Zum Inhalt springen

Truppe für Operative Kommunikation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 15. August 2007 um 10:40 Uhr durch Amurtiger (Diskussion | Beiträge) (Geschichte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Datei:Opinfmtl.jpg
Barettabzeichen

Die Operative Information, früher als Psychologische Kriegführung (PSK) (Psychological Warfare) bzw. Psychologische Verteidigung (PSV) bezeichnet, umfasst alle Methoden und Maßnahmen zur Beeinflussung des Verhaltens und der Einstellungen von gegnerischen Streitkräften sowie fremder Zivilbevölkerungen im Rahmen militärischer Operationen. Ihr Ziel ist es, die Operationen der eigenen Streitkräfte zu erleichtern. Zur Planung und Umsetzung nutzt sie Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft, der Werbung und der Public Relations. Verwendet werden Medien aller Art (Hörfunk, Fernsehen, Lautsprecheraufrufe, Handzettel, Plakate, Zeitungen, Give-aways, E-Mails, SMSe, Gesprächsmedien usw.). Auch der unmittelbare Einsatz militärischer Mittel kann Elemente psychologischer Kriegführung enthalten. So können Manöver nahe dem Hoheitsgebiet eines potenziellen Gegners dessen Kampfeswille schwächen oder Überfälle im Hinterland zur Verunsicherung gegnerischer Truppen führen.

Begriff

Der Begriff „Psychologische Kriegführung” wird heute kaum noch verwendet, da sich heute der Einsatz von Militärmacht nicht nur auf Ebenen des unmittelbaren kriegerischen Konfliktes bewegt, sondern häufig auch zur Befriedung oder Stabilisierung in Spannungs- oder Konfliktgebieten dient (z. B. UN-Friedens- und Friedenserzwingungsmissionen). Im NATO-Sprachgebrauch hat sich der neutralere Begriff „Psychological Operations” (PSYOPS) durchgesetzt, als Parallelverfahren zu MEDIAOPS (Media Operations - was aber kein offizieller NATO-Begriff ist), worunter im zivilen Sprachgebrauch Public Relations/Medienarbeit zu verstehen ist. PSYOPS und MEDIAOPS sind in einigen Einsatzgebieten Teilgebiete von INFOOPS (Information Operations). Hierbei handelt es sich um ein übergreifendes Konzept, welches in den sogenannten Informationsraum wirken soll, und alle Fähigkeiten, die darin zur Wirkung kommen, koordiniert.

Bundeswehr

Früher sprach man in der deutschen Bundeswehr von „Psychologischer Kriegführung” (PSK), ab 1970 von „Psychologischer Verteidigung” (PSV). Sie wurde von der damaligen PSK/PSV-Truppe (der Vorgänger der heutigen OpInfo-Truppe) wahrgenommen. Seit 1990 spricht man von „Operativer Information” (OpInfo). Wichtigste Unterscheidung vom ehemaligen Prinzip der psychologischen Kriegführung ist die Tatsache, dass die OpInfo, will sie langfristig funktionieren, nur nachprüfbare Informationen verbreiten soll. Diese Aussage kann freilich schon Teil der Taktik sein. Das Eingeständnis taktisch "zu lügen" wäre jedenfalls stets kontraproduktiv. Ansonsten, so die offizielle Doktrin der Bundeswehr, würde sie, und mit ihr auch die gesamten Streitkräfte im Einsatzland, ihre Glaubwürdigkeit verlieren.

Die Truppe Operative Information ist eine eigene Truppengattung der Bundeswehr; OpInfo gehörte aber früher zur Fernmeldetruppe des Heeres, sei es als Teil des Stabes des (inzwischen aufgelösten) Fernmeldekommandos 900 /Führungsunterstützungsbrigade 900 in Rheinbach (nämlich der 1991 aufgestellte Spezialstab ATV FmTr OpInfo), sei es in Unterstellung zu diesem (FmBtl 950 OpInfo / OpInfoBtl 950, damals in Andernach/Neuwied und Mayen.) OpInfo gehört derzeit zur Streitkräftebasis. Die OpInfo-Truppe besteht heute aus dem Zentrum Operative Information (ZOpInfo) in Mayen sowie dem unterstellten Bataillon für Operative Information 950 (OpInfoBtl 950) in Koblenz. Auch das Betreuungsradio der Bundeswehr (Radio Andernach) gehört zur OpInfo-Truppe, auch wenn Radio Andernach keine PSYOPS-Tätigkeiten wahrnimmt. Das Hörfunkprogramm von Radio Andernach richtet sich ausschliesslich an die deutschen Soldaten im jeweiligen Auslandseinsatz und hat nichts mit dem OpInfo-Radio, dem sogenannten Zielgruppenradio, zu tun. Das Zielgruppenradio strahlt Programme in der jeweiligen Landessprache (z.B. im Rahmen des ISAF- Einsatzes in Afghanistan in Dari und Paschtu). Des weiteren verfügt OpInfo über eigene Fernseh-Produktionseinheiten. Die Beiträge werden fast alle im Einsatzland produziert und über die lokalen Sender im Einsatzland abgestrahlt. Eine weitere Komponente sind die Einsatz-Kamera-Trupps (EKT). Die EKT fliegen auf Wunsch des Bundesministeriums der Verteidigung in die jeweiligen Einsatzländer und übertragen von dort live nach Deutschland. Sie sollen eine bessere Lagebeurteilung und Einsatzdokumentierung ermöglichen. Im Standort Mayen verfügt OpInfo über ein voll ausgerüstetes und einsatzbereites Fernsehstudio. Auch im Internet ist OpInfo tätig.

