Faust. Eine Tragödie
Faust I, vom Autor Faust, der Tragödie erster Teil betitelt, wurde von Johann Wolfgang von Goethe im Jahr 1806 vorläufig beendet und 1808 veröffentlicht; die überarbeitete Fassung in der Ausgabe letzter Hand erschien schließlich 1828/29. Vorangegangen war 1790 der Teildruck Faust. Ein Fragment; die Entstehung der Textfassung des so genannten Urfaust (wohl 1776 oder 1777) lässt sich nicht mehr in allen Einzelheiten klären.
Das Drama greift die vielfach von anderen Autoren beschriebene Geschichte des Doktor Faustus auf und weitet sie zu einer Menschheitsparabel aus.
Charaktere
- Heinrich Faust, ein Gelehrter
- Mephistopheles (Mephisto), der Teufel
- Gretchen (Margarethe), Geliebte Fausts
- Marthe, Gretchens Nachbarin
- Valentin, Gretchens Bruder
- Wagner, Fausts Famulus
Inhalt

Das Stück beginnt mit der "Zueignung", in der Geothe seinem Publikum von dem Schaffensprozess seines Werkes berichtet. Darauf folgt das "Vorspiel auf dem Theater", in dem die Figuren über die verschiedenen Ziele des Theaters, wie Geld zu verdienen, das Publikum zu unterhalten und zu erfreuen und die künstelerische Verwirklichung diskutieren. Das eigentliche Stück beginnt mit dem "Prolog im Himmel", in dem der Herr, der von einigen Interpreten nicht als christlicher Gott gesehen wird, sondern das positive Prinzip der Schaffenden und Wirkenden verkörpert und dem Schöpfer des Seins entspricht, mit Mephisopheles (der Gegenspieler des Herren und dennoch dessen Werkzeug) wettet, dass Faust sich vom Teufel (=Mephisopheles) verführen lässt. Daraufhin sucht Mephistopheles, zuerst in der Gestalt eines schwarzen Pudels (Goethe hasste Hunde) Faust in dessen Studierstube auf und kann ihn trickreich zu einem Pakt mit ihm verführen.
Im weiteren Verlauf des Stückes, nach einem Ausflug nach Leipzig und Auerbachs Keller, lernt Faust Gretchen kennen und verlangt vom Mephistopheles sie ihm gefügig zu machen "Hör, du mußt mir die Dirne schaffen!". Dies führt zur so genannten "Gretchen-Tragödie", die auch als Drama im Drama gesehen wird, in der sich Gretchen in Faust verliebt und nach einem durch eine Hexe arrangierten Zwischenspiel schwanger wird und ihr Kind ertränkt. Ihr Bruder Valentin zerbricht an der Schande, die seine Schwester durch die uneheliche Schwangerschaft über ihn bringt. Er wird schließlich in einem verhexten Kampf mit Faust und Mephisto tödlich verwundet. Sterbend verflucht Valentin seine herbeieilende Schwester vor dem ganzen Dorf. Faust wird, um ihn von dem traurigen Schicksal Gretchens abgelenkt zu werden, von Mephisto in die Walpurgisnacht im Walpurgisnachtstraum geführt. Bei dessen Rückkehr versucht Faust die, wegen Kindsmord, inzwischen im Gefängnis sitzende Gretchen zu befreien. Dies tut er nicht aus Liebe, wie ihm klar wird, sondern aus Mitleid. Gretchen, die in ihn jedoch wirklich verliebt ist, weigert sich jedoch strikt ihm zu folgen, was ihre Seele von der Sünde des Kindsmordes erlöst.
Hinweise zum Verständnis
Das Stück ist fast gänzlich reimend geschrieben und liefert viele der bekanntesten Zitate der deutschen Sprache. Mephistopheles wird als schalkhafter intelligenter Geist dargestellt, der die menschlichen Eitelkeiten verlacht und ausnutzt.
