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Mensur (Studentenverbindung)

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Georg Mühlberg "Auf die Mensur", Darstellung einer Mensur auf Korbschläger, ungefähr um 1900

Eine Mensur (lateinisch mensura = Abmessung) ist ein streng reglementierter Fechtkampf von Mitgliedern von Studentenverbindungen mit scharfen Waffen. Der Begriff gründet auf den fechttechnischen Fachbegriff „Mensur“, der seit dem 16. Jahrhundert einen festgelegten Abstand der Fechter zueinander beschreibt.

Mensuren werden je nach Hochschulort mit Korbschlägern oder Glockenschlägern gefochten. Die Fechter sind fast vollständig gegen Verletzungen geschützt; lediglich Teile von Kopf und Gesicht sind frei und können verletzt werden. Durch solche Verletzungen entstehende Narben heißen Schmisse.

Mensuren werden von vielen Studentenverbindungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gefochten. Teils sind die Mitglieder dieser Verbindungen verpflichtet, Mensuren zu fechten, teils können sie dies freiwillig („fakultativ“) tun.

Die Eigenart der Mensur

Das Mensurfechten ist weder Sport noch Duell, obwohl es mit beiden Formen menschlichen Kräftemessens Gemeinsamkeiten hat.

Wie beim Sport ist eine Mensur eine Auseinandersetzung von Kontrahenten, zwischen denen keine Antipathie bestehen muss. Im Gegenteil ist für ein Paukverhältnis sogar ein gewisses Vertrauen nötig. Allerdings kennt eine Mensur im Gegensatz zu einem Sportwettkampf keine Gewinner oder Verlierer. Die Leistung eines Paukanten (Teilnehmers an der Mensur) wird unabhängig von der Leistung seines Gegenpaukanten bewertet. Die Bewertung – die etwa Stand, Moral und Technik umfassen kann – wird vorgenommen vom Mensurconvent, einem Gremium, das aus allen anwesenden Bundes- bzw. Corpsbrüdern besteht, die die Mensur vollständig gesehen haben.

Mensuren sind wie Duelle Kämpfe Mann gegen Mann, bei denen die Teilnehmer vor allem den Mut beweisen sollen, solche Auseinandersetzungen trotz der Aussicht auf Verwundung und Schmerz diszipliniert und ohne äußere Anzeichen von Furcht durchzustehen. Wichtiger als das Gewinnen ist die aufrechte Teilnahme. Anders als Duelle dienen Mensuren aber nicht dazu, für so genannte "Verletzungen der Ehre" Satisfaktion (Genugtuung) zu geben. Das ist ausdrücklich nicht Sinn der Mensur. Mensuren dürfen auch nicht unter Bedingungen gefochten werden, die ernsthafte Verletzungen oder gar den Tod der Teilnehmer wahrscheinlich machen.

Der Zweck der Mensur

Schlagende Verbindungen, besonders pflichtschlagende Verbindungen, betrachten die Mensur als wichtige Hilfe zur Persönlichkeitsbildung. Sie begründen dies damit, dass die Vorbereitung auf eine Mensur vom Studenten nicht nur erfordert, eine saubere Kampftechnik einzuüben (das sogenannte „Pauken“) und dabei Disziplin und Sorgfalt zu entwickeln. Er muss sich auch mit einer bedrohlichen Situation auseinandersetzen, die eigenen Ängste davor überwinden, und ihr gut vorbereitet und gefasst entgegentreten.

Außerdem soll die Mensur den Zusammenhalt der Gemeinschaft stärken. Sie findet deswegen meist vor den versammelten Aktivitates der am Pauktag teilnehmenden Bünde sowie mit der oftmals regen Teilnahme seitens der entsprechenden Altherrenschaften statt.

Ein erwünschter Nebeneffekt der Pflichtmensur ist es, Studenten, die die Mitgliedschaft nur aus materiellen Motiven anstreben, ohne sich selbst einzubringen, vom Eintritt in die Verbindung abzuhalten. Befürworter von Pflichtmensuren führen an, dass die Freiwilligkeit der Mensur diesen Zweck nicht erfüllen würde.

Geschichte und Charakter der Mensurarten

Studentische Selbstverteidigung

Mit Rapier und Parierdolch fechtende adelige Studenten um 1590

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war die öffentliche Sicherheit besonders bei Überlandreisen kaum gewährleistet. Da besonders Schüler und Studenten oft lange zu ihren Studienorten reisen mussten, erlaubte Kaiser Maximilian I. von Habsburg ihnen 1514 das Tragen von Waffen zum Selbstschutz. Dieses Privileg war zugleich ein Ausweis für eine gehobene gesellschaftliche Position, denn außer den Studenten durften dies nur der Adel und das Militär.

In diesen Jahrhunderten gab es noch kein spezifisch studentisches Fechten. In dieser Disziplin übte sich jeder, der meinte, es zu brauchen oder es sich leisten zu können (besonders im Mittelalter waren Metallwaffen noch sehr kostspielig). So waren Fechtübungen zum Beispiel auch bei den Handwerkszünften sehr verbreitet. Noch heute zieren gekreuzte Schwerter manches Zunftwappen.

Während im Mittelalter Schwert und Dussack bevorzugte Fechtwaffen waren, kamen in der frühen Neuzeit durch den Einfluss aus romanischen Ländern wie Spanien oder Italien leichtere, elegantere Waffen in Mode, die mehr zum Stich als zum Hieb taugten. Das war erst der Degen, später das noch leichtere Rapier.

Von "vornehmen Herren" wurde damals erwartet, dass sie sich nicht nur unterwegs vor Räuberbanden schützen konnten, sondern sich auch sonst Respekt verschafften - besonders wenn jemand ihren gesellschaftlichen Stand anzweifelte, indem er sich nicht respektvoll genug benahm. Wer hier nicht zeigte, dass er sich zur Wehr setzen konnte, hatte nicht nur bei seinen Standesgenossen schnell alles Ansehen verspielt.

