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Kurden

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Die Kurden sind ein indogermanisches Volk in Vorderasien. Ihre Anzahl wird auf 25 bis 45 Millionen Menschen geschätzt. Das Siedlungsgebiet der Kurden ist das Dreiländereck der Türkei, des Iraks und des Irans. 40-50% der Kurden leben im Südosten der Türkei, 20-25% im Nordirak, ca. 20% im Nordwestiran. 3-4% der Kurden siedeln in Syrien und 1-2% in Armenien. Darüber hinaus leben an die 1 Million in der ehemaligen Sowjetunion und rund 1 Million in Europa, wobei fast die Hälfte davon in Deutschland lebt. Es gibt weitere kurdische Gemeinden in Israel, im Libanon, im Osten des Irans und in Afghanistan. Der ursprünglich relativ geschlossene Siedlungsraum wurde nach dem Zerfall des osmanischen Reiches durch die Grenzen der neugebildeten Staaten zerschnitten.

Geschichte

Über die Abstammung der Kurden gibt es große Unklarheiten. Die Türken führen sie auf türkische Stämme zurück, die vor Ihnen in Anatolien ankamen, und dort die Sprache der Perser übernahmen. Die Araber sehen sie als Nachkommen von Semiten und die Perser sie als die Ihrigen. Eine gängige Hypothese sieht die iranischen Meder als Vorfahren der Kurden. Das medische Kernland erstreckte sich über die tradionellen Siedlungsraum der Kurden.

Ihre Einwanderung in die unwegsame, schlecht kontrollierbare Gebirgslandschaft zwischen Armenien und Mesopotamien wird in das 3. Jahrtausend v. Chr. bis 2. Jahrtausend v. Chr. datiert. Da aber über die Meder und besonders ihre Sprache nicht viel existiert, fehlt dieser These der endgültige Beweis. Als weitere Kanidaten wurden die Gutäer, die Skythen und die von Xenophon erwähnten Karduchen genannt. Es ist daher eher wahrscheinlich, dass die Kurden ein Schmelztiegel der alten Völker Anatoliens und Mesopotamien darstellen und dass sie durch die Meder sprachlich zu einer Einheit wurden.

Die Stammesverbände unterstanden formell den Persern, (den Achämeniden bzw. den Safawiden) und ab dem 16. Jahrhundert den Osmanen; sie lebten aber naturgemäß in großer Freizügigkeit. Die blühendste Periode kurdischer Macht war während des 12. Jahrhunderts, als der große Saladin, der zu Rawendis Zweig des Hadabani Stammes gehörte, die Ayyubiden Dynastie von Syrien gründete. Das Reich erstreckte sich nicht nur über Ost- und Westkurdistan, sondern auch weit nach Chorassan auf der einen und Ägypten und dem Jemen auf der anderen Seite.

Ein großer Wendepunkt ist die Schlacht von 1514 bei Caldiran ( nahe Van) zwischen Osmanen und Safawiden. Schah Ismail I. unterliegt Sultan Yavuz Selim I.. Danach kommt fast ganz Kurdistan unter osmanische Herrschaft. Auf seinem Zug nach Kurdistan bringt der Sultan bei Sivas an die 40.000 alewitische Kurden um, um eventuelle Zusammenarbeit mit den Safawiden zu unterbinden. 1596 verfasst Serefhan, Fürst von Bitlis und Sohn von Idris Bitlisi, das Geschichtswerk Serefname (Prachtschrift) mit dem ersten vollständigen Überblick über die kurdische Geschichte. Unter anderem steht darin, dass das Fürstentum Bitlis von Malatya bis zum Urmaisee reichte.

Bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs wurde das kurdische Bewusstsein einerseits durch die Stammeszugehörigkeit geprägt, andererseits durch den sunnitischen Islam. Unter dem Einfluss europäischer Ideen entwickelten sie dann ein eigenes Nationalgefühl. Durch die alliierten Siegermächte wurde ihnen zunächst ein eigener Staat "Kurdistan" in Aussicht gestellt. Jedoch wurde ihr Siedlungsgebiet auf die Territorien verschiedener Staaten aufgeteilt, wo man sie - mit wenigen politischen Rechten ausgestattet - als ethnische Minderheit anerkannte. Bis auf die Türkei, die sie als "Bergtürken" bezeichnete und ihnen die kurdische Sprache verbot.

1945/1946 kam es zur Episode einer Kurdenrepublik in Nordwestiran mit Mahabad als Hauptstadt und Quazi Mohammed als deren Präsident. Die Sowjetunion wollte durch die Gründung Kurdistan und Aserbaidschans auf iranischem Boden Einfluss auf die Region ausüben. Nach Abzug der Sowjets aus dem Iran wurden die beiden Republiken von der iranischen Armee zurück erobert. Nach nur 13 Monaten wurde Quazi Mohammed mit weiteren Ministern auf dem Car Cira Platz, von dem aus die kurdische Republik ausgerufen worden war, hingerichtet. Zu einer teilweisen Selbstverwaltung und Beteiligung an der Regierung kam es im Irak 1970 bis 1974.

