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Apulische Bildervasen für eine Totenfeier (Antikensammlung Berlin)

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Eine der beiden Amphoren
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Fischteller

Der zusammenhängende Fund antiker apulischer Vasen, die unter den Inventarnummern Berlin 1984.39-59[1] bekannt sind, besteht aus 21 griechischen Vasen, Tellern und Vasenfragmenten, die sich heute in der Antikensammlung Berlin befinden. Der Fund besteht aus zum Teil überdurchschnittlich großen Vasen, die reich mit Bildern des sogenannten „reichen Stils“ der Apulischen Vasenmalerei verziert sind.

Fundgeschichte und Fundzusammensetzung

Die Fundumstände sind unbekannt. Die Stücke wurden 1984 von der Berliner Antikensammlung durch Vermittlung des Antikenhändlers Christoph Leon erworben, angeblich aus dem Besitz einer Basler Familie. Nach Kunsthändlerangaben seien die Vasen von einem unbekannten Reisenden aus Genf im späten 19. Jahrhundert in Neapel gekauft worden. Inzwischen ist jedoch belegt, dass die Vasen erst in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts bei illegalen Raubgrabungen in Apulien gefunden wurden und über den Händler Giacomo Medici in Genf auf den Kunstmarkt kamen[2].

Durch stilistische Untersuchungen konnten die aus Ton hergestellten Vasen als apulisch eingeordnet werden. Da derartige Vasen jedoch nur selten über Apulien hinaus exportiert wurden, ist ein Fundort Neapel oder Umgebung praktisch auszuschließen. Alle Vasen konnten einem bestimmten Zeitraum, etwa 340 v. Chr., und einer bestimmten Vasenmanufaktur zugeordnet werden. Auch die Bemalung vieler der Vasen – von 20 Stücken sind acht auf der Vorder- oder Rückseite mit Grabmotiven versehen – und die Tatsache, dass bis auf ein paar Einzelstücke die meisten der Vasen paarweise zueinander zuordenbar sind, legt nahe, dass es sich bei dem Fund um einen Teil einer Grabausstattung handelt.

Der Fund besteht heute nach der Restaurierung aus sieben sehr großen Volutenkrateren, zwei Amphoren, zwei Skyphoi, einer Hydria, einem großen Teller, vier Fischtellern, drei Frauenkopftellern und einem Bruchstück, nämlich dem Fuß einer weiteren Vase. Alle diese Gefäße hatten spezielle Funktionen. Doch sind die zu diesem Fund gehörenden Stücke zum Teil nicht oder nur schwer zum eigentlichen Zweck nutzbar. So hatten die Skyphoi, aus denen man gemischten Wein trank, ein Fassungsvermögen von mehr als zehn Litern, was eine normale Nutzung eigentlich ausschließt. Die anderen großen Vasen waren fast alle ebenfalls unbrauchbar, da es keinen Verschluss zwischen Vasenkörper und Vasenfuß gab, zum Teil fehlte sogar der Boden. Diese Tatsachen sprechen für eine Verwendung im sakralen, sepulkralen (also im Zusammenhang mit dem Tod stehenden) Raum. Es ist anzunehmen, dass solche großen, hochwertigen Vasen mit ihren augenfälligen Motiven bei einer Bestattung besonders eindrucksvoll sein sollten. Die 20 erhaltenen Stücke waren offenbar die besonderen Schaustücke einer Totenfeier, die Bedeutung der ebenfalls als Grabbeigaben zu vermutenden einfachen Keramiken ist ungewiss.

Einzelstücke

Phrixos-Krater

Vorderseite des Phrixos-Kraters

Der sogenannte Phrixos-Krater[3] ist mit 102 cm Höhe das drittgrößte Einzelstück. Arthur Dale Trendall hat den Volutenkrater mit Maskenhenkeln dem Dareios-Maler zugeschrieben[4]. Der Phrixos-Krater gilt als eine der besten Arbeiten des Künstlers[5]. Die Zeichnungen auf der Vase sind außerordentlich sorgfältig ausgeführt und sehr elegant. Ein Gegenstück gibt es nicht, doch es ist anzunehmen, dass der einzelne Vasenfuß[6] der Rest des Gegenstücks ist.

