Jürgen Gansel
Jürgen W. Gansel (* 6. Juli 1974 in Opladen, Nordrhein-Westfalen) ist ein deutscher Politiker der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften (NPD). Er ist seit 2004 Abgeordneter im Sächsischen Landtag und im Bundesvorstand der NPD tätig.[1]
Studium
Gansel studierte in Gießen und Marburg Mittlere und Neuere Geschichte sowie Politikwissenschaft und schloss 1999 mit einem M.A. ab. In seiner Magisterabschlussarbeit unter dem Titel „Antikapitalismus in der ‚Konservativen Revolution’ in Deutschland von 1918-1932“ sieht Gansel die Konservative Revolution und Carl Schmitt positiv. Die Vertreter dieser politischen Bewegung gelten, laut Kurt Sontheimer, als intellektuelle Wegbereiter des Nationalsozialismus.
Jürgen Gansel ist Alter Herr der Burschenschaft Dresdensia-Rugia zu Gießen. [2] Aus der Burschenschaft Normannia Leipzig zu Marburg war er zuvor ausgeschlossen worden, nachdem jemand mit Gansels Luftgewehr auf einen Hausmeister geschossen hatte.[3]
1995 wurde eine von Jürgen Gansel im Namen der Burschenschaft Dresdensia-Rugia verfasste Erklärung veröffentlicht, in der die „Liquidation“ der „Deutschen Werte“ durch die „Besatzer“ anlässlich des 50. Jahrestages des Ende des Zweiten Weltkrieges beklagt wurde.[4] Gansel nahm zu dieser Zeit auch mehrfach an Demonstrationen der NPD und der Freien Kameradschaften teil, so z.B. 1997 in Marburg an einer Demonstration der militanten neonazistischen „Sauerländer Aktionsfront“ gegen die so genannte „Wehrmachtsausstellung“. Auf einer NPD-Demonstration, am 1. Mai 2000 in Wetzlar-Dalheim trug Gansel eine Fahne der sog. "Schwarzen Front" (roter Hammer und Schwert gekreuzt auf scharzem Grund), einer Abspaltung der NSDAP um Otto Strasser. Auch seine Mitgliedschaft in der neonazistischen Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG), deutet der Verfassungsschutz des Landes Hessen als Indiz zur Einschätzung Gansels als Neonazi.[5], [6]
Parteikarriere in der NPD
Von 1989 bis 1993 war Gansel Mitglied der Jungen Union und CDU, 1994 folgte eine Mitgliedschaft im Bund freier Bürger (BFB) und von 1995 bis 1997 war er Funktionär der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen (JLO).
1998 trat Gansel in die NPD ein. In der Folgezeit stieg er zum stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden von Hessen und Schulungsleiter der Jungen Nationaldemokraten (JN) Hessen auf. Außerdem war er im Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) aktiv. Von 2001 bis 2004 war er hauptberuflicher Redakteur der Parteizeitung Deutsche Stimme und seit 2002 ist er Mitglied im NPD-Parteivorstand.[7]
Debatte im Sächsischen Landtag um den so genannten "Bombenholocaust"
Am 21. Januar 2005 verließ Gansel mitsamt der NPD-Fraktion das Plenum des Sächsischen Landtages, Die NPD-Fraktion hatte sich am Morgen des Tages kurzfristig dazu entschlossen, den Plenarsaal zu verlassen, nachdem sie von einer Änderung der Tagesordnung überrascht wurde.
Sie protestierte damit gegen die Weigerung des Landtagspräsidenten, einen NPD-Antrag für eine Gedenkminute für die Opfer des Bombenangriffs auf Dresden zuzulassen.
Dieser Antrag der NPD-Fraktion befand sich nachweislich früher im Geschäftsgang des Landtages als ein entsprechender Antrag der CDU-Fraktion für eine allgemeine Gedenkminute für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Offenbar aus Verärgerung darüber hat der CDU-Abgeordnete Erich Iltgen sein Amt als Landtagspräsident dazu mißbraucht, einen Formfehler zu konstruieren, um somit den früher eingegangenen Antrag der NPD-Fraktion zu kippen. In dieser Situation mußten die sächsischen NPD-Abgeordneten handeln und entschlossen sich zu einem kurzen Auszug aus dem Plenarsaal.