Auch bei den Studenten bildete sich ein besonderes Standesbewusstsein, das auch auf einer eigenen Sprache (Studentensprache), eigenen Verhaltensnormen (Comment) und spezieller Kleidung (Vorläufer des Couleur) beruhte. Die damaligen Studenten fühlten sich herausgehoben durch Freiheit, Lebensfreude und Wehrhaftigkeit aus der Welt der Bürger, unter denen sie lebten. Diesen Stand galt es zu verteidigen.

Das Tragen von Waffen und das Ausfechten von Duellen war unter Studenten bald unverzichtbarer Bestandteil des universitären Lebens, wobei besonders in unruhigen und in Kriegszeiten die Brutalität für heutige Verhältnisse ungeheure Ausmaße annahm. Als besonders schlimm gilt in dieser Hinsicht das 16. Jahrhundert mit den Reformationskriegen und im 17. Jahrhundert die Zeit während und nach dem Dreißigjährigen Krieg.

Dendrono (Johann Georg Puschner, Nürnberg) - "Der fechtende Student", der Kupferstich von 1725 zeigt den Universitätsfechtboden von Altdorf, wo sich die Universität der Freien Reichsstadt Nürnberg befand.

Duelle wurden teilweise als Rencontre (frz. Zusammentreffen, Gefecht, in der Bedeutung von „wildes Duell“) durchgeführt, das heißt sofort an Ort und Stelle, wobei Opfer nicht selten ohne ärztliche Versorgung einfach liegen gelassen wurden.

Da die Universitätsbehörden sich nur schwer dagegen durchsetzen konnten, versuchten sie, das studentische Fechten in geregelte Bahnen zu lenken. Sie hofften, durch bessere Fechtausbildung die Zahl der Verletzungen minimieren zu können. Das Erlernen der Fechtkunst wurde im Laufe der Zeit eine besondere universitäre Disziplin. Viele Universitäten beschäftigten neben Tanz- und Reitlehrern bald auch eigene Fechtlehrer.

Eine weitere Entwicklung in Richtung auf eine Zivilisierung war die Entstehung des Duells mit "Kartellträgern" ("Beschicksleuten") und "Beiständen" ("Sekundanten") etwa ab dem 17. Jahrhundert. Daraus wurde das Duell im Sinne des 19. Jahrhunderts. Auseinandersetzungen wurde nicht sofort ausgetragen, sondern die Austragung wurde von Beauftragten vermittelt, organisiert und unterstützt und fand an einem vereinbarten Ort zu einem festgelegten Zeitpunkt statt. Die Austragung selbst wurde zunehmend reglementiert. Auch gewann die Disziplin und Charakterfestigkeit bei Durchführung und Regeleinhaltung an Wichtigkeit gegenüber dem eigentlichen fechterischen Ergebnis. Diese Entwicklung traf auf verschiedene gesellschaftliche Gruppen zu, auch auf die Studenten.

Obwohl sowohl das geregelte Duell als auch das ungeregelte "Raufduell" streng verboten waren, scheint es doch in diesen Jahrhunderten eine gewisse gesellschaftliche Akzeptanz dafür gegeben zu haben, dass ein Student nicht nur Leib und Leben, sondern auch seine "Ehre" mit der Waffe verteidigte. So schreibt der Nürnberger Kupferstecher Johann Georg Puschner (unter dem Pseudonym "Dendrono") um 1725 als Beischrift zu seinem Werk "Der fechtende Student":

Es kan ein Musen Sohn, nicht allzeit friedlich leben,

Man pflegt ihm öfftermals, gelegenheit zu geben,

daß ob er sonsten gleich, die Stritigkeiten flieht,

er seinen Degen doch, auch von der Scheide zieht.

Wer keine Händel sucht, und pflegt sich nur zu wehren,

zur Schirmung seines Leibes, zur Rettung seiner Ehren,

der thut was ehrlich ist, Er wehrt sich was er kan,

und tastet an sich selbst, doch keinen Menschen an.

(Aus: "Natürliche Abschilderung des academischen Lebens in gegenwärtigen Vierzehn schönen Figuren ans Licht gestellet von D." Nürnberg bey Joh. Jac. Wolrab. (um 1725))

Das spezifisch studentische Fechten

Pariser Stoßdegen, entstanden in Frankreich um 1750

In der Entwicklung der von Studenten verwendeten Waffen gab es im 18. Jahrhundert entscheidende Veränderungen. Um 1750 kam in Frankreich ein neue Art von Stoßdegen auf, der so genannte "Pariser". Dabei handelte es sich um eine leichte, elegante und sehr effektive Stichwaffe, die - wie sich schnell herausstellte - für die studentischen Duelle viel zu gefährlich war. Es kam dabei nicht selten zu den gefürchteten, lebensgefährlichen Lungendurchstößen (Lungenfuchser). Um dies zu entschärfen, entstand ausgehend von Göttingen ab 1767 das studentische Hiebfechten, für das die Frühform des heutigen Korbschlägers entwickelt wurde. In den östlichen Teilen des Reiches wurde der Glockenschläger erfunden, der sich im Entwurf an frühe Degen anlehnte.

(Siehe dazu: Studentische Fechtwaffe)

Natürlich gab es an den Universitätsorten auch weiterhin "Raufduelle", bis im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich den Studenten das Tragen von Waffen in der Stadt sowie bei Spaziergängen und -ritten außerhalb der Stadt verboten wurde. Erlaubt waren sie nur noch bei tatsächlichen Überlandreisen. Damit wurde das reglementierte Duell zum Standard, denn für spontane Auseinandersetzungen waren die Waffen nicht mehr zur Hand. Natürlich waren auch die reglementierten Duelle weiterhin verboten und wurden von den Universitätsbehörden mit Eifer verfolgt.

