Festung
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Als Festung werden besonders starke, permanente Befestigungsbauten bezeichnet. Im engeren Sinne ist mit einer Festung eine Artilleriefestung gemeint, wie sie vom 16. bis zum 19. Jahrhundert in Europa üblich war. Festungen waren so konstruiert, dass sie auch längerem Geschützbeschuss standhalten konnten. Grundriss und Profil der Festung richteten sich nach den Schusslinien der Verteidigungsgeschütze. Bei den meisten frühneuzeitlichen Festungen handelte es sich um befestigte Städte. Der Begriff "Festung" tritt zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf und verdrängte die ältere Bezeichnung "Veste" bzw. "Feste". Die Begriffe Festung, Befestigung, Veste und andere verweisen über das Adjektiv fest auf ihren mittelhochdeutschen Stamm veste und althochdeutschen Stamm festi. Ähnlich verhält es sich mit der lateinischen Form fortis für stark, kräftig, rüstig, die sich in der Fortifikation und dem Fort wieder finden.
Geschichte der neuzeitlichen Festung
Wehrbauten im Geschützzeitalter
Bis in das Spätmittelalter hinein hing das Defensivpotenzial von Burgen und befestigten Städten zum Großteil von der Höhe ihrer Mauern und Türme ab. Bereits im späten 14. Jahrhundert wurde dieses wehrbauliche Grundprinzip in Frage gestellt, da zu dieser Zeit schwere Bombarden aufkamen, die große Steinkugeln verschossen. Die Reichweite von Bombarden war zunächst sehr gering und ihr Transport äußerst aufwändig, doch konnten die in Relation zu ihrer Stärke hohen Burg- und Stadtmauern mit diesen primitiven Kanonen leicht zerstört werden. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts erhöhten sich Reichweite und Feuerkraft der Bombarden deutlich. So konnten französische Truppen unter Karl VII. vom Mai 1449 bis zum August 1450 mit Hilfe von Bombarden über siebzig englische Stützpunkte in der Normandie erobern.
Die europäischen Baumeister reagierten auf diese Entwicklung zunächst nur mit einer Modifikation der mittelalterlichen Wehranlagen. Die Mauern wurden niedriger und durch einen breiten Wall verstärkt, der als Geschützplattform diente. Hölzerne Aufbauten wurden von Mauern und Türmen entfernt, da sie ein leichtes Ziel darstellten. Der mittelalterliche Burgturm wandelte sich zu einem kegelförmigen, massiven Geschützturm, dem Rondell. Rondelle verfügten über Räume mit großen Schießscharten, durch die Geschütze feuern konnten. Auch auf der Spitze des Rondells wurden schwere Feuerwaffen platziert. Diese Veränderungen in der Errichtung von Befestigungen waren jedoch nicht ausreichend, da sie lediglich eine Erweiterung früherer Bauprinzipien darstellten.
Die verstärkten Befestigungsanlagen, die gegen Ende des Spätmittelalters errichtet wurden, erhöhten in erster Linie die passive Verteidigung und zögerten den Fall einer Stadt oder Burg nur hinaus. In den Rondellen konnten nur wenige Kanonen platziert werden, da sich der Pulverdampf in den Kasematten relativ lange hielt und Sicht und Atmung erschwerte. Im Bereich vor einem Rondell befand sich ein toter Winkel, der nicht von den Verteidigern beschossen werden konnte und somit ein bevorzugter Ausgangspunkt feindlicher Unterminierungsversuche war. Rondelle bildeten eigenständige Befestigungswerke und waren nicht dafür konzipiert, sich gegenseitig zu flankieren. Es wurde eine Befestigung notwendig, die eine stabile Plattform für zahlreiche Geschütze bot, die über keinen dem Feuer entzogenen Raum verfügte und deren Werke sich Flankenschutz bieten konnten.
