Klosterkirche Oldenstadt
Oldenstadt, die Keimzelle der Stadt Uelzen und heute ein Teil des Stadtgebiets, beherbergt die ehem. Klosterkirche St. Johannes der Täufer. Sie ist der verbliebene Rest eines Benediktinerklosters, das im 12. Jahrhundert auf dem Gelände eines ehemaligen Kanonissenstifts entstand. Das Kloster war günstig gelegen zwischen einem Gewässer (dem Groß Liederner Bach) und einer mittelalterlichen Hauptstraße (einem Fernweg zwischen Braunschweig und Lüneburg).
Die heutige Kirche
Der jetzige Kirchenbau ist wahrscheinlich zwischen 1150 und 1200 entstanden. Er wurde aus Feldsteinen im Rundbogenstil der Romanik errichtet und diente den Benediktinermönchen, die seit 1133/37 in Oldenstadt waren, als Klosterkirche. Die ehemalige Vierung und der Chorraum der Mönche stellen einen Großteil der heutigen Gemeindekirche dar. Dahinter, im Sü-den, befindet sich das Langhaus, der ehemalige Gemeinderaum der Kirche. Er hatte ursprünglich zwei schmale Seitenschiffe und schloss mit einem zweitürmigen Westwerk ab, von dem heute nur noch die Umrisse der Fundamente zu sehen sind. Das Langhaus ist heute im Eigentum des Landkreises und wird für Ausstellungszwecke und Konzerte genutzt. In der Trenn-wand zwischen beiden Gebäudeteilen sind auf der Langhausseite noch Reste eines gotischen Lettners zu sehen, einer Abgrenzung zwischen dem Gemeinde- und dem Mönchsteil der Kirche. Nach der Aufhebung des Klosters im Zuge der Reformation (1529/31) wurde nur noch der Ostteil der Kirche als Gottesdienstraum genutzt; 1728 wurde er um sieben Meter nach Osten erweitert. Nach der Reformation gehörte die Kirche mitsamt dem Kloster-gut dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg; an diese Zeit erinnert die Wetterfahne auf dem Dachreiter (1721), die das Herzogswappen trägt. Im Dachreiter hängen heute drei Glocken: eine gotische aus der Klosterzeit (14./15. Jahrhundert) sowie zwei Glocken aus dem 20. Jahrhundert (1930 und 1957).
Die drei Vorgängerbauten
Die romanische Feldsteinbasilika, die mit einer Länge von ca. 47 Metern, einer Breite von 25 Metern und einer lichten Weite von 12 Metern erhebliche Dimensionen hatte, ist der vierte Bau an dieser Stelle. Durch Grabungen konnten drei Vorgängerbauten ermittelt werden: • ein einschiffiger Holzbau aus der Zeit um oder vor 800 • ein Nachfolgerbau mit gleichem Grundriss und aus gleichem Material, der durch einen Brand vernichtet wurde • eine dreischiffige Feldsteinbasilika aus ottonischer Zeit. Dieser Bau entstand wohl als Kirche des seit 973/74 schriftlich bezeugten Kanonissenstiftes Oldenstadt und wurde dann wahrscheinlich nach der Aufhebung dieses Stiftes (vor 1133/37) abgerissen.
Damit reicht die Kirchengeschichte Oldenstadts bis in die Zeit der Christianisierung unter Karl d. Gr. zurück. Die Gräber, die in den beiden Holzkirchen gefunden wurden, machen Oldenstadt zum ältesten bislang ermittelten christlichen Begräbnisplatz im heutigen Nordostniedersachsen. Die Widmung der Kirche an Johannes den Täufer (erwähnt seit 1006, hier noch gemeinsam mit der Patronin Maria) erinnert wahrscheinlich an die Bedeutung als regionale Taufkirche.
Die Ausstattung der Kirche
In der heutigen Kirche erinnert nur noch wenig an die Klosterzeit. Die Ausstattung stammt im Wesentlichen aus den letzten beiden Jahrhunderten und unterstreicht das klassizistische Gepräge, das der Kirchenraum heute trägt.
