Peter Ustinov
Sir Peter Alexander Ustinov, KBE (* 16. April 1921 in Swiss Cottage, Camden, London; † 28. März 2004 in Genolier, Kanton Waadt, Schweiz) war laut eigener Darstellung
- Schriftsteller
- Schauspieler, Regisseur und
- politischer Mensch.
Er war von 1992 bis 2004 Chancellor der renommierten britischen University of Durham.
Leben
Sir Peter Ustinov entstammte einer internationalen Familie und wuchs viersprachig auf. Seine Mutter (Nadjeschda Leontievna Benois) war eine französische Bühnenbildnerin und Kostümzeichnerin russischer Herkunft, sein Großvater mütterlicherseits der Architekt Louis Benois. Sein Vater Jonas Baron von Ustinov war deutscher Staatsbürger russischer Herkunft und Presseattaché der deutschen Botschaft in London sowie während des Zweiten Weltkrieges (nach dem Zerwürfnis mit Reichsaußenminister von Ribbentrop) britischer Spion. Zu seiner eigenen Herkunft sagte Peter Ustinov immer, er sei „in Sankt Petersburg gezeugt, in London geboren und in Schwäbisch Gmünd getauft“. Über seinen Vater war der Schauspieler überdies entfernt mit dem schwedischen Tenor Nicolai Gedda verwandt.
Ustinov verließ die ihm verhasste Eliteschule Westminster mit 16 Jahren und absolvierte am London Theatre Studio eine schauspielerische Ausbildung. Mit 17 Jahren trat er in seiner ersten Theaterrolle auf. Doch er beschränkte sich bereits zu dieser Zeit nicht auf die Schauspielerei, sondern schrieb eigene Bühnenstücke. Bereits 1939 wurde sein erstes Werk The Bishop of Limpopoland uraufgeführt. Mit 19 Jahren heiratete er 1940 die Schauspieler-Kollegin Isolde Denham. Im gleichen Jahr folgte eine erste kleine Filmrolle, eine beachtete größere dann 1942 in The Goose Steps Out. Nachdem er von 1942 bis 1945 Soldat war, führte er 1946 bei dem Film School for Secrets zum ersten Mal Regie.
Von 1940 bis 1950 war Peter Ustinov mit Isolde Denham verheiratet. Aus dieser Ehe stammt die Tochter Tamara, die Schauspielerin ist. 1954 heiratete er die kanadische Schauspielerin Suzanne Cloutier, mit der er drei Kinder hat: Pavla Ustinov, Igor Ustinov und Andrea Ustinov. Nach der Scheidung 1971 heiratete er die Schriftstellerin Hélène du Lau d'Allemans, mit der er bis zu seinem Tod in einem Haus in Bursins am Genfersee lebte.
Er wurde einem breiten Publikum durch seine Charakterrollen in Quo Vadis, Wir sind keine Engel und Spartacus bekannt. Erfolgreich waren auch die Agatha-Christie-Verfilmungen, in denen er den belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot verkörperte. Zuletzt war er im Oktober 2003 im Film Luther als Friedrich der Weise zu bewundern. Ustinov hatte keine Berührungsängste, für das Fernsehen Rollen zu übernehmen. Ihm persönlich wichtiger war seine Kreativität als Schriftsteller und Drehbuchautor. Er brachte es auf neun Drehbücher, mehr als elf Romane und Erzählbände sowie über 20 Theaterstücke, am bekanntesten „Beethovens Zehnte“. Als großer Kenner klassischer Musik inszenierte er Opern in Berlin, Salzburg, London, Paris und Moskau.
Für seine Rolle als sarkastischer Sklavenhändler in Spartacus und für die des Arthur Simpson in der Gauner-Komödie Topkapi erhielt er je einen Oscar als bester Nebendarsteller. Viele weitere Auszeichnungen folgten. 1989 wurde er, als einer von insgesamt 15 Ausländern, in die französische Académie des beaux-arts (Akademie der schönen Künste) aufgenommen. 1990 wurde er von der britischen Königin Elizabeth II. geadelt. Zuletzt erhielt er Anfang 2004 den Bremer Hansepreis für Völkerverständigung.