Entstehung der Artilleriefestung in Italien
In Italien wurde eine Lösung für diese wehrbaulichen Probleme gefunden. Bereits 1452 schlug Leon Battista Alberti in seinem Traktat De Re Aedificatoria vor, Festungsanlagen nach einem sägezahnartigen Muster zu erbauen, welches einen sternförmigen Grundriss bildet. Im weiteren Verlauf des 15. Jahrhunderts entwickelten andere italienische Architekturtheoretiker ähnliche Konzepte, doch fanden sie damit zunächst wenig Beachtung. Eine entscheidende Entwicklung begann 1487, als der Architekt Giuliano da Sangallo mit der Befestigung von Poggio Imperiale beauftragt wurde. Dabei plante er den Bau von zehn winkligen Bastionen, die weit aus den Festungsmauern herausragten. Die beiden vorderen Seiten einer Bastion, Facen genannt, liefen im Bastionswinkel zusammen, dem Saillant. Die beiden als Flanken bezeichneten, kürzeren hinteren Seiten bildeten mit dem Festungswall einen rechten Winkel. Bei einer Anordnung in regelmäßigen Abständen konnten sich Bastionen gegenseitig den bestmöglichen Feuerschutz bieten, wobei wegen ihres spitz zulaufenden Grundrisses kein toter Winkel vorhanden war. Deshalb setzten sich regelmäßige Vielecke als Idealform von Festungen durch.
Der Beginn der Italienkriege im Jahre 1494 beschleunigte die Entwicklung der bastionierten Befestigungsweise. Das in Norditalien eingefallene, französische Heer unter König Karl VIII. führte aus Bronze gegossene Kanonen mit sich, mit denen Eisenkugeln verschossen wurden. In Bezug auf Mobilität, Feuerkraft und Schussrate waren sie Bombarden überlegen. Ungehindert konnten die französischen Truppen nach Süditalien vordringen, wobei sie zahlreiche Städte und Burgen nach einem kurzen Bombardement einnahmen, sofern sich deren Garnisonen nicht kampflos ergaben. Antonio da Sangallo, der jüngere Bruder von Giuliano, wurde noch im selben Jahr von Papst Alexander VI. mit der Erneuerung des Forts von Civita Castellana beauftragt. Antonio da Sangallo ließ das Fort mit einem Rondell und vier Bastionen versehen.
Von 1501 bis 1503 wurde in der päpstlichen Hafenstadt Nettuno ein bastioniertes Fort nach Plänen von Giuliano da Sangallo erbaut. Die Bastionen an den Ecken des quadratischen Forts wiesen eine wesentliche Neuerung auf. Der hintere Teil der Bastionsflanken wurde zurückgezogen und der vordere Teil abgerundet, wodurch das so genannte Orillon entstand. Das Orillon deckte die zurückgezogene Flanke, die für Belagerer nur schwer einzusehen war. Die zurückgezogenen Flanken verfügten über geschützbestückte Kasematten, so dass sich feindliche Truppen bei einem Sturmangriff auf den Wallabschnitt zwischen zwei Bastionen, der Kurtine, einem schweren Kreuzfeuer ausgesetzt sahen. Im Gegensatz zu seinem Bruder Giuliano ließ Antonio da Sangallo bei späteren Bauten Bastionen mit winkligen Orillons errichten.
Weitere Entwicklungen gehen auf den Veroneser Architekten Michele Sanmicheli zurück, der die altitalienische Manier des Festungsbaus prägte. Sanmicheli stand zeitweilig in päpstlichen Diensten und machte dabei Bekanntschaft mit den Sangallos, deren Ansätze zu einem Bastionärsystem er übernahm. Nach dem Sacco di Roma von 1527 kehrte er in die Republik Venedig zurück, wo er 1530 den Auftrag erhielt, seine Heimatstadt Verona zu befestigen. Sanmicheli ließ Wälle und Bastionen von geringer Höhe und zugleich großer Tiefe erbauen. Lediglich die äußere Seite der Festungsanlagen bestand aus Mauerwerk, das durch Stützpfeiler verstärkt und mit Erde aufgefüllt wurde. Um eine Erstürmung der relativ niedrigen Festungswerke zu erschweren, wurden diese mit einem breiten Graben umgeben. In den zurückgezogenen Flanken befanden sich zwei Geschützplattformen auf verschiedenen Ebenen, wodurch sich die seitwärts ausgerichtete Feuerkraft der Bastionen erhöhte.
