Seenotrettungskreuzer

Seenotrettungskreuzer (SRK) auch Seenotkreuzer (SK), genannt, sind Spezialschiffe, die der Rettung aus Seenot und der Brandbekämpfung auf See dienen. In vielen Ländern werden sie durch die Küstenwache oder Marine betrieben, in Deutschland durch die gemeinnützige Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
Seenotkreuzer in Deutschland
Entwicklung
Nach der Gründung der DGzRS im Jahre 1865 wurden die Rettungsstationen an den deutschen Küsten zunächst mit Ruderrettungsbooten ausgestattet, die im Einsatzfall meistens mit Pferdegespannen an den Strand transportiert wurden. Diese Boote waren speziell für den Rettungseinsatz konzipierte Konstruktionen und hatten daher ein relativ hohes Gewicht. Dies bedeutete körperliche Schwerstarbeit für die Rettungsmänner.
So reiste DGzRS-Oberinspector Pfeifer in die Niederlande und nach England, um sich die dort bereits im Einsatz befindlichen Motorrettungsboote anzuschauen und die Beobachtungen auszuwerten.
Ab dem Jahr 1911 wurden daraufhin schrittweise auch auf deutschen Rettungsstationen Motorrettungsboote (MRB) eingeführt. Dabei handelte es sich teilweise um umgerüstete ehemalige Ruderrettungsboote, andererseits aber auch um spezielle Neukonstruktionen.
Das erste deutsche Motorrettungsboot war die 10 Meter lange Oberinspector Pfeifer, auf den Namen des Mannes getauft, der die neue Technik nach Deutschland geholt hatte.
In den Folgejahren erfuhren die Boote, die anfangs nicht übermäßig erfolgreich waren, eine stetige Weiterentwicklung. Nicht zuletzt wurde dabei auf die Erfahrungen der freiwilligen Besatzungen zurückgegriffen. Unter anderem wurden einige Einheiten mit einem gedeckten Aufbau versehen, um die Besatzungen vor den Auswirkungen von Seegang und Witterung besser schützen zu können.
In den 1950er-Jahren stiegen die Anforderungen nach einem neuen Schiffstyp: gewünscht waren fast unbegrenzte Seetüchtigkeit, höhere Geschwindigkeiten als mit den bisherigen Booten sowie die Einsatzfähigkeit in tiefem und flachem Gewässer.
Dies führte zunächst zu vielfältigen Versuchen mit dem umgebauten MRB Konsul Kleyenstüber, die ab dem 1. Januar 1955 als SK Bremen (Versuchskreuzer) zum Versuchskreuzer umgebaut worden war und bereits über ein Tochterboot in einer Heckwanne verfügte. Dieses Tochterboot ermöglichte aufgrund des geringen Tiefgangs und der guten Manövrierbarkeit den Einsatz in Flachgewässern wie beispielsweise dem Wattenmeer sowie in Situationen, bei denen der Einsatz des Kreuzers aus den verschiedensten Gründen nicht möglich war.
Der Kreuzer war als erste Einheit der DGzRS als so genannter Selbstaufrichter konstruiert, das Schiff konnte somit durchkentern und sich danach wieder aufrichten (Kenterrolle), dies ist vergleichbar mit der aus dem Kanusport bekannten Eskimorolle. Jedoch bedeutet die Situation des Durchkenterns selbst für die modernsten Seenotkreuzer eine höchste Belastung des Materials, Schäden am Kreuzer sind dabei unvermeidbar. Da es auch für die Besatzungen der Schiffe in physischer und psychischer Hinsicht eine Extrembelastung darstellt, ist dieser Zustand auf jeden Fall zu vermeiden.
Mit der Geschwindigkeit von lediglich 10 Knoten war man seinerzeit noch nicht zufrieden. Bei extremen Einsatzbedingungen in schwerster See ist es in der Regel gar nicht möglich, mit übermäßig hohen Geschwindigkeiten zu fahren, jedoch waren Geschwindigkeitsreserven in jedem Falle wünschens- und erstrebenswert.
