Theodosius I.
Theodosius I., mit vollem Namen Flavius Theodosius, auch bekannt als Theodosius der Große (* 11. Januar 347 in Cauca, Spanien; † 17. Januar 395 in Mailand), der „Gotenfreund“, war von 379 bis 394 Kaiser im Osten des römischen Reiches und ab Ende 394 letzter Kaiser des Gesamtreiches.
Die Regierungszeit des Theodosius war verbunden mit einschneidenden Veränderungen für das Imperium Romanum. So wurde erstmals eine große Gruppen von Barbaren (den Goten) als autonomer Verband auf dem Boden des Reiches angesiedelt, während im Inneren das Christentum zur Staatsreligion erhoben wurde. Nach seinem Tod 395 führte die damit verbundene Reichsteilung unter seinen beiden Söhnen zur endgültigen Trennung in ein Weströmisches und ein Oströmisches Reich.
Biographie
Die frühen Jahre
Flavius Theodosius wurde vermutlich am 11. Januar 347 in Cauca geboren, einer unbedeutenden kleinen Stadt in der nordwestlichen spanischen Provinz Galaecia. Sein Vater, der ebenfalls Flavius Theodosius hieß und ein erfolgreicher Militär unter Kaiser Valentinian I. gewesen ist, hatte hier größere Besitzungen. Seine Großeltern väterlicherseits, Honorius und Thermantia, waren wohl schon nicaenisch-orthodoxe Christen, genau so wie sein Vater und er selbst. Auch hatte Theodoius einen Bruder, Honorius, dessen Tochter Serena er später adoptierte und die durch die Heirat mit dem Magister militum Stilicho noch großen Einfluss erreichen sollte.

Der junge Theodosius verbrachte die Kindheit in seiner spanischen Heimat. Über seinen Bildungsweg ist kaum etwas bekannt, außer dass er Interesse an geschichtlichen Studien zeigte und auch sonst sehr aufgeschlossen gewesen sein soll. Ab 368 ist er im Gefolge seines Vaters zu finden, der zu diesem Zeitpunkt den Rang eines magister equitum praesentalis (Kommandeur der Reiterei der Hofarmee) inne hatte. Dort schlug er eine militärische Laufbahn ein und nahm mit ihm zusammen an den Feldzügen in Britannien 368/369, an dem Feldzug gegen die Alemannen 370 und gegen die Sarmaten 372/373 teil, ohne dass dem Kaiser in spe, so der Panegyrikus des Pacatus, ausdrücklich Siege zugewiesen werden. Vermutlich durch den Einfluss des Vaters wurde Theodosius zum dux moesiae prima befördert, womit ihm eine eigene Militärprovinz auf dem Balkan unterstand. Diese Protegierung durch den Vater war allerdings damals nicht unüblich. Im Jahr 373 wurde der Vater schließlich zur Unterwerfung des Usurpators Firmus nach Africa abberufen. 374 schlug der Theodosius die Sarmaten in Pannonien, welche die Donau überschritten hatten. Somit hatte er sich als Befehlshaber bewiesen und war als Feldherr durchaus angesehen.
376 beendete Theodosius plötzlich seine militärische Karriere und zog sich auf seine heimatlichen Besitzungen nach Spanien zurück. Die Gründe dafür sind äußerst vielschichtig und auch widersprüchlich. Jedenfalls steht der Rückzug in enger Verbindung mit dem Tod seines Vaters, der im Zusammenhang mit dem Aufstand des Firmus und der daraus folgenden Untersuchung gegen den angesehenen afrikanischen Statthalter Romanus (wohl zu Unrecht) des Hochverrats angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. Theodosius heiratete noch im gleichen Jahr Aelia Flacilla, eine Frau aus dem spanischen Provinzadel, die 377 seinen ältesten Sohn Arcadius zur Welt brachte. Ansonsten widmete er sich der Verwaltung seiner Güter. Nach Lage der Dinge konnte Theodosius kaum mehr damit rechnen, je wieder im Militärdienst aktiv zu werden. Doch die Sachlage veränderte sich dramatisch, als am 9. August 378 die Schlacht von Adrianopel stattfand.