Nach dem zweiten Golfkrieg 1991 verfügte die UNO im Irak eine Schutzzone nördlich des 36. Breitengrades. Im dritten Golfkrieg 2003 beteiligten sich kurdische Kräfte auf Seiten der USA an der Eroberung nordirakischer Städte.Seitdem genießen die irakischen Kurden einen besonderen Status als Verbündete der USA. Das Ziel der irakischen Kurden mehr Autonomie und Einfluss zu bekommen, wird vor allem von der Türkei sehr mißbilligt, da sonst die Kurden in der Türkei dadurch eine große Motivation bekommen, um ihren Status zu verbessern.

Politik

Bislang sind die Bemühungen um eine staatliche Souveränität auch daran gescheitert, dass die Kurden untereinander zerissen sind. In einer feudalen Gesellschaft galt nämlich, dass das Recht des Herrn oder geistlichen Oberhauptes vor dem Recht des Volkes kam. Es fehlte das nationale Gefühl. Aber in den letzten hundert Jahren kam auch der Nationalismus nach Kurdistan, so dass die Kurden immer mehr zusammen rückten.Das machte sich auch dadurch bemerkbar, dass die Kurden vermehrt Parteien bildeten, die sich europäische Parteien zum Vorbild nahmen.In den frühen 20er wurde im Libanon die Organisation Xoybun gegründet, die unter anderem den Ararat Aufstand anführte. Die bekanntesten Parteien sind die KADEK (ehemals PKK), die Komala, die PDK, die PSK und die YNK.


Die größten Aufstände im 20. Jahrhundert

Geografie

Das kurdische Siedlungsgebiet umfasst ca. 500.000 km². Die wichtigsten Provinzen und Städte im türkischen Teil sind Agiri (Agri), Amed (Diyarbakir), Batman, Bedlis (Bitlis), Cewlig (Bingöl), Dersim (Tunceli), Dilok (Gaziantep), Elaziz (Elazig), Erzingan (Erzincan), Erzerom (Erzurum), Semsur (Adiyaman), Hekkari (Hakkari), Idir (Igdir), Kilis, Semsur (Adiyaman) und Van. Im Irak sind es Dihok, Hewler (Erbil), Kerkuk, Mosul, Silemani, Xaneqin, Zaxo, Sincar, Acre, Saladin, Halabja und Amedi. Im Iran Urmia, Kermansah, Sanandaj, Saqqez,Mahabad, Serdest, Bane und Ilam. In Syrien sind es Qamisli, Amude, Derbassiya, Afrin, Sere Kaniye und Kobani.

Die wichtigsten kurdichen Berge sind der Ararat (5137m) in Agiri, der Munzur (3100m) in Dersim, der Cudi (2089m), der Sipan (4434m) in Tatvan, der Nimrud (3140m) in Semsur, der Kandil (3782m), der Helgurd (4013m)und der Dolares (3449m)

Religion

Die Kurden sind mehrheitlich sunnitischen Glaubens (etwa 75%). Etwa 20% sind Schiiten, daneben gibt es viele Alewiten (etwa 30% der Kurden aus der Türkei) und Jezidi.

Kultur

Die Frauen tragen keinen Schleier.

Es gibt eine reiche Volksliteratur in kurdischer Sprache. Zu erwähnen wäre das Epos Mem u Zin, das 1695 von dem Dichter Ahmede Xanê geschrieben worden ist. Der aus Mardin stammende Dichter Cigerxwin (Sexmus Hasan), der von 1903 bis 1984 lebte, schrieb für Zeitschriften wie Hewar. Er studierte ausführlich den Marxismus-Leninismus und hinterließ acht Gedichtsammlungen. 1935 wird der erster Roman der Neuzeit in kurdischer Sprache “Schivane Kurd” von Ereb Schemo verfasst.

Sprache

Kurdisch ist eine indoeuropäische Sprache, über deren konkrete Systematik diverse Kontroversen geführt werden. Es ist jedoch allgemein gültig, dass das Kurdisch zu dem westiranischen Sprachzweig der indoeuropäischen Sprachfamilie gehört. Wegen der fehlenden poltischen Einheit gibt es keine festgelegte Hochsprache. Die Hauptdialekte des Kurdischen stellen das Kurmanci und das Sorani da. Kurmanci wird von den Kurden der Türkei, Syrien und der ehemaligen Sowjetunion gesprochen. Es ist auch unter den Kurden im Iran und Irak verbreitet. Dort wird aber vom Großteil das Sorani benutzt. Neben diesen beiden Hauptdialekten gibt es noch wichtige Andere, deren Sprecheranzahl aber eher begrenzt ist. Dazu zählen das Dimilki (das in der Türkei benutzt wird) und das Gorani (das noch im Iran gesprochen wird). Ob Lurisch auch zum Kurdischen gehört ist, wird heftig diskutiert. Ebenso umstritten ist Zazaki als kurdischer Dialekt. Insgesamt gesehen gibt es viele Mundarten, die sich von Region zu Region und von Stamm zu Stamm unterscheiden. Das macht Kurdisch zu einer reichen Sprache.

Literatur

  • Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam, Darmstadt 2001
  • Klaus Kreiser, Werner Diem, Hans Georg Majer (Hgg.): Lexikon der Islamischen Welt, 3 Bände, Stuttgart u.a. 1974 (Urban-Taschenbücher 200).