Inselbahn




Eine Inselbahn ist eine Eisenbahn (meistens Schmalspurbahn), welche kleinere Inseln erschließt. Meistens haben Inselbahnen keinen Anschluss an das Eisenbahnnetz auf dem Festland. So wird der Begriff auch im übertragenen Sinn für Bahnstrecken benutzt, die keinen Anschluss oder keine Übergangsmöglichkeit an das übrige Eisenbahnnetz besitzen (Inselbetrieb). Vollbahnen auf Inseln (z.B. die Vogelfluglinie auf Fehmarn, die Usedomer Bäderbahn auf Usedom oder die Haupteisenbahnstrecken auf Rügen) werden normalerweise nicht zu den Inselbahnen gerechnet.
Beschreibung
Die ersten Inselbahnen wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts gebaut, als auf den kleineren ostfriesischen Inseln in der Deutschen Bucht und an der Ostsee der Bedarf nach Personen- als auch Güterbeförderung aufkam. Die Bahnen entstanden in fast allen Fällen als Schmalspurbahnen, die bis auf ganz wenige Ausnahmen keinen Anschluss an das Eisenbahnnetz auf dem Festland besaßen. Wurden die ersten Strecken noch allein für den Personenverkehr angelegt, so kamen schnell auch neue für gemischten Verkehr beziehungsweise ausschließlichen Güterverkehr auf. Die Inselbahnen leisteten einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Inseln, da diese vor Ort lange Zeit das einzige brauchbare Verkehrsmittel darstellten.
Die älteste Inselbahn Deutschlands ist die 1879 als Pferdebahn eröffnete Borkumer Kleinbahn (Spurweite 900 mm), welche sich bis heute ununterbrochen in Betrieb befindet. Seit etwa 1981 gewann diese aufgrund des zunehmenden Tourismus wieder an Bedeutung und besitzt heute zahlreiche historische und moderne Fahrzeuge, während die meisten anderen Inselbahnen – darunter auch bedeutende wie die Sylter Inselbahn – wieder eingestellt wurden. Bis auf eine temporäre Ausnahme verkehrten auf den Inselbahnen grundsätzlich Züge mit Dampflokomotiven bzw. später mit Diesellokomotiven oder Triebwagen. Als einzige war die Amrumer Inselbahn (Spurweite 900 mm) von 1909 bis 1910 mit 700 V Gleichstrom elektrifiziert und wurde mit straßenbahnähnlichen zweiachsigen Elektrotriebwagen mit offenen Führerständen betrieben, bis in letzterem Jahr ein Brand im Elektrizitätswerk die Einstellung erzwang und die bis dahin völlig heruntergekommenen Dampfloks wieder reaktiviert werden mussten.
Vor allem während der Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs gab es auf vielen Inseln zusätzlich zu den regulären Inselbahnen für den Personen und/oder Güterverkehr noch Feldbahnen die nur militärischen Zwecken dienten. Auf Norderney und Helgoland waren die errichteten Inselbahnen ausschließlich Militärbahnen, wobei die in einem Tunnel verlaufende Schienenseilbahn auf letzterer Insel eine Besonderheit darstellte. Diese Bahnen verloren nach dem Krieg ihre Existenzberechtigung und wurden bis 1947 wieder abgebaut.
Außerdem gab es auch einige kleine Inselbahnen, die ausschließlich dem Küstenschutz beziehungsweise dem Materialtransport dienten. Eine besteht auch heute noch, die Küstenschutzbahn Mindener Oog (Spurweite 600 mm), die jedoch nicht öffentlich zugänglich ist, da ihre Strecke in ein Naturschutzgebiet führt. Andere derartige Bahnen wie die Küstenschutzbahn Neuwerk (Spurweite 600 mm) oder die Inselbahn Helmsand (Spurweite 600 mm) sind längst aufgegeben.
Eine weitere Besonderheit stellen die schmalspurigen Halligbahnen dar, welche über angelegte Dämme, die bei Flut meistens überspült werden, eine Verbindung zum Festland herstellen. Diese Bahnen dienen vor allem dem Materialtransport, im Falle der Halligbahn Dagebüll–Oland–Langeneß (Spurweite 900 mm) verkehren jedoch auch private motorbetriebene Loren und Draisinen.