Theodosius' erste Regierungsjahre im Osten
In der Schlacht von Adrianopel fiel der Kaiser des Ostens, Valens, im Kampf gegen die Goten unter ihrem Anführer Fritigern und der mit ihnen verbündeten so genannten Dreivölker-Konföderation (bestehend aus Alanen, Hunnen und Greutungen). Zwei Drittel der römischen Armee ist Osten waren mit Valens untergegangen, während den Goten der Balkanraum zur Plünderung offen stand. Nach dieser Katastrophe rief der Westkaiser Gratian Theodosius aus Spanien zurück. Die Gründe für diese Entscheidung sind in der Forschung umstritten. Am wahrscheinlichsten dürfte aber sein, dass Gratian einen fähigen General römischer Abstammung benötigte. In Sirmium ernannte Gratian Theodosius zunächst zum Magister militum über Illyrien. Theodosius konnte einige Erfolge verbuchen, so in Pannonien, wo er die Sarmaten schlug, die erneut die Donau überquert hatten. Am 19. Januar 379 erhob Gratian Theodosius zum Augustus (Mitkaiser) des Ostens. Ihm wurde die Praefectura orientis zugewiesen, einschließlich der Diözesen Dakien und Makedonien. Damit unterstand Theodosius in etwa der Raum, der nach der Reichsteilung 395 dem Ostreich zugeschlagen wurde.
Mit großer Energie kümmerte sich Theodosius in der Folgezeit um die Sicherung seines Herrschaftsbereiches. Als Residenzort hatte er zunächst aus strategischen Gründen Thessaloniki gewählt, von wo aus er nun die Armee (oder besser gesagt: deren Reste) reorganisierte. Im Zuge dieser Reorganisation nahm die Barbarisierung der Truppenteile zu, obwohl sich auch eine ganze Anzahl von römischen Generälen im Stab des Theodosius wiederfinden. Theodosius ging zunächst erfolgreich ab 380 gegen die Goten unter Fritigern auf dem Balkan vor, erlitt jedoch dann eine Niederlage. Diese zwang ihn, bei Gratian um Hilfe zu bitten, der ihm daraufhin zwei seiner erfahrensten Generäle überließ, Bauto und Arbogast. Gratian erhielt 380 auch die Diözesen Dakien und Makedonien zurückerstattet. Im selben Jahr erkrankte Theodosius so schwer, dass er sich daraufhin taufen ließ. Allerdings war es in der damaligen Zeit keineswegs unüblich, nicht schon als Kind getauft zu werden. Dadurch war Theodosius nun jedoch eventuellen kirchlichen Sanktionen ausgesetzt, die in der Folgezeit auch auf ihn zu kamen, so etwa im Konflikt mit dem Bischof von Mailand, Ambrosius (siehe dazu die Religionspolitik des Theodosius).
Am 3. Oktober 382 brachte er die Goten dazu, mit ihm einen Vertrag zu schließen, in dessen Zusammenhang sie zu so genannten Foederati gemacht wurden. Sie durften nun südlich der unteren Donau siedeln, mussten aber Rom Waffenhilfe leisten. Dieser Gotenvertrag war ein Wendepunkt in der römischen Geschichte. Bisher waren besiegte Germanen zwar als Dediticii (Unterworfene) aufgenommen worden, hatten aber keine Rechte (außer der Freiheit). Das foedus sorgte jedoch dafür, dass die angesiedelten Goten frei und autonom waren. Sie dienten zwar in Kriegszeiten, aber unter eigenen Führern und wurden zusätzlich hoch besoldet. Dennoch stärkte dieser Vertrag die Wehrkraft Roms, worauf es Theodosius in erster Linie ankam, wenn sich auch in den nachfolgenden Jahren zahlreiche Nachteile dieser Regelung bemerkbar machen sollten und diese Regelung zusätzlich mit hohen finanziellen lasten verbunden war. Als ein erster Schritt für den endgültigen Niedergang und Auflösung Roms kann dieser Vertrag jedoch nach der neueren Forschung (siehe beispielsweise: Leppin, Theodosius der Große, S. 45 ff.) nicht gedeutet werden.
