De Standaard (Niederlande)
De Standaard war eine überregionale niederländische Tageszeitung mit Redaktionssitz in Amsterdam.
Geschichte
Die erste Ausgabe von De Standaard erschien am 1. April 1872. Gründer und erster Chefredakteur war Abraham Kuyper, der 1879 die orthodox-calvinistische Partei ARP gründen und von 1901-1905 Ministerpräsident der Niederlande sein sollte. Kuyper blieb bis 1919 Chefredakteur der Zeitung und schrieb in dieser Zeit fast 8.000 Kommentare, er gilt als der bedeutendste niederländische Journalist seiner Zeit. Als Parteiblatt der ARP fuhr De Standaard einen anti-sozialistischen und anti-liberalen Kurs, ferner brachte Kuyper in seiner Zeitung auch seine antisemitischen Ansichten zum Ausdruck. Im übrigen ließ sich Kuyper oft wochenlang nicht in der Redaktion sehen und überließ seinen Untergebenen das Tagesgeschäft, bis einige Lebensjahre vor seinem Tod war er jedoch de-facto Alleinherrscher in seinem Blatt.
Die Zeitung war in moderne Rubriken wie Inland, Ausland, Parlament und durch ihre Herkunft auch Kirchennachrichten unterteilt. Trotz der naturgemäß antirevolutionären Haltung der Zeitung hatte Kuyper ein christlich-soziales Selbstverständnis und unterstützte das allgemeine Wahlrecht. 1919 ließ Kuypers Gesundheit deutlich nach, am Ende jenes Jahres wurde er dazu gezwungen abzutreten und die Leitung der Redaktion zunächst an eine sechsköpfige Redaktionskommission abzutreten. Am 1. April 1922 trat Hendrikus Colijn, der bereits Mitglied dieser Kommission gewesen war, die offizielle Nachfolge von Kuyper an und behielt die Chefredaktion, mit einer Unterbrechung während seiner Zeit als Ministerpräsident der Niederlande von 1933-1939, bis zum 4. Februar 1941, als er aus Protest darüber, dass der NSB-Publizist Max Blokzijl sich selbst als Mitglied der Redaktionsspitze ernannte, zurücktrat. Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg stand sie von da an im festen Griff der Nationalsozialisten, bis am 15. Dezember 1944 die letzte Ausgabe erschien.
Da die Zeitung nach 1942 noch erschienen war, galt sie als Kollaborationszeitung und wäre wie alle anderen derartigen Zeitungen von einem vorläufigen Wiedererscheinungsverbot betroffen gewesen. Während andere von dem Erscheinungsverbot betroffene Zeitungen später wieder herauskamen und zum Teil schon vorher dieses Verbot durch einen temporär geänderten Namen umgangen hatten, verständigte sich De Standaard im September 1945 mit der antirevolutionären vormaligen Untergrundzeitung Trouw darauf, zugunsten letzterer ein erneutes Erscheinen nicht mehr anzustreben. Zu jener Zeit benutzte Trouw bereits seit einigen Monaten die Druckerei von De Standaard.
De Standaard gehörte nie zu den auflagenstärksten Zeitungen der Niederlande, bis zum ersten Weltkrieg hatte sie zu keiner Zeit mehr als 6.000 Abonnenten, 1943 kam sie auf einen Wert von etwa 34.000. Ihre Bedeutung ergibt sich daher auch eher aus Kuypers Wirken als Journalist, ihrer Funktion als Sprachrohr der ARP und der größtmöglichen Verbindung zum Parlament, die sie dadurch hatte, dass zwei ihrer Chefredakteure Ministerpräsidenten der Niederlande waren.
Chefredakteure
Abraham Kuyper | 1872-1919 |
Hendrikus Colijn | 1922-1933 1939-1941 |
Taeke Cnossen | 1941-1943 |
H. Burger | 1944 |
Auflagenentwicklung
De Standaard | ||||||||
Jahr | 1882 | 1912/ 1913 |
1917/ 1918 |
1937 | 1939 | Dez. 1940 |
Juli 1943 |
März 1944 |
Exempl. | 2.500 | 3.644 | 11.500 | 24.000 | 26.685 | 26.240 | 34.091 | 19.325 |
Quellen
- Jan van de Plasse: Kroniek van de Nederlandse dagblad- en opiniepers / samengesteld door Jan van de Plasse. Red. Wim Verbei, Otto Cramwinckel Uitgever, Amsterdam 2005, ISBN 90-75727-77-1. (niederländisch; frühere Ausgabe: Jan van de Plasse, Kroniek van de Nederlandse dagbladpers, Cramwinckel, Amsterdam 1999, ISBN 90-75727-25-9)
- Piet Hagen: Journalisten in Nederland. Een Persgeschiedenis in portretten. Uitgeverij De Arbeiderspers, Amsterdam / Antwerpen 2002. ISBN 90-295-2222-4