Entwicklung der neuitalienischen Manier

Bis zum späten 16. Jahrhundert wurden Bastionsbefestigungen um weitere, grundlegende Elemente ergänzt, was zur Entstehung der neuitalienischen Manier führte. Im Jahre 1556 schlug Niccolo Fontana Tartaglia in seinen Quesiti et Inventioni diverse vor, am äußeren Rand des Festungsgrabens einen breiten Weg auszuheben, in dem sich Infanteristen postieren können. Eine feindwärts abfallende Erdaufschüttung, das Glacis, deckte den Weg und zugleich die niedrigen Wälle und Bastionen. Pietro Cataneo steigerte den Nutzen des gedeckten Weges durch Waffenplätze, die als Sammelpunkte für eine größere Anzahl von Soldaten dienten. Diese konnten besonders starke Widerstandsnester bilden oder einen Ausfall durchführen.
Die Bastionen wurden deutlich vergrößert und in Abständen angeordnet, die der Reichweite der damaligen Geschütze entsprachen. Cavaliere genannte Werke aus Erde bildeten auf den Bastionen eine erhöhte Geschützplattform. Zudem wurden in den Gräben vor sämtlichen Kurtinen Ravelins errichtet, die aus zwei zusammenlaufenden Facen bestanden. An ihrer Rückseite, der Kehle, waren sie breit genug, um den gesamten Grabenabschnitt zwischen den Bastionen unter Feuer nehmen zu können. Die Wälle, die Ravelins und der gedeckte Weg bildeten drei Verteidigungslinien, welche die für eine effektive Artilleriebefestigung notwendige Tiefe des Kampfraumes gewährleisteten.
Mit der Entstehung des Bastionärsystems ging im Italien des 16. Jahrhunderts eine rege Bautätigkeit einher. Zahlreiche Städte erhielten eine komplette Umwallung aus bastionierten Befestigungsanlagen, wobei sich das Ideal eines regelmäßigen, polygonalen Grundrisses meist nur bei neu errichteten Modellstädten verwirklichen ließ. In Städten wie Florenz und Turin wurden zudem Zitadellen erbaut, die nicht nur den stärksten Teil einer Festungsstadt bildeten, sondern auch als Symbol fürstlicher Autorität verstanden werden sollten. Nach dem Vorbild der Bauten von Francesco Paciotto setzte sich das Fünfeck als Grundform der Zitadelle durch. Ein weiteres wehrbauliches Konzept war der Palazzo in Fortezza, der befestigte Palast. Ein derartiges Bauwerk, die Villa Farnese, entstand von 1559 bis 1573 in Caprarola.
Der Bau von Artilleriebefestigungen war mit enormen Kosten und einem hohen Zeitaufwand verbunden. So sollte die Umwallung der Vatikanstadt nach Plänen aus dem Jahre 1537 achtzehn große Bastionen umfassen, doch musste diese Zahl bereits 1542 aus Kostengründen deutlich verringert werden. Erst im 17. Jahrhundert wurden die Arbeiten abgeschlossen. Verheerende Folgen hatte der Festungsbau für die Republik Siena, die 1553 mit der Bastionierung von siebzehn Städten begann und dafür einen Großteil ihres Haushalts aufwandte. Als 1554 ein spanisches Invasionsheer nach Siena vordrang, befanden sich die meisten Festungswerke noch im Bau, zudem fehlten den Sienesern die finanziellen Mittel zur Aufstellung eines schlagkräftigen Heeres. Die Republik wurde bis 1555 vollständig erobert.