Diese Entwicklung traf zeitlich zusammen mit dem Untergang der Studentenorden und der Entstehung der frühen Corps (damals auch teilweise noch "Kränzchen" oder "Landsmannschaft" genannt). Dabei entstand das studentische Verbindungswesen in der heute noch existierenden Form. Grundsätzliche Neuerung war die schriftliche Fixierung der studentischen Verhaltensnormen (Comment) durch die örtliche Vereinigung der jeweiligen Corps (Senioren-Convent oder SC) als SC-Comment. Diese neuen "geschriebenen Gesetze" bezogen sich auf alle Studenten an der jeweiligen Universität und bildeten eine frühe Form der studentischen Selbstverwaltung. Die Austragung von Duellen war dabei ein wichtiges Thema.

Entwicklung der Bestimmungsmensur aus dem Duell

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war sowohl das Hiebfechten (mit Korbschläger und Glockenschläger), als auch das Stoßfechten (mit "Pariser") an deutschen Universitäten verbreitet, jedoch mit unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten. Das Stoßfechten soll besonders bei Theologie-Studenten wegen der weniger sichtbaren Schmisse beliebt gewesen sein. Die höhere Gefahr für Leib und Leben wurde dabei in Kauf genommen. Dies wird vor allem von den Universitäten Jena und Würzburg berichtet. Die letzten Todesfälle durch Lungenfuchser traten wohl in Jena und München in den 1840er Jahren auf. Die letzte Stoßmensur soll im Jahre 1860 in Würzburg gefochten worden sein.

Gefochten wurde auf Zeit, gemessen in Minuten. Die Regelungen waren - wie heute auch noch - von Universität zu Universität verschieden, aber in wichtigen Punkten ähnlich. Bei einem Treffer wurde die Partie unterbrochen. Ein Treffer wurde bereits gezählt, wenn die Klinge auch nur die Kleidung eines der Fechtenden berührte. Beendet wurde nach Ablauf der Zeit oder bei einem "Anschiss". Als "Anschiss" zählte beim Hiebfechten eine Wunde, die mindestens einen Zoll lang war und aus der bei der Untersuchung mindestens ein Tropfen Blut quoll. Bei der Stoßmensur galt als "Anschiss" eine Stichwunde, die groß genug war, dass man aus ihrem Umriss den dreieckigen Querschnitt der Klinge erkennen konnte.

Auf Mensur trat der Fechter in normaler Straßenkleidung ohne Jacke, aber mit Hemd. Als Schutzausrüstung dienten

  • eine große, wattierte Mütze in der Farbgebung der regulären Studentenmütze des Fechters (teilweise auch zylinderartige oder breitkrempige Hüte),
  • eine Halskrause (Seidenbinden oder auch nasse Tücher) zum Schutz der Halsschlagader,
  • ein Lederhandschuh mit langem Stulp und
  • ein wattierter Paukschurz, der ungefähr vom Bauchnabel abwärts bis zu den Unterschenkeln reichte und an der Rückseite mit Binden enganliegend geschlossen wurde. Die Beine wurde einzeln umwickelt, so dass eine Schrittstellung möglich war. Statt des Paukschurzes wurde an manchen Orten auch eine Leibbinde in Verbindungsfarben getragen.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden ausschließlich Duelle zur Bereinigung von Ehrenhändeln gefochten. Das galt für alle Studenten und war - obwohl weiterhin streng verboten - Bestandteil der allgemein anerkannten studentischen Kultur jener Zeit. Die Zugehörigkeit zu irgendwelchen studentischen Zusammenschlüssen spielte in dieser Frage keine Rolle. Dabei kam es vor, dass Studenten, die sich unauffällig verhielten, die Universität verließen, ohne ein einziges Mal "auf scharfe Waffen losgegangen" zu sein. Das war nach damaliger allgemeiner Ansicht auch vollkommen in Ordnung.

Dennoch kann man aus zeitgenössischen Berichten schließen, dass erfolgreiche Fechter nicht nur in Studentenkreisen, sondern auch in anderen Teilen der Bevölkerung hohes Ansehen genossen. So schrieb der Göttinger Pastor Franz Oehme rückblickend über den Zeitraum von 1824 bis 1826:

"Die Kurländer [Mitglieder des Corps Curonia] stehen oben an. Der Zahl nach nur klein, aber durch edle Haltung ausgezeichnet. Excesse hat kein Kurländer begangen, durch welche ein Tadel auf die Verbindung fallen könnte. Wo es Studentenehre betraf mit dem Schläger in der Hand, trat der Kurländer gegen keinen zurück." (Franz Oehme, Göttinger Erinnerungen, Gotha 1873)


Kolorierter Stahlstich von Stor(c)k, "Paukboden" um 1845

Im Laufe der Zeit bildete sich die Überzeugung heraus, dass das Fechten mit scharfen Waffen eine besondere charakterfestigende Wirkung habe. Außerdem lasse das Verhalten eines Studenten in solchen Fällen eine Beurteilung seiner persönlichen Qualitäten zu. Besonders die Corps, die in ihren Constitutionen zu Anfang des Jahrhunderts hehre Begriffe hochgehalten und hohe Anforderungen an Freundschaft, Persönlichkeit und Charakter gestellt hatten, sahen es nun als dringend notwendig oder zumindest wünschenswert an, dass ein Student sich beim Fechten mit scharfen Waffen bewährte. Studenten, die nicht so oft in Streitigkeiten verstrickt waren, fühlten sich nun in einem Dilemma. Nur um mal gefochten zu haben, einen Streit vom Zaun zu brechen, galt auch als unehrenhaft. Daraufhin entwickelte sich eine Art der "pro-forma"-Beleidigung, die keinen ehrenkränkenden Charakter mehr hatte, aber als unmissverständliche Aufforderung zum Fechten galt. Die Beleidigung "dummer Junge" war in vielen Comments Deutschlands als geringste Form der Ehrenkränkung eingestuft und setzte sich als Standardformulierung durch. Im weiteren Verlauf entstanden gar so genannte "Kontrahierkneipen", abendliche Trinkveranstaltungen mehrerer Verbindungen, in deren Verlauf oftmals lauthals und quer über die Tische standardisierte "Beleidigungen" ausgetauscht wurden, so lange, bis alle Beteiligten ihre Kontrahenten gefunden hatten.

