Bernhard Syndikus
Bernhard Syndikus (* 14. Februar 1958) ist ein Münchner Rechtsanwalt, der von 1988 bis zum 15. April 2005 in der Anwaltskanzlei des umstrittenen Rechtsanwalts Günter Freiherr von Gravenreuth, Experte für gewerblichen Rechtsschutz und sog. „Online-Rechte“, tätig war.
Arbeit
Der Schwerpunkt der Kanzlei Gravenreuth liegt nach eigenen Angaben im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Seit den 1990er Jahren geriet sie immer wieder durch umstrittene Abmahnungen gegen Computer- und Internetnutzer in die Schlagzeilen. So war war die Kanzlei Gravenreuth & Syndikus für diverse sog. „Serienabmahnungen“ verantwortlich. Unter anderem ging sie massiv gegen – rechtlich teilweise höchst umstrittene – Verletzungen der inzwischen gelöschten Marke Explorer (der zwischenzeitlich liquidierten Firma „Symicron“) oder auch gegen nicht minder umstrittene Verletzungen der Marke „Ballermann“ vor. Das Anfang 2002 beendete Mandat betreffend die Marke „Ballermann“ war zugleich die letzte nennenswerte „Serienabmahnung“ dieser Kanzlei.
Seit 15.04.2005 betreibt Syndikus unter seiner Privatadresse in München als Einzelanwalt eine eigene Kanzlei. Seine heutige Klientel besteht im Wesentlichen aus Dialer-Anbietern, Betreiber von Abofallen und Domaingrabbern.
Schon während seiner Tätigkeit in der Kanzlei Gravenreuth war Syndikus Geschäftsführer des Dialer-Anbieters Global Netcom GmbH (heute geschäftsansässig in Güstrow); diese Funktion bekleidet er heute wieder. Nach seiner Verhaftung im Zusammenhang mit dem Fall „FTP-Welt“ (siehe unten, “Umgang mit den Medien“) setzte Global Netcom vorübergehend einen neuen Geschäftsführer ein. Syndikus führt ferner die Geschäfte des Dialer-Anbieters Consiliere New Media und der Firma MV Medien GmbH [1] in München. Außerdem vertritt er in mindestens einer Sache Rechtsanwalt Olaf Tank[2], der wiederum – wie Syndikus auch – die Gebrüder Andreas und Manuel Schmidtlein vertritt. Gegen die Andreas und Manuel Schmidtlein GbR ist beim Landgericht Darmstadt ein von der Wettbewerbszentrale beantragtes Gewinnabschöpfungsverfahren anhängig, dessen Urteil zum 31. Juli 2007 erwartet wird[3]. Zuvor hatte das Landgericht Darmstadt am 24. Mai 2007 die Schmidtlein GbR wegen zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 24.000 Euro verurteilt (Az. 12 O 532/06)[4]. Hintergrund dieser Verurteilung war, dass die Schmidtlein GbR trotz einer abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung weiterhin die Teilnahme an Gewinnspielen mit dem Abschluss kostenpflichtiger Dienstleistungsverträge, deren rechtliche Zulässigkeit in Verbraucherschutzkreisen bezweifelt wird, gekoppelt hatten. Syndikus ist bei zahlreichen Schmidtlein-Websites als AdminC eingetragen.
Strafrechtliche Vorwürfe
Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen warf Syndikus im Herbst 2004 die gewerbsmäßige unerlaubte Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke sowie die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor; letzterer Vorwurf wurde allerdings noch 2004 fallen gelassen. Der Staatsanwaltschaft zufolge war er gemeinsam mit Mandanten und Dritten für den Betrieb der Webseite „FTP-Welt“ verantwortlich, über die illegal kopierte Filme und Software verkauft und damit seit Juni 2003 knapp eine Million Euro Umsatz gemacht worden sein soll. Der Prozess vor dem Landgericht Mühlhausen begann am 14. Februar 2007[5] und endete nach nur zwei Verhandlungstagen am 21. Februar 2007. Nach einer Meldung des Magazins Heise Online wurde Syndikus rechtskräftig zu einer 10-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde[6]. Als Bewährungsauflage hatte er u.a. 90.000 Euro zu zahlen, die auf verschiedene gemeinnützige Organisationen verteilt wurde. Dem für Beobachter überraschend schnellen und milden Urteil ging eine verfahrensbeendende Absprache (sog. „Deal“) zwischen Statsanwaltschaft, Gericht und Verteidigung voraus. Im Gegenzug legten alle im Fall „FTP-Welt“ Beschuldigten (Teil-)Geständnisse ab.