Festungsbau in den Niederlanden
1568 erhoben sich die Niederländer gegen die Herrschaft der spanischen Habsburger, wodurch der Achtzigjährige Krieg ausgelöst wurde. Die Aufständischen sahen sich zur schnellen Befestigung ihrer Stützpunkte gezwungen, was unter der Anpassung an die topografischen Gegebenheiten zur Herausbildung der altniederländischen Manier führte. Zunächst errichteten die Niederländer hinter den Mauern ihrer Städte Wälle und hoben Gräben aus, wie etwa 1572 bei der Belagerung von Haarlem. Bald darauf gingen sie dazu über, nach italienischem Vorbild geformte Bastionen und Ravelins aus Erde vor den Stadtmauern anzulegen. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurden die niederländischen Befestigungsanlagen vollständig aus Erde erbaut, mit Grassoden bedeckt und von Wassergräben umgeben.

Um gegnerischen Truppen den Einsatz von Sturmleitern unmöglich zu machen, wurden spitze Holzpfähle in die Festungswerke gerammt, die so genannten Sturmpfosten. Die Wälle und Bastionen wurden von einem Weg und einem zusätzlichen, niedrigeren Schutzwall umgeben, der Fausse-Braie. Die niederländischen Ingenieure berücksichtigten stets die Reichweite von Musketen, so dass sie Bastionen in geringeren Abständen anordneten, als es nach der neuitalienischen Manier üblich war. Eine weitere Besonderheit des niederländischen Festungsbaus war die Anlage von zahlreichen Außenwerken, darunter Hornwerke und Kronwerke. Hinzu kamen die Lünetten, die im Graben vor den Bastionen errichtet wurden.
Moritz von Oranien ließ Städte wie Coevorden zu Idealfestungen der altniederländischen Manier umwandeln. Darüber hinaus erbauten die Niederländer 1599 entlang der Waal und der Maas einen Kordon aus Schanzen, der Schutz vor den von 's-Hertogenbosch ausgehenden Angriffen der Spanier bieten sollte. Im Winter 1605 wurde der Kordon auf die IJssel ausgeweitet. Bei den Schanzen handelte es sich um kleine Befestigungsanlagen aus Erde, die durch Wälle miteinander verbunden wurden. Bei drohender Gefahr warnten ihre Besatzungen die Stützpunkte im Hinterland durch Schüsse oder Signalfeuer.
Die Instandhaltung der ohne Mauerwerk errichteten Festungsanlagen war äußerst aufwändig. Sie waren nur bedingt für die permanente Nutzung geeignet, so dass sie sich eher als weit entwickelte Feldbefestigungen einstufen lassen. Andererseits konnten sie innerhalb kurzer Zeit bei einem vergleichsweise geringen finanziellen Aufwand erbaut werden. Zudem boten die Festungswerke aus Erde mit ihren breiten Wassergräben ein hohes Defensivpotenzial. Aufgrund dieser Vorzüge fand die altniederländische Manier im Laufe des 17. Jahrhunderts vor allem im nordeuropäischen Raum rege Verbreitung, wo es an Ziegeln und vor allem an Steinen mangelte. 1630 erschien die bedeutendste deutsche Abhandlung über das Festungswesen in den Niederlanden, die Neue Vermehrte Fortification von Adam Freitag.
Verbreitung der bastionierten Befestigungsweise
Frankreich
Während der Regentschaft von Franz I. fand das Bastionärsystem auch in Frankreich Verbreitung. 1534 engagierte Franz den Ingenieur Girolamo Marini, der zuvor für Papst Klemens VII. tätig gewesen war. Innerhalb weniger Jahre erhöhte sich die Zahl der italienischen Baumeister in französischen Diensten auf über Hundert. Unter der Leitung von Marini bastionierten sie mehrere Festungen in Nordfrankreich, darunter Maubert-Fontaine, Mézières und Mouzon. Nachdem französischen Truppen 1543 Luxemburg eingenommen hatten, ließ Marini die Stadt mit Artilleriebefestigungen versehen. Kaiser Karl V. konnte Luxemburg jedoch im darauf folgenden Jahr zurückerobern. Die von Karls Truppen auf diesem Feldzug zerstörte Ortschaft Vitry-en-Perthois wurde an einer anderen Stelle als Festungsstadt wieder aufgebaut und zu Ehren von Franz I. in Vitry-le-François umbenannt. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts hatten sich auch französische Ingenieure mit der bastionierten Befestigungsweise vertraut gemacht. So beauftragte Generalmajor François de Scépeaux im Jahre 1552 den Sieur de Saint-Rémy mit der Befestigung von Verdun.