Das wurde schnell als unbefriedigend empfunden. Um 1850 tauchten deshalb die ersten "Bestimmzettel" auf, anhand derer die Consenioren (Fechtbeauftragten) der einzelnen Verbindungen die Gegenpaukanten ausmachten ("bestimmten"). Gegen 1855 hatte sich das Prinzip der "Bestimmungsmensur" deutschlandweit durchgesetzt.

Nach der Entstehung der Bestimmungsmensur änderte sich in den nächsten Jahren das studentische Fechten wiederum entscheidend. Für das studentische Duell wurden massiv verschärfte Formen der bewaffneten Auseinandersetzung entwickelt, neue Waffen hielten Einzug (Säbel, Pistole). Die Bestimmungsmensur wurde dagegen immer ungefährlicher. Alle Neuerungen beim Schlägerfechten zielten darauf ab, schwere oder gar tödliche Verletzungen auszuschließen. Bis in die 1870er Jahre hatte sich das Schlägerfechten - bis auf Details - auf den Stand von heute entwickelt.

Mensur und Duell im Kaiserreich

Georg Mühlberg - Studentisches Säbelduell um 1900

Da der Korbschläger und der Glockenschläger ihre ehrenreinigende Funktion verloren hatten, suchten die Studenten einen Ersatz zur Austragung von Duellen. Da sie in den Städten, die neben der Universität auch eine Garnison hatten, ständig mit den Offizieren rivalisierten, lag es nahe, auch vom Militär die Duellwaffe Säbel zu entlehnen. Der akademische Säbel bestand im Prinzip aus einer Säbelklinge mit Korbgefäß als Handschutz wie bei einem Korbschläger. Beim Säbelfechten blieb die bewegliche Fechtweise erhalten. Die Fechter standen in Schrittstellung, der hintere Fuß war fest und durfte nicht zurückgesetzt werden. Mit dem vorderen Fuß - bei Rechtshändern der rechte - durfte nach vorne aufgerückt ("avanciert") oder zurückgegangen ("retiriert") werden. Die Schutzwaffen waren drastisch eingeschränkt, ihre Kombination konnte speziell festgelegt werden, je nach Schwere des Duellgrunds. Das Säbelfechten galt und gilt bis heute als Zweikampf mit tödlichen Waffen und war immer gesetzlich verboten. Es war nie eine Mensur im heutigen Sinne.

Eine ebenfalls aus dem Militär entlehnte Neuentwicklung war das Pistolenduell, das auch in unterschiedlichen Schweregraden ausgetragen werden konnte.

Säbel- und Pistolenduell mussten vor der Austragung von einem Ehrengericht genehmigt werden, das zu klären hatte, ob überhaupt eine ausreichend schwere Beleidigung vorlag, und alles versuchen musste, den Streit gütlich beizulegen.

Das Fechten mit dem Korbschläger oder dem Glockenschläger konnte nun nicht mehr zur Bereinigung von Ehrenhändeln herangezogen werden. Es hatte sich zum Erziehungsmittel für die Charakter- und Persönlichkeitsbildung entwickelt.

Mensur und Duell waren im Kaiserreich nicht mehr Bestandteil der allgemeinen studentischen Kultur, sondern entwickelten sich zu einer Einrichtung speziell der Studentenverbindungen. Die fechterische Einstellung eines Studenten wurde bestimmt von dem jeweiligen Dachverband, dem seine Verbindung angehörte, und dessen Prinzipien. Die traditionellen Verbände pflegten die Bestimmungsmensur und vertraten bei Ehrenstreitigkeiten das Prinzip der unbedingten Satisfaktion mit der Waffe. Das hieß, sie waren bereit, bei Ehrenhändeln zu einem Duell anzutreten. Es gab aber auch sehr viele Verbände, die die Bestimmungsmensur ablehnten, aber trotzdem Duelle durchführten. Manche Arten von christlichen Verbindungen lehnten jede Auseinandersetzung mit der Waffe kategorisch ab.

Die Bestimmungsmensur wurde im Kaiserreich erleichtert und weniger gefährlich gestaltet. Dadurch wurde sie fast zur Routine. Jeden Samstag im Semester war typischerweise Pauktag, meistens ab sechs Uhr morgens. Dann trafen sich die Verbindungen in einem Pauklokal, oft ein diskret gelegenes Ausflugslokal in der Nähe der Stadt. Dort fanden die vorher verabredeten Mensuren praktisch den ganzen Tag lang statt. Am Abend wurde Kneipe gefeiert. Jedes Mitglied einer schlagenden Verbindung stand an jedem Samstag auf Mensur, wenn er medizinisch dazu in der Lage war. Das konnte ungefähr vier bis sechs Mal pro Semester der Fall sein. In der Kaiserzeit beschränkten sich die fechterischen Aktivitäten eines Verbindungsstudenten jedoch nur auf die ersten drei bis vier Semester, danach wurde er Inaktiver, ein Status mit weniger Pflichten, ohne Ämter und Mensuren bis zum Examen. In seinem Leben kam ein Verbindungsstudent zu dieser Zeit so auf ungefähr 15 bis 20 Mensuren.

