Funktionalismus (Internationale Beziehungen)
Der Funktionalismus internationaler Beziehungen ist eine Theorie innerhalb der internationalen Politik, nach der das Zusammenwachsen von Staaten bzw. die Aufgabe staatlicher Souveränität zugunsten überstaatlicher Institutionen funtioniert. Dabei werden einzelne Politikbereiche schrittweise - unter anderem über internationale Abkommen - miteinander verschmolzen. Dies zieht ähnliche Prozesse in anderen Politikbereichen nach sich (Spill-Over-Effekt) und führt zur Bildung gemeinsamer politischer Institutionen.
Einzelheiten
Der Integrationsprozess beginnt dabei mit einer Interaktion in einem genau definierten Politikbereich und führt dadurch zu wachsenden Interdependenzen zwischen den beteiligten Akteuren. Die Verstetigung dieser Interaktionen führt zu der Schaffung integrierter Systeme, welche auf regionaler Ebene am erfolgversprechendsten zu erreichen sind. Deutlichstes Beispiel für diesen Prozess ist die EU.
Der Funktionalismus, begründet durch Mitrany und Monnet, versteht sich als Gegenentwurf zum machtorientierten Realismus. Die Akteure des internationalen Systems sind dabei technische Eliten, supranationale Organisationen, form follows function heißt in diesem Zusammenhang, dass sich die high politics (z.B. Außenpolitik) dann schon anpassen werden, wenn die "low politics" (z.B. Währungs- und Wirtschaftspolitik) im Kooperationsgeflecht aufgehen ("Übertragungseffekt").
Das gegenteilige Prinzip des top-down im Gegensatz zu dem im Funktionalismus postulierten bottom-up wird in der Theorie des Föderalismus befürwortet, wodurch sich diese beiden Konzepte als Integrationsmethoden klar gegenüber stehen.
Kritik
Die Kritiker dieses Ansatzes der Integrationstheorie unterstellen dieser Methode, dass dieser Prozess sich sehr langwierig gestalten kann und daher nicht immer die ideale Lösung darstelle. Des weiteren werden als Voraussetzungen funktionaler Integration auf regionaler Ebene eine starke gemeinsame geschichtliche und kulturelle Bindung genannt, da ohne gemeinsame Werte und Normen ein Konsens nur schwer entstehen kann. Dies sehen sie durch den langsamen Integrationsprozess der ASEAN bestätigt.
Es wird bemängelt, dass der hohe Grad der Bürokratisierung und die Tatsache, dass es sich um eine nicht politische Methode handelt dazu führen, dass eine langfristige Integration wenig erfolgversprechend sei.
Siehe auch
Literatur
- Haas, Ernst B. (1958). The Uniting of Europe; Political, Social, and Economic Forces, 1950-1957. Stanford: Stanford University Press.
- Haas, Ernst B. (1964). Beyond the Nation-State: Functionalism and International Organization. Stanford: Stanford University Press.
- Mitrany, David (1965) "The Prospect of European Integration: Federal or Functional", Journal of Common Market Studies
- Mitrany, David (1976) The Functional Theory of Politics. New York: St. Martin's Press.