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Homosexualität

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Homosexualität bezeichnet eine sexuelle Orientierung, bei der romantische Liebe und sexuelles Begehren ausschließlich oder vorwiegend gegenüber Personen gleichen Geschlechts empfunden werden. Homosexuelle Frauen werden auch Lesben genannt, homosexuelle Männer auch Schwule. Der Begriff Homosexualität wird gelegentlich auch auf sexuelle Handlungen zwischen Mitgliedern des gleichen Geschlechts angewendet.

Zum Begriff Homosexualität

Der Begriff Homosexualität ist eine hybride Wortbildung aus dem 19. Jahrhundert, geprägt vom Arzt und Psychiater Karl Maria Kertbeny aus griech. homo-: gleich, gleichartig und lat. sexus: das männliche und das weibliche Geschlecht.

Homosexuelle Männer werden auch als schwul (von schwul = drückend heiß; in dieser Bedeutung seit dem 18. Jahrhundert schwül als Parallelbildung zu "kühl" oder von "Schwulität" = Schwierigkeit, Bedrängnis, peinliche Lage), Frauen als lesbisch (nach der griechischen Insel Lesbos, Heimat der Frauen liebenden Dichterin Sappho) bezeichnet. Ursprünglich abwertend gebraucht, wurde die Bezeichnung "schwul" später im Rahmen der Emanzipationsbewegung von der Schwulenszene selbst - auch als politischer Kampfbegriff - übernommen und damit die abwertende Bedeutung zurückgedrängt. In der Jugendsprache findet sich das Wort schwul dagegen immer noch bzw. wieder als Schimpfwort, das als Synonym für langweilig, weichlich beziehungsweise enervierend benutzt wird.

Als Überbegriff für Lesben und Schwule hat sich auch das Wort Queer eingebürgert, dies schließt dann meist Transgender mit ein. Daneben findet die Bezeichnung Gays für Schwule rasche Verbreitung.

Häufigkeit von Homosexualität

Schätzungen über die Prävalenz von Homosexualität variieren beträchtlich und werden durch unterschiedliche, voneinander abweichende Definitionen von Homosexualität kompliziert. Im Allgemeinen schwanken die Ergebnisse von Bevölkerungsumfragen zwischen einem und zehn Prozent. Manche vermuten auch, dass Umfragen durch die soziale Stigmatisierung der Homosexualität und die damit einhergehende Tendenz zum Verschweigen eher nach unten als nach oben verfälscht sind. Der umstrittene Kinsey-Report stufte 1948 zwischen 90 und 95 Prozent der Bevölkerung als "bis zu einem gewissen Grad bisexuell" ein. Die tatsächliche Häufigkeit von homosexuellem Verhalten hängt aber in hohem Maß von gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen ab. So gab in einer Studie zur Jugendsexualität, die 1970 vom Hamburger Institut für Sexualforschung durchgeführt wurde, beinahe jeder fünfte männliche Jugendliche an, gleichgeschlechtliche sexuelle Erfahrungen gemacht zu haben. Zwanzig Jahre später waren es dagegen nur noch zwei Prozent. [1]

Homosexualität und Gesellschaft

Die soziale Stellung Homosexueller variiert je nach Kultur stark; sie reicht von Verehrung über Akzeptanz, Duldung, Belächelung, Ablehnung, Bestrafung bis zur Todesstrafe. Letztere wird in manchen islamistischen Staaten wie Iran und Saudi-Arabien heute sogar wieder praktiziert.

Coming-out

Bei den meisten Menschen, die sich eher zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlen, kommt es im Laufe ihres Lebens zu einem sogenannten Coming-out, das heißt zu der Erkenntnis, dass die gleichgeschlechtliche Liebe bevorzugt wird. Bei manchen geschieht dies schon im Alter von 10-20 Jahren, andere sind sich erst mit 40 Jahren über ihre eigentliche sexuelle Orientierung im Klaren. Die meisten dürften ihr Coming-out im Schulalter haben, also etwa zum Zeitpunkt der Pubertät. In diesem Alter trauen sich viele nicht, Hilfe von anderen zu erbitten, besonders dann, wenn sie bemerken, dass ihre Neigung gesellschaftlich nicht akzeptiert wird. Selbst die eigenen Eltern werden oft nicht darüber informiert. Werden die Betroffenen mit ihren Sorgen allein gelassen, kann das Coming-out in eine Lebenskrise führen, die sich bis hin zu Suizidabsichten oder realisiertem Suizid (Selbsttötung) steigern kann. Beratungsstellen in den größeren Städten und Info-Seiten im Web versuchen diesen Menschen zu helfen, ihre Homosexualität anzunehmen. Tatsächlich ist die Suizidrate bei pubertierenden Homosexuellen signifikant höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. [2]

Schattierungen zwischen homo und hetero

Während in Teilen der europäischen Kultur Homosexualität erst in den letzten Jahrzehnten ihre Position als Tabuthema verloren hat und zugleich in manchen Ländern dieses Tabu noch immer sehr stark ist, ist die Frage nach Hetero- beziehungsweise Homosexualität in anderen Kulturen fast unbekannt. Dort wird weniger streng zwischen homo und hetero unterschieden. Möglicherweise gibt es verschiedene Grade zwischen Homo- und Heterosexualität, was man mit dem Begriff Bisexualität zu fassen versucht. Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass jeder Mensch bisexuelle Anteile besitzt, die manchmal mehr, manchmal weniger stark ausgeprägt sind. Teilweise wird die Existenz von Homo- und Heterosexualität sogar grundsätzlich in Frage gestellt und davon ausgegangen, dass jeder Mensch grundsätzlich bisexuell ist, sich aus Sozialisationsgründen darüber aber nicht im Klaren ist. Die menschliche Sexualität weise demgemäß eine große Variantenbreite auf.

