Dogma
Ein Dogma (griechisch δοξα bedeutet Meinung oder Lehrsatz; aber auch Herrlichkeit) ist eine Aussage für eine Religion, Weltanschauung oder Wissenschaft, die von einer Gruppe von Menschen als grundlegend und nicht verhandelbar angesehen wirde.
Im engeren Sinne wird der Begriff Dogma in der Theologie als Teil der Dogmatik sowie in der Philosophie verwendet.
Benutzt man den Begriff Dogma in einer Naturwissenschaft oder im heutigen Alltagsdeutsch, dann tut man dies meist mit einem kritischen Unterton dergestalt, dass jemand nicht bereit wäre, seinen "dogmatischen" Standpunkt neueren Erkenntnissen gegenüber zu öffnen. In Antike und Mittelalter war Dogma dagegen ein positiv besetzter Begriff, er stand für Klarheit und Eindeutigkeit.
Dogmen in den christlichen Kirchen
Die Dogmen sind für die christlichen Kirchen das inhaltliche Profil ihrer Identität als Glaubensgemeinschaft. Ohne diese Glaubenssätze könnte nicht beschrieben werden, auf welchen Glauben sich eine Kirche bezieht.
Zu Beginn des Christentums gab es keine schriftlich fixierten Dogmen, sondern lediglich gemeinsame Überzeugungen, die entweder dem Judentum entstammten, oder sich auf Jesus Christus bezogen.
Im Laufe seiner 2000jährigen Geschichte wurden im Christentum verschiedene Glaubenswahrheiten als Dogmen formuliert, weil sich Unklarheiten oder verschiedene Meinungen herausbildeten. Hierzu versammelten sich die Amtsträger der Kirche und klärten auf Konzilien und Synoden, welche Aussagen (ihrer Meinung nach) den christlichen Glauben treffend beschrieben und welche Aussagen dem christlichen Glauben zuwider laufen.
Zum unterschiedlichen Dogmenverständnis
Der Begriff Dogma wird in je nach konfessioneller Tradition und theologischer Lehrmeinung unterschiedlich verstanden:
- In den orthodoxen Kirchen sind damit vor allem die Lehraussagen der ersten sieben ökumenischen Konzilien sowie einiger späterer panorthodoxer Synoden gemeint.
- Die katholische Kirche hat im ersten Vatikanischen Konzil definiert, dass ein Dogma ein Satz göttlichen und katholischen Glaubens ist, der durch das allgemeine und ordentliche Lehramt oder durch konziliare oder päpstliche Definition als von Gott geoffenbarte Wahrheit zu glauben verkündet wird.
- Für Martin Luther und andere Reformatoren galten nur Dogmen, die durch die Heilige Schrift erwiesen sind.
- Karl Barth sieht Dogmen als Ausdrucksformen des Inhalts der Heiligen Schrift.
- Manche Konfessionen lehnen jedes ausformulierte Dogma ab und berufen sich nur auf die Bibel.
Beispiele für christliche Dogmen
- erste Jahrhunderte: Apostolisches Glaubensbekenntnis
- 4. Jahrh. Dreieinigkeit
- 381 Nicäno-Konstantinopolitanum
- 431 Maria ist "Gottesgebärerin" (theotokos)
- 431/451 Christologie: Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch
nur katholische Kirchen:
- 1215 Transsubstantiation (Eucharistie-Verständnis)
- 08.12.1854 Unbefleckte Empfängnis Mariens
- 1870 Unfehlbarkeit des Papstes
- 01.11.1950 Leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel (zugleich das letzte Mal, dass der Papst vom Unfehlbarkeitsdogma Gebrauch machte)
nur lutherisch-evangelische Kirchen:
- Sola Gratia: Nur durch Gnade wird der Mensch gerettet.
- Sola Fide: Nur der Glaube ist Voraussetzung für die Rettung.
- Sola Scriptura: Nur die Bibel lehrt den rechten Glauben.
- Solus Christus: Nur Christus darf religiös verehrt werden.
Dogmen der Kirche sind unwiderruflich. Sie sind jedoch nach vorn offen für "Neuinterpretationen" in neuen Kontexten und neuem Sprachgebrauch. Dabei gilt jedoch nach katholischem Verständnis: "Daher ist auch immerdar derjenige Sinn der heiligen Glaubenssätze beizubehalten, den die heilige Mutter Kirche einmal erklärt hat, und niemals von diesem Sinn unter dem Anschein und Namen einer höheren Einsicht abzuweichen. So wachse denn und gedeihe in reichem und starkem Maße im Laufe der Zeiten und Jahrhunderte Erkenntnis, Wissenschaft und Weisheit sowohl in einem jeden als auch allen, sowohl im einzelnen Menschen als auch in der ganzen Kirche: aber lediglich der ihnen zukommenden Weise, nämlich in derselben Lehre, demselben Sinn und derselben Auffassung." (Erstes Vatikanisches Konzil, DH 3020) Sie "sind Lichter auf dem Glaubensweg. Sie erleuchten und sichern ihn." (Katechismus der Katholischen Kirche KKK 89)
Zitate
- "Jeder Fortschritt, den eine Kirche in dem Aufbau ihrer Dogmen macht, führt zu einer ... Bändigung des freien Geistes; jedes neue Dogma ... verengt den Kreis des freien Denkens ... Die Naturwissenschaft umgekehrt befreit mit jedem Schritte ihrer Entwickelung ... Sie gestattet ... dem Einzelnen in vollem Maße wahr zu sein". Rudolf Virchow
- "Tolle assertiones, et christianismum tulisti. - Nimm die festen Aussagen weg, und du hast das Christentum weggenommen". Martin Luther
Wörter mit ähnlicher Bedeutung
- Axiom, Lehrsatz (z.B. in der Mathematik)
- Paradigma
- Grundsatz
- Kernaussage
Weblinks
siehe auch:
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