Charlotte von Preußen (1798–1860)

Friederike Luise Charlotte Wilhelmine Prinzessin von Preußen(* 13. Juli 1798 in Berlin; † 1. November 1860 in Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg; nach der Heirat Alexandra Fjodorowna) war Zarin von Russland.
Sie war die Tochter von König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Luise, geborene Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz.
Charlotte war die Gemahlin von Zar Nikolaus I. von Russland (1796–1855).
Leben
Friederike Luise Charlotte Wilhelmine von Preußen wird am 13. Juli 1798 in Berlin als drittes Kind und älteste Tochter von Friedrich Wilhelms III. und Königin Luise geboren.
Charlottes Kindheit ist geprägt von den Napoleonischen Kriegen. Nach der Niederlage der preußischen Truppen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am im November 1806, sieht sich die königliche Familie gezwungen die Stadt zu verlassen und flieht im Dezember 1806 nach Ostpreußen, wo sie unter dem Schutz von Zar Alexander I. steht. Nach dem Fall Berlins und dessen Besetzung, lässt sich die Familie in Memel nieder.
Charlotte ist nur zwölf Jahre alt, als ihre Mutter während einer Reise zu ihrer Familie auf Schloss Hohenzieritz stirbt. Als älteste Tochter ist sie nun die ersten Dame am Hof und hat entsprechende repräsentative Aufgaben und Pflichten. Zeit ihres Lebens pflegt Charlotte ihre dadurch starke Verbindung zu Preußen, sowie das Andenken ihrer Mutter.
Im Herbst 1814 besucht Großfürst Nikolaus von Russland und sein Bruder Großfürst Michael Berlin. Darauf hin kommt es zu Verhandlungen zwischen den beiden Familien bezüglich einer möglichen Hochzeit von Charlotte und Nikolaus. Bei seinem zweiten Besuch ein Jahr später verlieben sich die beiden ineinander. Wie man ihren Tagebucheinträgen und Briefwechseln mit ihrem Bruder entnehmen kann, ist sich Charlotte ihrer Sache sehr sicher. Noch vor Nikolaus' Abreise verlobt sich das Paar. Bis zur Hochzeit vergehen jedoch noch zwei Jahre.
Am 9. Juni 1817 erreicht Charlotte mit ihrem Bruder Prinz Wilhelm Russland. An ihrem 19. Geburtstag am 13. Juli 1817 wird sie mit dem zweiten Bruder des damaligen Zaren Alexander I., dem Großfürsten Nikolaus Pawlowitsch verheiratet, der als Nikolaus I. 1826 ebenfalls Zar werden soll. Mit der Heirat ist der Übertritt zur russisch-orthodoxen Kirche verbunden. Daraufhin wird sie Großfürstin und erhält den Namen Alexandra Fjodorowna. Obwohl die Ehe primär der Bekräftigung des Bündnisses zwischen Preußen und Russland dient, ist die Ehe zwischen Nikolaus und Alexandra sehr glücklich. Sie verbringen viel Zeit miteinander und leben eher bescheiden und zurückgezogen auf ihrem Wohnsitz Schloss Peterhof.
Der Mensch
Alexandra ist groß und schlank, hat einen verhältnismäßig kleinen Kopf mit feinen Gesichtszügen und blauen Augen. Sie hat eine majestätische Ausstrahlung und einen leichten Gang. Allerdings ist sie allgemein von schwacher Gesundheit und eher schwächlich. Ihre Stimme ist eher heiser und hatte einen entschlossenen Unterton.
Alexandra Feodorovna ist ein eifriger Leser und findet großen Gefallen an Musik und Tanz. Sie gilt als freundlich, bescheiden, intelligent und direkt. Sie hat viele, wenn auch meist nur oberflächliche Interessen. Sie kleidet sich allgemein elegant und in hellen Farben, trägt gerne teuren Schmuck und wohnt gerne großen Bällen und ähnlichen Veranstaltungen bei. Jedoch gilt sie als eher bescheiden und ist auch nicht arrogant.
Für sie ist Russland gleichbedeutend mit ihrem Mann Nikolaus. Dieser jedoch gibt Alexandra nur wenig Freiraum, um ihren persönlichen Vorlieben nachzukommen und sich eine sinnvolle Aufgabe zu suchen. Ihre Aufgaben bestehen in erster Linie darin, Ehefrau und Mutter zu sein. Dennoch versucht sie, sich mit den Problemen Russlands und seiner Bevölkerung zu beschäftigen.
