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Dalit

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Dalit (der Begriff entwickelte sich aus dem Sanskritwort दल् , dal; er wird übersetzt mit zerbrochen, zerrissen, zerdrückt, vertrieben, niedergetreten, zerstört und der zur Schau Gestellte) ist die Selbstbezeichnung der Nachfahren der indischen Ureinwohner, die aus rassistischen Gründen als „Unberührbare“ aus dem Kastensystem der kriegerischen indoarischen Einwanderer bzw. Eroberer (faktisch bis heute) ausgeschlossenen sind. In der westlichen Welt, insbesondere im deutschen Sprachraum, werden sie teilweise auch als Paria bezeichnet; Gandhi nannte sie Harijan (im Westen ungenau als Kinder Gottes übersetzt, eigentlich: „Vishnu-Geborene“), ein Name, der von den Dalits immer abgelehnt wurde, da sie nicht als schützenswerte Kinder, sondern als gleichberechtigte Menschen und Inder gesehen werden wollen. Der im Westen oftmals gebrauchte Begriff „Kastenlose“ ist unpräzise, da die Unberührbaren durchaus einer Kaste (Jati) angehören, wenn auch keiner Varna.

Jyotiba Phule, der Vater der indischen Sozialrevolution, benutzte das Wort Dalit im späten 19. Jahrhundert für die Opfer des Kastensystems.

Soziale Lage

Die Zahl der hinduistischen Dalits wird auf über 160 Millionen geschätzt, zusammen mit den muslimischen und christlichen „Unberührbaren“ sind sie ca. 240 Millionen und damit fast ein Viertel der indischen Bevölkerung. Bis heute erleben sie von Kasten-Indern massive Diskriminierung, teilweise auch Verfolgung und Gewalt. Sie stehen zum Teil außerhalb des Kastensystems oder auf dessen untersten Stufen und werden deshalb als „unrein“ oder „unberührbar“ betrachtet. Besonders in ländlichen Gegenden ist diese Diskriminierung, die im Westen oft ungenau als eine Form des Rassismus oder der Sklaverei angesehen wird, bis heute Realität. Dies kann so weit gehen, dass man selbst die Berührung mit ihrem Schatten meidet. Immer wieder werden sie Opfer von Gewalt und Landraub.

Befreiungsbestrebungen

In der Verfassung der Republik Indien (Bharat) von 1949 wurde der Gedanke der „Unberührbarkeit“ von Anfang an ausgeschlossen und die Menschenrechte und demokratischen Freiheiten wurden auch für die Dalits garantiert. In der Praxis haben die von der indischen Regierung eingeleiteten Schritte zur Überwindung der Ausgrenzung der Dalits allerdings nicht die erhofften Erfolge gezeigt.

Aus Enttäuschung darüber kam B. R. Ambedkar (Babasaheb) (1891 - 1956), der sich als Anwalt, Politiker und Pädagoge für eine Abschaffung der Kasten einsetzte und ein wichtiger Sprecher der Dalits war, zur Überzeugung, dass nur eine Abkehr vom hinduistischen System den Dalits einen Weg zur gesellschaftlichen Emanzipation öffnen könnte. Unter den Religionen, die die Gleichheit aller Menschen zur Grundlage haben und somit dem System der Kasten ablehnend gegenüberstehen, erschien ihm schließlich der Buddhismus am geeignetsten. So initiierte Ambedkar 1956 eine Massenkonversion von Dalits zu einer von ihm selbst entwickelten und politischen Form des Buddhismus. Auch die indischen Christen rekrutieren sich zu einem hohen Anteil aus Dalits. Allerdings sehen heute viele Dalits keine Lösung ihrer Probleme in einer Konversion, da sie auch in anderen Religionsgemeinschaften auf tradierte Vorurteile treffen. Aber auch im Oktober 2006, zum 50. Jahrestag der großen Konversion, traten wieder tausende Dalits zum Buddhismus und zum Christentum über; zum Teil in gemeinsamen Zeremonien.

1997 wurde mit K. R. Narayanan erstmals ein Dalit zum indischen Staatspräsidenten gewählt. Auch er ergriff Initiativen zur Abschaffung der Kastendiskriminierung.

Literatur

  • Brigitte Voykowitsch: Dalits - Die Unberührbaren in Indien, Verlag Der Apfel, Wien 2006
  • J. Beltz: Mahar, Buddhist and Dalit. Religious Conversion and Socio-Political Emancipation, New Delhi, Manohar 2005
  • B. Das, J. Massey (ed.): Dalit Solidarity, Delhi 1995
  • N. Minz: A Search for a Common Ideology, in: J.Massey (ed.): Indigenous People: Dalits - Dalit Issues in Today´s Theological Debate, Delhi 1994