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften

Auch wenn innerhalb der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung umstritten ist, ob man sich der Norm einer Zweierbeziehung als Kopie der bürgerlichen Ehe annähern soll, wird die weitgehende rechtliche Gleichstellung mit heterosexuellen Paarbeziehungen von Homosexuellen überwiegend begrüßt.

Seit dem 1. August 2001 gibt es in Deutschland die Möglichkeit zu so genannten Eingetragenen Lebenspartnerschaften. Ähnliche, zum Teil schwächere, zum Teil weitergehende Regelungen gibt es in anderen europäischen Ländern; in Belgien und den Niederlanden sowie mehreren Bundesstaaten in USA und Kanada wurde die Ehe für Homosexuelle praktisch ganz geöffnet; in Skandinavien und Spanien ist diese Öffnung in der Diskussion.

In Deutschland fehlt es z. Z. vor allem noch an der Gleichstellung im Bereich der Steuern, der Hinterbliebenenversorgung und der Möglichkeit der gemeinsamen Adoption von Kindern. Am 29.10.2004 wurde einige Änderungen diesbezüglich realisiert: 1. Zukünftig werden Lebenspartner - wie Ehegatten - im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, wenn sie nichts anderes vereinbaren; 2. Im Unterhaltsrecht nach der Trennung erfolgt weitgehende Gleichbehandlung; 3. Zudem wird ein Verlöbnis eingeführt. Lebenspartner werden sich in Zukunft wie Ehegatten mit Rechtswirkung verloben können; 4. Ferner regelt das Gesetz, dass Homosexuelle das leibliche Kind ihres Lebenspartners adoptieren können; 5. Mit dem Gesetz werden die Regelungen der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung auch auf Lebenspartner ausgedehnt.

Nach Verabschiedung des neuen Lebenspartnerschaftsgesetzes meldeten einige Politiker Zweifel daran an; kurzzeitig bemühten sich die Unionsparteien sogar um eine völlige Aufhebung desselben vor dem Bundesverfassungsgericht, welches jedoch klarstellte, dass einer weitgehenden Gleichstellung mit der Ehe nichts im Wege stünde, da die Lebenspartnerschaft mit der Ehe schon allein deshalb nicht konkurriere, weil sie einen anderen Personenkreis betreffe.

Auf der anderen Seite gibt es Stimmen, die die Lebenspartnerschaft (als Ehe light verpönt) und die damit verbundene notwendige Sondergesetzgebung für Homosexuelle ablehnen. Wieder andere fordern die Abschaffung von beidem und plädieren für so genannte "Wahlverwandtschaften" auf Zeit.

Regenbogenfamilien

Ein biologisches und demografisches Problem mit sozialer und ethischer Relevanz liegt darin, dass homosexuelle Partner gemeinsam keine Nachkommen zeugen können, vielmehr dazu der Hilfe eines gegengeschlechtlichen Nicht-Partners bedürfen. Dennoch wachsen (zunehmend) Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf. Die Wissenschaft diskutiert dieses Phänomen zunehmend unter dem Begriff Regenbogenfamilien.

Homosexualität und Beruf

Ein besonders Problem ergibt sich für Homosexuelle, die zum Beispiel öffentlich angestellt sind (Lehrer, Politiker), in der Jugendarbeit tätig sind, oder einer Beschäftigung im christlich-religiösen Leben nachgehen (Priester). Schwule Lehrer und Jugendleiter werden wegen angenommener Beeinflussung der Kinder oft mit erheblichem Druck abgelehnt. Politiker, die offen zu ihrer Homosexualität stehen, konnten sich erst in jüngerer Zeit profilieren. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Regierende Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit, dessen öffentliches Outing in die Sprachkultur einging: Ich bin schwul, und das ist auch gut so. Schwule oder lesbische leitende Angestellte (auch Manager) sehen sich meist selbst als kompromittierbar (erpressbar) und leben häufig in (Schein-)Eheverhältnissen. Katholische Geistliche mit homosexueller Veranlagung werden zunehmend wahrgenommen, wobei ein homosexueller Lebensstil jedoch meist als nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar angesehen wird.