Eingreifen im Westen und Konsolidierung des Reiches
Im Jahr 383 wurde Magnus Maximus, ein römischer General spanischer Herkunft, von seinen Truppen in Britannien zum Augustus erhoben. Der Grund war unter anderem die Unzufriedenheit im Militär über das Verhalten Gratians, der sich lieber mit Alanen als mit römischen Offizieren umgab. Gratian zog dem Ursurpator entgegen. In der Nähe von Paris lief der Großteils seines Heeres aber zu Maximus über und kurz darauf wurde Gratian in Lyon ermordet. Theodosius, der ohnehin nie ein herzliches Verhältnis zu Gratian gepflegt hatte und im Osten gebunden war, ließ Maximus vorerst gewähren. Es kam schließlich zu einer Reichsteilung, wobei Valentinian II., der jüngere Halbbruder Gratians, Italien und Africa erhielt, der Rest des Westens wurde Maximus übertragen.
In den folgenden Jahren widmete sich Theodosius der Verwaltung des Ostens. Er ging gegen die fast allgegenwärtige Korruption im Beamtenapparat vor. Allerdings gelang ihm keine wesentliche Besserung der wirtschaftlichen Lage und auch keine durchschlagenden Reformen im Bereich des Steuerwesens, auch wenn man ihm dort keine Versäumnisse vorwerfen kann. Theodosius hatte es zwar nicht geschafft, den zivilen Verwaltungsapparat lückenlos zu durchdringen, wohl aber erreichte er in Teilen eine Verbesserung der Verwaltungspraxis. Konstantinopel erlebte in seiner Regierungszeit einen lebhaften Aufschwung und wurde endgültig zum Zentrum des Ostreiches (hatten vorher Kaiser wie Julian Apostata oder Valens doch durchaus noch in anderen Städten ihre Residenz bezogen). Der Festungsring musste erweitert werden, die Paläste und vor allem das Forum Tauri (Forum Theodosii) wurden ausgebaut. Die Bevölkerung der Haupstadt stieg schließlich auf ca. 250.000 Menschen an. Auch im kulturtellen Bereich erlebte der Osten eine neue Blüte in Literatur und Kunst. Die "Hochschule" der Stadt erreichte Weltrang, zumal zahlreiche Gelehrte in Konstantinopel und am Hof wirkten, wie etwa der Heide Themistios. Inwiefern eine zielgerichtete Förderung seitens Theodosius erfolgte, ist heute nicht mehr klar zu beantworten. Wenigstens aber störte es ihn nicht, dass zahlreiche Heiden am Hof wirkten und damit wesentlich zu dieser kulturellen Spätblüte beitrugen.
Theodosius war kein kriegsbegeisterter Kaiser, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass er nie Beinamen wie Gothicus, Persicus oder ähnliches annahm. Die nach dem Gotenvertrag von 382 einsetzende Friedensperiode kam dem Ostreich wenigstens vorläufig zu Gute. 387 wurde nach jahrelangen Verhandlungen außerdem ein Vertrag mit dem Perserreich der Sassaniden geschlossen. Demnach sollte das stets umstrittene Armenien geteilt werden, wobei etwa 1/5 des Landes Rom erhielt, der Rest wurde von Persien annektiert. Der Gebietsgewinn war für Roms vor allem aus Gründen der Grenzsicherung von Bedeutung. Damit sorgte Theodosius aber auch für Ruhe an der sonst immer bedrohten Ostgrenze und hatte so einigen Spielraum gewonnen. Im selben Jahr heiratete der Kaiser Galla, die Schwester Valentinians II.
388 zog Theodosius schließlich doch gegen Maximus in den Krieg. Dieser war in Italien eingefallen. Valentinian II. musste zu Theodosius fliehen, der nun mit einem starken Heer in den Westen zog. Aus dem Konflikt ging Theodosius schließlich siegreich hervor; Maximus wurde geschlagen und getöten, was auch zeigte, in welchem Maße die Militärpolitik des Theodosius erfolgreich gewesen ist, trotz der Kritik mancher Historiker bezüglich der Verwendung von Foederati. Mit dem Sieg über Maximus hatte Theodosius de facto die gesamte Leitung des Reiches in seinen Händen. Dennoch setzte er Valentinian II. wieder im Westen ein. Ihm zur Seite stellte Theodosius den fähigen, aber auch ehrgeizigen fränkischen General Arbogast, der Jahre zuvor von Gratian zur Unterstützung des Theodosius in den Osten gegangen war. Am 13. Juni 389 hielt schließlich Theodosius triumphalen Einzug in Rom.
