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Reichs-Limeskommission

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Die Reich-Limeskommission war die erste Institution, die sich nach der Reichseinigung 1871 länderübergreifend mit einem historischen Projekt beschäftigte. Ziel war es, den Verlauf des Limes und die Lage der zugehörigen Kastelle zu erforschen.

Der im 3. Jahrhundert entstandene Obergermanisch-Raetischen Limes , der die germanischen Stämme vom Eindringen in das Römische Reich abhalten sollte, interessierte schon seit dem 16. Jahrhundert die Gelehrten. Als Erster beschäftigte sich Aventinus mit einem vermeintlichen Teil des Limes bei Eichstätt, das er dem Kaiser Probus zuschrieb. Bis ins 19. Jahrhundert wurden immer wieder Theorien zum Limes aufgestellt. Besondere Achtung verdient Ernst Hanßelmann, der im 18. Jahrhundert Zusammenhänge zwischen der rätischen Mauer in Bayern und Mauerresten im Taunus erkannte. Zunehmend wurden Versuche zur Inventarisierung und zum Schutz des Bauwerkes unternommen, besonders tat sich dabei der „Verein für Altertumskunde in Ellwangen“ hervor, der 1819 größere Untersuchungen begann.

Rekonstruktion des Ostkastells von Welzheim

1852 wurde die „Commission zur Erforschung des Limes Imperii Romani“ gegründet und es versuchten mehrere Vereine vergeblich die Erforschung systematisch und über die Grenzen hin zu betreiben. Doch wollten die noch immer recht selbstständigen Landesregierungen nach der Reichseinigung auf ihrem Territorium selbstständig die Forschung vorantreiben. So wurden in Württemberg 1877 und 1888 sowie 1880 in Hessen und Baden staatliche Limeskommissionen eingesetzt, die an mehreren Stellen auch erfolgreich die Verläufe des Limes nachvollziehen konnte. Doch konnten diese Einzelforschungen bei weitem nicht alle Fragen beantworten. Seit 1883 drang ein Kreis von Forschern und Interessierten um den Althistoriker Theodor Mommsen, der schon seit der Reichsgründung die Organisation und Finanzierung einer zentralen Limesforschung forderte, auf eine Lösung. Ein erster Anlauf scheiterte 1873 an der Personalfrage, ein zweiter Anlauf führt 1878 immerhin zur Ausarbeitung eines Organisationsplanes. Der Organisation gehörten als Leiter der Vertreter des Generalstabes Generalmajor a.D. Karl Johann von Veith, Mommsen, Heinrich von Sybel, Georg Waitz und Richard Schöne an. Die Arbeit sollte unter Mithilfe ortskundiger Personen von Offizieren betrieben werden. Die Kosten wurden auf 150.000 Mark veranschlagt. Doch scheiterte das Vorhaben 1882 letztlich im Reichstag, weil der Abgeordnete Wilhelm Oechelhäuser Anstoß an der Leitung des Generalstabs und der Berliner Dominanz genommen hatte. Weitere Vorstöße Mommsens scheiterten daran, dass Mommsen in politische Gegnerschaft zu Bismarck geraten war und deshalb Rückhalt von dessen Seite verloren hatte.

Nachdem sich Mommsen jedoch an seine Kollegen in den südlichen Ländern des Reiches, vor allem an Heinrich von Brunn gewandt hatte, konnte durch deren Kontakte endlich ein Vertrag zwischen den fünf beteiligten Staaten geschlossen werden. Am 28. Dezember 1890 kam es in Heidelberg zur Limeskonferenz. Alle fünf Staaten schickten eigene Vertreter. Baden wurde von Karl Zangemeister und [Ernst Wagner]], Bayern von Karl Popp und Heinrich von Braun, Hessen von Friedrich Kofler, Preußen von Friedrich Wilhelm von Leszynski, Heinrich Nissen und Mommsen, Württemberg von Ernst Herzog und Eduard Paulus vertreten. Zusätzlich nahmen Wilhelm Conrady und Louis Jacobi teil. Indirekt war die Auswahl von Mommsen gesteuert worden, alle Berufenen hatten sich zuvor schon mit der Limesforschung beschäftigt. Bindende Beschlüsse waren nicht möglich, aber man empfahl eine Kommission aus acht Personen zu gründen. Jeweils ein Vertreter der betroffenen Staaten, je ein Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaft und der Bayerischen Akademie der Wissenschaft und einem zweiten Vertreter aus Württemberg, das die längste Strecke des Limes im Land beherbergte. Sitz sollte Heidelberg sein. Der Limes sollte in Abschnitte („Strecken“) unterteilt werden, die durchnummeriert und ehrenamtlichen Streckenkommissaren zugeteilt werden sollten, die sich vorzugsweise aus höheren Lehrkörpern und Leitern örtlicher Vereine und Offizieren rekrutieren sollte. Das Projekt sollte fünf Jahre dauern, der Etat 130.000 Reichsmark umfassen. Einen Tag später erhöhte man diesen Betrag vorsichtshalber auf 200.000 Reichsmark. Die Arbeitsprogramme wurden ohne Einwände bebilligt.

