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Lernende Organisation

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Lernende Organisation (LO) bezeichnet eine anpassungsfähige, auf äußere und innere Reize reagierende Organisation. Der Begriff wird in der Organisationsentwicklung (OE) verwendet.

In der Fachliteratur wird häufig zwischen lernfähigen und lernenden Organisationen unterschieden (vgl. Reinhardt 1995). Diese Unterscheidung resultiert daraus, dass Lernfähigkeit nicht zwangsläufig Innovationen als Resultat hat. Denkbar ist auch das Lernen von bspw. Abschottung, Rückzug, Resignation oder Widerstand (vgl. Wagner & Saar 1995). Der Grad der Lernfähigkeit einer Organisation wird als Organisationsintelligenz bezeichnet.

Eine lernende Organisation ist idealerweise ein System, welches sich ständig in Bewegung befindet. Ereignisse werden als Anregung aufgefasst und für Entwicklungsprozesse genutzt, um die Wissensbasis und Handlungsspielräume an die neuen Erfordernisse anzupassen. Dem zugrunde liegt eine offene und von Individualität geprägte Organisation, die ein innovatives Lösen von Problemen erlaubt und unterstützt. Mechanismen die derartige Lernprozesse unterstützen sind (vgl. Frieling 1993):

  • klare Visionen, gemeinsame Zielsetzungsprozesse, Orientierung am Nutzen der Kunden
  • Kooperations- und Konfliktlösungsfähigkeit, wechselseitiges Vertrauen und Teamgeist
  • Prozessorientiertung und Selbstregulation in Gruppen
  • demokratischer und partizipativer Führungsstil, Unterstützung neuer Ideen (v.a. durch die Führung), Ideenmanagement, Intergration von Personal- und Organisationsentwicklung
  • Belohnung von Engagement und Fehlertoleranz bei riskanten Vorhaben
  • Fähigkeit zur (Selbst-) Beobachtung und Prognose (gut funktionierende Informations- und Kommunikationssysteme - rascher und genauer Überblick über die Wirkung der wichtigsten Prozesse)

Lernende Organisation nach Senge

Peter M Senge war Direktor des Center for Organizational Learning an der MIT Sloan School of Management und leitet zur Zeit (2004) die Society for Organizational Learning, SoL. Er wurde um 1990 mit seinem Buch The Fifth Discipline bekannt in welchem er den Begriff der Lernenden Organisation prägte.

Er unterscheidet 5 Vorgehensweisen (Disziplinen) um Lernende Organisationen zu entwickeln:

  1. Personal Mastery - Individuelle Reife
    Durch Persönlichkeitsentwicklung der Mitglieder einer Organisation werden deren Fähigkeiten angehoben. Themen sind Sinnfragen des eigenen Beitrages in der Berufs- und Lebenssituation. Methoden sind Zuhör- und Fragetechniken um die individuelle Wahrnehmung zu stärken.
  2. Mental Models - Mentale Modelle
    Welche expliziten und impliziten Grundannahmen besitzen wir, um die Welt um uns herum zu erklären? Diese Annahmen sichtbar, besprechbar und damit zum Gegenstand der Entwicklung zu machen ist das Thema dieser Disziplin.
  3. Shared Visioning - Gemeinsame Vision
    Gemeinsame Visionen entstehen, wenn alle Mitglieder der Organisation die gemeinsamen Ziele verstehen und verinnerlichen. Jeder begreift den Zweck und was seine Aufgabe zum Erreichen des gemeinsamen Ziels ist. In der Regel besitzen Visionen auch eine starke emotionale Komponente. Eines des bekanntesten Beispiele für Visionen ist die I have a dream-Rede von Martin Luther King .
  4. Team Learning - Lernen im Team
    Team Learning findet statt, wenn die Mitglieder einer Gruppe in innerer Verbundenheit gemeinsam Verstehen. Hier wird aus dem Team mehr als die Summe seiner Glieder. Geeignete Methoden sind beispielsweise Dialog nach David Bohm oder interaktive Mind Map nach Buzan.
  5. Systems Thinking - Denken in Systemen
    Reparaturen die brechen
    Durch eine holistische Betrachtung des Systems (Systemdenken) werden die Wirkmechanismen und das zu erwartende Verhalten in einer symbolischen, formalen Sprache beschrieben. Dadurch können typische Verhaltensmuster (Archetyp) erkannt, besprechbar und bearbeitet werden. Mit den Methoden der System Dynamics können die Systeme dann simuliert und mögliches Verhalten vorhergesagt werden. Einfach Beispiele sind fixes that fail (Reparaturen die brechen), shifting the burden (Probleme verschieben) oder accidental adversaries (Feinde wider Willen).
    In diese Disziplin fließt die Systemtheorie, im speziellen Soziologische Systemtheorie und Kybernetik ein.

Es bedarf aller 5 Disziplinen um eine lernende Organization zu entwickeln. Die Disziplinen unterstützten sich wechselseitig, in einem Entwicklungsprozess werden die Fähigkeiten der Organisation schrittweise angehoben.

Literatur

  • SENGE, P.M.: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Klett-Cotta
  • SENGE, P.M. (Hrsg.) & Kleiner, A. (Hrsg.), Roberts, C. (Hrsg.): Das Fieldbook zur ' Fünften Disziplin'. Stuttgart. Klett-Cotta, 1996
  • FRIELING, E. & Reuther, U. (Hrsg.): Das lernende Unternehmen. Dokumentation einer Fachtagung am 6.Mai 1993 i München. (Reihe: Studien der betrieblichen Weiterbildungsforschung). Bochum. Neres Verlag, 1993
  • REINHARDT, R. & Schweicker, U.: Lernfähige Organisationen: Systeme ohne Grenzen?. Theoretische Rahmenbedingungen und praktische Konsequenzen. In: Geißler, H. (Hrsg.) Organisationslernen und Weiterbildung: Die strategische Antwort auf die Herausforderung der Zukunft. Neuwied. Luchterhand, 1995
  • WAGNER, R.H. & Saar, G.W.: Im Handgepäck des Innovators - eine Auswahl von Werkzeugtheorien für den Alltag des Managers. In: Wagner, R.H. (Hrsg.). Göttingen. Hogrefe, 1995