Theodosius war zunächst relativ tolerant gegenüber den Heiden und den Goten, aber nach den Aufständen 390/91 des Gotenführers Alarich, dem politischen Gegenspieler seiner letzten Lebensjahre, verschärfte er seine Politik gegenüber den gotischen Foederati. Dabei muss angemerkt werden, dass die Gotenpolitik des Kaisers immer realistisch ausgerichtet war. Theodosius mochte die Goten teils unterstützt haben (Jordanes nannte ihn einen "Freund des Friedens und des gotischen Volkes"; Jord. Getica 29), doch hinderte ihn dies nicht daran, diese auch für seine Zwecke verbluten zu lassen, wie die hohen Verluste gotischer Truppen auf seinen Feldzügen zeigen.
Letzte Regierungsjahre und Tod
Am 15. Mai 392 wurde Valentinian II. erhängt in seinem Palast in Vienne aufgefunden. Es ist unklar, ob er von der heidnischen Reaktion, in Gestalt von Arbogast, ermordet wurde, oder aufgrund seiner faktischen Machtlosigkeit Selbstmord beging. Jedenfalls wurde kurz darauf der heidnische Rheotor Eugenius von Arbogast zum Kaiser ausgerufen (22. August 392). Theodosius erhob daraufhin neben Arcadius, seit 383 Augustus, seinen jüngeren Sohn Honorius am 23. Januar 393 ebenfalls zum Kaiser. Bald darauf marschierte Theodosius mit einem starken Heer, zu dem auch gotische Hilfstruppen gehörten, in den Westen ein. An seiner Seite war auch Stilicho, der immer mehr zu einem wichtigen Vertrauten des Kaisers wurde. Am 6. September 394 besiegte er Eugenius und Arbogast in der Schlacht am Fluvius frigidus (Frigidus) im Vipava-Tal im heutigen Grenzgebiet zwischen Italien und Slowenien; Theodosius hielt sich bei dieser Gelegenheit in der Festung Ad Pirum auf dem Hochplateau des Birnbaumerwaldes auf. Es war eine der letzten großen Schlachten des Römischen Reiches und für die Christen ein Gottesurteil: das Christentum hatte über die alten Götter triumphiert. Eugenius wurde gefangen und hingerichtet, Arbogast beging kurz darauf Selbstmord. Theodosius war damit uneingeschränkter Herrscher über beide Reichsteile und verwirklichte, wenn auch nur für kurze Zeit, ein letzte Mal die Reichseinheit.

Kaiser Theodosius I. starb am 17. Januar 395, wahrscheinlich an Wassersucht. Ambrosius, mit dem er sich so manchen Streit geliefert hatte, hielt eine bewegende Totenrede, in der er die Person des Kaisers zum Vorbild eines christlichen Kaisers stilisierte:
- Ich habe den Mann geliebt, der in seinen letzten Augenblicken mit dem letzten Atemzug nach mir verlangt hat. Ich habe den Mann geliebt, der, schon dem Ende nahe, mehr um die Lage der Kirche als um die eigene Gesundheit besorgt war. Ich habe ihn geliebt, ich gestehe es, und darum drang der Schmerz in meine tiefste Seele, und ich glaubte ihn durch den ehrenden Nachruf einer längeren Rede lindern zu sollen. Ich habe ihn geliebt und habe zum Herrn die feste Zuversicht, dass er die Stimme meines Gebetes aufnehme, das ich seiner frommen Seele nachsende. (Ambrosius, Rede zum Tode des Theodosius, 35)
Ambrosius ermahnte seine Söhne, die Kirche so zu achten wie es ihr Vater getan habe. Auch am Fortbestand des Imperiums ließ niemand Zweifel aufkommen, mochte es auch geteilt werden. Nach einer Trauerzeit wurde der Leichnam nach Konstantinopel gebracht und dort beigesetzt. Theodosius hinterließ seinen beiden Söhnen Arcadius und Honorius das Reich, die dieses unter sich aufteilten: Honorius wurde im Westen, Arcadius im Osten Kaiser. Die beiden Reichsteile entwickelten sich von nun an langsam, aber doch endgültig auseinander, und nur knapp 80 Jahre später sollte das weströmische Reich untergegangen sein. Keinem Kaiser nach Theodosius sollte es gelingen, die Einheit des Reiches auch de facto wiederherzustellen.