Einen Sonderfall stellt heute die Spiekerooger Inselbahn (Spurweite 1000 mm) dar, die seit 1981 nach der Einstellung des regulären Verkehrs mit Zügen und Triebwagen auf einer Teilstrecke als Museumsbahn betrieben wird. Diese wurde im Jahr 1885 als Pferdebahn eröffnet und war auch die letzte Pferdebahn in Deutschland. Sie wurde bis 1949 als solche betrieben und anschließend auf teilweise neuer Trasse auf motorbetriebene Fahrzeuge umgestellt. Diese Museums-Pferdebahn, bislang die einzige ihrer Art in Deutschland, wird nach aller Voraussicht erhalten bleiben und könnte nach einer grundlegenden Instandsetzung der Gleisanlagen später eventuell noch erweitert werden.
Heute sind die Borkumer Kleinbahn, die Inselbahn Langeoog (Spurweite 1000 mm) und die Wangerooger Inselbahn (Spurweite 1000 mm) das Hauptverkehrsmittel der genannten Inseln und werden es nicht zuletzt wegen ihrer Bedeutung für den Tourismus voraussichtlich noch lange Zeit bleiben. Die Anlagen, Trassen und Fahrzeuge befinden sich in gutem Zustand – das gilt besonders für die Borkumer Kleinbahn – und die drei Bahnen erfreuen sich stabiler und rentabler Fahrgastzahlen.
Inselbahnen in Betrieb
In Deutschland gibt es derzeit folgende Inselbahnen:
- Nordseeinseln
- Borkum – Borkumer Kleinbahn (eröffnet 1879 als Pferdebahn, Spurweite 900 mm)
- Langeoog – Inselbahn Langeoog (eröffnet 1901 als Pferdebahn, Spurweite 1000 mm)
- Wangerooge – Wangerooger Inselbahn (eröffnet 1890, von der DB betrieben, Spurweite 1000 mm)
- nur Museumsbetrieb
- Spiekeroog – Spiekerooger Inselbahn (eröffnet 1885 als Pferdebahn, seit 1981 Museumsbetrieb, Spurweite 1000 mm)
- Halliganschlüsse nicht öffentlich
- Minsener Oog – Küstenschutzbahn Mindener Oog (Lorenbahn für leichten Güterverkehr, eröffnet um 1925, Spurweite 600 mm)
- Hallig Oland und Hallig Langeneß – Halligbahn Dagebüll–Oland–Langeneß (Lorenbahn, eröffnet 1927, Spurweite 900 mm)
- Hallig Nordstrandischmoor – Halligbahn Lüttmoorsiel–Nordstrandischmoor (Lorenbahn, eröffnet 1934, Spurweite 600 mm)
Ehemalige Inselbahnen
Früher besaßen außerdem noch folgende Inseln in Deutschland Inselbahnen:
- Juist – Inselbahn Juist (1898–1982, erste motorbetriebene Inselbahn Deutschlands 1899, Spurweite 1000 mm)
- Baltrum – Inselbahn Baltrum (nur Güterverkehr, Spurweite 600 mm)
- Amrum – Amrumer Inselbahn (1893–1939, Spurweite 900 mm)
- Fehmarn – Inselbahn Fehmarn (1905–1994, ab 1984 nur Güterverkehr, Spurweite 1435 mm, Feldbahn 600 mm)
- Helmsand – Inselbahn Helmsand (Lorenbahn, Spurweite 600 mm)
- Sylt – Sylter Inselbahn (1888–1970, Spurweite 1000 mm)
- Neuwerk – Küstenschutzbahn Neuwerk (1962–1985, Spurweite 600 mm)
- Helgoland – Militärbahnen Helgoland (nur Militärverkehr 1891–1922/1934–1947, Spurweite Feldbahn 600, Kabelbahn 1000 mm)
- Norderney – Marinebahn Norderney (nur Militärverkehr 1913–1947; Bahnhof Stelldichein [1] erhalten, Spurweiten 1435 und 600 mm)
Literatur
- Malte Werning: Wangerooge - Die Inselbahn und ihre Geschichte. Lokrundschau Verlag, Hamburg 1999 ISBN 3-931647-09-9
- Malte Werning: Inselbahnen der Nordsee. GeraMond Verlag, München 2003 ISBN 3-7654-7245-X
- Malte Werning: Insel- und Bäderbahnen der Ostsee. GeraMond Verlag, München 2005
- Hans-W. Rogl: Die Nordsee-Inselbahnen. 6. Auflage, alba, Düsseldorf 1996, ISBN 3-87094-230-4
- Hans-W. Rogl: Archiv deutscher Klein– und Privatbahnen: Niedersachsen. transpress, Stuttgart 1996, ISBN 3-344-71022-2