Zum Inhalt springen

Schöffenbarfrei

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. August 2007 um 15:17 Uhr durch Olaf von Glehn (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Im hohen Mittelalter ist schöffenbar frei eine Standesbezeichnung ähnlich wie semperfrei. Wer damit gemeint ist, konnte nie restlos geklärt werden. Der Begriff spielt eine wichtige Rolle im Sachsenspiegel und taucht recht häufig in Ukrunden des 12. und 13. Jahrhunderts in Norddeutschland auf.

Die schöffenbar freien Leute besetzen, wie ihr Name andeutet, die Schöffenbank im königlichen Grafengericht, sodass die gesamte Rechtsprechung in den wichtigeren Fällen in der Hand dieses Standes liegt. Die Schöffenstühle werden innerhalb bestimmter Familien vererbt (wie das in Frankreich noch im 18. Jahrhundert der Fall war), aber im Grunde nimmt jeder schöffenbar freie Mann an der Rechtsprechung des königlichen Gerichts Teil, unabhängig davon, ob er eine Schöffenstuhl besitzt oder nicht.

Die schöffenbar freien Leute spielen im übrigen die typische Rolle eines Adels - sie gelten zweifellos als ritterbürtig -, dabei scheinen sie aber viel zahlreicher gewesen zu sein und in viel bescheideneren Verhältnissen gelebt zu haben, als man das von einem Adel gewohnt ist. Nach einigen Urkunden hausten schöffenbar freie Leute scharenweise in ein und demselben Dorf. Einige Rechtshistoriker wie Philipp Heck betrachten sie daher als die Normalbürger. Sie sind nicht privilegiert, die anderen sind unterprivilegiert. Ihre soziale Stellung ähnelt der Stellung der Freien in der Antike.

Nichts desdoweniger zeigt sich ihre gehobene Stellung z.B. in der Vorschrift: Schöffenbare Leute dürfen (im Gericht) Urteil finden über jedermann, es darf aber gegen sie niemand Urteil finden, das an ihr Leben oder an ihre Ehre oder an ihr Erbe geht ..., er sei ihnen denn ebenbürtig (Ssp. Ldr. II/12,2). Ein schöffenbar freier Mann darf auch nur von Ebenbürigen zum gerichtlichen Zweikampf herausgefordert werden: Welcher schöffenbar freie Mann seinen Standesgenossen zum Zweikampf herausfordert, der muss seine vier Großeltern und sein Handgemahl kennen und die benennen, oder jener weigert ihm den Zweikampf mit Recht(Ssp. Ldr. I/51,4).

Mit der Ablösung der von Juristen betriebenen Rechtsgeschichte durch die von Historikern betriebene Landesgeschichte ist die einst mit Leidenschaft geführte Diskussion solcher Themen eingeschlafen.

Literatur

Philipp Heck, Der Sachsenspiegel und die Stände der Freien