Umgang mit den Medien
Ein Beitrag der Tagesschau, der Syndikus bei seiner Festnahme am 16.09.2004 in Handschellen zeigte, wurde kurz nach seiner Ausstrahlung aus dem Online-Archiv der Tagesschau entfernt. Inzwischen haben mehrere Gerichte die weitere Ausstrahlung oder Verbreitung dieser und ähnlicher Aufnahmen untersagt.
Syndikus war maßgeblich an der Rechtsprechung zur sog. „Forenhaftung“ beteiligt. Im August 2005 berichtete das IT-Nachrichtenportal heise.de, einer von Syndikus’ Mandanten, Mario Dolzer, suche mittels eines Trojaners nach freigewordenen Domains, für die Syndikus dann als Admin-C fungiere. Syndikus dementierte diese Berichte und bestritt, für solche Domains als Admin-C eingetragen zu sein. In dem vom Heise-Verlag zu diesem Bericht eingerichteten Forum kam es sodann zu Postings, in denen u.a. zu DoS-Attacken auf den Server der Dolzer zuzurechnenden Firma Universal Boards aufgerufen wurde. Deswegen hatte Syndikus hat Heise-Verlag per Abmahnung dazu aufgefordert, es zu unterlassen, zukünftig daran mitzuwirken, dass in deren Foren Aufrufe zu DoS-Attacken auf den Server seines Klienten verbreitet werden. Heise löschte die betreffenden Beiträge und sprach von „Dampfablassen“ durch User, wollte jedoch nicht zusichern, ähnliche Beiträge in Zukunft bereits vor der Veröffentlichung zu unterbinden. Darauf erwirkte der von der DoS-Attacke betroffene Klient, die Firma Universal Boards, beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung. Im vom Heise-Verlag angestrengten Widerspruchsverfahren wurde diese einstweilige Verfügung im Dezember 2005 vom Gericht bestätigt. In den Urteilsgründen hieß es, es handele sich bei diesen Foren aufgrund vorangegangener Beiträge um eine „besonders gefährliche Einrichtung“. Das LG Hamburg stützte sich insoweit auf die BGH-Entscheidung „Internetversteigerung I“ (Urteil vom 11.03.2004, I ZR 304/01) zu Internetauktionen. Diese Rechtsprechung fordert, dass der Anbieter fremder Inhalte ab Kenntnis nicht nur von Usern begangene Rechtsverstöße abstellen, sondern zukünftig auch sicherstellen muss, dass sich solche Rechtsverletzungen nicht wiederholen können. Das Landgericht Hamburg verschärfte diese Rechtsprechung und meinte, wenn dies aus personellen Gründen nicht möglich sei, müssten entweder die Resourcen aufgestockt oder aber der Umfang des Dienstes eingeschränkt werden. Der Heise-Zeitschriftenverlag legte gegen das Urteil des LG Hamburg Berufung ein. Diese wurde am 22. August 2006 zwar zurückgewiesen, jedoch wurden die dem Verlag noch vom Landgericht Hamburg auferlegten Kontrollpflichten für die Webforen vom OLG Hamburg eingeschränkt[7]. Inzwischen hat auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27.03.2007, VI ZR 101/06) entschieden, dass Forenbetreiber grundsätzlich – ab Kenntnis – für rechtswidrige Postings auf Beseitigung und Unterlassung haften. Blogger, Gästebuch- und Forenbetreiber können sich durch eine Verifizierung ihrer User, z.B. durch das Post-Ident- oder ähnliche Verfahren, zwar nicht grundsätzlich gegen eine eigene Haftung absichern, weil sie nach der Rechtsprechung des BGH selbst als Störer haften; sie haben aber die Möglichkeit, ihre User ggfs. in Regress zu nehmen.
