Talar

Seinen historischen Ursprung hat der Talar als akademische Kleidung an mittelalterlichen Universitäten.
Neben konfessionellen Amtsträgern und staatlichen Vertretern, insbesondere Richtern, setzte sich des knöchellange Gewand auch im akademischen Rahmen als Überkleid auf Grund der kalten und zügigen Universitätshallen des Mittelalters durch.
Das Tragen von Hüten an Universitäten wurde allerdings untersagt und es wurde stattdessen auf Kappen und Barette verwiesen.
Das Tragen der Talare ist allerdings keineswegs eine seit Anbeginn der Universitätszeit bekannte Tradition. Vielmehr ist sie aus einem Kompromiss entstanden.
Die Amtsträger der jungen Universitäten forderten bei feierlichen Promotionen oder Rektoratsübergaben eine ihrem Ansehen gerechte Amtstracht. Die preußische Regierung legte daraufhin fest, dass die Professoren in gewöhnlicher schwarzer Kleidung erscheinen sollten, die höchstens durch eine Silberstickerei auf der Brust und am Kragen verziert werden darf.
Das Kultusministerium von Berlin erließ einen Bescheid, in der selbst die Farben der unterschiedlichen Fakultäten geklärt wurden. So wurden für die evangelisch-theologische die Farbe Violett, die juristische Purpur, die medizinische Scharlachrot und die philosophische Fakultät Dunkelblau festgelegt.
Lange Jahre war der Talar in Deutschland vor allem der Professoren Amtstracht bei jeder offiziellen Feier.
Durch die Studentenbewegung von 1968 wurde insbesondere die Grundhaltung der Professoren und in diesem Zuge ebenso die Tradition der Talare hinterfragt und als „konservativ und spießig“ abgetan. Diese Einstellung führte dazu, dass Studenten an deutschen Hochschulen heute im Normalfall während ihres gesamten Studiums und bei akademischen Abschlüssen wie Diplom, Bachelor oder Magister keine Talare mehr tragen. Auch offizielle Abschlussfeiern oder Verleihungszeremonien sind bei diesen akademischen Graden nicht mehr durchgehend üblich. Die entsprechenden Urkunden werden oft formlos per Post zugesandt oder müssen in den Sekretariaten der jeweiligen Fakultäten abgeholt werden. Im Rahmen akademischer Abschlussfeiern wird zumeist Zivilkleidung getragen.
Seit einigen Jahren werden bei manchen privat durch Fördervereine organisierten Abschlussfeiern wieder Talare von den Studenten getragen.
Die Roben von Juristen und die Amtstracht von protestantischen Geistlichen und Rabbinern in Deutschland werden ebenfalls als Talar bezeichnet. Der Talar ist dabei (wie auch die Soutane) kein liturgisches Gewand im eigentlichen Sinne, sondern Amtskleidung und ursprünglich Ausgehkleidung. Heute gibt es wieder mehrere Anbieter bei denen Talare und Barette geliehen bzw. erworben werden können.
Akademiker
Talare werden von Akademikern besonders bei speziellen Anlässen getragen, etwa bei Verleihungen von Titeln (aber nicht Graden), Amtseinführungen oder Jubiläen. Aus den Farben ist ersichtlich, welcher Fakultät der Träger angehört. In den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es einen festen Code, aus dem auch der Rang erkennbar ist. Es wird immer die Robe der Fakultät getragen, die den Träger promoviert hat. Die Länge der "Hood" und die Weite der Ärmel sind fest geregelt. Drei Streifen am Ärmel dürfen nur von Personen getragen werden, denen ein Doktortitel verliehen wurde.
In Deutschland hat die Farbe der Talare ebenfalls Bedeutung. Jede Fakultät hat ihre eigene Farbe. An der Universität Bonn z. B. ist die Farbe der Medizinischen Fakultät (Medizin und Pharmazie) scharlachrot, die der Landwirtschaftlichen Fakultäten grün, die der Juristischen rot (karmesin/karminrot), die der Philosophischen Fakultät dunkelblau (sog. preussischblau/Berliner Blau), Naturwissenschaften/Mathematik hell-/lichtblau, die der Theologen violett [1]. Jede der alten deutschen Universitäten zwischen Freiburg und Kiel hatte zudem einen eigenen, unverkennbaren Talar. Am deutlichsten ist dies am Talar des Rektors zu sehen, der z. B. an der Universität Bonn ein "langer, goldgestickter Mantel von purpurfarbenem Sammet" mit dazu passenden Barett ist.