Ustinov war als hervorragender Erzähler beliebt. Er verstand es, seine Auftritte, Conférencen und Interviews mit viel Humor und zahlreichen Geschichten zu würzen. Doch neben dem Künstler Ustinov stand stets auch der engagierte Mensch Ustinov. Seit 1968 war er Botschafter der UN-Kinderhilfsorganisation UNICEF. Schon zuvor, Anfang der 1950er Jahre, trat Ustinov den Weltföderalisten bei und amtierte von 1991 bis zu seinem Tod 2004 als Präsident ihrer internationalen Organisation, dem World Federalist Movement. Laut sagte er seine Meinung zu politischen Fragen, zuletzt im März 2004 als Mitaufrufer zum Ostermarsch der Friedensbewegung im deutschen Ramstein, das einen US-amerikanischen Militärstützpunkt mit vielen "taktischen" atomaren Sprengköpfen beherbergt und mit seiner Unterstützung des Equilibrismus.
Seit dem Jahr 2000 entstanden auf seine Initiative hin in Budapest und im britischen Durham Institute für Vorurteilsforschung. Gemeinsam mit der Universität und der Stadt Wien gründete er am 11. August 2003 das entsprechende deutschsprachige Sir Peter Ustinov Institut, und hielt dort auch Vorträge. Die Stiftungsprofessur wurde im Sommersemester 2004 erstmals besetzt, und zwar mit Horst-Eberhard Richter.
Von 1992 bis zu seinem Tode war Peter Ustinov Chancellor der University of Durham, wo auch ein College nach ihm benannt wurde.
Ustinov, der seit Jahren an Diabetes und Ischias litt, war zuletzt auf den Rollstuhl angewiesen. Das hinderte ihn keineswegs, wie der Reporter der FAZ berichtete, sehr agil und beweglich seinen „Auftritt“ vor dem Medienvertreter zu inszenieren. Er starb am 28. März 2004, im Alter von 82 Jahren, in einer Privatklinik in Genolier bei Genf an Herzversagen. Sein Grab ist auf dem Friedhof von Bursins (Kanton Waadt/Schweiz).
Aus Nachrufen
Die Münchener Boulevardzeitung "tz" meinte im Nachruf: Am stärksten wird uns das Lächeln im Gedächtnis bleiben. Dieser kleine, listige Gesichtsausdruck, bei dem die Augen immer ein bisschen mehr zu wissen schienen, als der Mund grade sagte. Es war wohl dieser leise, niemals polternde Humor, den die Menschen so geliebt haben am großen Sir Peter Ustinov. Nur nichts allzu ernst nehmen, strahlte er aus... Hat die Zuneigung, die ihm überall entgegenschlug, in Hilfe für andere umgemünzt.
Die FAZ schrieb am 30. März 2004: Er... war einer der raren Allrounder mit europäischer Basis und Hollywood-Überbau: ein an Leibes- und Pointen- und Witzumfang stets zunehmendes Multi-Talent...
Filmografie
- 1940: Hullo, Fame!
