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Schlaraffia

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Die Schlaraffia (R) ist eine am 10. Oktober 1859 in Prag gegründete, weltweite, deutschsprachige Vereinigung zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor. Das Wort „Schlaraffe“ soll vom mittelhochdeutschen Wort „Slur-Affe“ abgeleitet sein, was damals so viel hieß wie „sorgloser Genießer“. Der Wahlspruch der Vereinigung lautet „In arte voluptas“ (in der Kunst liegt Vergnügen).

Überblick

Die Schlaraffen, ein Männerbund („... ausschließlich Männer in gesicherter Position ...“), treffen sich in der so genannten „Winterung“ (Nordhalbkugel: 1. Oktober bis 30. April; Südhalbkugel: 1. April bis 30. Oktober) einmal pro Woche an einem festgelegten Wochentag in ihrer „Schlaraffenburg“, dem im Stil eines mittelalterlichen Rittersaales ausgestattenen Vereinslokal, zu „Sippungen“, d. h. Zusammenkünften, die nach festgelegtem Zeremoniell in Form eines Ritterspieles mit wohldurchdachten Regeln abgehalten werden. Sturmhauben, Helme und Rüstungen sind aus buntem Stoff in den festgelegten „Reychsfarben“. Dabei wird sowohl der Alltag persifliert als auch durch Vorträge in literarischer bzw. musikalischer oder künstlerisch darstellender Form − „Fechsungen“ genannt − das Interesse an der Kunst wachgehalten. Eine antiquierte Sprache mit eigenen Ausdrücken für alltägliche Dinge (Schlaraffenlatein) geben den Sippungen ihre eigene, humorvolle Note. Schlaraffischer Inbegriff von Weisheit, Humor und Tugend ist der Uhu, der am Eingang zu jeder Burg thront und der huldvoll bei Betreten und Verlassen derselben mit einer tiefen Verbeugung gegrüßt wird. Selbst eine besondere Zeitrechnung gehört zum schlaraffischen Spiel: Während die „Profanen“ (Nicht-Schlaraffen) ihre Zeitrechnung mit christlichem Maßstab messen („n. Chr.“ oder „A. D.“), orientieren sich die Schlaraffen am Gründungsjahr ihrer Vereinigung − demzufolge schreibt man 2007 bei Schlaraffen als Jahr a. U. 148 („anno Uhui“).

Alle Rahmenbedingungen dieses „Spieles“ sind im Regelwerk „Schlaraffen-Spiegel und Ceremoniale“ festgelegt. Für Außenstehende sind Schlaraffen außerhalb ihrer Sippungen an der „Rolandnadel“, einer kleinen weißen Perle, die am linken Revers getragen wird, oder an einem am Fahrzeug befestigten Aufkleber, der einen blinzelnden Uhukopf zeigt, erkennbar.

Die weltweit derzeit 263 „Reyche“ und "Colonien" (lokale Vereine), in denen ausschließlich Deutsch gesprochen wird, stehen in engem Kontakt zueinander. Sie werden in der „Allschlaraffia“ zusammengefasst, welche auch die „Allschlaraffische Stammrolle“ herausgibt, die wiederum einen Überblick bietet über alle Reyche und Sassen. Jeder Schlaraffe ist in jedem Reych der Welt jederzeit willkommen. Momentan bestehen Reyche in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich, Belgien, Schweden, den USA, Kanada, Mexiko, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Brasilien, Argentinien, Thailand, Südafrika und Australien. Die Gesamtzahl der Schlaraffen beträgt etwa 10.500. Die einzelnen Reyche und Colonien sind in der Reihenfolge ihres Entstehungsdatums nummeriert, z. B.: 1 Praga (Prag), 2 Berolina (Berlin), 20 Hannovera (Hannover), 50 Assindia (Essen), 105 Newarka (Dover/USA), 189 Hagena (Hagen/Westf.), 346 Cell-Erika (Celle), 407 Am Kap der guten Hoffnung (Kapstadt).

Neue Mitglieder müssen durch einen Schlaraffen („Pate“) als „Pilger“ eingeführt werden, eine Probezeit als „Prüfling“ absolvieren, ehe sie durch allgemeine Abstimmung aufgenommen werden und ihre Laufbahn als Knappe beginnen, die über den Stand des Junkers zum Ritter führt (Ritterschlag).

Obgleich die "Schlaraffia" ein zurückgezogener Kulturverein (Männerbund) ist, treten einige Reyche (Vereine) mit öffentlichen Kulturveranstaltungen in ihren Heimatorten auf. So betreibt zum Beispiel die Schlaraffia Oldenburgia (Oldenburg) seit 2004 eine von der GEMA anerkannte Kleinkunstbühne und veranstaltet Sonntagsmatineen mit Konzerten, Kabarett, Lesung und Theater.

Prominenz in Schlaraffia

Bedeutende Künstler und andere Persönlichkeiten waren und sind Schlaraffen, etwa Franz Lehár, Paul Hörbiger, Gustl Bayrhammer, Peter Rosegger, Friedel Gauwitz oder Gustav Mahler. Einer der zurzeit wohl präsentesten Schlaraffen ist der Meteorologe Dr. Uwe Wesp (ZDF, heute).

Im Rahmen des Schlaraffentums werden darüber hinaus auch zahlreiche nicht mehr lebende Persönlichkeiten namentlich verewigt, indem sie posthum zu „Ehrenschlaraffen“ (ES) erkürt und immer wieder gerne rezitiert werden, so z. B. Heinz Erhardt (ES Alberich von Schalk), Hermann Löns (ES Mümmelmann), Johann Wolfgang von Goethe (ES Faust), Friedrich von Schiller (ES Funke) oder Robert Gernhardt (ES Dorlamm vom Wörthersee).

Schlaraffenlatein

Ein paar Beispiele:
„Atzung und Labung“ − Essen und Trinken; „Stinkroß“ − Auto; „Burgschreck“ − Schwiegermutter; „Clavicimbel"− Klavier; „Seufzerholz“ − Geige; "Minneholz" - Gitarre; „Quell“ − Bier; „Lethe“ − Wein; „Schaumlethe“ − Sekt; „Quasselstrippe“ − Telefon; „Schmauchtopf“ − Tabakspfeife; „Stinkelefant" − Reisebus; „Vademecum" − regionale Broschüre, die alle wesentlichen Angaben und Termine des jeweiligen „Reyches" enthält.

Literatur

  • Biedermann, Edwin A.: Logen, Clubs und Bruderschaften. Droste-Verlag, Düsseldorf 2004. 352 Seiten. ISBN 978-3-7700-1184-1
  • Johann Baptista Homann: Karte des Schlaraffenlandes (Schlarraffenland) 1694 - Neu-entdeckte Schalk-Welt, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, Reprint 1694/1999, ISBN 978-3-932554-60-5
  • Johann A. Schnebelin: Das neu entdeckte Schlarraffenland (Schlaraffenland) 1694, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, Reprint 1694/2004, ISBN 978-3-936030-38-9