Religionspolitik und Konflikte mit Ambrosius
In den Quellen wird immer wieder die christliche Frömmigkeit des Kaisers betont. Diese kam auch darin zum Ausdruck, dass er als erster Kaiser den Titel Pontifex Maximus ablehnte, da es der höchste Titel der heidnisch-altrömischen Religion war, obwohl es in der Forschung nicht ganz unumstritten ist, ob dieser Schritt wirklich von Theodosius selbst ausging. Weiterhin zeigte er als Erster seine Ernennung zum Kaiser nicht nur bei dem Senat in Rom, sondern auch in Konstantinopel an.
Theodosius erklärte 380 das nicäische Christentum mit der Erklärung, wer als wahrer Katholik gelte, zur de facto Staatsreligion, auch wenn des Heidentum noch lange toleriert wurde. Zusätzlich berief Theodosius, um den seit 325 andauernden Streit und die drohende Glaubensspaltung zwischen Trinitariern und Arianern zu lösen, 381 das 1. Konzil von Konstantinopel (dem 2. ökumenischen Konzil) ein. Auf diesem Konzil entschieden 150 Bischöfe über die endgültige Fassung des Nicäischen Glaubensbekenntnisses und zwar in einer Form, die den zuvor geäußerten Wünschen des Kaisers entsprachen. Die Bischöfe folgten damit der Leitlinie, das der Kaiser einen wesentlichen Anspruch auf Mitsprache in Glaubensfragen habe. Indirekt schwächten die Beschlüsse aber auch bewusst die Position Gratians, der im selben Jahr ebenfalls ein Konzil in Aquileia einberufen hatte.
Zwei Beispiele zeigen jedoch, wo die Grenzen kaiserlicher Macht im religiösen Bereich lagen. 388 war eine jüdische Synagoge in Kallinikon, im Osten des Reiches, in Flammen aufgegangen. Theodosius wollte die christlichen Brandstifter zur Verantwortung ziehen, wurde aber von Ambrosius, dem Bischof von Mailand, der bereits auf Gratian und Valentinian II. großen Einfluss ausgeübt hatte, davon abgebracht. Ein zweites Beispiel ist das Blutbad von Thessalonike im Jahr 390, in dem zahlreiche Bürger aufgrund der Ermordung des gotischen Generals Butherich niedergemetzelt wurden. Dafür wurde Theodosius von Ambrosius nicht zur Messe zugelassen und so zu einem Bußakt gezwungen, der aber keineswegs die Amtswürde des Kaisers herabsetzte. Dennoch zeigen die Beispiele, dass ein mächtiger und willensstarker kirchlicher Amtsträger dem Kaiser, der für sich in Anspruch nahm, über allen Gesetzen zu stehen, durchaus Konzessionen abringen konnte. Dies war eine direkte Folge der 380 erfolgten Taufe, da der Kaiser nun mit kirchlichen Sanktionen rechnen musste.
Theodosius ergriff erst in seinen letzten Regierungsjahren energisch Maßnahmen gegen das Heidentum, das er bis dahin toleriert hatte; so waren weiterhin heidnische Beamte und Militärs beschäftigt worden (und sollten es teils auch weiterhin sein). 391/92 verbot er jedoch schließlich die heidnischen Kulte und ihre Ausübung. 393 wurden auch die Olympischen Spiele verboten, doch erst Theodosius II. setzte ihnen mit der Verbrennung des Zeustempels ein Ende (obwohl sie noch bis ins 6. Jahrhundert heimlich statt gefunden haben sollen).