Der Heise-Verlag hatte – unter strikter Beachtung der von der Rechtsprechung zur sog. „Verdachtsberichtserstattung“ aufgestellten Grundsätze – sowohl über den Prozessauftakt im Verfahren „FTP-Welt“, als auch über die Urteile in jenem Verfahren berichtet. Hierbei wurden lediglich die Vornamen und der erste Buchstabe des Nachnamens der Beschuldigten verwendet [8], was für eine Erkennbarkeit im Einzelfall dennoch vollkommen ausreichend war (vgl. die Entscheidung des BGH in NJW 1971, 698, 700 – Pariser Liebestropfen[9]).
Im Zusammenhang mit dem Thema „Syndikus und Domaingrabbing“ war auch immer wieder die britische (Briefkasten-)Firma Laten8 in Erscheinung getreten, für die Syndikus ebenfalls als AdminC von „.de“ Domains fungiert.
Im April 2007 enthüllte der Bayerische Rundfunk Verbindungen von Syndikus zu den Betreibern weiterer sog. „Abofallen“. Unter anderem wurde auf diese Weise bekannt, dass Syndikus auch eine Firma Net Content Ltd. vertrat, deren „Director“ Michael Burat nicht nur in der Netzszene seit langem umstritten, sondern auch langjähriger Dutzfreund von Syndikus ist. Syndikus verbindet mit Burat aber nicht nur eine langjährige Freundschaft. Beide stehen nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück auch im Verdacht der gemeinschaftlichen Erpressung. Nach diesen Ermittlungen soll sich Burat unter Verwendung falscher oder fiktiver Namen und E-Mail-Adressen selbst sog. „E-Cards“ zugesandt und die Betreiber der betroffenen E-Card-Dienste dann über Syndikus wegen „Spam“ abgemahnt haben. Die auf diese Weise rechtswidrig erlangten Einnahmen in Form von Abmahnkosten sollen sich Syndikus und Burat dann geteilt haben. Syndikus bestreitet, wie zuvor im Fall „FTP-Welt“ auch, jede Tatbeteiligung und jedes Wissen von den Handlungen seines „Mandanten“ Burat, der nach einem Bericht von Heise.de jedoch bereits ein Teilgeständnis abgelegt hat[10]. Auch in diesem Fall ist nach Aussagen der Staatsanwaltschaft Osnabrück mit einer Anklageerhebung zu rechnen.
Quellen
- ↑ HRB 163119 München, 20. August 2006
- ↑ Unterlassungserklärung gegenüber RA Tank, erklärt gegenüber RA Bernhard Syndikus (pdf-Datei), Website von RA Olaf Tank, 22. Mai 2007
- ↑ Gewinnabschöpfungsverfahren gegen die Schmidtlein-Brüder
- ↑ Erstes Urteil gegen die Schmidtlein-Brüder, 24. Mai 2007
- ↑ Geständnisse im FTPWelt-Prozess, heise.de, 14. Februar 2007
- ↑ Bewährungsstrafen für FTPWelt-Betreiber, heise.de, 21. Februar 2007
- ↑ OLG Hamburg legt Begründung zum „Heise-Forenurteil“ vor, heise.de, 28. August 2006
- ↑ Prozessauftakt im Fall FTPWelt, heise.de, 17. Januar 2007
- ↑ Auszugsweise dargestellt bei Rolf Schälike
- ↑ Staatsanwalt ermittelt wegen Abmahnbetrugs, Heise.de, 10. Juni 2006
Weblinks
- Berufungsverhandlung vor dem OLG zum „Heiseurteil“
- Heise online: Syndikus fungiert als Admin-C für frei gewordene Domains
Personendaten | |
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NAME | Syndikus, Bernhard |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Rechtsanwalt |
GEBURTSDATUM | 1958 |