen muss so schnell wie möglich zum Verlöschen gebracht werden, um Kontaktabbrand und thermische Schäden zu vermeiden. In Leitungsschutzschaltern wird hierzu der Spannungsbedarf des Bogens durch Auseindanderziehen der Kontakte, Kühlen des Plasmas durch Löschbleche und magnetisches Anblasen so weit erhöht, dass der Bogen beim Stromnulldurchgang verlöscht. Leistungsschalter verwenden Öl oder Druckluft zum Löschen. Lasttrennschalter arbeiten meist mit sogenanntem Hartgas oder einer Schwefelhexafluorid- (SF6 )-füllung. Das Schutzgas SF6 bewirkt eine Kühlung des Lichtbogens und zusätzlich einen hohen Spannungsabfall zur Löschung des hohen Kurzschlussstromes. Damit verlöscht der Abschaltlichtbogen nach einer halben oder wenigen Perioden der Wechselspannung.
Eine bedeutende Anwendung sind Lichtbogen-Elektroöfen zum Herstellen von Stahl in Elektrostahlwerken.
Eine weitere Anwendung ist die Erzeugung dünner metallischer Schichten mittels Lichtbogenverdampfung bei der Physikalische Gasphasenabscheidung. Hierbei wird mittels der kinetischen Energie der Elektronen des Lichtbogens Atome bzw. Moleküle aus einen festen Material (Target) herausgelöst und auf einen Substrat abgeschieden. Dieses Verfahren wird unter anderem bei verschleißmindernden Titannitridschichten auf Schneidwerkzeugen eingesetzt.
Eine klassische Anwendung erfährt der Lichtbogen in der Spektralanalyse zur Bestimmung von Haupt-und Spurenbestandteilen hauptsächlich von Feststoffen. Das zu analysierende Material wird im Lichtbogen verdampft, wobei die entsprechenden Spektrallinien angeregt werden. Die Bestimmung der Linien und deren mit der jeweiligen Elementkonzentration korrelierenden Intensitäten erfolgt in einem optischen Spektrometer (OES). Hauptsächlich werden Gleichstrombögen (DC-arc) mit Kohle- oder Grafitelektroden angewandt.
Eine Anwendung in der Zukunft könnte das Lichtbogentriebwerk sein.