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Otto Grotewohl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Otto Grotewohl (* 11. März 1894 in Braunschweig; † 21. September 1964 in Berlin) war ein deutscher Politiker (SPD, ab 1946 SED). Er war von 1949 bis 1964 Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik.

Leben

1908 bis 1912 lernte er das Buchdrucker-Handwerk. Nach Abschluss der Lehre trat Grotewohl in die SPD ein. Von 1918 bis 1922 gehörte er der USPD an. Von 1920 bis 1930 war er als SPD-Abgeordneter Mitglied des Braunschweigischen Landtages. In diesem Zeitraum wurde er 1921 Minister für Volksbildung des Freistaates Braunschweig und 1923 Minister für Inneres und Justiz. 1925 wurde Grotewohl Mitglied des Reichstages und 1928 Präsident der Landesversicherungsanstalt.

Grotewohl wurde 1933 von den Nationalsozialisten seines Amtes enthoben und musste Braunschweig verlassen; er zog zunächst nach Hamburg. Ab 1938 lebte er in Berlin als Lebensmittelhändler und Industrievertreter. Er arbeitete in einer Widerstandsgruppe um Erich Gniffke (ebenfalls SPD), den er aus Braunschweig kannte. Im August 1938 wurde er verhaftet und wegen Hochverrats vor dem Volksgerichtshof angeklagt. Das Verfahren wurde jedoch nach sieben Monaten eingestellt.

Gedenktafel am ehemaligen Kaufhaus Jonaß in Berlin

Am 17. Juni 1945 unterschrieben Otto Grotewohl, Erich W. Gniffke, Max Fechner, Gustav Dahrendorf, Hermann Harnisch den Gründungsaufruf für die SPD. Grotewohl wurde Vorsitzender des Zentralausschusses der SPD und, obwohl anfangs gegenteiliger Meinung, führender Befürworter einer schnellen Vereinigung von KPD und SPD. Laut Aussagen von Zeitzeugen wie Egon Bahr und Jakob Kaiser änderte er seine Meinung unmittelbar nach einer Einbestellung zu den Sowjets nach Karlshorst - von wo er "als ein Verwandelter zurückkehrte". Jakob Kaiser vermutete, es gäbe in der Braunschweiger Vergangenheit etwas, das Grotewohl erpressbar gemacht hatte.

Schließlich fand am 31. März 1946 nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen in West-Berlin eine Urabstimmung unter den SPD-Mitgliedern statt. Auf die Frage: "Bist Du für den sofortigen Zusammenschluss beider Arbeiterparteien?" stimmten über 80 % mit NEIN. In Ost-Berlin wurde diese Urabstimmung mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht unterbunden. Grundsätzlich war er aber anfangs ein Befürworter der Verschmelzung beider linker Fraktionen. So fand am 22. April 1946 in Ost-Berlin der Vereinigungsparteitag von SPD und KPD zur SED statt. Vorsitzende wurden Otto Grotewohl und das ehemalige KPD-Mitglied Wilhelm Pieck.

1948 wurde er Vorsitzender des Verfassungsausschusses des Deutschen Volksrats, des Vorläufers der DDR-Volkskammer. 1949 wurde er Ministerpräsident der DDR. Obwohl eigentlich gleichberechtigt erlangte Wilhelm Pieck unter Führung der sowjetischen Besatzungsmächte weit mehr politische Macht. Ein Jahr später erkannte er im Görlitzer Abkommen die Oder-Neiße-Grenze als Grenze zwischen Deutschland und Polen an. 1955 befürwortete er den Rapacki-Plan für eine deutsche Konföderation. Wegen schwerer Erkrankung zog er sich 1960 aus dem politischen Leben zurück und lebte fortan zurückgezogen in der Waldsiedlung Wandlitz. Er starb 1964 in Berlin.

Grotewohl war verheiratet und ein begeisterter Zeichner, Maler und Amateurfilmer. Er war Träger des Leninordens, des Karl-Marx-Ordens, des Vaterländischen Verdienstordens der DDR in Gold und ist Ehrenbürger der Stadt Dresden.

Schriften

  • Otto Grotewohl: Im Kampf um die einige Deutsche Demokratische Republik. Reden und Aufsätze. Bd 1-6, Berlin 1959 – 1962
  • Otto Grotewohl: Über Politik, Geschichte und Kultur: ausgewählte Reden und Schriften 1945-1961. Dietz, Berlin 1979
  • Otto Grotewohl: Skizzen, Zeichnungen, Aquarelle, Gemälde. Dietz, Berlin 1984

Literatur

  • Otto Grotewohl: Die Rolle der Arbeiter- und Bauernmacht in der Deutschen Demokratischen Republik Dietz 1956, Auflage: 1. - 300. Tsd., ISBN B0000BITMF
  • Markus Jodl: Amboß oder Hammer? Otto Grotewohl; eine politische Biographie. Aufbau-Taschenbuch, Berlin 1997, ISBN 3-7466-1341-8
  • Wolfgang Triebel: Gelobt und geschmäht. Wer war Otto Grotewohl? Aufsätze und Interviews mit Zeitzeugen. Trafo-Verl. Weist, Berlin 1998, ISBN 3-89626-133-9
  • Matthias Loeding, Der Handlungsspielraum des Zentralausschusses (ZA) der SPD in Berlin im Jahre 1945, Dissertation Hannover 2002.

Matthias Loeding, Führungsanspruch und Einheitsdrang. Der Zentralausschuss der SPD in Berlin im Jahre 1945, Hamburg 2002.

Matthias Loeding, Otto Grotewohl kontra Kurt Schumacher. Die Wennigsener Konferenz im Oktober 1945, Hamburg 2004.

Matthias Loeding, Von der Wennigsener zur 1. Sechziger Konferenz. Der Zentralausschuss der SPD im Kampf um seine Eigenständigkeit, Hamburg 2005.