Eine Verbesserung ergab sich mit dem Bau der Neukonstruktion Hermann Apelt, der in der Lage war, eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 17 Knoten zu laufen.
Aus den Erfahrungen mit der Bremen und der Hermann Apelt entstand der Einheitstyp des deutschen Rettungskreuzers mit der ca. 23 Meter langen und ca. 20 Knoten schnellen Theodor Heuss, die 1957 in Dienst gestellt wurde, und ihren Schwesterschiffen, der Ruhr-Stahl, der H. H. Meier und der Hamburg.
Ein weiterer Entwicklungsschritt erfolgte 1967 mit dem Bau des 17-Meter-Kreuzers SK Paul Denker, der vollständig aus Aluminium gefertigt war. Alle weiteren Neubauten nach der Paul Denker wurden nun ebenfalls in Aluminiumbauweise gefertigt.
1975 wurde der erste von drei Schiffen des Typs "Großer Seenotkreuzer" in Dienst gestellt, die John T. Essberger, ein 44 Meter langes Schiff, für den Hochsee-Einsatz konzipiert und normalerweise auf einer festen Wachposition auf See. Diese Klasse wurde u. a. für Großschadenslagen konzipiert und Tests kurz vor bzw. nach der Indienststellung haben bewiesen, dass bei schweren Unfällen auf See mit vielen Personen bis zu 313 Schiffbrüchige unter Deck aufgenommen werden können, ohne dass der normale Schiffsbetrieb beeinträchtigt wird.
Mit der Einführung der neuen 23-Meter-Klasse im Jahre 1996 erfolgte bei der DGzRS eine Abkehr von der für die deutschen Seenotkreuzer so markanten und eigentlich bewährten Rumpfform; statt des bisher stets abgerundeten Hecks erhalten die SK nun einen Deltarumpf auf Grund der Erkenntnisse, die in den vergangenen Jahren gewonnen wurden. Weitere Neuerung ist der geschlossene obere Fahrstand, der in Kombination mit einer Gasschutzanlage den so genannten Gasschutzbetrieb ermöglicht. Dieser Gasschutzbetrieb wurde allerdings nur bei dieser Klasse eingebaut. Die umgebauten Kreuzer SK Fritz Behrens und SK Alfried Krupp besitzen diesen Zitadellenbetrieb nicht.
Die letzte abgeschlossene deutsche Seenotkreuzer-Entwicklung ist der SK Hermann Marwede, ein 46 Meter langer Kreuzer, der im Jahre 2003 in Dienst gestellt wurde.
Einsatzbilanzen und die Auswertung von Unglücksfällen haben gezeigt, dass die Fahrzeuge der DGzRS die an sie gesetzten Erwartungen erfüllt haben. Denn selbst bei den tragischen Unglücksfällen der Adolph Bermpohl vor Helgoland im Jahre 1967, bei dem die komplette Besatzung des Kreuzers ums Leben kam, und der Alfried Krupp im Jahre 1995, bei denen 2 Rettungsmänner vor Borkum ihr Leben ließen, bewiesen die Schiffe ihre außerordentliche Seetüchtigkeit.
Gegenwärtige und zukünftige Klassen
Die deutschen Seenotkreuzer werden in mehrere Klassen eingeteilt und sind in vielen Fällen nach Unterstützern der DGzRS und verdienstvollen Besatzungsmitgliedern benannt:
20-m-Klasse
Neue Klasse, die erstmals vom bewährten Kreuzer-Tochterbootkonzept abweicht und die Lücke zwischen den 10,1-m Seenotrettungsbooten und der 23,1-m-Klasse schließen soll. Aufgrund des geringen Tiefgangs (1,3 m) soll dieses Schiff vornehmlich dort eingesetzt werden, wo die großen Seenotrettungskreuzer nicht hingelangen. Stationen sind in der Ostsee geplant. Die 20-m-Klasse wird mit weiterentwickelten Radarsystemen, elektronischen Seekarten und einem speziellen Datenbussystem zum Austausch von Daten zwischen Steuersystemen, elektronischen Geräten oder externen Maschinen (Hubschrauber) ausgestattet sein. Anstelle des Tochterboots führt jedes Schiff ein Festrumpfschlauchboot mit sich. Indienststellung von zwei Einheiten ab 2. Hälfte 2008.
Schiffe dieser Klasse:
23-m-Klasse



