Zum Inhalt springen

Quantenchromodynamik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. August 2007 um 14:03 Uhr durch Claude J (Diskussion | Beiträge) ([[Lagrangefunktion]] der QCD). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Dieser Artikel wurde in die Qualitätssicherung der Redaktion Physik eingetragen. Wenn du dich mit dem Thema auskennst, bist du herzlich eingeladen, dich an der Prüfung und möglichen Verbesserung des Artikels zu beteiligen. Der Meinungsaustausch darüber findet derzeit nicht auf der Artikeldiskussionsseite, sondern auf der Qualitätssicherungs-Seite der Physik statt.

Die Quantenchromodynamik (QCD) ist die quantenfeldtheoretische Beschreibung der starken Wechselwirkung.

Konzeptionell ist die QCD an die Quantenelektrodynamik (QED) angelehnt, die als Eichtheorie die Wechselwirkung elektrisch geladener Teilchen (z. B. Elektron oder Positron) durch Photonen beschreibt. Die Wechselwirkungsteilchen der QCD sind die Gluonen. An die Stelle der elektrischen Ladung als Erhaltungsgröße tritt die Farbladung. Analog zur QED, wo nur geladene Teilchen wechselwirken, behandelt die QCD nur Teilchen mit Farbladung, die sogenannten Quarks. Quarks können drei verschieden Farben haben, die als rot, grün und blau bezeichnet werden. Im Unterschied zum elektrisch neutralen Photon in der QED tragen die Gluonen selbst Farbladung (bestehend aus einer Farbe und einer Anti-Farbe, so dass Gluonenaustausch meist zu Farbänderungen der beteiligten Quarks führt) und wechselwirken daher auch miteinander. Das bewirkt, dass die Anziehungskraft zwischen den Quarks bei großen Entfernungen zunimmt, ähnlich wie bei einer gespannten (sehr steifen) Feder oder einem Gummifaden. Wird eine bestimmte „Spannung“ überschritten, reißt der Faden - in der QCD wird in dieser Analogie bei Überschreitung eines gewissen Abstands die Feldenergie so hoch, dass sie in die Bildung neuer Quark/Antiquark Paare (Mesonen) umgesetzt wird (was sich in Beschleunigerexperimenten in der Erzeugung von Jets äußert). Daher treten Quarks niemals einzeln auf, sondern nur in gebundenen Zuständen, den Hadronen (Confinement). Das Proton und das Neutron (auch Nukleonen genannt, da aus ihnen die Atomkerne bestehen) sowie die Pionen sind Beispiele für Hadronen.

Nichtabelsche Eichgruppe

Die der QCD zugrundeliegende Eichgruppe ist nicht-abelsch (das heißt die Multiplikation von zwei Gruppenelementen ist im Allgemeinen nicht kommutativ) im Gegensatz etwa zur QED mit Eichgruppe U(1). Das führt dazu, dass in der Lagrange-Dichte Terme auftreten, die eine Wechselwirkung der Gluonen miteinander bewirken. Außerdem tragen aus demselben Grund die Gluonen Farbladung. Diese Selbstwechselwirkung führt dazu, dass die renormierte Kopplungskonstante der QCD sich qualitativ genau entgegengesetzt zur Kopplungskonstante der QED verhält. Sie nimmt für hohe Energien ab. Dies führt zu den Phänomenen der asymptotischen Freiheit (hohe Energien) und des Confinement (niedrige Energien).

Asymptotische Freiheit bedeutet, dass die Quarks sich bei hohen Energien wie freie Teilchen verhalten, Confinement bedeutet, dass unterhalb einer Grenzenergie die Kopplungskonstante so groß wird, dass Quarks nur noch in Hadronen auftreten. Da die Kopplungskonstante der QCD bei niedrigen Energien kein kleiner Parameter ist, kann die Störungstheorie, mit sich viele Probleme der QED lösen lassen, nicht angewendet werden. Ein Ansatz zur Lösung der QCD-Gleichungen bei niedrigen Energien sind Computersimulationen von Gittereichtheorie.

Ein weiterer Ansatz zur quantenfeldtheoretischen Behandlung von Hadronen ist die Verwendung von effektiven Theorien, die für große Energien in die QCD übergehen und für kleine Energien neue Felder mit neuen „effektiven“ Wechselwirkungen einführen. Je nach den zu beschreibenden Hadronen verwendet man verschiedene effektive Theorien. Die chirale Störungstheorie (chiral perturbation theory, CPT) wird für Hadronen verwendet, die nur aus leichten Quarks, also Up-, Down- und Strange-Quarks, aufgebaut sind (also etwa Protonen und Neutronen), die nach der CPT über Mesonen miteinander wechselwirken. Für Hadronen mit genau einem schweren Quark, also einem Charm- oder Bottom-Quark, und sonst nur leichten Quarks wird die effektive Theorie schwerer Quarks (heavy quark effective theory, HQET) verwendet, in welcher das schwere Quark als unendlich schwer angenommen wird, ähnlich der Behandlung des Protons im Wasserstoffatom. Für Hadronen aus zwei schweren Quarks (gebundene Zustände im Quarkonium) wird die sogenannte nichtrelativistische Quantenchromodynamik (nonrelativistic quantum chromodynamics, NRQCD) verwendet.

