Straßenbahn
Die Straßenbahn, auch Bim, Elektrische, Tram oder Tramway, ist ein elektrisch betriebenes, schienengebundenes Transportmittel im Öffentlichen Personennahverkehr.
Sie wird im Regelfall im Stadtverkehr verwendet, die Gleise sind in der Straße verlegt. Sie kann aber auch wie in vielen Städten auf eigenem Bahnkörper (u. a. in Tunneln) verlaufen oder, wie in Karlsruhe, im Mischbetrieb als Regionalstadtbahn geführt werden, um so eine direkte Anbindung der Vororte an das Zentrum zu erreichen. In solchen Fällen spricht man zunehmend von Stadtbahn statt von Straßenbahn; der Übergang ist jedoch fließend. Beispiele für Überlandstraßenbahnen außerhalb geschlossener Ortschaften sind die Thüringerwaldbahn und die Kirnitzschtalbahn.
Rechtliches

Juristisch sind nach deutschem Recht Straßenbahnen von Vollbahnen scharf getrennt; Straßenbahnen fahren in der Regel auf Sicht und werden nach BOStrab betrieben; Vollbahnen (Eisenbahnen) fahren mit Signaldeckung und werden nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) betrieben. Weitere Hauptunterschiede sind die Anforderungen an die Längsfestigkeit, die bei Vollbahnfahrzeugen wesentlich höher sein muss als bei Straßenbahnfahrzeugen. Das bei Eisenbahnen vorgeschriebene Dreilicht-Spitzensignal gilt inzwischen auch für Straßenbahnen, allerdings kann die obere Lampe durch eine Linien- oder Fahrtrichtungsanzeige ersetzt werden. Daneben verfügen Straßenbahnen auch über einen Fahrtrichtungsanzeiger (Blinker).
Diese kuriose Situation hat sehr lange (alte) Wurzeln: Als zum Ende des 19. Jahrhunderts Straßenbahnen immer populärer wurden, bekamen es die "alteingesessenen" Eisenbahnbetriebe mit der Angst zu tun. Sie wollten auf jeden Fall verhindern, dass die "Elektrische" Besitz von ihren Strecken ergriff. Die Verpflichtung auf Meterspur (obwohl es dafür technisch keinen Grund gibt, die Radienänderung ist minimal) ist nur ein Beispiel für die Protektoratspolitik. Die Unterscheidung in EBO und BOStrab ist eine andere.
Es gibt kuriose Fälle wie zum Beispiel die Rhein-Haardtbahn, eine schmalspurige Bahnstrecke von Bad Dürkheim nach Mannheim, oder auch die Oberrheinische Eisenbahn-Gesellschaft, die mit Straßenbahnfahrzeugen befahren, allerdings nach EBO betrieben und gesichert werden. Was für alle Welt wie eine Straßenbahn aussieht, ist rechtlich also eine Eisenbahn.
Technik

Die elektrische Antriebsenergie einer Straßenbahn wird mittels Stromabnehmer von Oberleitungen oder (in Tunneln) von Stromschienen abgenommen. Historisch gab es auch Straßenbahnen mit Akkumulatoren oder Gasmotorenantrieb. Aus ästhetischen Gründen (Verzicht auf die Oberleitung) wurde manchmal auch eine Stromabnahme aus unterirdischen Stromschienen eingebaut. Neuerdings werden (so in Bordeaux) wieder entsprechende Versuche mit unterirdischer Stromabnahme unterhalb des Fahrzeugbodens gemacht. Bei modernen Straßenbahnfahrzeugen werden zum Bremsen die Motoren als Generatoren geschaltet, so dass elektrische Energie zurück in die Fahrleitung gespeist wird.
Die Straßenbahn kombiniert die Vorteile großer Fahrgastkapazität mit dichter Haltestellenfolge. Meist gibt es beim eingesetzten Wagenmaterial Anpassungen an die Strecke. Die meisten innerstädtischen Straßenbahnen haben kurze Haltestellenabstände. Um einen schnellen Fahrgastwechsel zu ermöglichen, haben dort die Fahrzeuge viele Türen, viel Stehfläche und daher weniger Sitze. Auf Überlandlinien mit längeren Strecken zwischen den Haltestellen gibt es meist weniger Türen und mehr Sitze.
Die frühen Straßenbahnen setzten zu den elektrischen, meist 2-achsigen, Triebwagen 1 bis 2 Beiwagen als Anhänger ein (auf Überlandstrecken konnten die Züge auch länger sein). Die Beiwagen waren sehr häufig umgebaute Wagen der vormaligen Pferdebahn. Üblich waren zwei Varianten: offene Sommerwagen sowie geschlossene Wagen für den Winter.
Die Entwicklung der Fahrzeuge war geprägt durch die Wünsche der jeweiligen Straßenbahnbetriebe. Die Hersteller erstellten die Wagen in Kleinserien, jeweils angepasst an die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden. Mit der Entwicklung der längeren Gelenktriebwagen, wurden die Beiwagen zunehmend verdrängt.