Georg Mühlberg "Der Herr Paukant" - Darstellung eines Fechters mit Korbschläger in "verhängter Auslage"

Die Senkung des Verletzungsrisikos bei der Bestimmungsmensur wurde durch mehrere Arten von Maßnahmen erreicht:

  • Zusätzliche Schutzwaffen wie Paukbrille, bis zur Brust hochgezogener Paukschurz, Herzleder und ein den ganzen Arm bedeckender, stark gepolsterter Stulp verhinderten Verletzungen wichtiger Körperteile und ermöglichten neue Arten der Verteidigung (Deckung mit dem Stulp).
  • Die zunehmend starre Stellung der Paukanten verhinderte eine Addierung der Geschwindigkeiten von Waffe und Körper. Die Möglichkeit, dass der Fechter in die Klinge seines Gegenpaukanten hineinsprang, wurde so augeschlossen.
  • Die Beschränkung der Trefferfläche auf den Kopf, verhinderte die Durchtrennung von Muskeln, Sehnen und wichtigen Gefäßen. Die Kopfbedeckung musste dazu jedoch abgenommen werden.
  • Die Verringerung des Mensurabstandes machte aus dem Fechten vor dem Körper mit weit vorgestreckten Armen ein Fechten über den Köpfen mit hochgereckten Armen und "heruntergeschwippter" Klinge. Das ermöglichte die Entwicklung einer Position, in der der Fechter auch ohne reagierende Bewegung vollständig gedeckt ist und mit regulären Hieben nicht mehr getroffen werden kann ("verhängte Auslage").
  • Gefochten wurde nicht mehr bis zu einem Treffer sondern eine festgelegte Anzahl von Hieben (vier bis ganz selten auch mal acht) pro "Gang" mit einer festgelegten Anzahl von "Gängen" (ca. 30 bis 45) pro Partie. Dadurch wurden gültige Mensuren ohne einen einzigen Treffer möglich.

Es entwickelte sich eine Form des Hiebfechtens mit sehr komplexen und teilweise unnatürlichen Bewegungsabläufen, die sicherstellten, dass der Fechter während seines Hiebes gleichzeitig auch möglichst alle denkbaren Hiebe des Gegners abwehren konnte. Und das bei ausschließlicher Benutzung von Schultergelenk, Ellbogengelenk und Handgelenk.

Alle diese Veränderungen bedingten weitere Reglementierungen, damit ein flüssiges und sinnvolles, chancengleiches Fechten möglich wurde. So wurden kontinuierliche Bewegungen vorgeschrieben, ein "Liegenbleiben" oder "Lauern" wurde zunehmend ausgeschlossen. Teilweise wurde der "Anhieb" festgelegt, also geregelt, welcher Paukant den ersten Hieb ausführen durfte, damit ein Wechseltempo (versetzte Abfolge von Hieb und Deckung) zustande kam. Bestimmte Hiebfolgen wurden als zu defensiv ausgeschlossen.

Diese Konzeption des Hiebfechtens besteht bis heute bei schlagenden Verbindungen an deutschen Hochschulen.

In Österreich gibt es bis heute Reste einer beweglicheren Fechtweise, so in Graz. Hier stehen die Fechter nicht ganz so unbeweglich wie an anderen Universitätsorten. In Wien ist es zum Beispiel möglich zu "lauern", das heißt, durch Verzögerung und Stoppen der eigenen Hiebfolge eine Blöße des Gegenpaukanten abzuwarten und auszunutzen.

Neben den technischen Aspekten spielte jetzt auch die "Mensurbewertung" eine Rolle. Im Mensurconvent entschieden von nun an die anderen Verbindungsmitglieder, ob eine Partie "zog", das heißt, ob sie den Ansprüchen der Verbindung entsprach und nach den Regularien gültig war. Dabei zählten verschiedene Aspekte wie die Qualität und Komplexität der Hiebtechnik, aber auch die gezeigte "Moral" und der "Stand" des Paukanten. Gänzlich unakzeptabel wurde es in Zeiten der stark reglemenierten Mensur, mit dem kontinuierlichen Schlagen aufzuhören ("Liegenbleiben") oder gar als Angstreaktion den Kopf wegzuziehen ("Kniesen", "Mucken"). Dieses grobe Fehlverhalten konnte nun zur Konsequenz haben, dass der Mensurconvent die laufende Partie beendete und den Paukanten "abführte". Eine Moralabfuhr wird bis heute von den meisten Fechtern mehr gefürchtet als eine körperliche Verletzung. Der Fechter verliert eventuelle Ämter, steht in der "Reinigung" und muss sich durch weitere Mensuren rehabilitieren. In der letzten Konsequenz kann ein mehrfaches "Danebenfechten" den Verlust der Mitgliedschaft in einer schlagenden Verbindung zur Folge haben.

Bei den schlagenden Verbindungen bestimmt bis heute die Strenge der "Mensurauffassung" das fechterische Ansehen der Verbindung.

Seit etwa 1800 wurden Mensuren nach dem Satisfaktionsprinzip gefochten: Sie dienten dazu, eine subjektiv empfundene Ehrverletzung auszugleichen. Dabei standen in der Regel beide Seiten unter gesellschaftlichem Druck: Wenn eine vermeintliche Beleidigung nicht durch eine Forderung (auf einen Zweikampf) beantwortet wurde, konnte der Beleidigte drastisch an gesellschaftlichem Ansehen verlieren. Umgekehrt konnte eine Forderung nicht ohne einen enstsprechenden Verlust an Ansehen abgelehnt werden. Noch bis 1945 war dieses Prinzip der unbedingten Satisfaktion bei den schlagenden Verbindungen weit verbreitet. Für die Satisfaktion waren nur der studentische Säbel und die Pistole geeignet. Eine Pistolenforderung wurde aber nur in Ausnahmefällen genehmigt und konnte nur nach absolvierter Säbelpartie durchgeführt werden.

Persönliche Beleidigungen eines Mannes (lateinisch vir) wurden durch eine Forderung zum Kampf Mann gegen Mann (viritim) beantwortet, die sogenannte Viritim-Forderung.

Beleidigungen einer gesamten Verbindung zog eine Pro-Patria-Suite (für's-Vaterland-Folge) nach sich, die – analog zu einer Suite von Sätzen in einem Musikstück – aus einer Reihe von Mensuren von Mitgliedern der beteiligten Vereinigungen bestand. Hinsichtlich solcher Forderungen bestand der gleiche gesellschaftliche Druck wie bei vermeintlichen persönlichen Beleidigungen.