Während der von 1562 bis 1598 tobenden Hugenottenkriege wurden in Frankreich zahlreiche provisorische Festungsanlagen errichtet. Die Hugenotten schütteten vor den Mauern der von ihnen kontrollierten Städte Bastionen und Ravelins aus Erde auf. Diese Befestigungsweise wurde unter anderem von den aufständischen Niederländern aufgegriffen und war als "à la Huguenote" bekannt. Mit Hilfe des Venezianers Scipione Vergano bauten die Hugenotten ihren wichtigsten Stützpunkt, die Hafenstadt La Rochelle, im Jahre 1569 zu einer der stärksten Festungen auf französischem Boden aus. Der 1573 von Karl IX. unternommene Versuch, La Rochelle einzunehmen, scheiterte unter ernomen Verlusten.
Heinrich IV. führte das Ende der Glaubenskämpfe herbei und konnte sich vor diesem Hintergrund auf die Sicherung der französischen Grenzen konzentrieren. Heinrich ließ ein umfangreiches Festungsbauprogramm durchführen, für das zwischen 1595 und 1610 knapp 7,8 Millionen Livres aufgewandt wurden. Grenoble, Toulon und fast dreißig weitere Städte wurden bastioniert und Grenzfestungen wie Boulogne, Calais und Montreuil verstärkt. Die meisten dieser wehrbaulichen Projekte wurden von Jean Errard de Bar-le-Duc geplant und geleitet, der 1594 mit La Fortification Démonstrée et Réduicte en Art eines der ersten französischen Werke über das Bastionärsystem veröffentlicht hatte.
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Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation

Auf deutschem Boden vollzog sich der Übergang zu einer modernen Befestigungsweise je nach Finanzkraft der zahlreichen Teilstaaten und deren Verwicklung in Kriege mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. In Wien hatte bereits 1529 die Belagerung durch die Türken die Notwendigkeit stärkerer Befestigungsanlagen demonstriert, mit deren Errichtung kurz darauf begonnen wurde. Als die Türken 1683 die Stadt ein zweites Mal belagerten, ermöglichten es die massiven Mauern und Bastionen den Wienern, sich bis zum Eintreffen eines Entsatzheeres zu verteidigen. Durch italienische Baumeister fand die bastionäre Bauweise ab der Mitte des 16. Jahrhunderts breiteren Eingang in die deutschen Territorien: der Malteser Antonio Vasanni ("Fazzuni") errichtete ab 1539 die Nürnberger Burgbastionen, Alessandro Pasqualini d.Ä. befestigte ab 1549 Jülich, ein "Welscher" bastionierte um 1550/54 die Plassenburg, Francesco Chiaramella plante die brandenburgischen Festungen Spandau, Peitz und Küstrin. Am Ende des 16. Jahrhunderts hatten auch deutsche Ingenieure die Technik der bastionären Baukunst erlernt. Der Straßburger Baumeister Daniel Speckle veröffentlichte 1589 das erste deutschsprachige Lehrbuch hierzu, die Architectura. Im 17. Jahrhundert wurden Städte wie Hamburg, Rostock und Berlin mit Wallanlagen nach niederländischem Vorbild versehen. Auch in Süddeutschland wurden Städte zu Festungen ausgebaut, wie zum Beispiel Ingolstadt, das während des Dreißigjährigen Krieges nicht eingenommen werden konnte. Viele deutsche Städte waren zu dieser Zeit durch veraltete Befestigungsanlagen geschützt und konnten in den meisten Fällen ohne größere Probleme von feindlichen Truppen erobert werden.