Diesen Handlungsbedarf sahen die NPD-Abgeordneten nicht nur deshalb, weil ihnen zuvor ein der Fraktion eindeutig zustehendes formales Recht verweigert wurde, sondern auch weil die Fraktion der Ansicht war, daß sich die höchste politische Institution des Freistaates Sachsen auf ihrer letzten Sitzung vor dem 60. Jahrestag der Zerstörung der Landeshauptstadt Dresden nicht nur abstrakt an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnern sollte, sondern ganz konkret an die schlimmste Kriegshandlung von der Sachsen in seiner über 1000jährigen Geschichte betroffen wurde.
Auch die NPD-Fraktion hält grundsätzlich ein würdiges Erinnern an alle Opfer für notwendig und sinnvoll, ist aber der Ansicht, daß es das Recht des deutschen Volkes ist, zu gegebenen Anlässen um die eigenen Opfer zu trauern. [8]
In breiten Teilen der bundesdeutschen Medien wurde dies als eine bewusste Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus gedeutet, indem die Ermordung von etwa sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten mit den Opfern der alliierten Bombenangriffe gleichgesetzt wurde. Darüber hinaus würden die Angriffe der Alliierten auf Deutschland entkontextualisiert, die jedoch als kausale Folge des von Deutschland begonnen Krieges begriffen werden müssen. Andernfalls wären ein deutscher Opferdiskurs oder gar Wiedergutmachungsansprüche die Folge.[9]
Von 2000-2001 war Jürgen W. Gansel zudem Chefredakteur des Periodikums „Deutsche Geschichte“, der große Teile der Geschichtswissenschaft eine verklärende Darstellung der deutschen Geschichte vorwerfen. Im Verfassungsschutz-Bericht des Landes Hessen von 2004 werden Jürgen W. Gansels Aktivitäten als Alter Herr der Dresdensia-Rugia und NPD-Landtagsabgeordneter als Teil der zunehmenden „Intellektualisierungsbemühungen“ dieser Partei gedeutet, in der die Studentenverbindungen eine besondere Rolle einzunehmen scheinen.[10],[11]
Quellen
- ↑ http://www.landtag.sachsen.de/slt_online/de/infothek/volksvertretung/abgeordnete/popup_abgeordneter.asp?ID=776
- ↑ http://www.giessener-anzeiger.de/sixcms/detail.php?id=1655332&template_id=2634&_adtag=localnews&_zeitungstitel=1133842&_dpa=
- ↑ WNZ 19.02.05
- ↑ http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=5710&key=standard_document_4563062
- ↑ WNZ 19.02.05
- ↑ http://www.verfassungsschutz-hessen.de/downloads/vsbericht2004.pdf S.82
- ↑ http://www.landtag.sachsen.de/slt_online/de/infothek/volksvertretung/abgeordnete/popup_abgeordneter.asp?ID=776
- ↑ http://www.npd-fraktion-sachsen.de/index.php?verweis=3,1,1&drucksache=pressemitteilungen&drucksacheid=417
- ↑ http://www.zeit.de/2005/04/npdsachsen
- ↑ http://www.landtag.sachsen.de/slt_online/de/infothek/volksvertretung/abgeordnete/popup_abgeordneter.asp?ID=776
- ↑ http://www.verfassungsschutz-hessen.de/downloads/vsbericht2004.pdf S. 82
Weblinks
- http://verfassungsschutz-hessen.de/
- Portrait beim Sächsischen Landtag
- NPD-Mann Gansel - Hetzer mit NSDAP-Jargon - FOCUS
- Dokumentation Nazis in den Parlamenten (NiP)
Personendaten | |
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NAME | Gansel, Jürgen W. |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker und Mitglied der rechtsextremen NPD |
GEBURTSDATUM | 1974 |
GEBURTSORT | Opladen |