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Taqīya

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Die Taqiyya (arabisch تقية, DMG taqīya ‚Furcht, Vorsicht‘) ist im Islam die Verheimlichung des eigenen religiösen Bekenntnisses bei Zwang oder drohendem Schaden, auch gegenüber anderen Muslimen.

Als Begründung für die mit der Taqiyya verbundene (und Muslimen eigentlich verbotene) Lüge und Täuschung dient z. B. Sure 16, Vers 106, der dem vom Glauben Abgefallenen Gottes Zorn androht, „außer wenn einer (äußerlich zum Unglauben) gezwungen wird, während sein Herz (endgültig) im Glauben Ruhe gefunden hat” oder Sure 3, Vers 29: „Ihr mögt geheimhalten, was ihr in eurem Innersten hegt, oder es kundtun, Gott weiß es”, allerdings mit der Einschränkung in Vers 28: „wenn ihr euch vor ihnen (d. h. den Ungläubigen) wirklich fürchtet”.

Die erste Anwendung der Taqiyya findet sich historisch im Zusammenhang mit der Verfolgung Mohammeds und der ersten Muslime durch die Quraisch, dem arabischen Stamm, welcher in Mekka beheimatet war, und dem auch Mohammed angehörte. Der Überlieferung nach, fiel eine muslimische Familie den Verfolgern in die Hände. Während Vater und Mutter zu Tode gefoltert und so zu den ersten Märtyrern wurden, überlebte der Sohn, weil er sich verstellte.[1] Da er aber „im Herzen ein Gläubiger geblieben war”, war es laut dem Propheten kein Vergehen, obwohl das Märtyrertum höher steht.

Die Praxis der schiitischen Taqiyya entwickelte sich schon in der Frühzeit des Islam als Reaktion auf die Verfolgung durch die sunnitische Mehrheit und wird auch heute noch beispielsweise in Pakistan angewandt.

Da für die Ausübung der Taqiyya das Element der Furcht vor massiver Verfolgung maßgeblich ist, konnte sie, wie das ebenfalls ursprünglich in der schiitischen Tradition begründete Märtyrertum, lange Zeit in der vorherrschenden orthodoxen Sunna nicht Fuß fassen und wird mehrheitlich (als schiitisch) abgelehnt. Da Sunniten Gebiete, die nicht unter islamischer Herrschaft stehen, verlassen sollen, wenn sie dort ihre Religion nicht ausüben können, kommen sie auch selten in Situationen, die die Taqiyya erforderlich machen würde.

Nach Meinung einiger westlicher Islamkritiker, beispielsweise des Politologen Bassam Tibi oder des Orientalisten Hans-Peter Raddatz, ist Taqiyya auch in der heutigen Zeit ein von Islamisten angewandtes Mittel, um den politischen Gegner insbesondere in westlichen Demokratien über die wahren Absichten zu täuschen:

„[…] Andere, auch sunnitische Islamisten, haben von den Schiiten die Praxis der «Taqiyya» (Täuschung durch Verstellung) gelernt und präsentieren sich als brave Demokraten so, dass selbst eine so wichtige deutsche Zeitung wie «Die Zeit» den von Islamisten täuschend vorgetragenen «Jihad für die Demokratie» für bare Münze nimmt und diese Formel als Titel für einen zentralen Artikel heranzieht, in dem die Islamisten gut davonkommen. Der Weg vom Jihad zum Jihadismus als totalitärer Ideologie ist jedoch sehr kurz und er ist seit Al Qaida Weltrealität, also nicht nur eine Geisteshaltung der neuen Totalitaristen […]“

Bassam Tibi: St.Galler Tagblatt[2]

Siehe auch

Literatur

  • Ignaz Goldziher: Das Prinzip der Takijja im Islam. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. 1906, S. 213–226.

Einzelnachweise

  1. Taqiyya. In: Enzyklopädie des Islam. Abgerufen am 26. Juni 2007.
  2. Bassam Tibi, Professor an der Universität Göttingen und an der Universität St. Gallen (Islamologie): Aus dem Schlummer erwacht. In: St.Galler Tagblatt. 6. April 2004, abgerufen am 15. September 2006.