England
Die spätmittelalterliche Befestigungsweise mit Rondellen blieb in England lange Zeit vorherrschend, bis es in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erste Versuche zur Errichtung von bastionierten Festungen gab. Dabei beanspruchten die Engländer die Hilfe von ausländischen Ingenieuren, die vor allem aus Italien kamen. Die frühen englischen Bastionen waren oftmals äußerst unregelmäßig konstruiert, was von dem Mangel an Erfahrung mit dem modernen Festungsbau zeugt. Die wahrscheinlich ersten Winkelbastionen auf englischem Boden wurden 1558 in Berwick-upon-Tweed erbaut und weisen einen unregelmäßigen Grundriss auf. Wie in vielen anderen Regionen Europas wurden in England veraltete Mauern durch Bastionen aus Erde verstärkt. Eine spezifisch englische Befestigungsweise bildete sich beim Befestigen größerer Städte heraus. Städte wie London wurden durch einen Ring aus Schützengräben geschützt, der durch Forts und Schanzen ergänzt wurde. Diese Befestigungsringe erinnerten stark an die Feldbefestigungen, die auf dem europäischen Festland um belagerte Städte errichtet wurden. Erst der Englische Bürgerkrieg von 1642-1649 beschleunigte die Verbreitung neuartiger Befestigungen in England. Die zahlreichen während dieses Bürgerkrieges errichteten Festungsanlagen bestanden zumeist aus Erde und wurden oftmals durch eine Holzverkleidung verstärkt. Zur Gewährleistung der Sturmfreiheit sicherte man die Wälle und Bastionen durch Sturmpfosten. Städte wie Worcester und York wurden durch weit vorgeschobene Forts geschützt, die den Gegner auf Distanz halten sollten. Bei Belagerungen errichteten die Engländer keinen Befestigungsring um den belagerten Ort, so dass sich das Eintreffen eines Entsatzheeres im Verlaufe des englischen Bürgerkrieges mehrmals für die Belagerer als fatal erwies.
Mittelmeerraum
Anders als auf den britischen Inseln verbreiteten sich bastionierte Befestigungen im Mittelmeerraum äußerst schnell, da dort die im Festungsbau erfahrenen Italiener ihre Interessen gegen die türkischen Osmanen sichern wollten. Die Venezianer befestigten bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts ihre Stützpunkte auf Kreta und Zypern. Die kretische Festungsstadt Kandia konnte erst 1669 nach zäher Belagerung von den Türken eingenommen werden. Auch die Johanniter waren nach ihrer Vertreibung von Rhodos durch die Türken im Jahre 1523 auf eine effektive Befestigung bedacht. Die von ihnen seit 1530 beherrschte Insel Malta wurde innerhalb kurzer Zeit mit bastionierten Wällen befestigt. Das vorgeschobene Fort St. Elmo sollte gegnerische Truppen frühzeitig binden. Als 1565 ein großes türkisches Heer in Malta an Land ging, griff es zunächst das Fort an. Bei der Erstürmung des Forts starb ungefähr jeder fünfte Soldat des türkischen Invasionsheeres, und nach dem Eintreffen eines Entsatzheeres mussten die Türken die Belagerung abbrechen. In der Folgezeit wurde Malta zu einer der stärksten Festungsinseln ausgebaut.
Übersee
Artilleriefestungen nach italienischem Vorbild wurden auch in den Kolonien der europäischen Staaten errichtet. So wurde 1557 von den Portugiesen eine bastionierte Festung im ostafrikanischen Mombasa und 1603 im brasilianischen Natal erbaut. Auch die Spanier schützten auf diese Weise Städte wie Acapulco und Havana. Die weltbekannte Wall Street im heutigen New York wurde nach dem Wall benannt, den die Niederländer dort im Jahre 1652 zum Schutz des damaligen Neu-Amsterdam errichtet hatten. In typisch niederländischer Manier bestand der Wall komplett aus Erde, zudem wurde der Stadtkern durch eine bastionierte Zitadelle gesichert.