Die Studentenbewegung von 1968 in Deutschland geißelte die oft konservative Grundeinstellung der talartragenden Professoren und die fehlende Aufarbeitung der Rolle der Professoren im Nationalsozialismus mit dem Slogan: Unter den Talaren - Muff von 1000 Jahren. Die Talare wurden daher auf Druck der Studierenden abgeschafft, was heute von nicht wenigen bedauert wird. Die Studentenbewegung führte auch dazu, dass Studenten an deutschen Hochschulen heute im Normalfall während ihres gesamten Studiums oder bei Abschlüssen wie Diplom oder Magister keine Talare mehr tragen. Abschlussfeiern oder Verleihungszeremonien sind bei diesen akademischen Graden an vielen Hochschulen nicht mehr üblich. Die entsprechenden Urkunden werden oft formlos per Post zugesandt; wo – noch oder wieder – Abschlussfeiern stattfinden, wird dazu fast immer Zivilkleidung getragen. Dies gilt auch für die Verleihung von Promotionszeugnissen.
Ein gänzlich anderes Verhältnis zum Talar herrscht in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dort ist das Tragen des Talares bereits beim Abschluss der High School üblich.
An manchen deutschen Universitäten bestehen Tendenzen zur Rückbesinnung auf die Talartradition. Beispiel ist die Universität Bonn. Sie veranstaltete 2005 erstmals eine Abschlussfeier im amerikanischen Stil mit 2500 Gästen. Für die rund 700 teilnehmenden Absolventen (von insgesamt 2000 Absolventen des Abschlusssemesters) war das Tragen eines schwarzen Talars, einer farbigen Schärpe und eines viereckigen Baretts mit Anhänger (Quaste) (Doktorhut) Pflicht. Auch die Verleihung eines Doktortitels findet wieder im Talar statt. Problematisch ist dies übrigens im Falle der zahlreichen nach 1968 gegründeten deutschen Universitäten: Es gibt dort keine historischen Vorbilder für das Aussehen der Talare.
Geistliche
Römischer Katholizismus
Bei römisch-katholischen Priestern wird das schwarze Alltagsgewand, die Soutane, regional auch Talar genannt (v. a. in Österreich). Daneben wird auch das knöchellange liturgische Untergewand von Priestern und Ministranten als Talar bezeichnet. Bei Ministranten ist es üblicherweise in der liturgischen Tagesfarbe gehalten und besteht aus Wollstoffen. Es kann mit oder ohne Ärmel unter einem Rochett getragen werden und besteht entweder aus einem Teil oder aus einem Rock und einem Kragenteil.
Protestantismus
Talar bezeichnet im Protestantismus die schwarze Amtstracht des Pfarrers. Die Talare werden, je nach Landeskirche oder Selbständiger Evangelisch-Lutherischer Kirche, unterschiedlich gestaltet. So zum Beispiel mit Stehkragen (besonders in Norddeutschland) oder mit Samtbesatz (z. B. in Bayern). In der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche ist der altlutherische Talar (V-Ausschnitt mit Stoffeinsatz) verbreitet. Zum Talar werden Beffchen oder (in den Hansestädten) eine Halskrause getragen (Hamburger bzw. Lübecker Ornat). Vor allem in lutherischen Kirchen setzen sich in letzter Zeit auch die Stola durch, die in der jeweiligen liturgischen Farbe zusätzlich oder anstelle des Beffchens über dem Talar getragen wird.
Der Talar wurden erst 1811 durch eine Kabinettsorder König Friedrich Wilhelm III. in Preußen für (christliche wie jüdische) Geistliche, Richter und königliche Beamte eingeführt. In der Reformationszeit waren im Bereich der lutherischen Kirchen die Messgewänder häufig in Gebrauch geblieben. Die Messgewänder wurden zu den Adiaphora gerechnet. Sie galten damit nicht als Schrift inkonform, aber auch nicht als heilsnotwendig. Martin Luther trug selbst zu den Abendmahlsfeiern noch Messgewänder, lediglich zur Predigt den schwarzen Rock der damaligen theologischen Universitätsprofessoren.
Nach 1811 ist der Talar in Deutschland zur üblichen liturgischen Kleidung der evangelischen Pfarrer geworden. Auch ehrenamtliche Prediger (Prädikanten) tragen in der Rheinischen, der Westfälischen und in der Bayrischen Landeskirche sowie in der Kirchenprovinz Sachsen den Pfarrertalar.
Durch das Tragen des schwarzen Talares soll einerseits der informativ-(be-)lehrende Charakter des evangelischen Gottesdienstes, bei dem die Verkündigung des Wortes Gottes in der Predigt im Mittelpunkt steht, betont werden. Andererseits tritt durch die Kleidung die Person des Liturgen bzw. der Liturgin in den Hintergrund.
Da im Laufe der Zeit auch in den protestantischen Kirchen zusehends der "Feiercharakter" der Gottesdienste in den Vordergrund rückt, wird vermehrt über den Talar nachgedacht. Als Zeichen der Verbindung von Lehre und Feier erlauben einige Landeskirchen mittlerweile das Tragen der Stola zum Talar. Mancherorts werden in lutherischen Gemeinden Talar und Beffchen zu besonderen Anlässen wie Taufe oder Weihnachten auch vollständig durch Albe und Stola ersetzt. In der Regel ist hierzu (z.B. in der Evangelischen Kirche in Bayern) ein entsprechender Beschluss des Kirchenvorstands erforderlich.