Benutzer:Jungpionier/Indische Architektur
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Die indische Architektur umfasst die Architektur des indischen Subkontinents mit den Staaten Indien, Pakistan, Bangladesch, Nepal und Sri Lanka vom Beginn der Indus-Kultur im 3. Jahrtausend v. Chr. bis heute. Sie spiegelt sowohl die ethnische und religiöse Vielfalt des indischen Subkontinents als auch dessen historische Entwicklung wider.
Ihre Anfänge liegen in den Städten der Indus-Kultur, die sich durch beachtliche städteplanerische Leistungen und große Funktionalität auszeichnen. Monumentalbauten waren dieser frühesten Hochkultur auf indischem Boden noch gänzlich unbekannt.
Der Beginn der zunächst vom Buddhismus geprägten monumentalen Steinarchitektur wird in die Zeit des Maurya-Herrschers Ashoka im 3. Jahrhundert v. Chr. datiert. Mit der Wiederbelebung des Hinduismus in nachchristlicher Zeit begann die Phase der hinduistischen Tempelarchitektur. Die hinduistische Architektur strahlte im Mittelalter nach Südostasien, die buddhistische bereits im Altertum auch nach Ostasien und Tibet aus, während die Baukunst des eng verwandten Jainismus stets auf den Subkontinent beschränkt blieb. Gemeinsam ist allen drei Architekturformen eine strenge, religiös begründete Geometrie und die starke Betonung ikonografischer Elemente.
Aus dem Nahen Osten gelangte im 8. Jahrhundert die islamische Baukunst nach Indien, wo sie sich unter einheimischen sowie west- und zentralasiatischen Einflüssen zu einer eigenständigen indisch-islamischen Architektur entwickelte. Der Kolonialismus brachte im 16. Jahrhundert europäische Kunstvorstellungen mit, die bis ins 19. Jahrhundert weitestgehend isoliert von einheimischen Traditionen blieben. In der Moderne wirken die zeitgenössische Architektur westlicher Prägung ebenso wie traditionelle Bauformen und innovative, eigenständige Entwicklungslinien.
Grundlagen und allgemeine Wesenszüge
Raumvorstellungen

Die indische Raumkonzeption ist eng mit astrologischen und kosmologischen Vorstellungen verknüpft, während ihre bildhafte Gliederung die Stellung von Personen und Dingen in der Welt widerspiegelt. Die vedische Architekturlehre Vastu erläutert idealisierte Stadtschemata mit folgendem Grundaufbau: Im Mittelpunkt der Stadt befindet sich ein dem wichtigsten vedischen Gott Brahma vorbehaltenes Heiligtum, das als „Allerheiligstes“ gilt. Darin kommt die im Hinduismus und Buddhismus bis heute vorhandene Vorstellung vom Weltenberg Meru als Mittelpunkt der Welt und Sitz der Götter zum Ausdruck. Um das zentrale Heiligtum sind in konzentrischen Ringen weniger bedeutende Heiligtümer, die jeweils einer bestimmten Gottheit bzw. einer bestimmten Form des Göttlichen geweiht sind, angeordnet. Die Gottheiten und damit die Heiligtümer sind Gestirnen (Sonne, Mond, Fixsterne) zugeordnet. Die konkrete Lage der kleineren Heiligtümer richtet sich nach der von Pilgern zu befolgenden Umrundungsrichtung des Zentralheiligtums (in der Regel im Uhrzeigersinn). Die Stadt wird von zwei Achsen durchzogen, denen astronomischen Beobachtungen zugrunde liegen: Die erste Achse verläuft in Ost-West-Richtung zwischen den Äquinoktialpunkten, die zweite in Nord-Süd-Richtung zwischen den Kulminationspunkten der Sonne. Aus der Mittelpunktlage und dem orientierten Achsenkreuz ergeben sich zwangsläufig die geometrischen Grundformen Quadrat und Kreis, die als Mandala dargestellt werden können, bzw. Würfel und Kugel. Das Quadrat besitzt besondere Symbolkraft, bilden doch die vier mythologischen „Eckpunkte“ Indiens – die Wallfahrtsorte Puri im Osten, Rameswaram im Süden, Dvaraka (Dwarka) im Westen und Badrinath im Norden – ein Quadrat.
Tatsächlich weisen zahlreiche Städte in Nord- und Zentralindien eine annähernd dem beschriebenen Idealfall vergleichbare Struktur mit nach den Himmelsrichtungen ausgerichtetem Achsenkreuz und markantem Mittelpunktsbau auf. Allerdings ist das Prinzip je nach den geografischen Gegebenheiten der Stadt mehr oder weniger stark aufgeweicht. Die Nebenstraßen der großen Achsen sind verwinkelt; sie unterliegen keinem strengen Ordnungsprinzip. Selbst islamische Gründungen haben einen ähnlichen Aufbau, der aber in den Paradiesvorstellungen dieser Religion begründet liegt. So ist das Achsenkreuz dem viergeteilten Paradiesgarten nachempfunden. Südindische Tempelstädte kennzeichnen neben dem Achsenkreuz ineinanderliegende, orientierte und oft ummauerte Quadrate. Im innersten Quadrat erhebt sich der Haupttempel, dessen Architektur ebenfalls nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet und von rechteckigen Grundstrukturen beherrscht ist. Die Stadtviertel mit kleineren Tempeln ringsumher sind konzentrisch und hierarchisch angeordnet. Einige südindische Städte wie Tiruvannamalai kommen damit dem Idealbild äußerst nahe.