Bundeswehr

In der Deutschen Bundeswehr stoßen Homosexuelle noch immer auf Zurückhaltung, obwohl mit der Anlage B 173 (PDF) zur Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 14/3 eine Diskriminierung verboten wurde. Mit der letzten Änderung im Juli 2004 ist nach jahrzehntelanger Ächtung homosexueller Vorgesetzter, die unter Billigung höchstrichterlicher Rechtsprechung mit Versetzungen und sogar Entlassungen rechnen mussten, ein liberalerer Umgang mit der Sexualität gewählt worden. So sind künftig grundsätzlich alle Beziehungsformen in den Privatbereich verwiesen. Homosexuelle Beziehungen können außer Dienst auch innerhalb militärischer Anlagen gepflegt werden, auch spielt der Dienstgrad der Beziehungspartner keine Rolle mehr. Inwieweit sich dadurch neue Probleme ergeben, muss sich erst in der Praxis erweisen.

Literatur zum Thema

  • Stephen O. Murray: Homosexualities. Chicago; London 2000. ISBN 0226551954. (Sozioethnologischer Überblick über verschiedene Kulturen)
  • B. R. Burg (Hrsg.): Gay Warriors : A Documentary History from the Ancient World to the Present. New York 2002. ISBN 0814798861.
  • Martin Dannecker; Reimut Reiche: Der gewöhnliche Homosexuelle : eine soziologische Untersuchung über männliche Homosexuelle in der Bundesrepublik. Frankfurt a. M. 1974. ISBN 3100148010.
  • Bruce Bawer: A Place at the Table: The Gay Individual in American Society. Simon & Schuster 1993. ISBN 0671795333.

Eine neuere Generation von lesbisch-schwulen Soziologen, Philosophen und Historikern wie Mary McIntosh (The Homosexual Role, 1968), Michel Foucault (La Volonté de savoir, 1976) und Alan Bray (Homosexuality in Renaissance England, 1982) betrachtet "Homosexualität" nicht mehr als eine überzeitliche Essenz, sondern als eine Erfindung der europäischen Neuzeit. Damit ist nicht gemeint, dass Frauen und Männer an anderen Orten und zu anderen Zeiten keinen gleichgeschlechtlichen Sex gehabt hätten. Vielmehr unterstellen die genannten Autoren, dass unsere heutige Auffassung von Homosexualität als "Seinsweise", die eine Minderheit von einer Mehrheit unterscheidet, eine verhältnismäßig junge Konstruktion sei.

Die sodomitische Sünde

Das theologische Modell der Sodomie, das dem modernen Begriff der Homosexualität vorausging, steht zu diesem neuzeitlichen Konzept in einem deutlichen Gegensatz. Sodomie – als "widernatürlicher" (Platon) Verkehr zwischen Männern, aber auch zwischen einem Mann und einer Frau – wurde als ein allgemeinmenschliches Laster angesehen und nicht einer bestimmten Kategorie von Personen zugeordnet. Foucault spitzte diesen Unterschied zu, indem er in einer berühmt gewordenen Sentenz behauptete: "Der Sodomit war ein Gestrauchelter, der Homosexuelle ist eine Spezies." (Siehe auch: Sodomiterverfolgung)

Neben dem Diskurs über die Sodomie, der sich im Mittelalter vor allem auf den Akt des Analverkehrs bezog, gab es auch Begriffe, die eine positive Sichtweise ausdrückten, wie etwa den der Freundschaft.

Freundschaft als Lebensweise

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Freundschaft als Lebensweise

"Freundschaft" konnte fast zu allen Zeiten auch eine romantische Beziehung zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts bezeichnen. Küssen, Umarmen und Händchenhalten, das gemeinsame Schlafen in einem Bett (daher der altertümliche Begriff des "Bettgenossen") ebenso wie leidenschaftliche Liebesbekundungen und Treueschwüre wurden unter Männern bis weit in die frühe Neuzeit und oft sogar noch am Beginn des 20. Jahrhunderts als völlig normal wahrgenommen. Unter Frauen ist das – seit Ende des 19. Jahrhunderts allerdings mit immer größeren Einschränkungen – teilweise auch heute noch der Fall. Die Semantiken (Bedeutungsinhalte) von Freundschaft und Liebe waren deshalb kaum voneinander zu unterscheiden. Das griechische Wort philos etwa kann sowohl "Freund" als auch "Geliebter" bedeuten.

Im Christentum wurden solche Beziehungen nur selten mit der monströsen Figur des Sodomiten in Verbindung gebracht, und wenn, dann meist im Rahmen einer politischen Intrige (wie im Fall von Eduard II. oder dem mittelalterlichen Templerorden).

Christliche Bruderschaften

Die christliche Mystik lud, beeinflusst vom islamischen Sufismus, die Liebe zwischen Freunden sogar mit einer religiösen Bedeutung auf. Ebenso adaptierte das Christentum den sowohl im Gilgamesch-Epos wie in der jüdischen Bibel, aber auch im Satyricon für eine Liebesbeziehung zwischen zwei Männern verwendeten Begriff des 'Bruders'. Zu deren Vereinigung hatte die orthodoxe Kirche den Ritus des "Brüdermachens" (Adelphopoiesis) ausgearbeitet, der den beiden Freunden für ihre Liebe, die bis in den Tod anhalten sollte, zahlreiche Heiligenpaare als Vorbilder nannte. Dies schloss die parallele Eheschließung mit einer Frau jedoch nicht aus. Im lateinischen Westen, wo bis weit in die Neuzeit weder Eheleute noch geschworene Brüder (fratres iurati) der Segnung eines Priesters bedurften, sind zumindest eine Reihe von Grabmälern erhalten, in denen Männer- und später auch Frauenpaare miteinander bestattet wurden. [3] Die Gravuren enthalten oft Symbole unsterblicher Liebe wie beispielsweise die Darstellung eines Kusses oder die Inschrift "Im Leben vereint, im Tode nicht getrennt". Die Bruderliebe wurde hier primär in ihrer geistigen Dimension betont und kaum ausdrücklich in einem sexuellen Sinn interpretiert.

