Zum Inhalt springen

Chemische Reinigung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. August 2007 um 13:16 Uhr durch Vitare (Diskussion | Beiträge) (Arbeitsgemeinschaft Pflegekennzeichen für Textilien in der Bundesrepublik Deutschland, Eschborn). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Chemische Reinigung ist eine Form der Reinigung von Textilien mittels Chemikalien, ohne Wasser. Sie wird angewendet, wenn ein Waschen mit einer Waschmaschine oder mit Handwäsche nicht möglich oder nicht ratsam ist.

Diese Art der Reinigung wird mitunter auch als Trockenreinigung bezeichnet, weil die Textilien, anders als bei einer Wäsche im Wasser nicht aufquellen, sondern die Faser ihre Form wie im trockenen Zustand beibehält. Viele Textilien, insbesondere solche, in denen unterschiedliche Stoffarten verarbeitet sind, wie Herrenanzüge, Damenkostüme oder Mäntel, lassen sich nur bedingt mit Wasser oder wässrigen Waschlösungen reinigen, da sie sich hierbei verformen oder ihre Farbe verlieren können.

Solche Textilien werden im allgemeinen in speziellen Textilpflegebetrieben oder Reinigungen mit (organischen) Lösemitteln oder mit wässrigen Reinigungssystemen gereinigt. Welche Reinigungsmittel verwendet werden können, ist als Pflegekennzeichen (Textilpflegesymbol) auf dem Etikett der Textilie vermerkt. Textilien mit der Pflegekennzeichnung "P" für Tetrachlorethen (PER) oder "F" für Fluorchlorkohlenwasserstoff (seit 1992 in Deutschland für chemische Reinigung nicht mehr zulässig) steht heute für die Reinigung mit Kohlenwasserstoff-Lösemitteln (siehe unten). PER ist ein Chlorkohlenwasserstoff (CKW) und umwelt- und gesundheitsgefährdend. Ein "W" bedeutet, das Textil darf einer Nassreinigung im wässrigen Medium unterzogen werden.

Das ursprünglich benutzte Terpentinöl war durch krebserregendes Benzol ersetzt worden. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ging man zum feuergefährlichen Benzin über. Mit dem Aufkommen der nichtbrennbaren Lösemittel wurde hierzulande die Benzinreinigung durch Organochlorverbindungen (Trichlorethen, Tetrachlorethen und auch Fluorchlorkohlenwasserstoffe FCKW) verdrängt, die allerdings umwelt- und gesundheitsschädlich und bis auf Tetrachlorethen (PER) heutzutage verboten sind (2. Bundesimmissionsschutzverordnung); die Lösemittel werden im Kreislauf erneut eingesetzt. Seit Anfang der 1990er Jahre wird das sogenannte Kohlenwasserstoff-Lösemittel, ein Gemisch aus aliphatischen Kohlenwasserstoffen mit C9-C12, KWL genannt, eingesetzt. Neuerdings werden auch Silane und spezielle Ester eingesetzt, ferner wird versuchsweise flüssiges (sogenanntes überkritisches) Kohlendioxid verwendet, bisher aber ohne Erfolg für den flächendeckenden Einsatz.

Für Arbeitnehmerschutz, Arbeitsssicherheit und Gesundheitsvorsorge in den Betrieben ist die Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft (TBBG) zuständig.

Wirtschafts- und rechtsgeschichtlich ist der Wirtschaftszweig der Chemischreinigung bemerkenswert, weil er als einer der ersten Wirtschaftszweige des Deutschen Reichs zusammen mit den Spediteuren und Banken schon um 1900 einheitliche Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) entwickelt hat, d.h. das „Kleingedruckte“ auf der Rückseite der Einlieferungs- und Abholzettel, die man bei der Abgabe eines Kleidungsstückes zur Reinigung erhält. Die Entwicklung eigener AGB war um 1900 höchst modern und fortschrittlich. Die in den Chemischreinigungs-AGB traditionell geregelte Haftungsbeschränkung bei Verlust oder Beschädigung des Kleidungsstückes auf das 15fache des Reinigungspreises hat seit 1900 zu vielen Gerichtsprozessen und -urteilen geführt, die in der juristischen Literatur behandelt sind. Als „Konditionenkartell“ hat der Wirtschaftszweig und -verband der Chemischreinigung auch das Kartellrecht und die Kartellbehörden beschäftigt.

Literatur

  • Gerold Schmidt: Handbuch des Textilreinigungs- und Kleidungsschadenrechts - Chemischreinigung und Wäscherei. Rechtsprechungs-Kommentar. Verlag Neuer Merkur GmbH, München 1969, 237 S.
  • Herbert Pruns: "Besprechung von Gerold Schmidt, Handbuch usw.", in: "Monatsschrift für Deutsches Recht - MDR" 23.Jahrg.1969, S. 703
  • Herbert Pruns: Besprechung von Gerold Schmidt, Handbuch usw., in: Kritische Justiz, Jahrg. 1969, Heft 2, S. 219