Auch in kleinräumigen Strukturen lassen sich die Ordnungsprinzipien Quadratur und Orientierung wiedererkennen. Die Anordnung der Bestandteile eines Tempels ist ähnlich wie die Anlage einer Stadt in der Vastu-Lehre festgelegt. Auch traditionelle indische Wohnhäuser sind häufig quadratisch oder rechteckig. Der Haupteingang weist möglichst nach Osten. Die Innenräume sind hierarchisch um einen Hausschrein gruppiert. Es besteht allerdings eine beträchtliche regionale Variationsbreite.
Bauweisen und -stoffe
In vedischer Zeit war Holz das bevorzugte Baumaterial. Frühe monolithische Steinbauten, etwa die hinduistischen und buddhistischen Höhlentempel und -klöster, bilden daher in Holzbauweise errichtete große Hallen mit einheitlicher Decke nach. Schnitzereien nachempfundene Ornamente wurden in weichen Sandstein eingekerbt. Nach dem Übergang zu freistehenden, zusammengesetzten Steinbauten, teilweise bis in die frühe Neuzeit, dienten Holzkonstruktionen noch immer vielfach als Vorbilder. Immer wieder wurden lange Steinbalken nach Holzbauart verlegt, ohne die mangelhaften statischen Eigenschaften auf Grund des Eigengewichtes des schwereren Baustoffs auszugleichen. Einstürze und nachträgliche Korrekturen waren daher relativ häufig. Dennoch setzte sich der Steinbau dank der Haltbarkeit des Materials durch.
Für Trockenmauerwerk, das in an Naturstein reichen Regionen wie dem Dekkan und dessen Randgebirgen dominiert, wurden Steinblöcke so präzise zugehauen, dass sie ohne Mörtel aufeinandergeschichtet werden konnten und imstande waren, schwere Deckenplatten zu tragen. Mörtel aus Kalk oder Gips nutzte man vor allem im nördlichen und nordwestlichen Teil des Subkontinents, in denen Backstein als wichtigstes Baumaterial dient. Aber auch in Südindien bestehen die oberen Stockwerke hoch aufragender Tempeltürme aus leichterem Mörtelmauerwerk. In Bengalen und Sindh kommt bis heute auch Lehm als Baustoff und Bindemittel zum Einsatz. In islamischer Zeit sorgten nach persischem Vorbild angefertigte schnell abbindende, zementartige Mörtelmischungen für die nötige Stabilität beim Bau großer Kuppeln und Gewölbe. Deckenkonstruktionen – in der indischen Architektur sind keine aufgesetzten Dachstühle nach europäischem Muster üblich – und Außenmauern wurden zudem mit Mörtel abgedichtet, um das Durchdringen von Wasser in der regenreichen Monsunzeit zu verhindern. Besonders bei Kuppeln verleiht die von außen aufgebrachte Mörtelschicht zusätzliche Festigkeit.
Die verbreitetsten einheimischen Bautechniken der vorislamischen Zeit waren die Steinschichtung und das Überkragen. Obwohl Gewölbe- und Kuppelbau bereits im Altertum bekannt waren, fanden sie erst durch islamische Baumeister weitreichende Verbreitung. Viele herausragende indo-islamische Bauwerke sind Kuppelbauten. Der Übergang von der rechteckigen Grundfläche zum Fußkreis der Kuppel wurde in vorislamischer Zeit noch durch Eckplatten und Kragekonstruktionen, später durch Trompen und Pendentifs gelöst. Gewölbeschlusssteine und Amalakas (Schlusssteine auf Tempelturmspitzen) übernehmen neben der rein statischen fast immer auch symbolische Zierfunktionen.
Als Hilfskonstruktionen dienen bei Bauwerken aus Haustein steinerne oder eiserne Klammern und Anker, welche die großen Steinblöcke oder ganze Gebäudeteile zusammenhalten. Backsteinkonstruktionen werden durch mit Ringankern verbundene Holzbalken, häufig aus Teak, stabilisiert. In viele Gewölbe sind eiserne oder hölzerne Zuganker eingelassen, um die Schubwirkung des Gewölbes aufzuheben. Konstruktive Bauglieder (Träger, Unterzüge usw.) liegen häufig unter Putz. Äußerlich sichtbare Rippen haben daher meist keine statische Funktion; besonders in islamischen Bauwerken sind sie in der Regel reine Schmuckelemente aus Stuck.
Eine Eigenart der indischen Architektur ist der Brauch, einzelne Bauelemente oder sogar große Wandflächen, vornehmlich bei Sakralbauten, mit einem Überzug aus Metall, Glas oder anderen glänzenden Materialien zu versehen. Sehr verbreitet ist diese Praxis in Nepal, wo die hölzernen Bestandteile bedeutender, in Fachwerkbauweise errichteter Tempel oft mit Metall überzogen oder gar vollständig durch Metall ersetzt sind. Das bekannteste Beispiel überhaupt für den Einsatz metallischer Baustoffe in der Fassadengestaltung ist der Goldene Tempel in der indischen Stadt Amritsar, das höchste Heiligtum der Glaubensgemeinschaft der Sikhs.