Siehe hierzu: Wahlbruderschaft

Die Erfindung des Homosexuellen

Von der Institution der geschworenen Bruderschaft (s.o.) ist heute (vermittelt durch einen Bedeutungswandel) nur noch der Begriff des warmen Bruders als Synonym für einen "Schwulen" übrig geblieben. In diesem Begriffswandel offenbart sich der geschichtliche Bruch, der durch das moderne Konzept der Homosexualität verursacht wurde: Gesten der Zuneigung, die früher einfach als Zeichen einer Freundschaft verstanden worden wären, identifiziert man heute als "homosexuell" und stellt sie damit als Abweichung von der gesellschaftlichen Norm unter Verdacht. Die Konsequenz ist ein vor allem unter männlichen Jugendlichen belegbarer drastischer Rückgang gleichgeschlechtlicher Sexualerfahrungen von 18 auf zwei Prozent allein zwischen 1970 und 1990. [4] Diese Entwicklung geht mit wachsender Homophobie einher, weil viele junge Menschen aus Angst, womöglich als "Schwuler" beziehungsweise "Lesbe" zu gelten, sich von allem Homosexuellen demonstrativ (und teilweise sogar gewaltsam) abgrenzen. Unter jungen Männern ist diese Tendenz zur Abgrenzung im Allgemeinen nochmals deutlich stärker ausgeprägt als unter jungen Frauen. Es ist diese tätige Abwehr, durch die sich das stigmatisierende Etikett der Homosexualität wie von selbst reproduziert.

Globalisierung einer Denkform

Die binäre Kategorisierung von Personen als hetero und homo beziehungsweise "normal" und "andersartig" ist mittlerweile fast weltweit zu einer scheinbar unumstößlichen Realität geworden. Dieser Prozess, der sich in manchen Metropolen Europas wie London, Paris und Amsterdam bereits um 1700 herum ereignet hat, [5] erreichte Regionen wie China und die islamische Welt dagegen erst Anfang beziehungsweise Mitte des 20. Jahrhunderts. Einige postkoloniale Autoren wie der Hongkonger Soziologieprofessor Zhou Huashan kritisieren die Homophobie in ihren Ländern daher als eine Folge des europäischen Imperialismus.

Literatur zum Thema

  • Alan Bray: Homosexuality in Renaissance England. New York 1982. ISBN 0231102895.
  • Lilian Faderman: Surpassing the Love of Men : Romantic Friendship and Love Between Women from the Renaissance to the Present. New York 1998. ISBN 0688133304.
  • Michel Foucault: Der Wille zum Wissen : Sexualität und Wahrheit ; Bd. 1. Frankfurt a. M. 1993. [Frz. Orig. La Volonté de savoir, 1976]. ISBN 3518283162.
  • John C. Hawley (Hrsg.): Post-colonial, Queer : Theoretical Intersections. Albany, NY 2001. ISBN 0791450929.
  • Jonathan Ned Katz: Love Stories : Sex between Men before Homosexuality. Chicago; London 2001. ISBN 0226426157.
  • Mary McIntosh: The Homosexual Role [1968]. In: Steven Seidman (Hrsg.): Queer Theory/Sociology. Cambridge, Mass.; Oxford 1996. ISBN 1557867402.
  • Michael Rocke: Forbidden Friendships : Homosexuality and Male Culture in Renaissance Florence. New York; Oxford 1996. ISBN 0195122925.
  • Andrew Calimach: Lovers' Legends. The Gay Greek Myths. New Rochelle: Haiduk Press 2002. ISBN 0971468605.

Geschichte: Verfolgung und Emanzipation

Schwulenverfolgung

Vom 13. Jahrhundert bis zur Aufklärung wurde Analverkehr zwischen Männern in fast ganz Europa unter der Bezeichnung "Sodomie" mit dem Scheiterhaufen bedroht. Tatsächliche Urteile waren jedoch äußerst selten. Zu größeren Verfolgungen und jeweils Hunderten von Hinrichtungen kam es allerdings während des Spätmittelalters in Norditalien und Spanien sowie während des gesamten 18. Jahrhunderts auch in England, Frankreich und den Niederlanden.

Die Ideen der Französischen Revolution führten in zahlreichen Staaten, die sich am französischen Code Napoléon orientierten, um 1800 herum zur Abschaffung aller Gesetze gegen die "widernatürliche Unzucht" (so etwa in den Niederlanden, im Rheinland und in Bayern). Preußen wandelte 1794 mit der Einführung des Allgemeinen Landrechts die Todesstrafe in eine Zuchthausstrafe um. 1871 wurde der preußische Paragraph in das Strafgesetzbuch des Deutschen Reichs aufgenommen und als Paragraph 175 in der folgenden Zeit immer häufiger angewandt.