In den 1980ern begann die Entwicklung der Niederflurtechnik sowie die Modularisierung der Fahrzeuge. Moderne Fahrzeuge werden von Herstellern wie Bombardier Transportation in Modulbauweise hergestellt und sind an die örtlichen Gegebenheiten anpassbar (Normalspur/Meterspur, Fahrzeugbreite, Türen rechts/links/beidseitig, Fahrt in eine oder beide Richtungen, Achsanzahl, Niederfluranteil). Beispiele für derartige Fahrzeugserien sind der Combino und die Variobahn.
Geschichte

Die ersten Straßenbahnen waren Pferdebahnen. Die erste derartige Bahn wurde am 26. November 1832 in New York City eröffnet. Später wurden sie auf einzelnen Linien durch Dampf- oder elektrische Straßenbahnen ersetzt. Die erste elektrische Straßenbahn der Welt nahm am 16. Mai 1881 in Lichterfelde bei Berlin den Betrieb auf. Die von Werner von Siemens gebauten Wagen hatten eine Länge von 4,3 Metern und fuhren auf einer 2,5 Kilometer langen Strecke mit einer Geschwindigkeit von maximal 20 km/h. Die Stromaufnahme des 3,7 kW (5 PS) starken Motors erfolgte über beide Schienen. In Österreich eröffnete die erste Straßenbahn am 22. Oktober 1883 zwischen Mödling und Hinterbrühl den Betrieb, in der Schweiz am 6. Juni 1888 das erste Teilstück der Tramway Vevey-Montreux-Chillon.
Am Anfang des 20. Jahrhundert entstanden weltweit, in Europa, aber besonders auch in den USA, sehr viele Bahnen, die auch außerhalb der Städte aus Kostengründen nicht auf eigener Trasse, sondern auf bereits vorhandenen Straßen verkehrten, ohne als Straßenbahn konzipiert zu sein. Die Konflikte mit dem Straßenverkehr waren durchaus vorprogrammiert und auch gewünscht. So haben sich manche Konzessionsbetriebe lange Zeit geweigert, ihre Schienen so zu verlegen, dass diese von anderen Fahrzeugen passiert oder überquert werden konnten. Diese Epoche wird als die Zeit der "Eisenbahnschlachten" in der Verkehrsgeschichte gehandelt.
Um 1900 gab es in vielen deutschen Städten (ca. 150) einen Straßenbahnbetrieb. Davon wurden im Laufe der Zeit viele stillgelegt. So 1987 die Straßenbahn in Wuppertal gegen den Willen zahlreicher Leute. Als schönste deutsche Straßenbahnstrecke galt die Kleinbahn Haspe-Voerde-Breckerfeld, die von 1927 bis 1963 von der Hagener Straßenbahn AG betrieben wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in vielen Städten die zerstörten Straßenbahnen nicht wieder aufgebaut und oftmals durch O-Busse oder Omnibusse abgelöst. Zudem war damals die Meinung vorherrschend, die Straßenbahn zerschneide und behindere den automobilen Verkehrsfluss und deshalb wurden auch nicht zerstörte Linien stillgelegt.
Heute werden die Überlandstrecken der Straßenbahnen überwiegend auf eigenem Bahnkörper geführt.
Seit etwa 1990
Seit dem Ende der U-Bahn-Mode wird vielerorts erkannt, wie sinnvoll Straßenbahnen als Transportmittel sind und welches Potenzial sie für die Lebensqualität einer Stadt bergen können. Schien das Schicksal vieler Straßenbahnen durch Aufgehen in einer Mischung von reinen U-Bahnen, S-Bahnen und Busverkehr in den 1960er Jahren noch besiegelt, kann man in den letzten Jahrzehnten von einem Straßenbahn-Boom sprechen, insbesondere nach dem Erfolg der Maßnahmen in Karlsruhe.
Ausbau, Attraktivierung, Streckenneubauten, Wiedereröffnung stillgelegter Systeme und Ausdehnung ins Umland sind in Dutzenden von Städten durchgeführt und auch sonst fast überall im Gespräch, wo es je eine Straßenbahn gab. Die Straßenbahn gibt sich, wenn solche Modernisierungen durchgeführt werden, oft den neuen Namen Stadtbahn, oder einen regionaltypischen Namen, wie die Saarbrücker "Saarbahn".
Sogar von Güterstraßenbahnen, die früher gang und gäbe waren, wird wieder gesprochen. In Dresden wird auf der Straßenbahn mittlerweile ein Güterverkehr zur Versorgung der VW-Manufaktur (Gläserne Manufaktur) betrieben. Der Transport der Fahrzeugteile geschieht mit einer eigens dafür gefertigten Güterstraßenbahn, der CarGoTram.
U-Straßenbahn
U-Straßenbahnen waren in manchen Städten die Vorgänger von U-Bahnen. Als U-Straßenbahn werden Straßenbahnen bezeichnet, die unterirdisch und dadurch unbehindert von sonstigem Verkehr fahren.