Architektur der vor- und frühgeschichtlichen Zeit
Früheste Zeugnisse
Der Ort Mehrgarh in der pakistanischen Provinz Belutschistan ist eine der frühesten bekannten Siedlungen des indischen Subkontinents. In den ältesten Schichten der ab etwa 7000 v. Chr. dauerhaft bewohnten Siedlung finden sich einzelne Mauerreste aus handgeformten Lehmziegeln, die zu rechteckigen, türlosen Kammern gehörten. Aus dem 6. und 5. Jahrtausend v. Chr. stammen größere Anlagen aus rechteckigen und quadratischen Kammern, die vermutlich zum größten Teil als Getreidespeicher und Viehstallungen, einige auch als Behausungen dienten. Auch an anderen Orten in Pakistan wurden ähnliche Kammerbauten aus Lehm entdeckt, die aus dem 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. stammen, unter anderem in Nindowari (Belutschistan) und Amri (Sindh). Nach letzterer Siedlung ist die seit Mitte des 4. vorchristlichen Jahrtausends nachweisbare Amri-Kultur am Unterlauf des Indus benannt. Sie ging der Indus-Kultur voraus.
Indus-Kultur

Im 3. Jahrtausend v. Chr. lösten die Städte der Indus- oder Harappa-Kultur die dörflichen Vorgängerkulturen ab. In Kot Diji am unteren Indus und in Kalibangan in Rajasthan wurden Übergangskulturen entdeckt. In beiden Siedlungen liegen Lehmziegelstrukturen innerhalb eines massiven Walles. Nach vorübergehender Aufgabe wurden die Orte von größeren, städtischen Siedlungen überlagert.
Die eigentliche Indus-Hochkultur (etwa 2600 bis 1800 v. Chr.) umfasste mehrere hundert Städte nicht nur am Unterlauf des Indus, sondern auch im heute zwischen Pakistan und Indien geteilten „Fünfstromland“ Punjab, in Südbelutschistan sowie in den indischen Bundesstaaten Haryana, Gujarat, Rajasthan (Kalibangan im äußersten Norden) und Uttar Pradesh (Alamgirpur im äußersten Westen). Die größten Zentren waren Harappa im Punjab und Mohenjo-Daro im Sindh, eine der bedeutendsten Städte außerhalb der Industiefebene war Lothal in Gujarat. Allerdings haben fast alle größeren Siedlungen einen ähnlichen, streng geometrischen städtebaulichen Aufbau. Eine zitadellenartige Oberstadt im Westen überragt die räumliche getrennte annähernd parallelogrammförmige, rechteckige oder quadratische Unter- bzw. Wohnstadt im Osten.
In Nord-Süd-Richtung durchgehende Hauptstraßen und in Ost-West-Richtung knickachsige Nebenstraßen zerteilten die Unterstädte in Wohnblöcke. Damit ist die von an frühen Ausgrabungen beteiligten Archäologen aufgestellte Vermutung, dass die Wohnstädte einen raster- oder schachbrettartigen Grundriss aufwiesen, zwar widerlegt, aber dennoch zeigen die großen Städte der Indus-Kultur eine derart systematische, einheitliche Gesamtarchitektur, dass ihnen eine entwickelte Stadtplanung zugrunde gelegen haben muss.[3] Der Aufbau der aus gebrannten Ziegeln errichteten, unterschiedlich großen Wohngebäude der Unterstädte war einfach und pragmatisch. Die rechteckigen, meist zweistöckigen Häuser waren nach außen geschlossen und nur über einen Innenhof zu erreichen. Ihre Fassaden waren meist völlig schmucklos. Viele Häuser verfügten über einen Brunnen. Abwässer wurden über Tonröhren in ein verzweigtes Kanalisationsnetz geleitet.
Die auf künstlich angelegten, kegelförmig aufsteigenden Plattformen erbauten Oberstädte waren über Rampen oder Treppen zugänglich. Sie weisen einen weitaus weniger schematisierten Grundriss als die blockartigen Unterstädte auf und unterscheiden sich von Stadt zu Stadt stark. Gemeinsam ist ihnen jedoch eine Umfassungsmauer und das Vorhandensein von Großstrukturen im Gegensatz zu den kleinräumigen Strukturen der Unterstädte. Dies deutet darauf hin, dass die Oberstädte Sitz der weltlichen oder religiösen Autoritäten waren. In Mohenjo-Daro sind verschiedene Großbauwerke anhand archäologischer Erkenntnisse als „Priesterkolleg“, „Großes Bad“ und „Kornspeicher“ ausgelegt worden; endgültige Belege für den tatsächlichen Zweck der Gebäude stehen jedoch angesichts der noch immer unentschlüsselten Schrift der Indus-Kultur aus. Anders als in den frühen Hochkulturen der Sumerer und Ägypter fehlen Monumentalbauten völlig. Vielmehr deuten alle größeren Strukturen auf eine pragmatische Nutzung hin, exemplarisch sei neben den bereits erwähnten Gebäuden in Mohenjo-Daro das Hafenbecken von Lothal genannt.
