Carl Eduard (Sachsen-Coburg und Gotha)
Carl Eduard, Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, Duke of Albany (* 19. Juli 1884 in Claremont House, Esher/Surrey (England); † 6. März 1954 in Coburg) war letzter regierender Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha .
Leben
Nach dem Tode des Herzogs Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha am 30. Juli 1900 folgte, da dessen Sohn Alfred bereits gestorben war, wiederum aus englischer Linie dessen Neffe Charles Edward, Herzog von Albany, der älteste Sohn des verstorbenen Herzogs Leopold von Albany, des vierten Sohns der Königin Victoria. Charles Edward übersiedelte im Alter von 15 Jahren von Großbritannien nach Deutschland, wo er sich Carl Eduard nannte und zuerst unter der Obhut seines Cousins Kaiser Wilhelm II. eine Ausbildung und Erziehung an der Hauptkadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde erhielt und diese mit dem Abitur abschloss. Ab 1903 studierte er drei Semester Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Bonn, wo er Mitglied in der Studentenverbindung Corps Borussia Bonn war.
An seinem 21. Geburtstag 1905 übernahm er persönlich die Regierung des Doppelherzogtums Sachsen-Coburg und Gotha, die bis dahin durch einen Regenten erfolgt war. Am 11. Oktober 1905 heiratete er in Schloss Glücksburg, Prinzessin Viktoria Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (* 31. Dezember 1885 in Grünholz; † 3. Oktober 1970 in Grein (Oberösterreich), eine Verwandte der deutschen Kaiserin Auguste Victoria.
Der neue Herzog wandte sich frühzeitig dem Automobilwesen und der Luftfahrt zu, förderte in Gotha die im Entstehen begriffene Luftfahrtindustrie und den Bau der Flugplätze in Gotha und Coburg. Am Ersten Weltkrieg nahm er zuerst als sächsischer General der Kavallerie beim Stab der 38. Infanteriedivision teil und wurde 1914 zum General der Infanterie ernannt. 1915 zog er sich aus gesundheitlichen Gründen vom aktiven Dienst zurück, war jedoch noch oft bei seinem 6. Thüringischen Infanterie-Regiment 95 an der Front. 1917 wurden dem Herzog alle englischen Titel und Auszeichnungen sowie sein Sitz als Lord im englischen Oberhaus aberkannt. Umgekehrt wurde in den Herzogtümern Coburg und Gotha das Thronfolgerecht dahin geändert, daß kein britischer Prinz mehr erbberechtigt war.
Am 9. November 1918 erklärte der Gothaer Arbeiter- und Soldatenrat Herzog Carl Eduard für abgesetzt. Am 13. November 1918, später als die meisten Bundesfürsten, verkündete er seinen Rücktritt, der nun auch in Coburg wirksam wurde und faktisch den Thronverzicht auf beide Herzogtümer bedeutete. Damit zerbrach das Doppelherzogtum Sachsen-Coburg und Gotha in die beiden Freistaaten Coburg und Gotha. Diese gingen erst recht getrennte Wege, als sich Gotha 1920 dem neugeschaffenen (und damals links regierten) Freistaat Thüringen anschloß, während Coburg lieber dem Beitritt zum konservativ regierten benachbarten Freistaat Bayern wählte.
Seit 1919 suchte der ehemalige Herzog Anschluss an national-konservative bzw. völkische Kreise. So stand er bis 1922 an der Spitze des Bundes der Kaisertreuen. Er unterstützte sowohl ideell als auch materiell Kapitän Ehrhardt nach dessen maßgeblicher Beteiligung am Kapp-Putsch. In der Weimarer Republik zeigte er schon früh öffentliche Sympathie und Unterstützung für die NSDAP und Adolf Hitler, den er schon am 14. Oktober 1922 auf dem dritten Deutschen Tag in Coburg bzw. beim sogenannten „Zug nach Coburg“ kennen lernte. 1923 trat er in den paramilitärischen Bund Wiking (ehemalige Brigade Ehrhardt) als repräsentativer Oberbereichsleiter des Bundes in Thüringen, und als dieser 1926 im Stahlhelmbund aufging, wurde er dort Mitglied im Bundesvorstand und gleichzeitig Reichsstaffelführer der Reichskraftfahr-Staffel des Stahlhelm.
1932 unterstützte er bei der Reichpräsidentenwahl mit einem öffentlichen Aufruf Adolf Hitler gegen den konservativen Amtsinhaber Hindenburg. Am 1. Mai 1933 trat er in die NSDAP ein, im selben Jahr in die SA, zuerst als SA-Gruppenführer im Stabe des Obersten SA-Führers, 1936 dann von Hitler zum SA-Obergruppenführer befördert. Der Herzog war Ehrenführer und Obergruppenführer des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps NSKK, Fliegerkommodore und NSFK-Obergruppenführer . All diese Stellungen in SA, NSKK und NSKF waren Ehrenstellungen ohne wirkliche Führungsbefugnisse. Weitere Ämter waren 1933 Reichsbeauftragter für das Kraftfahrwesen und Präsident des Deutschen Roten Kreuz, 1934 Reichskommissar für die Freiwillige Krankenpflege, 1936 Reichstagsabgeordneter der NSDAP, Präsident der Vereinigung des Deutschen Frontkämpferbundes sowie 1938 Präsident des Ständigen Internationalen Ausschusses ehemaliger Frontkämpfer. Ferner war er in der Wirtschaft u.a. Aufsichtsratsvorsitzender der Europäischen Güter- und Reisegepäckversicherung AG und Aufsichtsratsmitglied der Deutsche Bank AG.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde er verhaftet und bis 1946 interniert. Anfangs wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, wurde Herzog Carl Eduard, dem mehrere Persönlichkeiten einen „Persilschein“ ausgestellt hatten und der sich selbst keiner Schuld bewusst war, später 1950 im Spruchkammerverfahren nach mehreren Berufungsverfahren als Mitläufer und Minderbelasteter zu einer Sühneleistung von 5000 DM verurteilt.
Aufgrund einer Krebserkrankung verstarb er 1954 als vorletzter deutscher Bundesfürst im Alter von 70 Jahren.
Da der erstgeborene Sohn Erbprinz Johann Leopold (* 2. August 1906 in Coburg; † 4. Mai 1972 in Grein, Österreich) 1932 nicht standesgemäß heiratete und der zweite Sohn Prinz Hubertus (* 24. August 1909 in Gotha; † 26. November 1943 bei Mosty (Polen)) kinderlos im 2.Weltkrieg gefallen ist, wurde der jüngste Sohn Prinz Friedrich Josias (* 29. November 1918 in Coburg; † 23. Januar 1998 in Amstetten (Österreich)) neuer Chef des Gesamthauses Sachsen-Coburg und Gotha .