Heute existiert das Satisfaktionsprinzip in schlagenden Verbindungen nur noch in Österreich. In Deutschland gibt es nur eine Fortsetzung dieser Tradition in der Form von Glocken- oder Korbschlägerpartien. Diese sind aber aufgrund der Fechtwaffe nicht ehrenreinigend. Ehrensachen müssen daher über ein Ehrengericht geregelt werden. Die von der Viritim-Forderung abstammende Forderung wird persönliche Contrage (PC) genannt. Bei Pro-Patria-Forderungen (PP, im Namen der ganzen Vereinigung) fechten drei Chargen (Verbandsführer) und drei Burschen (aktive Mitglieder) jeder Seite je drei Partien gegen einen entsprechenden Vertreter der Gegenseite. Der Unterschied der PC und der PP zu den heute verbotenen ehrenreinigenden Forderungen ist deren Freiwilligkeit. Kein Bund muss eine PC oder PP annehmen.

Die Bestimmungsmensur

Das Austragen von Mensuren zur Bereinigung von Ehrenhändeln und mit tödlichen Waffen (Säbelmensur) wurde in einem Musterprozess vom Bundesverwaltungsgericht 1953 verboten (siehe unten und Göttinger Mensurenprozess).

Seitdem gibt es nur noch die so genannte Bestimmungsmensur. Sie wird mit Korb- oder Glockenschlägern ausgetragen. Als Faustregel kann man sagen, dass östliche der Elbe mit dem Glockenschläger, westlich der Elbe mit dem Korbschläger gefochten wird. (Ausnahmen sind hierbei Jena und Halle/Leipzig, wo "auf Glocke" gefochten wird und Kiel und Rostock, wo "auf Korb" gefochten wird.) Im Vorfeld bestimmen (daher der Name) die Fechtchargierten – die für den Fechtbetrieb zuständigen Mitglieder einer schlagenden Verbindung – welcher Paukant welchen Gegner bekommen soll. Sie handeln den Kampf mit einer anderen Verbindung aus und achten dabei zum Wohl ihres Paukanten auf die Wahl von technisch ebenbürtigen Gegnern (Körpergröße, Rechts- oder Linkshänder).

Die Pflichtmensur

Bezüglich ihrer Einstellung zur Mensur unterscheidet man heute folgende Formen von Studentenverbindungen:

  • Pflichtschlagende Verbindungen fordern von ihren Mitgliedern das Schlagen (Fechten) von Mensuren. Meist ist inder Satzung eine Mindestanzahl von Mensuren festgelegt, die ein Mitglied fechten muss.
  • Fakultativ schlagende Verbindungen ermöglichen ihren Mitgliedern auf deren Wunsch hin das Schlagen einer Mensur. Manche Satzungen enthalten nur dieses Prinzip, wobei kein Mitglied das Pauken (das Üben der Mensur) mehr erlernt. Andere unterscheiden sich kaum von pflichtschlagenden Verbindungen, weil das freiwillige Pauken von allen Mitgliedern auf Grund regen Interesses regulär geübt wird.
  • Nichtschlagende Verbindungen lehnen das Schlagen von Mensuren grundsätzlich ab und schaffen ihren Mitgliedern keine Möglichkeit, sie zu absolvieren. Das kann auf Grund der religiösen Überzeugung, aber auch auf der Tradition der eigenen Verbindung beruhen. Bis zum 2. Weltkrieg war es aber bei vielen nichtschlagenden Bünden üblich sich bis zur Mensurreife einzupauken; die Mensur wurde aber nicht durchgeführt. Dies sollte zeigen, dass man Mensuren fechten könnte, wenn man dies wollte.

Es gibt in Deutschland drei pflichtschlagende Korporationsverbände, die das Schlagen von Mensuren für alle ihre Mitgliedsverbindungen zwingend vorschreiben: den Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV, Kösener Corps), den Weinheimer Senioren-Convent (WSC, Weinheimer Corps) und den Coburger Convent (CC, Turnerschaften und Landsmannschaften). Die Deutsche Burschenschaft, die Neue Deutsche Burschenschaft und die Deutsche Sängerschaft sind fakultativ schlagend, d.h. den Mitgliedsverbindungen ist es freigestellt, Mensuren zu verlangen oder nicht. Die Mehrheit ihrer Mitgliedsverbindungen tut dies.

Beteiligte und Ablauf

Unparteiischer

Der Unparteiische ist ein Waffenstudent, der bereits selbst eine gewisse Anzahl von Mensuren nach dem entsprechenden Paukcomment geschlagen haben muss, um als Schiedsrichter tätig sein zu können. Er hat während der Partie zu gewährleisten, dass sich die Anwesenden und die Mensurbeteiligten regelgerecht verhalten. Er kann jeden Anwesenden bei Störungen des Ablaufs der Partie sowie jeden an der Partie Beteiligten bei Regelverstößen aus dem Pauklokal verweisen. Grundsätzlich urteilt der Unparteiische nur auf Anfrage von anfrageberechtigten Beteiligten. Das sind in der Regel die beiden Sekundanten und die beiden Testanten. Der Unparteiische darf keiner der beiden paukantenstellenden Studentenverbindungen angehören. Er hat nach bestem Wissen und Gewissen zu urteilen und ist während der Partie unverletzlich und darf weder ausgelacht noch herausgefordert werden.

Paukant

Der Paukant ist der Fechter, also derjenige der die Mensur schlägt. Bei einer Mensur gibt es immer genau zwei Paukanten. Die beiden Paukanten gehören immer unterschiedlichen Verbindungen an.

Datei:Sekundant.jpg
Sekundant

Sekundant

Der Sekundant ist für den Schutz seines Paukanten verantwortlich. Er überprüft die Schutzmaßnahmen des eigenen, aber auch die des gegnerischen Paukanten, damit sein eigener Schützling nicht benachteiligt ist. Während der scharfen Gänge schirmt er seinen Paukanten vor nicht erlaubten Hieben ab und fragt Verstöße beim Unparteiischen an. Dies geschieht dadurch, dass er „Halt“ ruft. Beide Sekundanten stellen sich daraufhin sofort vor ihre Paukanten, um sie vor weiteren Hieben zu schützen.