Da es unmittelbar in der Indusebene keine nennenswerten Natursteinvorkommen gibt, bestehen alle erhaltenen Baustrukturen überwiegend aus luftgetrockneten Lehmziegeln. Nur in den Fundamenten größerer Bauanlagen wurde gelegentlich auch Naturstein eingesetzt. Holz kam vermutlich nur in Deckenkonstruktionen zum Einsatz. Bautechnisch bevorzugten die Architekten der Indus-Kultur rechtwinkliges Mauerwerk im Blockverband. Runde Brunneneinfassungen, die weder aus den vorharappanischen Kulturen noch den parallel in Mesopotamien und Ägypten existierenden Hochkulturen erhalten sind und daher wahrscheinlich eine Neuerung in der gesamten Baugeschichte darstellten[4], wurden aus keilförmigen Ziegeln gemauert. Gewölbe waren dagegen mit Ausnahme des Kraggewölbes unbekannt.
Vedische Zeit
Aus bislang ungeklärten Gründen erlosch die Indus-Kultur um 1800 v. Chr. Mit ihrem Erlöschen fand auch die Lehmbautradition vorläufig ein Ende, obwohl einzelne harappanische Siedlungen noch bis ins 17. vorchristliche Jahrhundert bewohnt waren. Die dörflichen Kulturen der darauffolgenden Jahrhunderte sind nur durch Keramiken und Gebrauchsgegenstände belegt, bauliche Reste haben nicht überdauert.
Im 2. Jahrtausend v. Chr. drangen halbnomadische, als Arier (Aryas) bezeichnete Stämme mit indogermanischer Sprache von Norden kommend auf den indischen Subkontinent vor und ließen sich dort nieder. Die zentralasiatischen Einwanderer oder deren Nachfahren verfassten um die Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. die frühesten Veden. Aus den Sulvasutras, vedischen Texten zur Geometrie, ist der schematische Aufbau aus Ziegeln geschichteter Opferaltäre in Form eines Rades, Vogels oder einer Schildkröte überliefert. In Jagatgram (Uttarakhand, Indien) entdeckten Archäologen einen im 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. in genauer Übereinstimmung mit den Sulvasutras errichteten Ziegelaltar in Form eines Falken.[5]
Die Dörfer der Indoarier bestanden aus vergänglichen Materialien wie Holz, Bambus oder Stroh, in späterer Zeit auch aus Lehm. Runde und rechteckige Umrisse von aus mit Lehm verstrichenem Flechtwerk oder aus Lehmziegeln errichteten Hütten sind neben Hügelgräbern die einzigen architektonischen Zeugnisse aus vedischer Zeit. In Kurukshetra konnte eine Entwicklung von runden zu rechteckigen Hütten und schließlich zu Lehmziegelbauten mit mehreren Räumen nachgewiesen werden.
Eine Stadtkultur entstand erst in der spätvedischen Phase im 7. oder 6. Jahrhundert v. Chr. in der Ebene des Ganges und der Yamuna. Frühe Städte wie Kaushambi (nahe Allahabad) und Rajagriha (in Bihar) waren von Wällen umgeben. Der Bruchsteinwall von Rajagriha aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. ist der früheste erhaltene Natursteinbau Indiens.[6] Hausanlagen aus der Gründungszeit dieser Städte sind dagegen nicht erhalten. Die frühestens aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. stammende Stadtanlage von Bhita (ebenfalls nahe Allahabad) ist eine der wenigen erschlossenen Siedlungen aus altindischer Zeit. Sie weist eine annähernd schachbrettförmige Grundstruktur mit rechteckigen Grundrissen frei stehender Häuser auf.
Buddhistische Architektur

Der Beginn der indischen Monumentalbaukunst fällt in die Zeit Ashokas (reg. 268 bis 232 v. Chr.), Herrscher des Maurya-Reiches, des frühesten Großreiches der indischen Geschichte, der den Buddhismus angenommen und dessen Verbreitung gefördert hatte. Vor diesem Hintergrund entstand erstmals eine buddhistische Sakralarchitektur, ebenso wie eine von der buddhistischen Ikonografie beeinflusste Profanbaukunst.
Zentren der buddhistischen Architektur waren neben dem Maurya-Reich (4. bis 2. Jahrhundert v. Chr.) dessen Nachfolgereich unter der Shunga-Dynastie (2. und 1. Jahrhundert v. Chr.), der westliche Dekkan auf dem Gebiet des heutigen Maharashtra sowie der Nordwesten des Subkontinents mit den antiken Reichen Gandhara und Kushana (3. Jahrhundert v. Chr. bis 3. Jahrhundert n. Chr.), wo der Buddhismus eine enge Symbiose mit der seit Alexander dem Großen verbreiteten Kultur der hellenistischen Welt einging (Graeco-Buddhismus).
Nach dem Untergang Kushanas, teilweise auch schon vorher, befand sich der Buddhismus mit Ausnahme Sri Lankas überall in Südasien, wenngleich mit regional beträchtlichen zeitlichen Unterschieden, auf dem Rückzug gegenüber dem wiedererstarkenden Hinduismus. Damit einher ging eine Verminderung der buddhistischen Bautätigkeit, die nach dem Vordringen des Islam endgültig zum Erliegen kam. Eine Fortsetzung und Weiterentwicklung erfuhr die buddhistische Bautradition außerhalb Indiens, insbesondere in Südost- und Ostasien sowie im tibetischen Kulturraum.