Allerdings muss betont werden, dass manch scharfe Verlautbarungen in den Gesetzen, eine eher milde Umsetzung in der Praxis fand. Theodosius war kein „Scharfmacher“; ihm ging es vor allem um das integrierende Element der Religion, um so eine eventuelle von dort ausgehende Bedrohung für die Stabilität des Staates auszuschließen. Vor allem gegen Häretiker sollte vorgegangen werden, und hier zeigen die Aussage späterer Zeitgenossen, wie die des Orosius, aber auch des Augustinus von Hippo, dass gerade die Religionspolitik des Theodosius nicht unerheblich dazu beigetragen hat, dass das Römischen Reich trotz seiner faktischen Teilung 395 noch einmal eine gewisse innere Einheit erlangte, so brüchig diese auch sein mochte. Die Religionspolitik des Theodosius sorgte schließlich für einen deutlichen Schub in der Christianisierung des Imperiums, das nun den Sprung zum wirklichen Imperium Romanum Christianum vollzog.
Direkte Nachkommen
Von seiner ersten Frau Aelia Flacilla († 385):
Von seiner zweiten Frau Galla (einer Tochter Valentinians I.):
Rezeption
Theodosius wurde bereits von Zeitgenossen unterschiedlich beurteilt. Für viele Heiden (wie Themistios und Libanios), aber vor allem die Kirchenhistoriker (Orosius, Sozomenos, Sokrates) war er ein Vorbild an Herrschertugenden. Der heidnische Historiker Zosimos (der sich dabei dem harten Urteil seiner Quelle, dem Heiden Eunapius, anschloss) sah dies ganz anders, wobei das Werk des Zosimos, gerade aufgrund dessen Haltung zum Christentu, in vielerlei Hinsicht problematisch und teils gar widersprüchlich und fehlerhaft ist. Man muss sich ohnehin fragen, ob, wenn man die kirchlichen Quellen durchaus zu recht kritisch sieht, die heidnischen Quellen unreflektiert übernehmen kann. Wenigstens bei Zosimos ist höchste Vorsicht geboten.
Auch in der modernen Forschung war man teils skeptisch oder negativ (Seeck und andere), teils obejktiv und wohlwollend (Lippold) oder leicht distanziert (Leppin). Die Quellen eröffnen viele Möglichkeiten der Interpretation, ohne das der Kaiser wirklich fassbar wird. Doch ist man sich in der modernen Forschung weitgehend einig, dass man Theodosius kaum die nachfolgende Entwicklung des Westreiches zum Vorwurf machen kann - denn die römische Politik versagte hinsichtlich der Barbaren erst, als diese bereits nach dem Zusammenbruch der Rheingrenze 406 in Massen ins Reich eingebrochen waren und es keine Möglichkeit mehr gab, ihnen Einhalt zu gebieten. Auch kann man kaum nur von Glück reden (wie Leppin es teilweisse tut), wenn man die doch teilweise durchaus beachtlichen Erfolge des Theodosius erklären will. Es muss die Frage erlaubt sein, ob nicht die Bewahrung der Reichseinheit, das Verhindern von Gebietsverlusten, die Abwendung der Gotengefahr in einer äußerst schwierigen Situation und die letzendliche Zurückdrängung des Arianismus im Reich nicht doch auch Anzeichen von einer gewissen historischen Größe sind, so wenig man auch die zweifellos vorhanden Defizite seiner Regierung verschweigen darf (siehe Bewertung).
Bewertung
Bald nach seinem Tod wurde Theodosius wegen seiner Bemühungen um die Einigung der Kirche „der Große“ genannt. Im Bereich der Religionspolitik ist ihm der wirkliche Durchbruch zum christlichen Imperium gelungen. Allerdings gelang es ihm im militärischen Bereich nicht, das Rekrutierungsproblem nachhaltig zu lösen. Die Barbarisierung des Heeres ging stetig voran, eben aufgrund der zunehmenden Verwendung von Foederati. Doch war der Kaiser immer darum bemüht, die Interessen des Staates zu verfolgen. Dabei erschien es ihm eben als unerlässlich, mit Hilfe barbarischer Hilfstruppen das Heer aufzustocken. Aber auch eine lückenlose Durchdringung der zivilen Eliten und eine wirksame Lösung der finanziellen Probleme, die teilweise durch die Besoldung der Föderaten herbeigeführt wurden, ist ihm nicht geglückt. Dafür sollten Literatur und Kunst in seiner Regierungszeit noch einmal einen Aufschwung erleben.