Wien
In Wien existierten zwei U-Straßenbahn-Strecken, von denen eine mittlerweile zur U-Bahn Linie U2 umgebaut wurde. Die zweite Strecke ist der Tunnel unter dem südlichen Gürtel, welcher von den Linien 6, 18, 62, 65 und der Badner Bahn befahren wird.
Linz
In Linz wurde 2004 die erste U-Straßenbahn-Strecke eröffnet. Die Strecke hat zwei unterirdische Stationen und eine halb-unterirdische Station. Durch die Eröffnung dieser Strecke halten jetzt alle drei Straßenbahnlinien bei der Station Hauptbahnhof.
Zürich
In Zürich verkehrt die Straßenbahn zwischen den Haltestellen Milchbuck und Schwamendingerplatz in einem zwei Kilometer langen Tunnel mit drei unterirdischen Stationen. Der Tunnel ist ein Überrest ehrgeiziger U-Bahn-Pläne aus den 1970ern. Da die Tunnelstationen Mittelbahnsteige besitzen, wechseln die Trams (welche nur auf der rechten Seite Türen haben) vor den Tunnelportalen auf die linke Seite.
Frankfurt am Main
Seit über 30 Jahren ein Provisorium: In Frankfurt am Main verkehrt die Linie U5 im B-Tunnel der U-Bahn Frankfurt und besitzt deswegen auch ein U vor der Liniennummer. Zwischen dem Nordend und Eckenheim teilt sie sich jedoch als Straßenbahn die Gleise mit dem Individualverkehr. Als Fahrzeuge werden Straßenbahnwagen mit Verbreiterungen an den Türen eingesetzt.
Gelsenkirchen
Ähnlich wie in Zürich sind die Gelsenkirchener Tunnel auch das, was von den U-Bahnplänen Ende der 1960er übrig geblieben ist. So verkehrt die Linie 301 etwa 10 km unterirdisch (von Hauptbahnhof bis zum Halb-U-Bahnhof Ruhr Zoo) und von Ruhr Zoo bis Endstelle Essener Straße oberirdisch. Ferner nutzen die Linie 107 und 302 den U-Bahnabschnitt von Musiktheater bis Hauptbahnhof bzw. bis Rhein-Elbe-Straße (drei bzw. vier Stationen). Ursprünglich war auch in Gelsenkirchen ein Stadtbahnnetz geplant, aber durch ungüstige Umstände (langsames Absacken des Bodens durch Bergbau) musste für Gelsenkirchen ein komplett neues System zum Tunnelbau entworfen werden. Dadurch stiegen die Kosten auf das Doppelte des Normalpreises (etwa 40 Millionen Euro pro Kilometer Strecke).
Regionaltypisches
In Wien wird die letzte Straßenbahn in der Nacht als die Blaue bezeichnet. Diese Bezeichnung rührt daher, dass das Liniensignal der jeweils letzten Garnitur blau beleuchtet war. Außerplanmäßige Einschubzüge werden durch ein Zebrasignal, eine schwarz-weiß quergestreifte Karte im Fahrerfenster, gekennzeichnet.
In zahlreichen deutschen Städten wird die letzte Bahn der Nacht als Lumpensammler bezeichnet.
In Frankfurt am Main verkehrt als Touristenattraktion der Ebbelwei-Expreß nach festem Fahrplan. Im Fahrpreis ist ein Glas Apfelwein enthalten. Es ist die einzige Straßenbahnlinie, auf der Fahrkarten noch bei einem Schaffner erworben werden müssen.
In Zwickau verkehren RegioSprinter der Vogtlandbahn gemeinsam mit der Zwickauer Straßenbahn auf einem Dreischienengleis zwischen der Stadthalle und der Haltestelle Zentrum.
Auf den Überlandstrecken Düsseldorf - Duisburg und Düsseldorf - Krefeld werden Speisewagen im Zug mitgeführt.
In Gmunden findet sich der älteste, steilste (10 % Steigung) und kleinste Straßenbahnbetrieb Österreichs, bis heute im Linienbetrieb.
In Dresden betreibt die Dresdner Verkehrsbetriebe AG die weltlängsten Straßenbahnen vom Typ Niederflurstadtbahnwagen NGT D12DD. Diese haben eine Länge von 45m. Spezielle Straßenbahnen (CarGoTram) werden zum Gütertransport verwendet, insbesondere zur Gläsernen Manufaktur von Volkswagen am Großen Garten.
Siehe auch
- Öffentlicher Personen-Nahverkehr
- Liste der Städte mit Straßenbahnen
- Liste der ehemaligen Straßenbahnen
- Stadtbahn, U-Bahn
- Portal Bahn
- Hechtwagen
Weblinks
- www.bimmelkutscher.de
- www.tramway.at
- Trambilderbuch Straßenbahnen in ganz Europa
- public-transport.net Straßenbahnen in Europa