Beginn der Monumentalbaukunst
Die Ursprünge der im 3. vorchristlichen Jahrhundert einsetzenden indischen Monumentalbaukunst sind nicht eindeutig geklärt, werden aber von vielen Wissenschaftlern (u. a. Mortimer Wheeler) auf persische Einflüsse zurückgeführt, während der indische Archäologe und Kunsthistoriker S. P. Gupta eine Eigenentwicklung aus Holzschnitzformen des Gangestals sieht. Den Befürwortern der persischen Theorie zufolge könnten persische Steinmetze nach der Zerstörung des Achämenidenreiches durch Alexander den Großen 330 v. Chr. die Kunst der Steinbearbeitung und –polierung nach Indien gebracht haben.[7] Für diese These spricht unter anderem die Gestaltung von Figurenreliefs.[8] Andererseits lassen sich die buddhistischen Stupas als früheste Vertreter der Sakralarchitektur ebenso wie frühe Tempel- und Klosteranlagen aus indischen Vorbildern herleiten, wobei tatsächlich viele Gestaltungsprinzipien aus der Holzbaukunst übernommen wurden.
Unbestritten ist, dass die Achämeniden bereits im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. auf den Nordwesten des indischen Subkontinents expandierten. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Stadtbefestigungsanlagen (Wälle, Gräben) in Nordindien. Eine zweite Welle der Errichtung solcher Anlagen fand zur Zeit der hellenistischen Einfälle der Graeco-Baktrier im 2. vorchristlichen Jahrhundert statt.
Der Stupa als frühester buddhistischer Kultbau


Zur Maurya-Zeit entstand mit dem Stupa die früheste bekannte Form der buddhistischen Sakralarchitektur. Der Stupa ging aus älteren, aus Erde aufgeschütteten Grabhügeln hervor. Frühe Stupas bestanden aus einem abgeflachten, aus Ziegeln gemauerten und oft mit Bruchstein oder Erde aufgefüllten Halbkugelbau (Anda, wörtlich „Ei“), in den eine Kammer (Harmika) für die Aufbewahrung von Reliquien eingelassen ist, und waren von einem Holzzaun umringt. Neben der Reliquienaufbewahrung sollten Stupas oft auch an bedeutende Ereignisse der Geschichte des Buddhismus erinnern.
Die meisten während der Maurya-Zeit im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. erbauten Stupas in Nordindien und Nepal wurden unter der im 2. und 1. vorchristlichen Jahrhundert herrschenden Shunga-Dynastie übermauert, so die ältesten der hervorragend erhaltenen Stupas von Sanchi (Madhya Pradesh, Indien). Unter den Stupas von Sanchi ragt der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. erneuerte, im Kern aber noch aus der Epoche der Maurya stammende Große Stupa heraus, der zu den bedeutendsten Baudenkmälern des indischen Altertums zählt. Er weist alle Elemente auf, die auch für die späteren Stupas charakteristisch sind. Das Anda ruht auf einem terrassenartigen kreisrunden Unterbau (Medhi), der über Freitreppen zugänglich ist. Die Harmika ist nicht mehr in das Anda eingelassen, sondern steht innerhalb einer quadratischen Steinbalustrade obenauf. Den Abschluss bildet ein Steinmast (Yasti), der sich aus den mittig aufgesetzten Holzstäben der früheren Grabhügel ableitet, mit dreifacher schirmförmiger Bekrönung (Chattra, Plural Chattravali). Das Bauwerk als Ganzes symbolisiert nach buddhistischer Vorstellung den Kosmos, wobei das Anda für das Himmelsgewölbe und die Yasti für die Achse der Welt stehen. Umgeben ist der Baukomplex von einem Wandelpfad (Pradakshinapatha) und Steinzaun (Vedika); die vier darin eingelassenen Steintore (Torana) mit reichem Figurenschmuck wurden aber erst im 1. Jahrhundert v. Chr. oder später ergänzt. Ebenfalls aus der Shunga-Zeit stammt der Stupa von Bharhut in Madhya Pradesh. Die etwa auf dem Gebiet des heutigen Andhra Pradesh herrschenden Shatavahana erbauten zwischen dem 2. Jahrhundert v. Chr. und dem 2. Jahrhundert n. Chr. Stupas mit bilderreichen Friesen, unter anderem in Ghantasala, Bhattiprolu und Amaravati.
Auch im Nordwesten blühte die Stupa-Architektur; eines der frühesten Beispiele ist der Dharmarajika-Stupa in Taxila (Nordpakistan), der früheren Hauptstadt des Reiches Gandhara, der den Stupas der Maurya und Shunga ähnelt. In Gandhara entwickelte sich auch ein neuer Typus des Stupa: Unter der Herrschaft der Shaka (Indo-Skythen) im 1. Jahrhundert v. Chr. löste ein quadratischer Sockel die runde Medhi ab, während die vorher abgeflachte Halbkugelform des eigentlichen Stupa nun zylindrisch gestreckt wurde. Stellvertretend für diesen neuen Typus steht der Stupa von Sirkap nahe Taxila. Die Quadratsockel-Stupas fanden durch das Reich Kushana weite Verbreitung in Nordindien.