- 1940: Mein Kampf - My Crimes
- 1941: One of Our Aircraft Is Missing
- 1942: Let the People Sing
- 1942: The Goose Steps Out
- 1944: Der Weg nach oben (The Way Ahead), Drehbuch
- 1945: The True Glory
- 1946: School for Secrets (Produzent, Regie, Drehbuch)
- 1948: Vice Versa (Regie, Drehbuch)
- 1949: Private Angelo (Regie, Drehbuch)
- 1950: Odette
- 1951: Hotel Sahara
- 1951: Der wunderbare Flimmerkasten (Der wunderbare Flimmerkasten)
- 1951: Quo vadis
- 1952: Pläsier (Le plaisier), Erzähler
- 1954: Sinuhe der Ägypter (The Egyptian)
- 1955: Lola Montez
- 1955: Wir sind keine Engel (We're No Angels)
- 1955: Beau Brummel - Rebell und Verführer (Beau Brummel)
- 1957: Der Hund, der Herr Bozzi hieß (Un angelo è sceso a Brooklyn)
- 1960: Spartacus
- 1960: Der endlose Horizont (The Sundowners)
- 1961: Romanoff und Julia (Romanoff and Julia), auch Produzent, Regie, Drehbuch
- 1961: Die Verdammten der Meere (Billy Budd) auch Produzent, Regie, Drehbuch
- 1964: Topkapi
- 1964: Eine zuviel im Harem
- 1965: Ladie L. (Regie, Drehbuch)
- 1967: Käpt'n Blackbeards Spuk-Kaschemme (Blackbeard's Ghost)
- 1967: Die Stunde der Komödianten (The Comedians)
- 1968: Das Millionending (Hot Millions)
- 1969: Viva Max!
- 1972: Hammersmith is Out (Hammersmith ist raus), auch Regie
- 1973: Robin Hood (Sprecher)
- 1975: Wer hat unseren Dinosaurier geklaut (One of Our Dinosaurs Is Missing)
- 1976: Flucht ins 23. Jahrhundert (Logan's Run)
- 1976: Der Goldschatz der Matecumbe (Treasure of Matecumbe)
- 1977: Drei Fremdenlegionäre (The Last Remake of Beau Geste)
- 1977: Vom Blitz getroffen (Doppio delitto)
- 1977: Jesus von Nazareth (Jesus of Nazareth) (TV)
- 1978: Tod auf dem Nil (Death on the Nile)
- 1979: Ashanti
- 1980: Charlie Chan und der Fluch der Drachenkönigin (Charlie Chan and the Curse of the Dragon Queen)
- 1982: Das Böse unter der Sonne (Evil Under the Sun)
- 1985: Mord à la Carte (Thirteen at Dinner) (TV)
- 1986: Tödliche Parties (Murder in Three Acts) (TV)
- 1986: Mord mit verteilten Rollen (Dead Man's Folly) (TV)
- 1987: Rendezvous mit einer Leiche (Appointment with Death)
- 1989: In 80 Tagen um die Welt (1989) (Around the World in 80 Days) (TV)
- 1989: Die Französische Revolution (La révolution française) (TV)
- 1990: Spatzi, Fratzi & Co. (C'era un castello con 40 cani)
- 1992: Lorenzos Öl (Lorenzo's Oil)
- 1995: Weltmacht Vatikan (Inside the Vatican), Moderator in TV-Dokumentation
- 1999: Der Junggeselle (The Bachelor)
- 2001: Victoria & Albert
- 2003: Luther
- 2003: Wintersonne (Winter Solstice)
Dokumentationen
- Das Geheimnis der Ustinovs, WDR, Erstausstrahlung: 6. Juli 2005, 45 Minuten
- „Wer nicht zweifelt, muß verrückt sein“. Die Welt des Sir Peter Ustinov - Sir Peter Ustinov zum 80. Geburtstag. Deutscher TV-Dokumentation von Johanna Schenkel und Werner Biermann, Erstausstrahlung: 8. April 2001, 58 Minuten
Fernsehserie
- 1989 Der fließende Fels (Hauptrolle in allen sechs Episoden)
Bibliografie (Auswahl)
Romane
- Krumnagel (1971)
- Der alte Mann und Mr. Smith satirischer Roman (320 S. Tb. 2000), ISBN 978-3-548-60058-1
