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Minderstadt

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Minderstadt ist die Bezeichnung für eine Kategorie von Orten mit eingeschränktem Stadtrecht. Das wichtigste Recht in einer Minderstadt war das Marktrecht, damit verbunden waren wirtschaftliche Vorteile für die Bewohner des Ortes, z. B. die Handwerker. Minderstädte hatten eine wichtige Versorgungsfunktion für das Umland, sie waren die zentralen Orte der untersten Ebene. Sie finden sich häufig in dünn besiedelten Gebieten, denn dort war der Weg zum Markt in der nächsten Stadt für die Bauern zu weit.

Bezeichnungen, die auf den Charakter einer Minderstadt hindeuten, haben historischen Charakter, werden aber heute noch in einigen deutschen Bundesländern und Nachbarländern verwendet.

Eine Zwischenstellung zwischen den Minderstädten und den Städten haben die Titularstädte. Diese Orte führe zwar formell den Titel "Stadt", haben aber nicht die vollen Rechte und Funktionen einer Stadt.


Bezeichnungen

Markt

Das bayerische Kommunalrecht unterscheidet bei kreisangehörigen Gemeinden zwischen Städten, Märkten und Gemeinden. Den Titel "Markt" führen in Bayern 382 Gemeinden (Stand 2004). Der Titel wird noch heute verliehen. Jüngste Minderstadt (seit dem 17. September 2005) in Deutschland ist Markt Postbauer-Heng in der Oberpfalz. Mit dem Titel "Markt" war im Mittelalter das Marktrecht verbunden.

Flecken

In Norddeutschland war für Minderstädte die Bezeichnung Flecken gebräuchlich. Auch diese Bezeichnung war mit dem Marktrecht verbunden. In Niedersachsen führen 54 Gemeinden (Stand 2006) die Bezeichnung "Flecken" als Titel, der faktisch keine Bedeutung mehr hat. In Sachsen-Anhalt führen vier Gemeinden in der Börde und in der Altmark wieder diesen Titel. In Hessen führen vier Gemeinden im Kreis Limburg-Weilburg den Titel "Marktflecken". In Schleswig-Holstein wurde der Titel "Flecken" 1934 abgeschafft, die meisten Orte dieser Kategorie wurden vorher zu Städten erhoben. In Brandenburg führt noch Flecken Zechlin den Titel.

Wigbold

In Westfalen gibt es die alte Bezeichnung Wigbold (auch Wiegbold, Weichbild). Im 19. Jahrhundert wurde u. a. Ochtrup, Metelen, Westerkappeln, Wolbeck und Ottenstein Wigbold genannt.

Noch bis zur kommunalen Neugliederung im Jahr 1969 führten die Orte Nienborg, Südlohn und Schöppingen noch die Bezeichnung Wigbold.

Freiheit

Der Alte Flecken, Freudenbergs historisches Zentrum. Der Ort erhielt 1456 die Rechte einer Freiheit

Eine weitere westfälische Form der Minderstadt ist die Freiheit. Deren Rechte kamen denen der Stadt sehr nahe. Ein Beispiel dafür ist Bödefeld im Sauerland. Seit 1342 trägt der Ort den Namen "Freiheit Bödefeld". Mit dem Titel "Freiheit" war das Privileg verbunden, einen Magistrat und einen Bürgermeister zu wählen und den Ort selbst zu verwalten. Das Privileg endete 1803, der Name ist geblieben. Zusätzlich trat in der Regel das Recht der Befestigung der Freiheit mit Wall und Graben.

Auch im Ruhrgebiet hatten etliche Orte seit dem Mittelalter den Rang einer Freiheit. Gelsenkirchen-Buer hieß "Freiheit Buer"; andere Orte, die den Titel trugen, waren Wattenscheid, Westerholt, Mengede, Blankenstein, Westhofen, Horst und Wetter.

Im Sauerland und Siegerland hatten u. a. die heutigen Städte Meschede, Sundern und Freudenberg die Rechte einer Freiheit; ebenso eine Reihe von Dörfern wie Affeln und Hachen.

Schweiz

In der Schweiz gibt es keinen Status, der einer Minderstadt entspricht. In der Geschichte finden sich jedoch einige Beispiele, wie z. B. Beromünster, heute im Sprachgebrauch der Einwohner noch Fläcke genannt; Langenthal, ebenfalls eine Marktgemeinde, die seit 1997 Stadt ist, sowie Trogen in Appenzell.

Österreich

In Österreich wird die Bezeichnung Marktgemeinde verwendet. Es handelt sich heute aber nur um einen Titel, den die Gemeinde führt, Privilegien sind damit nicht mehr verbunden. Die Zahl der Marktgemeinden liegt bei über 700, der Schwerpunkt liegt in Niederösterreich.

Italien

In Italien findet sich der Titel, historisch bedingt, heute noch in Südtirol. Beispiele sind die Marktgemeinden Kastelruth und St. Ulrich.

Dänemark

In Dänemark führten einige Orte in Nordschleswig den Titel flække, z. B. Højer und Løgumkloster bis zur Kommunalreform von 1970.

Schweden

In Schweden führten über 100 Orte den Titel köping, z. B. Örnsköldsvik und Älmhult; im Rahmen der Kommunalreform von 1971 wurden sie zu Städten oder Gemeinden.

Siehe auch

Gemeindearten in Deutschland