In Sri Lanka, das im Gegensatz zum rehinduisierten, später teils islamisierten Indien bis heute buddhistisch geprägt ist, entwickelte sich ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. eine besondere Spielart des Stupa, die als Dagoba bekannt ist. Die ältesten Dagobas sind entweder als Ruinen erhalten oder wurden später überbaut. Charakteristisch sind der meist runde Stufensockel, das halbkugel- oder glockenförmige Anda, die darauf sitzende quadratische Harmika und die konische, aus sich verjüngenden Ringen zusammengesetzte Spitze.
Auch in anderen Teilen Asiens, in denen der Buddhismus zum Teil bis heute Fuß fasste, wurde die Bautradition des Stupa fortgeführt und weiterentwickelt. Neue Bauformen gingen daraus hervor, so in Tibet der Chörten, in China und Japan die Pagode sowie – über den Zwischenschritt der Dagoba – die thailändische Chedi. Weitere Varianten sind in Südostasien verbreitet.
Buddhistische Höhlentempel und -klöster

Die Höhlen in den Barabar-Bergen Bihars aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., also der Epoche der Maurya, stellen den Anfangspunkt der monolithischen Höhlentempelarchitektur dar, die in späteren Jahrhunderten zu einem wichtigen Charakteristikum der gesamtindischen Baukunst reifte. Obwohl die Barabar-Höhlen der Ajivika-Sekte, einer nichtbuddhistischen Gemeinschaft, als Kultort dienten, greifen sie einige Merkmale späterer buddhistischer Höhlentempel voraus. Die Lomas-Rishi-Höhle besteht aus einer länglichen Halle, an die sich eine kreisrunde Kammer, die als Kultraum diente, anschließt. Beide Raumformen verschmolzen später im buddhistischen Sakralbau zur Gebetshalle (Chaitya). Als einzige der Barabar-Höhlen ist der Eingang der Lomas-Rishi-Höhle mit einem an hölzerne Vorbilder angelehnten Elefantenrelief ausgeschmückt.
Ins 2. oder 1. Jahrhundert v. Chr. werden die ältesten Teile der Anlage von Bhaja datiert, die stilistisch am Beginn der buddhistischen Höhlentempel steht. Bhaja befindet sich auf dem westlichen Dekkan, wo sich die Hauptentwicklung der Höhlentempel vollzog. Hier sind rechteckige Halle und kreisförmige Kammer bereits zur apsidialen Chaitya-Langhalle mit Tonnengewölbe verschmolzen. Eine Säulenreihe unterteilt die Halle in drei Schiffe. In der Apsis erhebt sich ein kleiner Stupa, der ebenso wie alle anderen Bauelemente aus dem Felsen herausgehauen ist. Beiderseits des hufeisenförmigen Einganges zur Chaitya-Halle liegen, jeweils um einen größeren Mittelraum gruppiert, mehrere schlichte rechteckige Zellen, die in ihrer Gesamtheit ein Mönchskloster (Vihara) bilden. Der beschriebene Aufbau stellt das Grundkonzept buddhistischer Höhlenklöster in Indien dar; spätere Anlagen unterscheiden sich bis auf wenige Ausnahmen nur durch ihre Größe, Komplexität und individuelle künstlerische Ausgestaltung. Augenfällig ahmt die Architektur der Höhlenklöster immer wieder die zeitgenössische Holzbauweise nach, denn die Säulen der Chaitya-Hallen und die Rippen der Deckengewölbe sind in Höhlen ohne jede statische Funktion.[9] Auch die Außenfassaden imitieren oft hölzerne Vorbilder, die nicht erhalten sind.
Die Höhlen von Karla aus dem 1. bis 2. Jahrhundert n. Chr. ähneln in der Anlage dem unweit gelegenen Klosterkomplex von Bhaja. Einen besonderen Stellenwert nimmt Karla durch seinen reichen Bilderschmuck ein, der im Gegensatz zum eher sparsamen Dekor Bhajas steht. Sind die Säulen in Bhaja noch ungegliedert und gänzlich schmucklos, zieren die Kapitelle der fein gegliederten Säulen in Karla kunstvoll ausgearbeitete Figuren von Liebespärchen (Mithuna). Vervollkommnung erreicht die plastische Ausschmückung in der vier Chaitya-Hallen und mehr als 20 Vihara-Höhlen umfassenden Anlage von Ajanta, die über einen langen Zeitraum etwa vom 2. Jahrhundert v. Chr. bis zum 7. Jahrhundert n. Chr. entstand. Neben üppigem Relief- und Ornamentschmuck an Portalen, Säulen und Pilastern ist Ajanta für seine Wandmalereien berühmt. Während der Buddha in den älteren Anlagen nur in symbolischer Form durch Stupas verehrt wird, finden sich in den jüngeren Höhlen zahlreiche figürliche Darstellungen. In Ellora ist nur der älteste Teil (etwa 6. bis 8. Jahrhundert) buddhistisch, daneben existieren je eine hinduistische und jainistische Höhlengruppe.