Geschichte

Erstmals entwickelt und in vollem Umfang angewandt wurde die psychologische Kriegführung im Mittelalter in der mongolischen Kriegführung.

Im Zweiten Weltkrieg setzten sowohl die Achsenmächte als auch Alliierte auf die Psychologische Kriegführung.

Zielgruppen

Zu den Zielgruppen der Operativen Information gehören im Verteidigungsfall feindliche Truppen, sowie die Zivilbevölkerung in vom Feind besetzten Gebieten. In den aktuellen Auslandseinsätzen der Bundeswehr wirkt die Operative Information auf die Menschen in den Einsatzgebieten ein, mit dem Ziel, westliche Werte wie die Demokratie und Menschenrechte zu verbreiten.

Für den Verteidigungsfall in Deutschland gilt: Die Zielgruppe der OpInfo werden direkt durch den Deutschen Bundestag festgelegt.

Für den Auslandseinsatz gilt: Die Zielgruppe wird durch das North Atlantic Council (NATO-Rat) bestimmt und in der jeweiligen Einsatzbefehlsgebung durch ACO (Allied Command For Operations - vormals SHAPE) veröffentlicht.

Verboten ist den deutschen Truppen grundsätzlich:

  • im Inland die Beeinflussung der eigenen Soldaten, der deutschen Bevölkerung und die von verbündeten Streitkräften
  • im Auslandseinsatz die Beeinflussung eigener und sämtlicher verbündeter Streitkräfte.

Methoden

Die Methoden der Psychologischen Kriegführung sind vielfältig und befinden sich ständig im Wandel. So wurden während des Irak-Krieges von der US Army auch auf persönliche Webseiten von Armeeangehörigen Einfluss genommen, um der Öffentlichkeit ein positiveres Bild von den Kriegseinsätzen zu vermitteln. Zu den „traditionellen” Methoden der Operativen Information gehören:

  • Verteilen von Flugblättern und Informationsschriften, auch hinter feindlichen Linien durch Abwurf aus Flugzeugen, durch Ballone, sowie „Flugblattwerfer”; oftmals sind Flugblätter auch im Stil der jeweiligen Landeswährung gefertigt und auf den ersten Blick kaum von einem auf der Straße liegenden Geldschein zu unterscheiden
  • Einsatz von Radio- sowie Fernsehsendungen und -spots
  • Lautsprecherbeschallung
  • Einsatz von Magazinen und Tageszeitungen, die in der jeweiligen Landessprache gedruckt und verteilt werden, z.B. Stimme der Freiheit/Sada-e-Azadi in Afghanistan (ISAF, zweisprachig, Erscheingungsweise: zweiwöchentlich) oder die monatliche Jugendzeitschrift "For you" im Kosovo
  • Veranstaltungen (Konzerte etc.)
  • Verteilung von Spielzeug, Radios, Wasser etc.
  • Erstellung von Internetseiten und -auftritten

Beispiele

  • die Propagandatruppe der Wehrmacht des Dritten Reichs
  • Während des Kalten Kriegs wurde in der Bundesrepublik von Franz Josef Strauß das Referat für Psychologische Kampfführung der Bundeswehr eingerichtet. Die offizielle Aufgabe bestand darin, auf antimilitaristische Propagandazeitschriften der DDR zu reagieren, die vor Bundeswehrkasernen verteilt wurden.
  • Elter, Andreas: Die Kriegsverkäufer, Geschichte der US-Propaganda 1917-2005, edition suhrkamp ISBN 3-518-12415-3

Ein aktuelles Beispiel (2006), worin die OpInfo Truppe im Rahmen der NATO Operation ISAF beteiligt ist findet sich auf folgender Web-Page: http://www.sada-e-azadi.net/

In Bosnien-Herzegowina (BiH) wurde seitens OpInfo eine Jugendzeitschrift namens MIRKO in mehreren Versionen erstellt und verteilt; die serbokroatische Version gab es in lateinischer wie in kyrillischer Schrift; zusätzlich kamen auch englische oder deutsche Versionen zum Einsatz.

Im Kosovo wurde zunächst eine Zeitschrift namens Ditet e Shprese entwickelt, die allerdings von einem Nachfolgeprodukt Dritarja (16 S.) abgelöst wurde. Der sich an die albanische Zielgruppe wendenden Dritarja entspricht für die Serbokroatisch-Sprecher Pozor (8 S.) Ähnlich der Jugendzeitung MIRKO in BiH wird im Kosovo das Magazin FOR YOU (20 S.) publiziert. Die Zeitschriften werden - wie bei OpInfo-Produkten üblich - unentgeltlich verteilt.

Literatur

Linebarger, P.M.A.: Psychological Warfare. Ayer, 1972. ISBN 978-0405047558