Bekennerschreiben
Ein Bekennerschreiben, in Polizeikreisen meist als Selbstbezichtigungsschreiben bezeichnet, ist ein von Straftätern verfasstes Schriftstück, in dem sie sich zu ihrer Tat bekennen. In den Schreiben geben sich die Verfasser, die meist mit den Tätern identisch sind, unter einem Tarn- oder Gruppennamen zu erkennen und legen ihre Tatmotivation dar. Schreiben von Untergrundorganisationen enthalten häufig eine politische Begründung für die Tat, manchmal auch politische Forderungen.
Form
Bekennerschreiben werden meist mittels Schreibmaschine oder Computer auf Papier niedergeschrieben. Bei der Verwendung von Schreibmaschienen werden diese oft von den Tätern (siehe: RAF) mehrfach fotokopiert, damit sich kriminaltechnisch keine individuellen Merkmale mehr feststellen lassen. Eine weitere Form zur Verschleierung ist die Nutzung von ausgeschnittenen und aufgeklebten Buchstaben bei der Fertigung eines Schreibens.
Verbreitung
An den jeweiligen Adressaten gelangen die Schreiben meist durch den Versand als Brief oder durch das direkte Einwerfen des Schreibens. Adressaten sind in der Regel die Betroffenen der Tat, wie Angehörige von Entführungsopfern, die Polizei sowie Behörden und Medienredaktionen. Medien erhalten vor allem dann Bekennerschreiben, wenn die Täter Aufmerksamkeit erlangen wollen. Dies trifft insbesondere bei politisch motivierten Straftaten zu.
Inhalt und Täterabsichten
Inhalte von Bekennerschreiben sind die Schilderung der Tat, ihre Umstände sowie Hintergründe. Um eine wiedererkennbare Identifikation zu ermöglichen, nennen die Verfasser von Bekennerschreiben oft Details der Tat, die nur die Täter kennen.
Bekennerschreiben werden häufig von Terroristen, Attentätern oder Geiselnehmern gefertigt. Durch die Aufmerksamkeit, die ein Attentat erregt, werden auch die dazu eingehenden Bekennerschreiben wahrgenommen. In ihnen bietet sich den Tätern die Möglichkeit, die eigenen Standpunkte darzulegen. Vor allem für terroristische Untergrundorganisationen, die auf Unterstützung aus der Bevölkerung bauen, sind Bekennerschreiben wichtig. In den Schreiben versuchen sie, die Sympathien der Bevölkerung zu erlangen und die Gründe für ihre Taten darzulegen.
Bekennerschreiben entwickelten sich aus der Idee der anarchistischen Propaganda der Tat und spielten vor allem im sozialrevolutionären Terrorismus eine große Rolle. Mittlerweile erscheinen Bekennerschreiben nicht mehr nur als Schriftstücke auf Papierm, sondern werden zunehmend durch den Versand als E-Mail und im Internet als Bekennervideo und auf Darstellung auf Internetseiten abgelöst.
Mehrfachbekennungen
Gelegentlich bekennen sich mehrere Untergrundorganisationen zu der selben Tat, obwohl sie sie nicht begangen haben (Trittbrettfahrer). Haben die echten Täter ein Interesse, selbst als Urheber der Tat erkannt zu werden, legen sie unter Umständen ein weiteres Bekennerschreiben vor. Dieses enthält dann weitere Indentitäts-Beweise, wie etwa Fingerabdrücke von bereits polizeibekannten Attentätern.
Es ist auch möglich, dass der oder die Täter mit der Formulierung eines Bekennerschreibens so lange warten, bis in der Tagespresse ausführlich über etwaige Tatmotive spekuliert worden ist. Das Schreiben wird dann gemäß dieser veröffentlichten Erwartungshaltung formuliert, um die Fahnder auf eine falsche Fährte zu locken. Meist dienen Bekennerschreiben allerdings nicht dazu, Ermittler zu verwirren. Vielmehr versprechen sich die Täter davon, eine öffentliche Diskussion zu bestimmten Themen zu entfachen oder auf Misstände hinzuweisen.
Siehe auch
Literatur
- Martin Hoffmann (Hrsg.): Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF. ID-Verlag, Berlin 1997, ISBN 978-3-89408-065-5.
- Walter Laqueur (Hrsg.): Zeugnisse politischer Gewalt. Dokumente zur Geschichte des Terrorismus. Athenäum, Kronberg 1978, ISBN 978-3-7610-8501-1.
- Bruce Lawrence (Hrsg.): Messages to the world. The statements of Osama bin Laden. Verso, London 2005, ISBN 978-1-84467-045-1.
- Hermann Lübbe: Bekennerschreiben und freundlichere Konsensdementis. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Band 126. Stuttgart 2002.
- Bernhard Unterholzner: Bekennerschreiben. Kommunikation als Ereignis. VDM Verlag, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-8364-0591-1.