Siehe auch: Höhlentempel in Indien
Freistehende Tempel- und Klosteranlagen

Angesichts der hohen Meisterschaft der monolithischen Felsenklöster und -tempel und der offensichtlichen Anleihen bei der Holzkunst ist davon auszugehen, dass die freistehende Sakralarchitektur in der frühbuddhistischen Phase in Holz ausgeführt wurde, aber auf Grund der Vergänglichkeit des Materials nicht erhalten ist. Überreste freistehender Steinbaukunst der spätbuddhistischen Zeit finden sich nur vereinzelt. Vergleichsweise gut erhalten sind die Ruinen der im 5. Jahrhundert von den Gupta gegründeten, später von Harsha und den Pala geförderten und im 12. Jahrhundert von muslimischen Eroberern zerstörten Klosteruniversität (Mahavihara) in Nalanda (Bihar, Indien). Der Hauptbau ist der über mehreren Vorgängern aus Ziegeln errichtete Große Stupa (Sariputta-Stupa), der von Stufen, Terrassen und Votivstupas sowie Ecktürmen mit Skulpturen des Buddha und der Bodhisattvas umgeben ist. Von den Chaityas und Viharas sind kaum mehr als die Grundmauern erhalten, anhand derer aber eindeutig zu erkennen ist, dass die Viharas um große Höfe – ähnlich wie die Höhlen-Viharas um Mittelräume – angeordnet waren.
Das bedeutendste freistehende buddhistische Bauwerk Indiens ist der Mahabodhi-Tempel in Bodhgaya (Bihar, Indien), dem Ort, an dem Siddhartha Gautama die Erleuchtung erlangte. Der Ziegeltempel entstand im 6. Jahrhundert parallel zur Frühform des Hindu-Tempels im Guptareich, wurde aber im 12. und 13. Jahrhundert von birmanischen Baumeistern verändert. Seine Grundform mit einem auf einer Plattform pyramidenförmig aufragenden Mittelturm und jeweils einer verkleinerten Nachbildung desselben an den vier Eckpunkten der Plattform gleicht dem Konzept mittelalterlicher hinduistischer Tempel im Nagara-Stil.
Profanarchitektur im Maurya-Reich
Die Hauptstadt der Maurya, Pataliputra (Bihar, Nordostindien), soll nach der Beschreibung des Megasthenes eine der größten Städte der damaligen Zeit gewesen sein. Da Pataliputra heute größtenteils unter der Stadt Patna liegt, konnte bisher nur ein kleiner Teil der antiken Stadt freigelegt werden, darunter Überreste eines Palisadenzaunes. Die Reste einer großen auf monolithischen Sandsteinsäulen ruhenden Halle, deren Zweck unbekannt ist, stellen den herausragendsten Fund dar.
Freistehende monolithische Säulen (Stambhas) aus der Zeit Ashokas, die noch vollständig erhalten sind, wurden an mehreren Orten Nordindiens an altertümlichen Handelsstraßen und Kultplätzen entdeckt. Sie enthalten historisch überaus bedeutsame Inschriften (Säulen-Edikte). Die glockenförmigen Kapitelle zieren Plastiken von einzelnen oder zu Gruppen zusammengefassten Wächtertieren, die Ähnlichkeiten zu achämenidischen Motiven aufweisen. Waren die ältesten Kapitelle noch eher gedrungen, haben die späteren Stambhas gestreckte Kapitelle, deren Abakus Darstellungen von Tieren und Pflanzen schmücken. Am bekanntesten ist das Kapitell des Stambha von Sarnath mit vier in die Himmelsrichtungen blickenden Löwen und dem buddhistischen Symbol des Dharmachakra („Rad der Lehre“). Es diente dem Staatswappen der Republik Indien als Vorbild.
Hinduistische Architektur
Die vedische Religion (Brahmanismus) als Vorläufer der Hinduismus verlor etwa ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. ihre beherrschende Stellung auf dem indischen Subkontinent an den Buddhismus. Parallel zum Buddhismus entstanden die Religion des Jainismus sowie verschiedene gegen den autoritären Brahmanismus gerichtete asketische Reformbewegungen, die zur Herausbildung des Hinduismus in seiner heutigen Form führten. Nach dem Untergang des Maurya-Reiches im 2. Jahrhundert v. Chr. wandten sich viele Herrscherdynastien, darunter die Shunga, Shatavahana und besonders die Gupta, wieder verstärkt dem Hinduismus zu und verhalfen diesem zu einer Renaissance.
Der Hindu-Tempel
Trotz der großen Zahl an Gottheiten im Hinduismus ist der hinduistische Tempel immer einer einzelnen Gottheit geweiht, was jedoch keineswegs ausschließt, dass sich außerhalb des eigentlichen Heiligtums kleinere Schreine zu Ehren untergeordneter Götter befinden. Das Kultbild der Gottheit wird in einer kleinen Kammer, dem Allerheiligsten (Garbhagriha), annähernd vergleichbar der Cella antiker griechischer und römischer Tempel, aufbewahrt und verehrt. Wie der buddhistische Stupa wird auch das Garbhagriha als Verkörperung des Göttlichen und des Himmlischen angesehen. Den Himmel versinnbildlicht in der hinduistischen Kosmologie das Quadrat, weshalb das Garbhagriha stets auf quadratischem Grundriss angelegt ist.