Die besondere Qualität dieses Kraters zeigt sich bereits beim Halsbild. Zu beiden Seiten von zwei zentral angeordneten geflügelten Wesen sieht man eine sich emporschlängelnde phantasievolle Ranke. Auf den ersten Blick wirkt diese chaotisch, auf den zweiten Blick sieht man jedoch, dass der Künstler der Pflanze eine ganz genaue Struktur gegeben hat. Dabei beachtete er keine biologischen Konventionen. Eine solche Pflanze, wie sie der Dareios-Maler hier darstellte, kann in Wirklichkeit gar nicht existieren; so wachsen beispielsweise aus Blüten neue Ranken. Über dieser Dekoration befindet sich ein Band, das der Künstler mit botanisch korrekt wiedergegebenen Eichenblättern verziert hat. Diese Blätter bilden eine Art Girlande und sind ihrerseits mit einer aufgemalten Eierkette verziert. Die Eier sind offenbar ausgeblasen, auf ein Band aufgezogen und kunstvoll bemalt. Hier orientierte sich der Künstler anscheinend an einer in Apulien üblichen Ausschmückung bei Festlichkeiten.

Das Hauptbild ist in zwei Ebenen aufgebaut, eine obere, göttliche und eine untere, menschliche. Die Hauptfiguren des Frieses sind alle inschriftlich benannt. Im Zentrum befindet sich mit aufgestütztem Fuß der junge Phrixos. Er bekränzt einen Widder, wie es bei Opfertieren üblich ist. Auch der weiter unten gemalte Altar bestätigt die Opferbenennung. Links neben Phrixos steht dessen Stiefmutter Ino, rechts sein Vater, König Athamas, mit gezücktem Opfermesser. Aber nicht der Widder, sondern Phrixos soll aufgrund eines von der Stiefmutter initiierten falschen Orakelspruchs geopfert werden. Weiter rechts informiert ein greiser Gelehrter Phrixos’ Schwester Helle, die ebenfalls geopfert werden soll, über das bevorstehende Opfer ihres Bruders, was auch die entsetzte Haltung der jungen Frau widerspiegelt. Die letzte Figur auf der Seite ist eine Frau, die mit dem sprechenden Namen Euphemia beschrieben ist. Euphemia – die mit dem guten Ruf – ist nicht nur ein Name, sondern auch die Beschreibung des rituellen Schweigens von Personen, die an einer heiligen Handlung teilnehmen. Im oberen Fries schaut eine Versammlung von Göttern auf das Geschehen bei den Menschen herab. Zweite Person von links ist Nephele, die leibliche Mutter von Phrixos und Helle, die sich aufgeregt, mit Angst und Entsetzen und dennoch voller Eleganz, bewegt. Zu ihrer rechten steht Hermes, der ihr offenbar die Botschaft von der anstehenden göttlichen Rettung ihrer beiden Kinder bringen wird.

Interessant an der Darstellung ist, dass der Maler fast völlig auf Handlungsszenen und Dynamik verzichtet. Ohne Beschriftungen könnte man ein ganz normales Widderopfer annehmen. Nur mit Kenntnis der griechischen Sage von Phrixos und Helle sind einige Kleinigkeiten erst erkennbar, so die Opferbinden in den Haaren der Geschwister oder der Fingerzeig von Athamas auf seine Frau oder die offen gezeigten Emotionen von Helle und Nephele. Somit ist anzunehmen, dass die Vase für ein mythologisch gebildetes Publikum geschaffen wurde.

Die Rückseite zeigt den schon erwähnten tempelartigen Grabbau, der auf den meisten der Vasen zu sehen ist. Der jugendliche Verstorbene ist in schon lässig zu nennender Manier auf einen Stab gestützt dargestellt. In der einen Hand hält er eine Schale, in der anderen einen Kranz. Um den Grabbau sind zu beiden Seiten je drei Menschen angeordnet, die ebenso jugendlich wie der Verstorbene sind. Sie sind festlich geschmückt, trauern jedoch nicht. Das Halsbild zeigt den Verstorbenen ein zweites Mal. Nun ist er in einer jenseitigen Welt, hält eine Weinschale in der Hand, mit der er Wein auffängt, der aus zwei über ihm hängenden Trauben tropft.

Rhesos-Krater

Rhesos-Krater

Der Rhesos-Krater[7] ist in vielem dem Phrixos-Krater ähnlich. Es ist ein 82 cm hoher Volutenkrater mit Dreirollenhenkeln. Auch er wird dem Dareios-Maler zugeschrieben. Er hat auch auf dieser Vase die Hauptfigur mit einer Inschrift beschrieben. Die dargestellte mythologische Geschichte gehört zu den ältesten griechischen Sagen und ist schon bei Homer überliefert. Die hier dargestellte Variante der Geschichte geht auf eine im Kanon der Werke des Euripides überlieferten Tragödie mit dem Namen des Haupthelden Rhesos zurück. Kern der Geschichte, die zum trojanischen Sagenkreis gehört, ist der Mord an Rhesos durch Diomedes. Dieser schleicht sich mit Odysseus in das Lager des thrakischen Königs, um dessen Eingreifen am Folgetag auf Seiten der Trojaner zu verhindern, da geweissagt wurde, dass die Trojaner den Krieg nicht mehr verlieren könnten, wenn die Pferde des Rhesos vor Troja weiden würden.