Großfürstin von Russland
Zu Beginn hat Alexandra Probleme, sich am russischen Hof einzuleben. Der neue Glauben und die neue Umgebung überfordern sie. Unter der Aufsicht des Dichters Wassili Zukhowski versucht Alexandra die Sprache und Bräuche ihres neuen Heimatlandes zu erlernen. Ihrer Meinung nach ist Zukhowski jedoch eher ein Dichter, als ein Lehrer und da die kaiserliche Familie ohnehin Deutsch spricht und Briefe auf Französisch verfasst werden, erlernt Alexandra nie wirklich die russische Sprache.
Sie hat zwar ein guten Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter Maria Fjodorowna, jedoch kommt es immer wieder zu Konflikten mit ihrer Schwägerin Kaiserin Elisabeth Alexajewna, was sich wohl auf deren Kinderlosigkeit zurückführen lässt. Alexandra hat bis zu Elisabeths Tod 1826 bereits vier Kinder, während die beiden Kinder Elisabeths bereits im Kindesalter verstorben sind.
Bereits wenige Wochen nach der Hochzeit ist Alexandra schwanger und bringt am 17. April 1818 einen Sohn zur Welt, den späteren Zar Alexander II..
Das Paar hat neun weitere Kinder:
- Alexander II. (* 17. April 1818; † 1. März 1881), Zar von Russland,
- Maria (* 6. August 1819; † 9. Februar 1876) - verheiratet mit Maximilian de Beauharnais, 3. Herzog von Leuchtenberg,
- Totgeborene Tochter (*/† 1820)
- Olga (* 30. August 1822; † 20. Oktober 1892) - verheiratet mit Karl I., König von Württemberg,
- Alexandra (* 12. Juni 1825; † 29. Juli 1844), verheiratet mit Friedrich von Hessen-Kassel
- Konstantin (* 9. September 1827; † 13. Januar 1892), Großfürst von Russland,
- Nikolai (* 27. Juli 1831; † 13. April 1891), Großfürst von Russland, und
- Michael (* 13. Oktober 1832; † 5. Dezember 1909), Großfürst von Russland.
1820 - der dritten Schwangerschaft innerhalb von drei Jahren - bringt sie eine totgeborene Tochter zur Welt. Dieses Ereignis verursacht eine tiefe Depression. Auf Anraten ihrer Ärzte reisen sie und Nikolaus im Herbst 1820 zu Alexandras Familie nach Berlin, wo sie bis Sommer 1821 bleiben. Im Sommer 1824 unternimmt das Paar eine weitere Reise nach Berlin. Erst im März 1825, als Zar Alexander I. auf Grund seines schlechten gesundheitlichen Zustands die Unterstützung seines Bruders braucht, kehren sie nach Russland zurück. Alexander I. hat keine Kinder und der rechtmäßige Thronerbe Großherzog Konstantin hat auf seinen Anspruch verzichtet, sodass jetzt Nikolaus der Thronfolger ist. Als Alexander I. schließlich im Dezember 1825 stirbt, wird Nikolaus als Nikolaus I. zum Zaren von Russland ernannt und Alexandra somit zur Kaiserin. Das Paar ist darüber im allgemeinen nicht sehr erfreut.
Kaiserin von Russland
Der Beginn von Nikolaus Regireungszeit ist von den Dekabristenaufständen und deren blutiger Niederschlagung geprägt.
1832 hat Alexandra und Nikolaus sieben Kinder, die alle wohlbehütet aufwachsen werden. Nikolaus hat nie mit seiner Liebe zu Alexandra gegeizt. Es heißt, als 1837 große Teile des Winterpalastes durch ein Feuer zerstört wurde, war ihm am wichtigsten, dass die Schatulle mit den Briefen seiner damals noch Verlobten Alexandra gerettet würde.
Nach mehreren kleinen Herzinfarkten und auf Grund ihrer ohnehin schlechten Gesundheit, raten die Ärzte Alexandra von weiteren belastenden Aktivitäten ab, worunter auch Sex fallen soll. Nach über 25 treuen Jahren, nimmt Nikolaus sich schließlich eine Mätresse. Es handelt sich dabei um Alexandras Hofdame Barbara Nildowa. Jedoch kommt er bei persönlichen Problemen und Anliegen immer noch zu seiner geliebten „Muffi“.
Als ihre Ärzte Alexandra 1837 einen mehrmonatigen Aufenthalt in Palermo verordnen, besteht Nikolaus darauf, sie zu begleiten, weil er nicht ohne seine Frau sein will. Nelidowa begleitet das Paar. Auch wenn Alexandra zu Beginn eifersüchtig auf Nelidowa ist, hat Alexandra das Verhältnis mit der Zeit akzeptiert und verstand sich später gut mit der Mätresse ihres Mannes.