Im Mittelpunkt der heutigen Kirche steht der Kanzelaltar (1830). Über dem Schalldeckel zeigt er mit dem Auge im Dreieck ein Symbol für den dreieinigen Gott. Am Kanzelkorb be-finden sich seit 2006 Bilder des Künstlers Hermann Buß/Norden. Diese Bilder zeigen neben Motiven aus der Umgebung (Grabdenkmal vor der Kirche mit Schmetterling als Lebenszei-chen, Kl.-Liederner Bach) auch Menschen, die unterwegs sind, die sich zwischen Verzweif-lung und Hoffnung, zwischen Gleichgültigkeit und Zuwendung befinden. Die schlichte Kirche ist auch durch weitere Bilder des Lebens und des Glaubens geprägt. Ne-ben dem klassizistischen Taufengel (Friedrich Pfannschmidt/Berlin, 1901) sind hier beson-ders auch die Glasfenster zu nennen: • Die drei spätromantischen Glasfenster hinter dem Kanzelaltar (Ferdinand Mül-ler/Quedlinburg, 1909) illustrieren in bunten Farben die Geburtsgeschichte Jesu von der Verkündigung an Maria bis zur Anbetung der Könige. • Die drei Fenster auf der Nordseite des Kirchenschiffs (Alois Plum/Mainz, 1998) rufen die Lebensgeschichte von Johannes d. T., dem Namenspatron der Kirche, in Erinne-rung. • Das Fenster auf der Südseite (Renate Strasser/Bielefeld, 1960) zeigt Jesus bei der Bergpredigt. Menschen aller Altersgruppen und Lebenslagen sind seine Zuhörer-schaft. • Das ebenfalls aus der Nachkriegszeit stammende Fenster im südlichen Querhaus er-innert in abstrakter Formsprache an das letzte Abendmahl Jesu.
Die Oldenstädter Kirche ist bis heute ein Ort, in dem Menschen im Gottesdienst über ihr Leben nachdenken sowie Stille und Orientierung finden möchten. Musikalisch begleitet werden die Gottesdienste von der Orgel, die sich auf der nördlichen Querhausempore befindet. Das Instrument mit seiner barockisierend-klassizistisch gestalteten Schauseite stammt vom Orgelbauer Röver/Hausneindorf (1909). 1971 wurde die Orgel umdisponiert und um ein Rückpositiv erweitert (Ludwig Hoffmann/Betheln).
Die ev.-luth. Kirchengemeinde Oldenstadt
Die ehemalige Klosterkirche ist heute Mittelpunkt der ev.-luth. Kirchengemeinde Oldenstadt. Zu dieser Kirchengemeinde gehören heute neben Oldenstadt und dem Kapellenort Groß Liedern folgende Ortschaften: Klein Liedern, Mehre, Pieperhöfen und Tatern. Damit umfasst die Gemeinde Wohnquartiere am Stadtrand, aber auch im ländlichen Umland der Stadt.
Die Gemeindearbeit ist durch das Engagement von zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiterin geprägt: im Gottesdienst für Kinder und Erwachsene, in der Jugendarbeit, im Besuchsdienst, im Eine-Welt-Laden und in der Kirchenmusik. Wesentlich bereichert wird die Gemeindearbeit außerdem durch den „Verein für Kinder- und Jugendarbeit“ und durch den evangelischen Kindergarten, der seit 1972 besteht.
Literatur
Petra Mößlein: Monasterium quoddam nomine Ullishusun. Die Geschichte der ehemaligen Klosterkirche in Oldenstadt/Uelzen von ihren karolingerzeitlichen Anfängen bis zur Reformation (Quellen und Darstellungen zur Geschichte von Stadt und Kreis Uelzen, Bd. 5), Uelzen 2006.
Gerhard Osten: Das Benediktinerkloster Oldenstadt, in: Uelzener Beiträge, H. 3 (Festschrift 700 Jahre Stadtrecht in Uelzen), Uelzen 1970, S. 31-102. Gerhard Osten: Art. Oldenstadt, in: Germania Benedictina, Bd. 6: Norddeutschland, München, S. 389-400.
Gunther Schendel: Hermann Buß - der Künstler der neuen Oldenstädter Kanzelkorbbilder, in: Der Heidewanderer. Heimatbeilage der Allgemeinen Zeitung, Uelzen, 2007, S. 69-72 (5. Mai 2007).
Thomas Vogtherr: Uelzen. Geschichte einer Stadt im Mittelalter, Uelzen 1997 (S. 16-25).
Weblinks
Informationsseite der Kirchengemeinde Oldenstadt:http://www.kirche-uelzen.de/KKUelzen/gem/oldensta.html