Bis zur Reform des Paragraphen im Jahr 1969 arbeitete die Polizei dabei mit Spitzeln in der schwulen Subkultur und geheimen Rosa Listen, auf denen zahlreiche Namen von homosexuellen Männern verzeichnet waren. Da Homosexualität strafbar war und bis in die 70er Jahre als psychische Erkrankung diagnostiziert wurde, konnten Homosexuelle auch auf unbestimmte Zeit freiheitsentziehend in einer forensischen Psychiatrie untergebracht werden. Ein Beispiel ist die "Behandlung" des britischen Mathematikers Alan Turing im Jahr 1952.

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In der NS-Zeit führte gleichgeschlechtliche Liebe oftmals ins KZ

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden ca. 10.000 Schwule in Konzentrationslager verschleppt, wo sie den rosa Winkel tragen mussten. Das in der Literaturliste aufgeführte Buch von Pretzel und Roßbach dokumentiert, wie Homosexuelle in den Konzentrationslagern besonderen, häufig lebensgefährlichen Schikanen ausgesetzt waren, welche auch in der Zeit nach 1945 weder rechtlich sanktioniert, noch Gegenstand eines Wiedergutmachungsverfahrens wurden. Nur etwa 40 Prozent der Verschleppten überlebten. Obwohl es kein Gesetz gegen die lesbische Liebe gab, verhaftete die Gestapo auch eine unbekannte Zahl von Frauen wegen ihrer Homosexualität und kennzeichnete sie in den Konzentrationslagern als "Asoziale" mit dem schwarzen Winkel.

In der Bundesrepublik Deutschland bestand der Paragraph 175 bis 1969 in seiner verschärften Fassung weiter, was vom Bundesverfassungsgericht 1957 als rechtmäßig anerkannt wurde. Erst 1994 fiel er im Zuge der Rechtsangleichung mit der DDR weg.

In vielen Staaten werden Homosexuelle auch heute noch beziehungsweise wieder verfolgt und mit dem Tode bedroht, so etwa in Jamaika, Simbabwe, Namibia, Nepal und zahlreichen islamischen Staaten. Aber auch im Osten Europas, zum Beispiel in Serbien, Rumänien, Albanien und sogar in manchen der neuen EU-Länder ist die Lage der Menschenrechte zurzeit bedenklich: So werden in Polen Demonstrationen für Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben von offiziellen Stellen verboten oder teilweise mit massiver Gewalt konfrontiert. In der UNO versuchen der Vatikan und die islamischen Staaten gemeinsam die Diskussion über die rechtliche Anerkennung von schwulen und lesbischen Partnerschaften zu verhindern.

Siehe auch: Sodomiterverfolgung, Paragraph 175, Homosexualität (Strafrechtsgeschichte), Rosa Liste, Rosa Winkel

Emanzipationsbewegungen

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Die Regenbogenfahne als ein internationales schwul-lesbisches Symbol

Die Emanzipationsbewegung der Schwulen und Lesben, welche ihre Anfänge in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte, trug nach Stonewall (1969) ihre Anliegen zunehmend in die Öffentlichkeit. Die erste bundesdeutsche Schwule- und Lesben-Demonstration fand am 29. April 1972 in Münster (Westfalen) statt. Zwei Tage später folgte der schwul-lesbische Block bei der 1.-Mai.-Demo in Berlin.

Zur Emanzipation der Lesben trug neben der Öffentlichkeitsarbeit von und für Lesben in hohem Maße auch die Frauenbewegung bei, in der sich sehr viele Lesben engagierten.

Seit den 80er Jahren findet die schwule und lesbische Emanzipation auch immer mehr ihren Ausdruck in eigener publizistischer Aktivität. Vor allem in den größeren Städten und den Metropolen gibt es bei den "queeren" Printmedien mittlerweile eine große journalistische Vielfalt: vom schwul-lesbischen Stadtteilblättchen bis hin zu überregionalen Zeitschriften (mit gut recherchierten Artikeln), die nicht mehr im Ruf stehen, als zwielichtiges Kontaktanzeigen- und Soft-Porno-Forum nur unter dem Ladentisch verkauft werden zu müssen. Durch die Einführung der sog. "Offenen Kanäle" und der nichtkommerziellen Bürgerradios hat sich eine Vielzahl von schwulen und/oder lesbischen Radios etabliert, die den Mainstream-Sendern Paroli bieten (zum Beispiel "Fliederfunk" in Nürnberg oder "Radio Sub" in Frankfurt). Außerdem entstanden in den Offenen Kanälen auch erste Fernseh-Sendungen für die schwul-lesbische Zielgruppe (zum Beispiel Montagskinder, Berlin, und Regenbogen-TV, Münster). Diese Initiativen können allerdings aufgrund ihrer Einschränkung auf die homosexuelle Zielgruppe auch zu einer Ghettobildung beitragen. Der "Bund schwuler und lesbischer JournalistInnen" verleiht seit 1998 jährlich den "Felix-Rexhausen-Preis" für besondere publizistische Leistungen vor allem zum Thema Homosexualität und ihrer Aufbereitung im Journalismus.