Theodosius I. gilt, trotz mancher Einschränkung, sicher zu Recht als bedeutendster Herrscher in der Zeit zwischen Konstantin dem Großen und Justinian I. Es ist nur der Flexibilität und den Fähigkeiten des Theodosius zu verdanken gewesen, dass das Ostreich nach Adrianopel wieder stabilisiert wurde, zumal er eine Dynastie begründete, welche die langlebigste des spätrömischen Reiches sein sollte. Der Kaiser selbst scheint manchmal wankelmütig gewesen zu sein, war aber ein fähiger Herrscher und Militär, der durchaus eigenständige Entscheidungen traf. Theodosius erscheint außerdem charakterlich gefestigter und persönlich fähiger als manch anderer spätantiker Herrscher. Sein hohes Ansehen kommt auch in den Lobpreisungen der Heiden Libanios und Themistios zum Ausdruck.
Siehe auch: Spätantike
Literatur
Quellen
An Quellen stehen uns neben diversen Gesetzen auch das (umstrittene) Geschichtswerk des Zosimos und die Kirchengeschichten des Theodoret, des Sozomenos und des Sokrates zur Verfügung. Auch die Reden des Themistios und des Libanios sowie die Werke des Ambrosius sind von Bedeutung.
Sekundärliteratur in Auswahl
- Curran, John: From Jovian to Theodosius, in: A. Cameron und P. Garnsey (Hrsg.), The Cambridge ancient history, Vol. 13, The Late Empire, A.D. 337-425, Cambridge 1997, speziell S. 101 ff. ISBN 0521302005
- Cameron, Averil: Das späte Rom, München 1994. Knapper Überblick ISBN 0674511948 (eng.)
- Leppin, Hartmut: Theodosius der Große. Auf dem Weg zum christlichen Imperium, Reihe Gestalten der Antike, Darmstadt 2003. Derzeit die aktuellste und wohl beste Darstellung in deutscher Sprache. ISBN 3896784714
- Lippold, Adolf: Theodosius der Große und seine Zeit, 2. Aufl., München 1980. Ältere Darstellung und im deutschen Raum der Klassiker zum Thema.
- Ders.: Theodosius I. in: Pauly-Wissowa RE Supplementband 13, Sp. 837-961. Wichtiger Artikel, der detailliert auf die Quellenlage eingeht.
- Nixon, C.E.V./Rodgers, B.S. (Hrsg.): In Praise of Later Roman Emperors. The Panegyrici Latini, Oxford 1994. Panegyrici in englischer Übersetzung und mit knappen Kommentar versehen. ISBN 0520083261
- Seeck, Otto: Geschichte des Untergangs der antiken Welt, Bd. 5, Darmstadt 2000 (ND der Auflage von 1921). Kenntnisreiche, aber aufgrund der Anlehnung an den Sozialdarwinismus nicht unumstrittene Darstellung. ISBN 3896781618
- Williams, Stephen/Friell, Gerard: Theodosius. The Empire at Bay, London 1994. Solide Darstellung der Regierungszeit des Theodosius. ISBN 0300074476
Weblinks
- Fachwissenschaftliche Biographie aus dem DIR-Projekt (eng.), in der Bewertung des Theodosius eher negativ.
- Biographie aus dem BAUTZ (dt.) mit reichen Literaturangaben
Vorgänger und Nachfolger
Vorgänger: Im Osten: Valens (365 - 378) Im Westen: Valentinian II. (383 - 392) |
Liste der römischen Kaiser | Nachfolger: Westrom: Flavius Augustus Honorius (395 - 423) Ostrom: Arcadius (395 - 408) |