Zum Inhalt springen

Zollbahnhof Homburg (Saar) West

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. August 2007 um 07:29 Uhr durch Lantus (Diskussion | Beiträge) (Zollbahnhof heute: + Bild). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der ehemalige Zollbahnhof Limbach-Altstadt ist über 50 ha groß und liegt in der Gemeinde Kirkel unmittelbar parallel-nördlich zur B 40 zwischen dem Kirkeler Ortsteil Limbach und Homburg (Saar). Neben der Lagerung von Material zum Bau und Erhalt des Bahnkörpers sind weite Teile brachgefallen und stellen ein hochwertiges ökologisches Biotop dar, das im Landesentwicklungsplan "Umwelt" des Saarlandes mittlerweile den Status "Vorranggebiet für Naturschutz erhalten hat.

Diesen Stellenwert hat das Areal für den Umweltschutz kämpfenden Anwohnern des nahen Ortes Limbach zu verdanken, sollte doch dort von der Saarbergwerke AG Mitte der 80er Jahre eine riesige Kohlehalde aufgeschüttet werden. Sowohl Umweltschützer als auch Kommunalpolitiker protestierten gegen dieses Projekt. Durch dieses Vorhaben waren bald Biologen und andere Wissenschaftler auf dem Plan, die in verschiedenen Gutachten mit unterschiedlichen Perspektiven die Ausnahmestellung des Geländes nachwiesen. Auch der Plan der Deutschen Bahn AG wurde gekippt, die Trasse für Hochgeschwindigkeitszüge diagonal durch den Zollbahnhof führen zu müssen.

Vorgeschichte

Das Gelände ist nur knapp 30 Jahre in seiner eigentlichen Bestimmung benutzt worden. Auch Generationen vor diesen soeben beschriebenen Protesten haben sich die Bewohner als kämpferische Bewahrer neuer Projekte erwiesen. Ursprünglich befand sich an dieser Stelle ein größerer See, der sogenannte "Schwarze See", der bereits mit Datum vom 29. April 1434 urkundlich erwähnt wurde. Johann, Graf zu Hohenburg und Herr zu der Felß gibt "aus sonderlicher Liebe und Gunst" den Wörschweiler Klosterbrüdern "den halben "Schwarzwag als Eigengut zu genießen". Und weiter heißt es in der Schenkungsurkunde, den Zisterziensern gehöre die Hälfte der Fische, Krebse und Frösche im Schwarzen Weiher.

1808, das Kloster ist inzwischen säkularisiert und das Gelände samt Weiher weiter veräußert, gehen die Bauern und neuen Landeigentümer gegen Napoleon auf die Barrikaden, der den Weiher trockenlegen läßt um die "Kaiserstraße" von Metz nach Mainz ohne Hindernisse schnurgerade durch das Gebiet des ehemaligen Gewässers legen zu können. Die Bevölkerung lebt von dem See, doch sie arrangieren sich. Bereits nach wenigen Jahren haben die Bauern hochwertige Ackerflächen auf dem ehemaligen Seegrund.

Geschichte

Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages von 1919 werden ab 1925 zwischen dem Saargebiet und Deutschland Zollschranken errichtet. Genau hier kreuzt die Pfälzische Ludwigsbahn die Grenze und der gute Ackerboden soll auf keinen Fall geopfert werden. Doch die Proteste sind erfolglos. Hochofenschlacke der Eisenverarbeitung und Abraum aus den Kohlegruben wird herbeigeschafft, um dem weichen Grund Halt zu geben. Am westlichen Rand muss eine Schlucht gesprengt werden, um die Gleise der Haupteisenbahntrasse wieder zuführen zu können. Dieses Material findet ebenfalls zum Auffüllen Verwendung.

Eine besondere Episode gründet sich in der Tatsache, dass das Arbeiter- und Bauerndorf Altstadt traditionell kommunistisch geprägt war und auch im Gemeinderat die Mehrheit bildete. Zur Zeit der Nazidiktatur gewährten der Kommunist und Bahnbedienstete Eduard Buschlinger und dessen Frau Carola zwischen 1933 und 1935 politischen Flüchtlingen Unterschlupf, die über den Zollbahnhof eingeschleust wurden. Auch Wagenladungen voll antifaschistischer Propaganda wurden mit Güterzügen ins Reich eingeschmuggelt, die über den Zollbahnhof abgefertigt wurden.[1]

Seit der Angliederung des Saargebietes ans Reich 1935 hatte der Zollbahnhof seine Aufgabe verloren und wurde jetzt als Verschiebebahnhof von Truppen und Material benutzt. Während des Krieges wurde er so auch immer häufiger Angriffsziel alliierter Flugzeuge. Die Verbindungsbrücke westlich des Zollbahnhofes wurde nach dem Krieg nie wieder aufgebaut, weil er auch jetzt seine eigentliche Funktion als Zollbahnhof nicht mehr erfüllen konnte.

Zollbahnhof heute

Dreifinger-Steinbrech

Wie oben beschrieben, wird nur ein kleiner Bereich heute noch von der Bahn benutzt. Bereits seit Aufgabe des Areals und Demontage der Anlagen Anfang der 50er Jahre konnte sich Flora und Fauna in den verlassenen Teilbereichen ungestört entwickeln; das gesamte Gelände war umzäunt und nicht für jedermann zugänglich. Heute finden sich hier der größte zusammenhängende Trockenrasen des Saarlandes sowie mindestens 69 verschiedene Vogelarten, die von einer aktiven Schar von Ornithologen regelmäßig Beobachtungen machen, darunter Nachtigall, Orpheusspötter und Neuntöter. An gefährdeten Pflanzenarten sind zu nennen: Dreifinger-Steinbrech (Saxifraga tridactylites), Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis), Feld-Beifuß (Artemisia vulgaris), Mauer-Hungerblümchen und Hunds-Braunwurz (Scrophularia canina).

Ende der 1980er Jahre traten zum ersten Mal Verschmutzungen im Grundwasser auf, die offensichtlich aus dem Bereich des Zollbahnhofes kamen: Wasser des Wasserwerkes Beeden sei mit dem Herbizid Bromazil hochgradig belastet, die Grenzwerte um ein vielfaches überschritten. Nach jahrelanger Suche konnte ein relativ kleines Areal gefunden werden, auf dem zuvor über längere Zeit die Unkrautvernichtungszüge der Bahn "gereinigt" wurden. Die Bodensanierung ist bis heute (2007) noch nicht abgeschlossen, noch immer findet sich Pflanzenvernichtungsmittel im Grundwasser.

Quellen

  1. Martin Baus: "Leben zwischen toten Gleisen, Der Zollbahnhof zwischen Homburg und Altstadt" in: Saarpfalz-Kalender 2005, ISSN 1614-9084