Wechselwirkung zwischen Nukleonen

Die Stärke der Wechselwirkung führt auch dazu, dass Protonen und Neutronen im Atomkern viel stärker aneinander gebunden sind als etwa die Elektronen an den Atomkern. Die Protonen und Neutronen selbst sind farblos und ihre Wechselwirkung wird statt durch die Quantenchromodynamik durch eine effektive Theorie beschrieben. Die anziehende Kraft zwischen ihnen beruht auf dem Austausch von Mesonen (aus Quark/Anti-Quark Paaren bestehende Hadronen), insbesondere den leichten Pionen. Die Beschreibung des Verhaltens der Nukleonen über Mesonenaustausch im Atomkern und in Streuexperimenten ist Gegenstand der Kernphysik.

Oft führt der Unterschied zwischen der elektrischen und der Farbladung zu Verständnisschwierigkeiten, daher sei hier angemerkt, dass Quarks sowohl eine elektrische als auch eine Farbladung besitzen. Quarks wechselwirken also sowohl „stark“ (d. h. durch Gluonen) als auch elektromagnetisch (d. h. durch Photonen). Da die elektromagnetische Wechselwirkung deutlich geringer ist als die starke, kann man ihren Einfluss bei der Wechselwirkung von Quarks in der Regel vernachlässigen und beschränkt sich auf den Einfluss der Farbladung.

Auch die starke Wechselwirkung der Nukleonen im Atomkern ist noch deutlich stärker, als ihre elektromagnetische Wechselwirkung. Dennoch stellt die elektrostatische Abstoßung der Protonen ein wichtiges Stabilitätskriterium für Atomkerne dar. Die starke Wechselwirkung zwischen den Nukleonen nimmt jedoch, im Gegensatz zur Wechselwirkung zwischen den Quarks mit zunehmender Entfernung der Nukleonen exponentiell ab. Dies liegt an der Masse der beteiligten Mesonen (Yukawa-Potential). Die Abnahme der starken Wechselwirkung zwischen Nukleonen ist weitaus stärker als der der elektromagnetischen Wechselwirkung, die im umgekehrten Quadrat mit der Entfernung abnimmt. Die starke Wechselwirkung ist auf Abstände der Hadronen, wie sie z.B. im Atomkern auftreten, beschränkt.

Die QCD ist eine relativistische Quantenfeldtheorie mit der (eichinvarianten) Lagrangefunktion

Die ersten beiden Terme der letzten Zeile stehen für die freien Quarkfelder, der dritte Term für die Quark-Gluon Wechselwirkung und der letzte Term für die Gluonen und ihre Selbstwechselwirkung. Dieser letzte Term stellt den eigentlichen Unterschied zur QED-Lagrangefunktion dar.

Dabei ist

das Quarkfeld (und das adjungierte Quarkfeld im Sinne der Dirac´schen relativistischen Quantenmechanik) mit Masse m
, die Dirac-Matrizen mit = 0 bis 3.
die acht Eichbosonenfelder (Gluonfelder, a =1 bis 8, entsprechend durch die Gluonen bewirkten Farbänderungen)
die Quark-Gluon Kopplungskonstante
sind die Erzeugenden der Eichgruppe SU(3) (a = 1 bis 8). Sie hängen mit den Gell-Mann-Matrizen zusammen über:
und erfüllen die Relationen:
mit den Strukturkonstanten (die bei Vertauschung der Indices antisymmetrisch sind)

ist der Feldstärketensor des Eichbosonenfeldes:

Aus dieser Lagrangefunktion ergeben sich im Prinzip alle benötigten Ausdrücke (Propagatoren, Wechselwirkungs-Vertices) für Feynmandiagramme in der störungstheoretischen QCD. Es muß allerdings für konkrete Berechnungen noch eine Eichfixierung durchgeführt werden.

Forscher und Nobelpreise

Einer der Begründer der Quantenchromodynamik (und davor des Quarkmodells) Murray Gell-Mann erhielt für seine schon damals (vor Einführung der QCD) zahlreichen Beiträge zur Theorie der starken Wechselwirkung bereits 1969 den Nobelpreis der Physik.

Am 5. Oktober 2004 wurden David Gross, David Politzer und Frank Wilczek für ihre Arbeiten zur Quantenchromodynamik der „starken Wechselwirkung“ mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Sie entdeckten Anfang der 1970er Jahre, dass die starke Wechselwirkung der Quarks schwächer wird, je näher sie sich sind. In direkter Nähe verhalten sich Quarks gewissermaßen wie freie Partikel (Asymptotische Freiheit), was die Ergebnisse der damaligen tiefinelastischen Streuexperimente theoretisch begründete.

Weiterführende Literatur