23-m-Klasse (23,3 m)
so genannte Eiswette-Klasse, benannt nach dem Typschiff dieser Klasse
- Schiffe dieser Klasse (in der Reihenfolge ihrer Indienststellung):
- SK Eiswette
- SK Fritz Behrens
- SK Minden (ab der Minden wurde diese Klasse technisch modifiziert)
- SK Vormann Leiss
- SK Nis Randers (ab der Nis Randers wird bei der DGzRS das neue automatische Tochterboot-Aufholsystem verwendet. Außerdem verfügen die Nis Randers und die beiden nachfolgenden Seenotkreuzer diese Klasse u. a. über eine Löschmonitor an der Achterkante des Aufbaus sowie einen Zweibeinmast, der freie Sicht nach achtern ermöglicht.)
- SK Vormann Jantzen
- SK Hannes Glogner
Neue 23-m-Klasse (23,1-m-Deltarumpfschiffe)
Diese Klasse stellte insoweit eine Neuerung dar, als das erstmalig von der bisher bewährten Bauweise des tropfenförmigen Rumpfs abgewichen wurde und eine gerade verlaufende Heckkonstruktion verwendet wurde. Aufgrund der sich daraus ergebenden Dreieckform des Rumpfes ergibt sich der Begriff Deltarumpf.
Außerdem wurden die Schiffe dieses Typs erstmals auch mit einem geschlossenen Fahrstand versehen. Dieser Fahrstand ist hermetisch abriegelbar (so genannter Zitadellenaufbau), so dass die Kreuzer im Gasschutzbetrieb operieren können.
- Schiffe dieser Klasse:
27-m-Klasse

Nach dem Namen des Typschiffs wird diese Klasse auch als Berlin-Klasse bezeichnet.
Schiffe dieser Klasse:
44-m-Klasse

Baujahr 1975–1978
Schiffe dieser Klasse:
- SK John T. Essberger
- SK Hermann Ritter (1988 ausgemustert und an China verkauft)
- SK Wilhelm Kaisen
46-m-Klasse
Baujahr 2003 (es wird nur ein 46m Schiff geben)
Historische Klassen
17-m-Klasse
Baujahr 1967
- SK Paul Denker, das einzige Schiff dieser Klasse ist nicht mehr aktiv im Dienst, wurde jedoch bis Juni 2005 als Trainingseinheit der DGzRS in Neustadt in Holstein verwendet
19-m-Klasse
Baujahr 1969 Diese Klasse wird auch – nach ihrem Typschiff – als Schülke-Klasse – bezeichnet.
Schiffe dieser Klasse:
„Alte“ 23-m-Klasse
Baujahr 1956–1958
Diese Klasse ist auch – nach ihrem Typschiff – als Theodor-Heuss-Klasse bekannt.
Schiffe dieser Klasse:
26-m-Klasse

Baujahr 1963–1965 – nach dem Typschiff auch als Breusing-Klasse bekannt
Sonstiges
Viele ehemalige Einheiten der DGzRS werden an ausländische Rettungsdienste weitergegeben, wo sie noch Jahrzehnte ihren Dienst versehen und die vorhandenen Flotten wertvoll ergänzen. Z. B. wurde der 1969 gebaute SK Arwed Emminghaus 1985 an den isländischen Rettungsdienst ICESAR verkauft und noch bis 2006 eingesetzt, wobei es bis dahin das schnellste Schiff der Flotte war.
Einheiten, die die DGzRS nach der Wiedervereinigung kurzzeitig vom ehemaligen DDR-Rettungsdienst übernommen hatte, sind nicht aufgeführt. Sie wurden relativ zügig durch DGzRS-eigene Neubauten und umstationierte Einheiten ersetzt.
Neben den Seenotkreuzern betreibt die DGzRS noch kleinere Rettungseinheiten, die so genannten Seenotrettungsboote (SRB), sowie auf einer Station ein so genanntes RIB, ein Schlauchboot.