Vermutlich bestand im Altertum eine reiche Tradition, Hindu-Tempel aus Holz zu errichten, doch abgesehen von vereinzelten Überresten hinduistischer Heiligtümer aus dem 3. Jahrhundert im südindischen Andhra Pradesh, vollzog erst die Dynastie der Gupta um die Mitte des 5. Jahrhunderts den Übergang zum Hindu-Tempel aus Stein.[10] Damit legte sie die Grundlage für den immensen Formenreichtum der hinduistischen Tempelarchitektur des Mittelalters.
Etwa seit dem 8. Jahrhundert sind die drei wesentlichen Regionalstile unterscheidbar, die in den Shilpa Shastra, mittelalterlichen Lehrtexten zur Kunst und Architektur, beschrieben werden: der Nagara-Stil in Nord- und Ostindien, der Dravida-Stil im Süden und der Vesara-Stil als Mischform der vorgenannten auf dem westlichen Dekkan.
Frühe Tempelformen der Gupta-Zeit
Die älteste bekannte Form des Hindu-Tempels besteht lediglich aus einem würfelförmigen, fensterlosen, flach gedeckten Garbhagriha, dessen Eingang eine kleine Säulenveranda als Witterungsschutz vorgebaut ist, so der Tempel Nr. 17 in Sanchi und der Narasimha-Tempel in Tigowa (beide Madhya Pradesh, Indien) aus dem 5. Jahrhundert. Stilistisch lehnen sich die Tempel dieses Typs an die ältere Höhlenarchitektur an; sie wurden offenbar auch nur an für die Schaffung monolithischer Felsheiligtümer ungeeigneten Stellen errichtet.[11]
Im 6. Jahrhundert bildete sich ein für die weitere Entwicklung überaus bedeutsames Charakteristikum heraus: Durch Erweiterung des Garbhagriha in der Senkrechten sollte diese – und damit auch das zentrale Kultbild – stärker betont werden. Die Tendenz zur Vertikalisierung äußerte sich in der Errichtung des Garbhagriha auf einem erhöhten Sockel und schließlich in der Bekrönung des zentralen Heiligtums durch einen stufenförmig aufragenden Turm. Beide Merkmale vereint der um das Jahr 500 zu Ehren Vishnus erbaute Dasavatara-Tempel von Deogarh im nordindischen Uttar Pradesh, der als Höhepunkt der Entwicklung des Hindu-Tempels im Guptareich gilt, wenngleich der Turm heute schwer beschädigt ist und die vier Säulenveranden, die den Eingang des Garbhagriha und die Reliefnischen in den drei anderen Außenwänden überdachten, gar nicht mehr erhalten sind. Den quadratischen Sockel des Tempels machen von allen vier Seiten heraufführende Treppen zugänglich.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Das Mandala und der Tempelplan
- ↑ Das Mandala und die Stadt
- ↑ Fischer / Jansen / Pieper, S. 111
- ↑ Fischer / Jansen / Pieper, S. 137
- ↑ Plaeschke / Plaeschke: Hinduistische Kunst, S. 13 f.
- ↑ Propyläen Kunstgeschichte Band 17, S. 198
- ↑ Fischer / Jansen / Pieper, S. 150
- ↑ Beispielsweise enthalten die szenischen Reliefs an den Zugangstoren zum Großen Stupa von Sanchi Darstellungen von mythischen Wesen (geflügelte Löwen usw.), die bis dato in der indischen Kunst ohne Vorbild, wohl aber aus der vorderasiatischen Kunst bekannt sind (Mode, S. 43 f.).
- ↑ Mode, S. 46
- ↑ Propyläen Kunstgeschichte Band 17, S. 201
- ↑ Plaeschke / Plaeschke: Hinduistische Kunst, S. 18
Literatur
Überblickswerke
- Klaus Fischer, Michael Jansen, Jan Pieper: Architektur des indischen Subkontinents. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-01593-2.
- Manfred Görgens: Kleine Geschichte der indischen Kunst. DuMont Verlag, Ostfildern 1986, ISBN 3-770-11543-0.
- Herbert Härtel, Jeannine Auboyer (Hrsg.): Propyläen Kunstgeschichte. Indien und Südostasien. Propyläen Verlag, Berlin 1971.
- Heinz Mode: Kunst in Süd- und Südostasien. Verlag der Kunst / Verlag Iskusstwo, Dresden / Moskau 1979 (Gemeinschaftsausgabe)
- Bindia Thapar: Introduction to Indian Architecture. Periplus Editions, Singapur 2004, ISBN 0-794-60011-5.
Hinduistische, buddhistische und jainistische Architektur
- Herbert und Ingeborg Plaeschke: Hinduistische Kunst. Koehler & Amelang, Leipzig 1978
- Herbert und Ingeborg Plaeschke: Indische Felsentempel und Höhlenklöster. Koehler & Amelang, Leipzig 1982
- Andreas Volwahsen: Indien. Bauten der Hindus, Buddhisten und Jains. Aus der Reihe: Architektur der Welt. Benedikt Taschen Verlag, Köln 1994, ISBN 3-822-89532-6.
Indo-islamische Architektur
- Andreas Volwahsen: Islamisches Indien. Aus der Reihe: Architektur der Welt. Benedikt Taschen Verlag, Köln 1994, ISBN 3-822-89531-8.
Moderne Architektur
- Jagan Shah: Contemporary Indian Architecture. Roli Books, Delhi 2007, ISBN 8-174-36446-3.