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Liberales Judentum

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Das liberale Judentum (auch als Progressives Judentum und vor allem in Nordamerika als Reformjudentum bezeichnet) ist als Alternative zum orthodoxen Judentum eine Richtung innerhalb der jüdischen Religionsgemeinschaft. Seine Ursprünge sind vor allem in Deutschland des 18. und 19. Jahrhunderts zu finden und gehen auf Ideen von Moses Mendelssohn, Israel Jacobson, Leopold Zunz, Abraham Geiger und Zacharias Frankel zurück. Dabei wird die Offenbarung als ein fortdauernder, von Gott ausgehender und durch Menschen vermittelter dynamischer und fortschreitender („progressiver“) Prozess begriffen, und nicht als ein einmaliger Akt, bei dem Moses durch Gott wörtlich die Tora („schriftliche Lehre“) sowie alle Auslegungen („mündliche Lehre“, später im Talmud und der Rabbinischen Literatur niedergeschrieben) erhalten hat. Das liberale Judentum ist demzufolge sowohl der Bewahrung als auch der Erneuerung verpflichtet. Die Texte der hebräischen Bibel sind einer historisch-kritischen Erforschung nicht entzogen.

Das liberale Judentum bildete in Deutschland bis zur Shoa die Mehrheit innerhalb der „Einheitsgemeinden“. Heute ist das progressive Judentum in den USA die Richtung mit den meisten Mitgliedern. Organisiert sind die jüdischen reformorientierten, liberalen und progressiven Gemeinden in der World Union for Progressive Judaism, die 1926 unter maßgeblicher Mitwirkung des deutschen Rabbiners Dr. Leo Baeck gegründet wurde. In Deutschland bilden rund 20 liberale jüdische Gemeinden die Union progressiver Juden in Deutschland [1]. Deutschsprachige liberale Gemeinden gibt es auch in Österreich (Wien) und in der Schweiz (Zürich).

Kennzeichen des liberalen Judentums

Kennzeichnend für das liberale Judentum sind:

  • Liturgie sowohl in Hebräisch als auch in der Landessprache.
  • Verwendung von Musikinstrumenten in der Liturgie.
  • Vermeidung von Gebeten, deren Inhalt der Betende heute nicht mehr teilt (zum Beispiel die Bitte um Wiedereinführung des Tieropfers).
  • Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen religiösen Angelegenheiten einschließlich der Ordination von Frauen zu Rabbinern. Gleichwertigkeit aller Menschen unabhängig von ihrem Familienstand oder sexueller Orientierung.
  • Bekenntnis zu Demokratie und sozialer Gerechtigkeit innerhalb und außerhalb der jüdischen Gemeinschaft.
  • Vorrang des inhaltlichen Sinns der Gebote (Mizwot) vor ihrer verbindlichen Festlegung als „Zeremonialgesetz“. Zum Beispiel sollte Schabbat als Ruhetag gefeiert werden, das Schreiben oder das Fahren mit dem Auto zur Synagoge (die nach orthodoxer Auffassung am Schabbat verboten sind) werden aber nicht als Entweihung des Feiertags betrachtet. Die Gebote sind also nicht aufgehoben, ihre Beachtung wird aber der Entscheidung des Einzelnen überlassen.
  • Eine offene Haltung gegenüber der nichtjüdischen Gesellschaft.

Siehe auch