Durch die politischen Anstrengungen der Emanzipationsbewegung wurde 2001 in Deutschland die Verabschiedung des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften erreicht.

Daraus ging das seit August 2001 gültige Lebenspartnerschaftsgesetz hervor, welches schwulen und lesbischen Paaren eine rechtlich anerkannte Begründung der Lebenspartnerschaft erlaubt (so genannte Homoehe, siehe oben).

Die Arbeit politisch aktiver Schwule und Lesben hinsichtlich der Emanzipation wird damit als nicht beendet angesehen.

Siehe auch: Lesben- und Schwulenbewegung

Literatur zum Thema

Homosexualität und Moralphilosophie

Die ethische Bewertung von Homosexualität führt zu unterschiedlichen und sogar zu konträren Ergebnissen, unter anderem je nachdem welche anthropologischen Voraussetzungen und Deutungen der Homosexualität zugrunde gelegt werden. Auch ist die ethische Bewertung nicht selten von einer bestimmten religiösen Sichtweise abhängig oder mit ihr verbunden.

Dort, wo man die homosexuelle Orientierung der Person entweder als natürliche Gegebenheit oder als Ergebnis einer positiv zu wertenden freien Entscheidung ansieht, wird auch das dieser Orientierung entsprechende homosexuelle Verhalten als sittlich gut angesehen, wenn dabei die allgemein akzeptierten Grundpostulate mitmenschlichen Zusammenlebens geachtet werden.

Wenn hingegen die homosexuelle Neigung als solche bereits als Unordnung oder anthropologischer "Defekt" angesehen wird, wird eine darauf aufbauende ethische Bewertung zwar noch nicht diese Neigung als sittlich negativ qualifizieren müssen (soweit und insofern hier das Moment der Freiheit fehlt), wohl aber das freie und damit verantwortliche homosexuelle Verhalten. Aber auch in diesem Fall sind verschiedene Abstufungen der sittlichen Disqualifizierung homosexueller Akte möglich: Von der noch möglichen Toleranz sittlich negativ bewerteter homosexueller Verhaltensweisen bis hin zur Forderung ihrer absoluten Unterlassung und gesellschaftlichen Ächtung bis hin zur Forderung nach rechtlicher Verfolgung bis hin zur Todesstrafe ergibt sich eine große Bandbreite an ethischen Stellungnahmen und Beurteilungen.

Aus religiöser Sicht

Siehe dazu den eigenen Artikel Homosexualität und Religion

Homosexualität und Medizin

Homosexualität wurde 1973 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus ihrem Krankheitenkatalog (ICD) gestrichen. Zuvor galt Homosexualität als psychische Erkrankung

AIDS

Zur Emanzipation der Schwulen trug – ebenfalls neben der Öffentlichkeitsarbeit – auch stark die so genannte AIDS-Epidemie zu Beginn der 1980er Jahre bei. Dies klingt zunächst widersprüchlich, da sich AIDS in den westlichen Ländern aufgrund der höheren Promiskuität und der hohen Ansteckungsgefahr insbesondere bei Analverkehr zunächst stark in schwulen Kreisen verbreitete.

Durch die von den AIDS-Hilfen und der deutschen Bundesregierung initiierten Aufklärungs-Kampagnen geriet das Tabu-Thema Homosexualität aber stärker in den Blick der Öffentlichkeit. Dadurch wurde nicht nur Aufklärung über HIV und die Erkrankung AIDS erreicht, vielmehr wurde als Vorsichtsmaßnahme für Safer Sex geworben. Dabei konnten auch viele Missverständnisse über Schwule und Lesben aufgeklärt werden. Der Großteil der Bevölkerung hat inzwischen nachvollzogen, dass es Menschen gibt, die eine andere Sexualität ausleben als sie selbst und sie dadurch keineswegs selbst gestört werden. Die moralischen Gesellschaftswerte haben sich verschoben, auch wenn es immer noch Menschen gibt, die Homosexualität strikt ablehnen. Gründe dafür sind entweder ihr Weltbild oder die fehlende Auseinandersetzung mit der Thematik.

Heutzutage empfinden es vor allem junge Homosexuelle als ungerechtfertigt, dass ihre Sexualität automatisch mit AIDS in Verbindung gebracht wird. Dieser Zusammenhang sei kausal nicht mehr zu begründen. Menschen in homosexuellen Beziehungen sind - wie alle anderen - nur dann einer besonderen Risikogruppe zuzurechnen, wenn sie ungeschützten Analverkehr haben, da die Verletzungsgefahr bei analer Penetration höher ist als bei vaginaler Penetration.

Homosexualität und Biologie

Homosexuelles Verhalten unter Tieren

Homosexuelles Verhalten ist unter Vögeln und Säugetieren weit verbreitet. Es lässt sich beispielsweise unter den Zwergschimpansen beobachten, die nicht nur, was für Menschenaffen ungewöhnlich ist, über eine matriarchale Gesellschaftsstruktur verfügen, sondern auch eine vollständig bisexuelle Tierart sind. Obwohl das auch für die Männchen gilt, sind die Bonobos vor allem für ihren Lesbianismus bekannt.