Ein Kennzeichen von Festungsanlagen aus dieser Zeit war deren rasches Altern, denn die Weiterentwicklung der Belagerungswaffen zwang die Festungsbauer zu einer ständigen Anpassung ihrer Bauwerke. Die Konsequenz war eine ständige Bautätigkeit an den meisten Festungen, denn eine sich selbst überlassene Festungsanlage war innerhalb kürzester Zeit hoffnungslos veraltet. Hier zeigte sich ein frühes Beispiel eines Rüstungswettlaufes. Viele Staaten konnten mit den enormen Kosten des Festungsbaus nicht mithalten, die selbst bei nur aus Erde errichteten Befestigungsanlagen auftraten.
Der allmähliche Niedergang des Festungsbaus

Die Entwicklung von Geschützen mit immer größerer Feuerkraft und Reichweite führte im 19. Jahrhundert zur Verstärkung der Festungsbauten. Um die eigentliche Festung wurde ein großer Ring aus Forts angelegt, die nun die Hauptlast der Verteidigung übernahmen. Die immer größere Beweglichkeit und Feuerkraft der Armeen führte dazu, das der Bau von Festungen in der Mitte des 20. Jahrhunderts nahezu überflüssig wurde da diese zu leicht umgangen oder zerstört werden können. In den meisten Ländern Europas versuchte man zwischen dem erstem und zweitem Weltkrieg, die eigenen Landesgrenzen durch parallele Festungsanlagen zu schützen. Beispiele für solche Kordon-Stellungen waren die Maginot-Linie oder der Westwall. Der Aufwand zum Bau und zur ständigen Ausstattung mit Soldaten stand allerdings in keinem Verhältnis zum militärischen Erfolg derartiger Festungsanlagen.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges lebte das militärische Konzept der befestigten Stadt aus propagandistischen Gründen noch einmal auf. Die nationalsozialistischen Machthaber erklärten einige damals noch ostdeutsche Städte wie Breslau und Glogau zu Festungen, die ohne Rücksicht auf Verluste gehalten werden sollten, um die eigene Vernichtung noch einige Tage hinaus zögern zu können. Diese Städte waren in keiner Weise auf einen Festungskampf eingestellt und wurden in den darauf folgenden militärischen Auseinandersetzung mit der Roten Armee in weiten Teilen zerstört.
Der letzte Kampf um eine Festung im klassischen Sinne fand 1968 in Vietnam um die zu Beginn des 19. Jahrhunderts errichtete Zitadelle von Hué statt.
In den meisten europäischen Ländern wurde in den Jahren nach dem zweitem Weltkrieg und dem kaltem Krieg der Bau und der Unterhalt von Festungen eingestellt. Nur noch Schweden und eingeschränkt die Schweiz unterhalten heute noch in Europa Festungsanlagen. Wie sehr andererseits das Leben insbesondere der städtischen Bevölkerung jahrhunderte lang durch Festungsanlagen geprägt wurde, zeigt sich heutzutage noch an diversen Redensarten. So springt man für jemanden in die Bresche oder hat sturmfreie Bude. Diverse Straßennamen in deutschen Städten deuten auf das ehemalige Vorhandensein von Befestigungsanlagen hin, zum Beispiel wenn in ihnen "Glacis", "Esplanade" oder "Schanze" vorkommt. Bei den um viele Altstädte angelegten Grünanlagen handelt es sich meist um geschleifte Befestigungen, wie es zum Beispiel bei den Hamburger Wallanlagen der Fall ist.