Alles schien nach Plan zu laufen, die erste Rate wurde im September 1891 überwiesen. Doch dann lehnte die Budgetkommission des Reichstages aus finanziellen Gründen die weitere Übernahme ab. Doch spielten hier wohl eher persönliche Motive eine Rolle. Am 16. Januar 1892 kam es zu einer Debatte zu diesem Thema im Reichstag, in deren Verlauf Mommsen sogar des Plagiates der Ideen von Cohausens beschuldigt und persönlich angegriffen wurde. Rudolf Virchow verteidigte Mommsen und schließlich wurde der Etat frei gegeben. So kam es vom 7. bis zum 9. April 1892 zur ersten beschlussfähigen Sitzung der Limeskommission in Berlin. Die Teilnehmer entsprachen bis auf Jacobi und Paulus denen der Heidelberger Sitzung. Hessen schickte stattdessen Wilhelm Soldan. Preußen schickte nun auch Cohausen, der auf Mommsens Betreiben bei der Heidelberger Sitzung nicht eingeladen war. Außerdem nahmen der Düsseldorfer Landesdirektor Wilhelm Klein und der hohe Ministerialbeamte Friedrich Althoff sowie als Vertreter des Reichsamtes für das Innere der Geheime Oberregierungsrat Schroeder teil. Es wurden weitgehend die Beschlüsse der ersten Sitzung übernommen, wichtigste Neuerung war die Installierung eines geschäftsführenden Ausschusses, dem Zangenmeister als Vorsitzender sowie Herzog und Popp angehörten. Mit Zustimmung der beteiligten Regierungen wurde das Statut am 17. Mai in Kraft gesetzt. Am 6. und 7. Juni 1892 fand in Heidelberg die konstituierende Sitzung der Kommission statt. Mommsen wurde dort zum Vorsitzenden, Brunn zu seinem Stellvertreter gewählt. Nach jahrzehntelangen Vorarbeiten konnte die Arbeit beginnen.

Die Arbeiten der Kommission waren äußerst ergiebig und zogen sich vor allem wegen der Erforschung der der Kastelle über mehr als vier Jahrzehnte hin. Die Publikationsreihe, das „Limeswerk“ erschien zwischen 1894 und 1937 in 56 Lieferungen. Die Arbeit der Kommission gilt als eine der Pioniertaten der Aufarbeitung der germanisch-römischen Geschichte. In der Nachfolge dieser Forschungsarbeiten wurde viel zum Erhalt des Limes getan. So wurde beispielsweise das Kastell Saalburg im Taunus im Jahre 1897 auf Anregung von Kaiser Wilhelm II. wieder rekonstruiert.

Den Verlauf der Strecke teilte die Kommission folgendermaßen auf, wobei man sich an den zu der Zeit vorhandenen Verwaltungsgrenzen orientierte:

Die Reichslimeskommission ging in der Römisch-Germanischen Kommission auf, die auch deren archivalischen Nachlass verwahrt.

Publikationen

  • Ernst Fabricius, Friedrich Leonhard, F. Hettner, O. von Sarwey (u.a.): Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches. Hrsg.v.d. Reichs-Limes-Kommission. mind. 15 Bde. O. Petters, Heidelberg-Berlin-Leipzig 1894–1937, Codex-Verlag, Böblingen 1973 (teilw. Nachdr.), Greiner, Remshalden 2005ff. (teilw. Nachdr.). ISBN 3-935383-72-X.
  • Jürgen Oldenstein (Hrsg.): Fundindex zu Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches. Zabern, Mainz 1982, ISBN 3-8053-0549-4.
  • Reichs-Limes-Kommission (Hrsg.): Arbeitsplan. Heidelberg 1892–1898. (Druckausgaben und Verfilmungen UB Heidelberg).
  • Bericht über die Arbeiten der Reichslimeskommission. de Gruyter, Berlin 1892–1897, Reimer, Berlin 1898–1903. (Druckausgaben und Verfilmungen Heidelberg UB, Speyer Pfälzische LB).
  • Jahresbericht der Dirigenten, auf Grund d. § 9 d. Statuts d. Reichs-Limes-Kommission. Freiburg Br.-Trier-Charlottenburg 1892–1904. (Druckausgaben und Verfilmungen UB Heidelberg u.a.).
  • Limesblatt. Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichslimeskommission. Trier 1.1892–7.1903, Nr. 1–35.
  • Der Römische Limes in Deutschland, Theiss, Stuttgart 1992 (Sonderheft Archäologie in Deutschland) ISBN 3-8062-1024-1