Einige Trauerschwäne Australiens bilden darüber hinaus sexuell aktive männliche Paare, die entweder Nester stehlen oder zeitweilige Dreierbeziehungen mit Weibchen eingehen, um in den Besitz von Eiern zu gelangen. Sobald die Eier gelegt sind, wird das Weibchen vertrieben. Ihr gemeinsamer Nachwuchs erreicht das Erwachsenenalter dabei häufiger als derjenige von gemischtgeschlechtlichen Paaren.

Ursachenforschung

Die Ursachen für Homosexualität sind unbekannt; es werden zwar immer wieder körperliche oder psychische Faktoren entdeckt, die sich aber bisher in keinem Fall empirisch belegen ließen.

Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass die sexuelle Orientierung schon vor der Geburt angelegt wird (ebenso wie die Geschlechtsidentität); erst im Lauf des Lebens führten dann auslösende Ereignisse zur Ausprägung der homosexuellen Neigung. Vor kurzem ist bei Versuchen an Schafen festgestellt worden, dass bei homosexuellen Schafböcken ein bestimmter Teil der Gehirne kleiner als bei heterosexuellen Böcken, aber ebenso groß wie bei weiblichen Tieren sei. (siehe weblinks, 'der Spiegel' vom 9. März 2004).

Der wissenschaftliche Streit über die Ursachen ist uralt. So lange jedes homosexuelle Verhalten strafbar war, waren die Argumentationen in diesem Streit oft von dem Bestreben geleitet, entweder die "Unausweichlichkeit" homosexuellen Verhaltens zu belegen und damit die Forderung nach dessen Straflosigkeit zu begründen oder aber es als Erscheinung "moralischen Verfalls" zu kennzeichnen, dem mit Bestrafung entgegengewirkt werden müsse.

In der Schwulen- und Lesbenbewegung wird die Forschung nach Ursachen der Homosexualität oft kritisch gesehen, weil die Erforschung der Ursache nur einem Zweck dienen könne, nämlich diese abzuschalten, d. h. – wie man befürchtet – als schwul beziehungsweise lesbisch vermutete Föten abzutreiben oder ggf. gentechnische Korrekturen vorzunehmen.

Hinzu kommt, dass eine objektive Ursachen-Forschung auch die Untersuchung der Ursache von Heterosexualität einschließen müsste. Außerdem wird oder wurde oft nur nach der Bestätigung von Vorurteilen, das heißt z.B. einer biologischen 'Verweiblichung' homosexueller Männer oder einer 'Vermännlichung' homosexueller Frauen gesucht.

Genetische Ursachen

1993 wollte der amerikanische Forscher Dean Hamer ein "Schwulen-Gen" auf dem X-Chromosom entdeckt haben, das für die männliche Homosexualität mitverantwortlich sein soll. Es handelt sich dabei um einen Bereich auf dem X-Chromosom, einen so genannten genetischen Marker, der bei einem bestimmten Typ von Homosexualität etwas wahrscheinlicher vorkam als bei anderen. Die Annahme schien sich zunächst zu bestätigen, weil eineiige Zwillingsbrüder, die diesen Chromosomenabschnitt trugen, beide schwul waren. Eine Nachuntersuchung des Jahres 1999 an 46 eineiigen Zwillingsbrüderpaaren relativierte allerdings die Existenz des Schwulen-Gens, weil nur bei rund der Hälfte der untersuchten Zwillingspaare in beiden Fällen Homosexualität auftrat. Die Ergebnisse zeigten nun auch keinen eindeutigen Bezug mehr zwischen männlicher Homosexualität und den Genorten am X-Chromosom. Es gibt auch Berichte, wonach Onkel mütterlicherseits von Schwulen häufiger schwul sind als bei Heterosexuellen. nnn

Unechte genetische Ursachen

Eine Theorie, die man in dem Buch "Brain Sex" (Brain Sex : The Real Difference Between Men and Women von Anne Moir (Ph.D), David Jessel, Dell Publishing, New York, 1992) finden kann, stellt eine Theorie zur Diskussion, die laut Autor alle Fakten über Homosexualität zu erklären vermag. Danach könnten Stresshormone in der Schwangerschaft bei männlichen Föten verhindern, dass deren Gehirn, das zunächst keine Unterschiede zu einem weiblichen hat, durch bestimmte Hormone ein männliches Geschlecht bekommt. Diese das Gehirn modifizierenden Hormone vermännlichen das Gehirn des männlichen Babys normalerweise in der Schwangerschaft in drei Phasen, von denen jede gestört werden kann durch Stress. Zur lesbischen Anlage findet sich eine analoge Aussage. Allerdings wenden Kritiker gegen diese und ähnliche Theorien ein, daß es sich bei der Annahme, daß schwule Männer irgendwie "weiblicher" sein müßten als heterosexuelle, oder lesbische Frauen "männlicher", lediglich um ein heteronormatives Postulat handelt, welches keinesfalls bewiesen ist.


Evolutionstheoretischer und sozialer Nutzen der Homosexualität

In der Wissenschaft gibt es inzwischen Vorstellungen, dass Homosexualität der Arterhaltung dient, also auch im Sinn der Evolutionstheorie einen Nutzen hat, da sie dafür sorgt, dass sich eine größere Anzahl von Menschen um ein neugeborenes Kind kümmern kann. Unterstellt wird hierbei, dass homosexuell Veranlagte keine eigenen Kinder zeugen, jedoch ihre genetisch nah verwandten Neffen und Nichten mitversorgen, wodurch letztlich auch ihre Gene eine Chance auf Fortbestand haben (Siehe auch: Das egoistische Gen).