Wegen der besseren klimatischen Bedingungen, wählt Alexandra 1837 die Krim als Standort für ihre neue Winterresidenz Schloss Oreanda. Auf Grund des Krimkrieges soll sie jedoch nur ein Mal die Möglichkeit haben, es im Jahre 1852 zu besuchen. 1854 wird Alexandra sehr krank. Obwohl man ihr keine große Überlebenschance einräumt, erholt sie sich wieder. Am 6. Februar 1855 stirbt jedoch Nikolaus an den Folgen einer Grippe.
Leben als Witwe
Alexandra überlebt Nikolaus um fünf Jahre und macht den Alexanderpalast in Zarskoje Selo zu ihrem Ruhesitz. Das Verhältnis zu Nikolaus' Mätresse Barbara Nelidowa bleibt weiterhin gut, und sie macht Nelidowa zu ihrer persönlichen Vorleserin.
Mit den Jahren verschlechtert sich Alexandras ohnehin angeschlagene Gesundheit. Auf Grund des rauen Wetters verbringt sie die meiste Zeit des Jahres im Ausland. Das ist nicht immer leicht für sie. Einerseits hat sie Heimweh nach Russland, andererseits ist ihr bewusst, dass Russland und seine Einwohner genug andere Probleme haben, als dass es ihre Auslandsaufenthalte finanzieren könne. Im Herbst 1860 verordnen ihre Ärzte einen weiteren Aufenthalt in wärmeren Gefilden, da sie den folgenden Winter sonst wohl nicht überleben wird. Ihr scheint bewusst zu sein, dass ihr Leben dem Ende zu geht und ignorierte die Anweisungen der Ärzte, damit sie wenigstens in Russland sterben könne. Am Vorabend ihres Todes soll sie gerufen haben „Niki, ich komme zu dir.“. Sie verstirbt daraufhin im Schlaf am 1. November 1860 im Alter von 62 Jahren im Alexanderpalast.
Spuren von Charlotte/Alexandra Fjodorowna in Berlin und Potsdam

In der Umgebung von Berlin und Potsdam sind einige Bauten und Kunstwerke mit ihrem Namen und den engen Beziehungen zwischen Preußen und Russland verbunden:
- die Potsdamer Kolonie Alexandrowka mit der Russisch-orthodoxe Kirche Alexander Newski auf dem Kapellenberg
- Bronzekopie des Milchmädchens aus Zarskoje Selo im Park von Schloss Glienicke als Geschenk an ihren Bruder Prinz Carl
- das russische Blockhaus Nikolskoë (sprich Nikolskoje)
- die Kirche St. Peter und Paul (Berlin-Wannsee) auf Nikolskoë
- Loggia Alexandra auf dem Glienicker Böttcherberg, durch Ihren Bruder Prinz Carl 1869 zu ihrem Gedenken errichtet
Literatur
- Andreas Kitschke: Planungs- und Baugeschichte der Kirche; in: Wilfried W. Heidemann (Hg.): Evangelische Kirche St. Peter und Paul auf Nikolskoe 1837-1987. Festschrift zur 150-Jahr-Feier; Wichern-Verlag: Berlin 1987; S. 19-35. ISBN 3-9801405-0-4
- Fritz Schmidt: „Peter und Paul“ 1837-1937; 1. Die Geschichte des Kirchbaus; in: Ders. (Hg.): 100 Jahre Peter und Paul auf Nikolskoe; Paul Koch-Verlag: Berlin 1937; S. 83-122.
- Grunwald, Constantin de, Tsar Nicholas I the Life of An Absolute Monarch, Alcuin Press, ASIN B000I824DU.
- Lincoln, W. Bruce, The Romanovs: Autocrats of All the Russias, Anchor, ISBN 0385279086.
- Zaeepvat, Charlotte, Romanov Autumn , Sutton Publishing, ISBN 0750927399
- Lincoln, W. Bruce, Nicholas I, Emperor and Autocrat of All the Russias , Northern Illinois University Press, ISBN 0875805485.
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Charlotte von Preußen |
ALTERNATIVNAMEN | Friederike Charlotte Wilhelmine von Preußen; Alexandra Feodorowna (nach der heirat) |
KURZBESCHREIBUNG | durch Heirat russische Zarin |
GEBURTSDATUM | 13. Juli 1798 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 2. Juli 1860 |
STERBEORT | Zarskoje Selo |