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Queer

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Queer bezeichnet im Englischen als Adjektiv Dinge, Handlungen oder Personen, die vom Üblichen abweichen; ursprünglich drückt es meist eine negative Einstellung zu der Abweichung oder dem Abweichler aus (Konnotation).

Neubewertung

Das Wort wurde im englischen Sprachraum als Schimpfwort gebraucht, mit dem vornehmlich Schwule, aber auch andere, die von den heteronormativen Regeln abweichen, bedacht wurden. Im Laufe der 1980er und 1990er Jahre gelang es den so Bezeichneten jedoch, dieses Wort im öffentlichen Diskurs einer Neubewertung (englisch reclaiming) zu unterziehen und politisch positiv zu besetzen. Das Wort ist nun als Schimpfwort kaum mehr zu gebrauchen, da die Betroffenen sich selbst, ihr neues Selbstbewusstsein sowie ihren politischen Aktivismus damit identifizieren. Queer steht heute sowohl für die ganze Bewegung als auch für die einzelnen ihr angehörenden Individuen. Es ist eine Art Sammelbecken, unter dem sich außer Schwulen, Lesben, Intersexuellen, Transgendern, Asexuellen und BDSMlerInnen auch Heterosexuelle und viele mehr zusammenschließen. Eine Besonderheit von Queer ist, dass es ein Augenmerk auf differente Sexualpraktiken und weniger die Geschlechtsidentitäten des/der Begehrten wirft.

Mit der parallelen Bedeutung von queer (engl.) Beispielsweise in Falschgeld, also queere Sexualität als unechte Kopie, kann durch die positive Neubewertung auch die Existenz des 'Orginals' Heterosexualität an sich hinterfragt werden.

Datei:Queeruption nyc.png
Queeruption II in NYC

Verbindend wirkt dabei die Überzeugung, dass die überkommenen Normen der Heteronormativität aufgelöst gehören und dass es allen obliege sollte, ihre Leben und Sexualleben mit unterschiedlichen Vorstellungen, sexuellen Identitäten und Geschlechtsidentitäten zu leben.

Politik und Theorie

Gemäß der Bedeutung des Verbs to queer, was soviel wie 'vereiteln, unterlaufen' bedeutet, wird sowohl im täglichen Leben und in politischen Aktionen als auch auf theoretischer Ebene (siehe auch: Queer-Theory) versucht, die restriktiven Diskurse der Gesellschaft zu durchbrechen und sich der Einteilung in normale und nicht normale Lebens- und Begehrensformen zu widersetzen.

Die Gemeinschaft der Angehörigen der Queer-Bewegung wird von manchen auch als Queer Nation bezeichnet (siehe auch: Regenbogenfahne) – in Anlehnung an das US-amerikanische Konzept der indigenen Minderheitsnation.

Mit der politischen Bewegung gelangte das Wort auch in den deutschen Sprachraum, wird dort aber oft lediglich als Äquivalent für Lesbisch und Schwul gebraucht. Aufgrund der hier nicht vorhandenen Geschchte von Queer als gewendetes Schimpfwort schlagen manche AktivistInnen vor statt Queer pervers zu verwenden.

Alltägliches

In den USA strahlt der Fernsehsender Bravo eine Unterhaltungssendung aus mit dem Titel Queer Eye for the Straight Guy ('Das etwas andere Auge für den „geraden“ Menschen'). In der Sendung versuchen Schwule, Häuser, Wohnräume, Aussehen und Kleidung anderer Leute nach ihren Vorstellungen zu deren Vorteil umzugestalten.

Siehe auch: Homosexualität, Sex und Gender, Judith Butler, Themenliste Homosexualität, Liste der Transgender-Themen.

Literatur

  • Stephan Moebius: Die soziale Konstituierung des Anderen. Grundrisse einer poststrukturalistischen Sozialwissenschaft nach Lévinas und Derrida. Campus, Frankfurt/New York 2003, ISBN 3593372681: Das Buch behandelt die Ethik und Identität der Queer-Bewegung, die immer nur provisorisch und im Neudifferenzieren bestehen; nach Moebius handelt es sich um eine „Identität im Sinn der différence“.
  • Bruce Bawer (Hrsg.): Beyond Queer. Challenging Gay Left Orthodoxy. New York 1996. ISBN 0684827662: Das Buch ist eine Sammlung von Aufsätzen zur Kritik an der Queer-Bewegung.
  • Engel Antke: Verqueeres Begehren, in: Hark, Grenzen, 1996, 73-95. In diesem Buch wird auch