Grundthema ist der Konflikt des Menschen zwischen dem Streben nach Höherem, wie es Faust anfänglich tut, und der Sinnlosigkeit dieses Strebens, wie es Faust schmerzvoll erkennen muss. Sein ganzes Wissen erscheint Faust sinnlos, da es ihm nicht hilft zu ergründen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Sein ewiges Streben nach der Ergründung der Schöpfung hindert ihn daran, das Leben zu genießen und er verfällt der Depression. Als er dem Teufel (Mephisto) begegnet, verwettet er seine Seele, dass ihn Mephisto nicht Zufriedenheit schaffen kann, da er sich des gegenteils absolut sicher ist.
Werd ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,
So sei es gleich um mich getan!
Kannst du mich schmeichelnd je belügen,
Daß ich mir selbst gefallen mag,
Kannst du mich mit Genuß betrügen-
Das sei für mich der letzte Tag!
Die Wette biet ich!
Siehe auch: Faust, Faust II, Walpurgisnacht, Murnaus "Faust - eine deutsche Volkssage", Gretchenfrage
Inszenierungen
- 1960 von Peter Gorski; mit Will Quadflieg (Faust), Gustaf Gründgens (Mephisto), Ella Büchi (Gretchen), Elisabeth Flickenschildt (Marthe), Max Eckard (Valentin), Eduard Marks (Wagner), Uwe Friedrichsen (Schüler)
- 1988 von Dieter Dorn, 1989 als Kinofilm; mit Helmut Griem (Faust), Romuald Pekny (Mephisto), Sunnyi Melles (Gretchen), Cornelia Froboess, Axel Milberg, Katja Riemann, Peter Lühr, Andrea Sawatzki, Rolf Boysen
- 1998 von Cordula Trantow; mit Karl-Walter Diess (Faust), Norbert Mahler (Mephisto), Elisabeth Degen (Gretchen), Angelique Duvier (Marthe), Gunnar Solka (Valentin), Fred Alexander (Wagner), Viola von der Burg (Hexe)
- 2000 von Ingmar Thilo; mit Christian Ammermüller (Faust), Raphaela Zick (Mephisto), Ulrike Dostal (Margarete), Brigitte Hörrmann (Marthe), Max Friedmann (Dichter) u.a.
- 2001 von Peter Stein; mit Bruno Ganz und Christian Nickel (als alter und junger Faust), Johann Adam Oest (Mephisto), Dorothée Hartinger, Corinna Kirchhoff und Elke Petri
- 2004 von Wilfried Hammacher am Goetheanum; Christian Peter (Faust), Paul Klarskov (Mephisto), u.a.
Ausgaben
- E. Trunz (Hg.) Faust. München 1998, C.H. Beck, ISBN 3-406-31234-9.
Preisgünstige wissenschaftlich zitierfähige Ausgabe, zum Einstieg geeignet. - A. Schöne (Hg.) Faust. Frankfurt am Main 1994, Deutscher Klassiker Verlag, ISBN 3-618-60270-7. Auch als preiswerte Taschenbuchausgabe erhältlich: Frankfurt am Main 2003, Insel Verlag, ISBN 3-458-34700-3.
Zur vertiefenden Beschäftigung geeignet, zeigt den Faust-Text erstmals in Goethes ursprünglicher Gestalt (in modernisierter Orthographie), enthält einen hervorragenden Kommentarband. - Reclam-Universalbibliothek Nr. 1, Faust - Der Tragödie Erster Teil, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-000001-7
Als Webausgabe frei zugänglich bei DigBib.Org
Literatur (Kommentare)
- H. Arens Kommentar zu Goethes Faust I. Heidelberg 1982, Carl Winter Universitätsverlag, ISBN 3-533-03184-5.
Gilt als einer der wissenschaftlichen Standardkommentare. Der denkbar ausführlichste Zeilenkommentar zu Faust I, bietet neuartige, fundierte interpretatorische Zugänge. - A. Schöne Faust. Kommentare. Enthalten in: Goethe Faust. Frankfurt am Main 1994, Deutscher Klassiker Verlag, ISBN 3-618-60270-7.
Ebenfalls ein moderner Kommentar, der nicht unreflektiert alte Lehrmeinungen übernimmt, übersichtlich und prägnant.