Weiteren Untersuchungen zufolge deutet sich an, dass genetische Veranlagung für männliche Homosexualität weibliche Verwandte fruchtbarer machen könnte (vgl. wissenschaft.de).

Ein anderer Zugang zur Sexualitätsthematik ist die Frage, warum es überhaupt die Norm der Heterosexualität gibt und alles andere als Abweichung gesehen wird. In bestimmten Gender Studies wird analysiert, dass der Heterosexismus und Heteronormativität Grundpfeiler unserer Gesellschaft sind und die Homosexualität eine soziokulturelle Konstruktion darstellt.

In neueren Studien von Homophobie wurde festgehalten, dass die Unterdrückung von Homosexuellen und eine Ächtung der Homosexualität vor allem in Gesellschaften stattfindet, die eine strikte Trennung der Geschlechter zur Norm erheben, meistens mit dem Ziel, die Herrschaft der Männer über die Frauen zu sichern. Man könnte daraus den Schluss ziehen, dass Homosexuelle durch ihre Persönlichkeit eine Art Brückenfunktion zwischen den Geschlechtern einnehmen. Ihre biologische Aufgabe wäre es dann, zum gegenseitigen Verständnis und zur gegenseitigen Akzeptanz von Mann und Frau beizutragen.

Literatur zum Thema

  • Robert Alan Brookey: Reinventing the Male Homosexual. The Rhetoric and Power of the Gay Gene. Bloomington 2002. ISBN 0253215129.
  • Simon LeVay: Queer Science : The Use and Abuse of Research into Homosexuality. ISBN 0262621193. Cambridge, Mass.; London 1997.
  • Florian Mildenberger: ... in der Richtung der Homosexualität verdorben : Psychiater, Kriminalpsychologen und Gerichtsmediziner über männliche Homosexualität 1850 - 1970. Hamburg 2002. ISBN 3935596154.
  • Vernon A. Rosario (Hrsg.): Science and Homosexualities. London 1997. ISBN 0415915023.

Homosexualität und Transgender

Homosexualität wird oft mit Transgender und Transsexualität in Verbindung gebracht; es handelt sich aber um zwei grundsätzlich verschiedene Phänomene. Bei der Homosexualität geht es um den gewünschten Partner, bei Transgender um das Empfinden der eigenen Geschlechtlichkeit. Diese Verwechslung hat mehrere Gründe:

  • Hirschfeld fasste Homosexuelle und Transgender als ein Drittes Geschlecht zusammen; diese Idee vom Dritten Geschlecht hat sich wenn nicht in der Wissenschaft, so doch sozial bis mindestens in die 1970er Jahre gehalten. Heute werden unter Queer beide Gruppen, beziehungsweise alle Menschen, die gegen heteronormative Regeln verstoßen, wieder zusammen gedacht.
  • Sozial war die lesbisch-schwule Subkultur oft der einzige Ort, an dem Transgender in ihrem empfundenen Geschlecht akzeptiert wurden.
  • Da sich ein großer Teil der Transgender zu einem anderen als dem empfundenen Geschlecht hingezogen fühlt, führt dies oft zu Beziehungen mit Menschen gleichen anatomischen Geschlechts, die dann zwar subjektiv als heterosexuell empfunden werden, nach außen aber homosexuell wirken.

Vor allem letzteres ist der Grund, warum die Verwendung des Wortes homosexuell problematisch ist, wenn einer der Partner Transgender ist. Was nach äußerlichen oder anatomischen Kriterien homosexuell (=gleichgeschlechtlich) wäre, empfinden einer oder beide Partner unter Umständen heterosexuell – oder natürlich umgekehrt.

Service und Hilfe für homosexuelle Menschen

Beratungsstellen und telefonische Hilfe für homosexuelle Menschen

Es gibt in sehr vielen Städten Rosa Telefone um betroffene Menschen und Angehörige zu beraten. Die Beratung erfolgt anonym.

In einigen Städten gibt es auch so genannte Überfalltelefone für Opfer antihomosexueller Gewalt. Die meisten haben bundeseinheitlich die Nummer 19228.

Kontrovers diskutiert wird eine Beratung, die eine mögliche Änderung (Therapie) der sexuellen Orientierung miteinschließt.

Literatur zum Thema

  • Ellen Bass; Kate Kaufman: Wir lieben, wen wir wollen : Selbsthilfe für lesbische, schwule und bisexuelle Jugendliche. Berlin 1999. ISBN 3929823624.
  • Thomas Grossmann: Schwul, na und? Reinbek bei Hamburg 1994. ISBN 3499191091.
  • Pia Werner; Barbara Wörmann: Jane liebt Julia : das Coming-Out-Buch für Lesben. München 2000. ISBN 3426774496.
  • Dorit Zinn: Mein Sohn liebt Männer. Frankfurt a. M. 1992. ISBN 3596112605.

Siehe auch