Testant

Der Testant hat in Bezug auf das ‚Anfragen‘ die gleichen Rechte wie der Sekundant. Auch er darf so genannte nicht commentgemäße Hiebe in Frage stellen. Zusätzlich hat er vor jedem Gang die Klinge des Paukanten zu desinfizieren und sie auf den regelgerechten Zustand zu überprüfen. Bei jeder Mensur gibt es zwei Testanten.

Protokollführer

Die beiden Protokollführer werden durch die beiden beteiligten Studentenverbindungen gestellt. Sie stehen unmittelbar neben dem Unparteiischen und halten auf der Mensurkarte die Namen aller Beteiligten, die geschlagenen Gänge, die Pausen und die Kreiden (siehe unten) fest.

Paukarzt

Bei jeder Mensur muss ein approbierter Arzt anwesend sein, der Paukarzt oder Mensurarzt. Er ist oft selbst Mitglied einer schlagenden Verbindung. Ab höheren Partien sind in der Regel zwei Paukärzte – für jeden Paukanten einer – anwesend. Der Paukarzt entscheidet, ob eine Verletzung derartig ist, dass bei Fortsetzung der Mensur ernsthafte Folgen eintreten können. Dann wird der Paukant durch den eigenen Sekundanten abgeführt und der Paukarzt näht die Wunde.

Ablauf

Bei einer Mensur sind beteiligt:

Eröffnet und/oder beendet wird die Mensur heutzutage mit einem Scheingang, dem Ehrengang. Dabei behalten die Paukanten ihre normalen Mützen auf und kreuzen nur die Klingen. Vor dem ersten scharfen Gang werden die Mützen dann abgenommen. Eine Partie geht je nach Comment meist über 30 bis 40 Gänge zu jeweils vier bis sechs Hieben. Ein Unparteiischer leitet den Ablauf der Partie wie ein Schiedsrichter.

Fehler von Paukanten sowie vom Sekundanten bzw. des Testanten können Kreiden zur Folge haben. Kreiden sind eine gewisse Anzahl von Strichen, die für ein Monitum notwendig sind. Es wird zwischen Paukantenkreiden und Sekundantenkreiden unterschieden. Die beiden Arten dürfen nicht summiert werden. Üblichweise ergeben die ersten drei Kreiden das erste Monitum, zwei weitere Kreiden das zweite und eine weitere Kreide das dritte. Bei Erreichen des dritten Monitums durch den Paukanten, so muss dieser abtreten und die Mensur zieht nicht (ist nicht gültig). Bei Erreichen des dritten Monitums durch den Sekundanten oder Testanten, sind diese auszuwechseln. Eine Kreide für einen Paukant, wird durch Aufforderung eines Sekundanten oder Testanten (das Monieren) für einen nichtcommentgemäßen Hieb erteilt, wegen Haltungsfehlern oder wenn er muckt, d.h. den Kopf oder den Körper bewegt oder zurückgeht oder aufrückt. Kreiden für Sekundanten oder Testanten gibt es, wenn der Grund des Monieren nicht vorlag und der Gegensekundant dies verlangt, also die Mensur unnötig unterbrochen wurde. Das Abtreten eines Sekundanten kann je nach Comment zu einer sofortigen Sekundantencontrahage zur Folge haben.

Technik

Stoßfechten

Zunächst entsprach das studentische Fechten der allgemein üblichen Fechtpraxis (Stoßfechten). Hierbei kam es nicht selten zu tödlichen Verletzungen oder schwerwiegenden Spätfolgen durch direkte Stöße beziehungsweise Stiche in den Oberkörper (zum Beispiel den so genannten Lungenfuchser). Das studentische Stoßfechten wurde ab 1767 vom Hiebfechten verdrängt, hielt sich aber vereinzelt noch bis 1860.

Hiebfechten

Mit der Zeit wurde die Technik zunehmend ritualisiert. Die Distanz der Kontrahenten verkürzte sich bis auf eine Schlägerlänge. Damit wurden Stöße unmöglich. Es entwickelte sich die heute noch praktizierte Hiebtechnik. Die heute verwendeten Waffen haben daher auch eine stumpfe Spitze. Das Klingenende ist nun, je nach örtlichem Fechtregelwerk (Comment), rund oder flach. Ebenso ist örtlich unterschiedlich, ob das Klingenende scharf geschliffen wird.

Das Verletzungsrisiko

Datei:Mensur00.jpg
Vorbereitung einer Bestimmungsmensur durch Anlegen der Schutzvorrichtungen, hier der Paukbrille mit Nasenblech

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts kämpfte man Mensuren als Form des Duells auf Tod oder Sieg, also mit oft tödlichem Ausgang. Unter anderem deswegen wurde das Duell gesetzlich verboten; allerdings blieb das Waffenprivileg von Studenten und Adels erhalten.

Auch später konnte das nun abgemilderte Mensurfechten blutige Folgen haben. Da das Tragen von Schmissen als Ausweis besonderer Männlichkeit galt, wurden diese oft bewusst herbeigeführt (z.B. durch das Einnähen eines Haares in die Wunde) und mit Stolz getragen. Sie waren im 19. und 20. Jahrhundert bis 1945 ein häufiges Kennzeichen einer universitären Ausbildung und Laufbahn.

Durch Wundinfektionen konnten Mensuren bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts auch bei nur leichten Verletzungen einen tödlichen Ausgang nehmen. Diese Verletzungen waren aber keine Folge der eigentlichen Mensur, sondern von unsachgemäßer Versorgung der Wunde. Erst seit der Entdeckung des Penicillin ist diese Gefahr vermindert.

Die Verletzungsgefahr wird auch heute bewusst in Kauf genommen, da sie im Selbstverständnis schlagender Verbindungen Bedingung für die erzieherische Wirkung der Mensur ist. Schwere oder gar tödliche Verletzungen gibt es jedoch heute nur noch äußerst selten. Werden alle Sicherheitsbestimmungen bei einer Mensur eingehalten, dann sind sie praktisch ausgeschlossen. Dafür sorgen mehrere Faktoren:

  • die ritualisierte Technik, die mit Hilfe eines Fechtlehrers ausgiebig gelernt und geübt wird;
  • die ärztliche Mensuruntersuchung, zum Beispiel auf nicht richtig zusammengewachsene Fontanellen, der Paukanten vor einer Mensur unterzogen werden;

Für die dennoch möglichen kleinen Schnittverletzungen im Kopfbereich (deren Vernarbung zu Schmissen führt), steht der Paukarzt zur Verfügung. Er kann eine Partie jederzeit aus medizinischen Gründen abbrechen, zum Beispiel wegen Verletzung oder Kreislaufkollaps.