- Monsieur Réné schwarz-humoriger Roman (349 S. Tb. September 2000)
Sachbücher
- Mein Russland ,historische Studie (1984)
- Ustinovs Russland (OT: Ustinov in Russia). Econ, Düsseldorf, Wien und New York 1988, ISBN 3-430-19275-7
Erzählungen und Essays
- Die Heirat und andere Komödien drei Neuinterpretationen (186 S. August 2000)
- Gott und die Staatlichen Eisenbahnen Kurzgeschichten-Sammlung (258 S. Tb. 2001)
- Karneval der Tiere humorige Satiren (109 S. geb. Mai 2001)
- Was ich von der Liebe weiß Aphorismen, Dialoge (222 S., Taschenbuch, Juli 2001)
- Die Reisen des Sir Peter Alle Geschichten von unterwegs (379 S., Taschenbuch Kiepenheuer & Witsch ISBN 3-462-03345-X )
- Achtung! Vorurteile (286 S., gebundene Ausgabe, Hoffmann und Campe Dezember 2003, ISBN 3-455-09410-4)
Bühnenstücke und Drehbücher
- Die Liebe der vier Obersten (aufgeführt 1951)
- Romanoff und Juliet (1956, verfilmt 1961)
- Halb auf dem Baum (1967)
- Der unbekannte Soldat und seine Ehefrau (1967, aufgeführt 1973 New London Theatre)
- Hot Millions (1969 Oscar Nominierung für sein Drehbuch)
- Belauscht (1981)
- Beethovens Zehnte (1983, er selbst in der gefeierten Hauptrolle)
Autobiographisches
- Ach du meine Güte: Unordentliche Memoiren (1977)
- Ich und ich Erinnerungen (2001)
Literatur
- Christopher Warwick: Peter Ustinov. Schlitzohr und Gentleman (OT: The Universal Ustinov). Heyne, München 1992, ISBN 3-453-05761-9
- Nadia Benois Ustinov: O diese Ustinovs! (OT: Klop and the Ustinov Family). DVA, Stuttgart 1975, ISBN 3-421-01705-0
- Tony Thomas: Ustinov in Focus. Zwemmer & Barnes, London und New York 1971, ISBN 0-498-07859-0
- Peter Ustinov, Henning von Vogelsang, Timo Fehrensen: "Die Zweifel halten die Menschheit zusammen". Gerhard Hess Verlag, Ulm–Bad Schussenried, 2003, ISBN: 3-87336-193-0
Auszeichnungen
- 1975 – Commander of the British Empire (CBE)
- 1981 – Karl-Valentin-Orden
- 1985 – Ordre des Arts et des Lettres
- 1987 – Goldenes Schlitzohr
- 1990 – zum Ritter (Knight Bachelor) geschlagen, verbunden mit dem Titel Sir
- 1994 – Bambi
- 1997 – DIVA-Award
- 1998 – Bundesverdienstkreuz
- 2001 – Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse
Weblinks
- Vorlage:PND
- Vorlage:IMDb Name
- Peter-Ustinov-Stiftung (internationales Kinderhilfswerk)
- World Federalist Movement
- Sir Peter Ustinov Institut zur Erforschung und Bekämpfung von Vorurteilen
- Familie Benois-Ustinov
- Sir Peter Ustinov: Avantgardist für eine bessere Weltordnung (in Telepolis)
- Gut geschriebene und bebilderte webjournalistische Kurzbiografie
- Ein Leben in 18 eindrucksvollen Bildern
- Biografie und Filme sowie die jeweils aktuellen Fernsehsendungen mit Ustinov
Personendaten | |
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NAME | Ustinov, Peter |
ALTERNATIVNAMEN | Peter Alexander von Ustinow |
KURZBESCHREIBUNG | Schriftsteller, Schauspieler, Regisseur |
GEBURTSDATUM | 16. April 1921 |
GEBURTSORT | Cottage Village, London, Großbritannien |
STERBEDATUM | 28. März 2004 |
STERBEORT | Genolier, Waadt, Schweiz |