Ehemalige Festungen und der Denkmalschutz
Nach der Aufgabe einer Festung wurden im Normalfall sämtliche Festungswerke geschleift, das heißt beseitigt und einer zivilen Nutzung zugeführt. Auf diese Art und Weise sind die meisten Festungen in Deutschland und in den europäischen Nachbarstaaten dem Erdboden gleich gemacht worden. Dies geschah vor allem im Zusammenhang mit der Entfestigung der großen Städte und nur in eher seltenen Fällen konnte eine städtische Festung der Nachwelt erhalten bleiben.
Damit ist die Erhaltung von ehemaligen Festungen die Aufgabe des Denkmalschutzes, damit sich die Menschen auch in späteren Zeiten noch eine Vorstellung über dieser vergangene Epoche und den Folgen für ihr eigenes Leben machen können.
Zitat
"Früher und bis zur Zeit der großen stehenden Heere herunter waren Festungen, d. i. Schlösser und befestigte Städte, nur zum Schutz ihrer Einwohner da. Der Edelmann, wenn er sich von allen Seiten bedrängt sah, rettete sich in sein Schloss, um Zeit zu gewinnen, einen besseren Augenblick abzuwarten; die Städte suchten durch ihre Befestigungen die vorüberziehende Wetterwolke des Krieges von sich abzuhalten. [...] Von der anderen Seite sind die Zeiten vorüber, wo die bloße Befestigung der Mauern ohne andere Kriegsanstalten einen Ort vor der Überschwemmung des Krieges, der über das ganze Land herzieht, völlig trocken erhalten konnte, denn diese Möglichkeit gründete sich teils auf die kleinen Staaten, in welche die Völker früher geteilt waren, teils auf die periodische Natur des damaligen Angriffs, der fast wie die Jahreszeiten seine bestimmte, sehr begrenzte Dauer hatte, weil entweder die Lehnleute nach Hause eilten oder das Geld für die Condottieri (ital. "Söldnerführer") regelmäßig auszugehen pflegte. Seitdem große stehende Heere mit ihren gewaltigen Artilleriezügen den Widerstand der einzelnen Punkte maschinenartig niedermähen, hat keine Stadt und keine andere kleine Korporation mehr Lust, ihre Kräfte aufs Spiel zu setzen, um einige Wochen oder Monate später genommen und dann um so strenger behandelt zu werden."
"Ein Verteidigungsheer ohne Festungen hat hundert verwundbare Stellen, es ist ein Körper ohne Harnisch."
- Der preußische General Carl von Clausewitz in seinem 1830 verfassten Werk "Vom Kriege"
Siehe auch
Architekturgeschichte, Fachbegriffe Festungsbau, Liste von Festungen
Literatur
- Cristopher Duffy: Siege Warfare: The Fortress in the Early Modern World, 1494-1660, ISBN 0-415-14649-6
- Cristopher Duffy: Siege Warfare Volume II: The Fortress in the Age of Vauban and Frederick the Great, 1680-1789, ISBN 0-7100-9648-8
- Cristopher Duffy: Fire & Stone: The Science of Fortress Warfare, 1660-1860, ISBN 1-85367-247-5
- Geoffrey Parker: The Military Revolution. Military Innovation and the Rise of the West, 1500-1800, ISBN 0-521-47958-4
- Hartwig Neumann: Festungsbau -Kunst und -Technik, Area-Verlag, ISBN 3-899-96268-0
- Martin Brice: Burgen und Wehranlagen, Verlag: Bechtermünz, ISBN 3-8289-0730-X
- Horst Wolfgang Böhme (Hrsg.): Wörterbuch der Burgen, Schlösser und Festungen, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-010547-1.
- Schriftenreihe: Beiträge zur internationalen Festungsforschung, Regensburg 2001 ff., ISBN 3-89783-274-7.
- Schriftenreihe: Schriftenreihe Festungsforschung / Deutsche Gesellschaft für Festungsforschung, DGF (Frankfurt a.M. u.a. 1981), ISSN 0723-2039.
- Zeitschrift: Festungsjournal. Zeitschrift der DGF (Dortmund u.a. 1982-).