Rechtslage

Deutschland und Österreich

Im Göttinger Mensurenprozess (19511953) bestätigte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, dass durch die Mensur gefährliche Körperverletzungen im Sinne des Strafgesetzbuches entstehen können. Diese seien jedoch keine Straftaten, da sie mit Einwilligung des Verletzten zustande kämen. Sie müssten daher straflos bleiben, solange sie nicht im Rahmen von Ehrenhändeln vor sich gehen und bei ihrer Durchführung alle erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen für die Beteiligten getroffen würden. Insbesondere setzt die Straffreiheit den Verzicht auf tödliche Waffen voraus.

Dieses Urteil hat zu den oben geschilderten generellen und amtlich überwachten Sicherheitsvorkehrungen geführt.

Die Rechtslage in Österreich ist vergleichbar: § 90 öStGB entspricht der deutschen Einwilligungsregelung nach § 228 dStGB.

Schweiz

Dort stellte das Strafgesetzbuch von 1937 das Duell zwar als Delikt gegen Leib und Leben unter Strafe. Da die dort verwendete Definition des Duells aber Mensuren nicht einschließt, blieben Mensuren meist straflos.

Katholische Kirche

Nach früherem kanonischem Recht des Vatikan waren Mensuren, selbst wenn sie nicht auf Tötung abzielten, unsittlich und wurden mit Kirchenstrafen bis zur Exkommunikation belegt, da sie körperlich und mental auf echte Duelle vorbereiteten.

Nachdem das Duell aufgegeben wurde, entfiel dieses Argument. Nach der neuesten Fassung des codex juris canonici von 1983 steht die Bestimmungsmensur nicht mehr unter expliziter kirchlicher Strafandrohung, sofern sie nicht mehr als Vorbereitung zum Duell anzusehen ist und keine Gefahr schwerer Verletzungen beinhaltet. Auch ein möglicher Verstoß gegen das allgemeine Verbot der Körperverletzung in Canon 1397 sieht nur Sühnestrafen, hingegen keine Exkommunikation vor. Die Mensur wird aber weiterhin als eindeutig sittlich verwerflich angesehen.

Darum gibt es auch katholische schlagende Verbindungen bzw. katholisch getaufte Mitglieder in anderen schlagenden Verbindungen. Der Großteil christlicher Verbindungen lehnt die Mensur jedoch strikt ab.

Kritik

Viele Menschen haben eine reservierte oder ablehnende Haltung gegen das Mensurfechten. Die Gründe für die Ablehnung stammen meist aus folgenden Bereichen:

Mensur als Rückfall in überholte Rechtssysteme

Mensuren stammen historisch vom Duell ab und haben lange Zeit – bis 1945 – teilweise auch dessen Funktion erfüllt, vermeintliche Beleidigungen zu sühnen. Ob Mensuren Teil einer eigenen akademischen Gerichtsbarkeit waren, die voraufklärerische akademische Einrichtungen für sich beanspruchten, ist nicht klar. Dass Duelle das Gewaltmonopol des Staates verletzen, wurde offenbar in Verbindungen lange Zeit ignoriert. Die Mensur hat immer noch eine äußere Ähnlichkeit zum Duell.

Insofern wirkt diese Kampfform auf viele Kritiker heute wie ein zivilisatorischer Rückfall in längst überholte Geschichtsepochen (Atavismus). Sie empfinden sie trotz der veränderten Rahmenbedingungen und des anderen rechtlichen Status als eine überholte Art, mit Konflikten umzugehen.

Gefahr der Körperverletzung

Auch bei den heute angewandten Sicherheitsvorkehrungen kann es – zum Beispiel durch Überwachungsfehler oder unsachgemäßes Verhalten – zu schweren Verletzungen kommen, wenn diese auch selten sind. Dauerhafte körperliche Verletzungen werden bewusst in Kauf genommen. Kritiker halten es für unvernünftig und sittenwidrig, eine Situation bewusst herbeizuführen, in der diese Gefahren bestehen.

Mensur als Gewalt

Statt ethisch, sozial und pädagogisch dauerhaft tragende Mechanismen zur Behebung von (Ehr-)Händeln einzuüben oder die Zeit zur Entwicklung von konstruktiven und verständigungsfördernden Techniken zu nutzen, lautet der Vorwurf an die Paukanten, fragwürdige und gewaltorientierte Verhaltensmuster einzuüben. Dieser Vorwurf wird auch innerhalb von Verbindungen vorgetragen. Zum Beispiel lehnen die meisten christlichen Verbindungen die Mensur grundsätzlich ab wegen dieser Gewaltorientiergung ab. Auch die katholische Kirche vertritt heute diese gewaltverzichtende Haltung. Sie stuft die Mensur als unsittliches Verhalten ein.

Destruktiver, irrationaler Umgang mit Angst

Mit dieser Begründung wird von vielen Kritikern auch die Mensur als ungeeignete Form der Angstüberwindung bezeichnet. Sie vertreten die Ansicht, der aus Angst vor gesellschaftlichem Gesichtsverlust hervorgerufene Kampf zweier Personen entstamme einem patriarchalischen, reaktionären, militaristischen und gewalttätigen Gesellschaftsmodell, das sich auf Angst gründe, und sei daher heute abzulehnen.

Literatur

Martin Biastoch, Duell und Mensur im Kaiserreich (am Beispiel der Tübinger Corps Franconia, Rhenania, Suevia und Borussia zwischen 1871 und 1895), SH-Verlag, Vierow 1995, ISBN 3-389498-020-6