Im oberen Bildfeld sieht man Diomedes mit behutsam federndem Gang und einiger Anspannung ans Bettlager des schlafenden Königs schleichen. Rechts neben dem Lager steht die Göttin Athene und weist gleichmütig und ruhig auf den schlafenden Rhesos. Körperlich von der Szenerie weggedreht, doch über ihre Schulter in die Richtung des Geschehens blickend, sitzt die Mutter des Königs, eine der Musen. Im unteren Bildfeld sieht man Odysseus die weißen Pferde des Königs aus dem Lager treiben. Hier begrenzt rechts der Vater des Rhesos, der thrakische Flussgott Strymon, gekennzeichnet durch seine Attribute als Flussgott – Hörner, Muschel und Schilfrohr – die Szenerie.

Persephone-Krater

Persephone-Krater

Der Persephone-Krater[8], der dem Unterwelt-Maler zugeschrieben wird, ist das Gegenstück zum Rhesos-Krater, auch wenn der Zeichenstil nicht ganz die Eleganz und Zierlichkeit seines Pendants aufweist. Die erzählte Geschichte ist ein auf apulischen Vasen äußerst beliebtes Motiv, doch selten wurde sie so ausführlich wie hier dargestellt. Es ist die Geschichte vom Raub der Vegetationsgöttin Persephone durch den obersten Gott der Unterwelt, Hades. Zentrales Motiv der unteren Bildreihe ist der Raub selbst. Hades fährt mit der verzweifelten Persephone, die ihren Arm, um Hilfe flehend, ausstreckt, auf seinem Vierspänner zur Unterwelt. Hilfe kann Persephone von den beiden anderen Gottheiten nicht erwarten. Hermes als Führer der Toten in die Unterwelt kennt die Wege dorthin am besten und führt seinen Onkel Hades. Hinter dem Wagen befindet sich die geheimnisvolle Göttin Hekate, die eine Fackel in der Hand hält. Zentraler Blickfang im oberen Bildfries ist ein Panthergespann, das ein Diener der Demeter besteigt, um die Verfolgung aufzunehmen. Am rechten Rand steht die einen Arm zur Klage erhobene Mutter der Verschleppten, die ihre Diener zur Verfolgung schickt. Doch sie haben keine Chance, Persephone noch einzuholen. Dem Maler ist ein interessanter Effekt gelungen. Die erklärenden Beischriften wie auch der fliehende Hades mit seiner weiblichen Beute bewegen sich von links nach rechts, die Verfolger jedoch von rechts nach links. Somit wird ein Effekt erzeugt, der dem Betrachter die Ausweglosigkeit des Unterfangens der Verfolgung zeigt. Der Persephone-Krater ist ein Volutenkrater mit Spiralhenkeln und 86,5 cm hoch.

Gigantomachie-Krater

Auch der Gigantomachie-Krater ist ein Volutenkrater mit Maskenhenkeln[9]. Sein Fuß wurde separat zum restlichen Krater getöpfert. Mit 113 cm Höhe ist es das größte erhaltene Stück des Fundes. Zugeschrieben wird es dem Unterwelt-Maler. Erzählt wird auf der Vase die in der griechischen Kunst sehr beliebte Geschichte vom Sieg der Götter über die Giganten (Gigantomachie).

Vorderseite des Gigantomachie-Kraters

Die Vase fällt durch eine besondere Komposition der Darstellung auf. Das zentrale Motiv, der Göttervater Zeus, der auf einem von der Siegesgöttin Nike gelenkten Wagen in die Schlacht fährt, macht sich bereit, einen Blitz auf einen schon am Boden liegenden Giganten zu schleudern. Dieses Motiv bildet eine Form wie ein V-förmiger Keil. Zur linken Seite des Zeus reitet sein Bruder Poseidon, der Herr der Meere, auf dem geflügelten Pferd Pegasus in die Schlacht. Das ist ein zwar mythologisch passendes, aber selten verwendetes Motiv; immerhin ist Pegasus Kind des Poseidon und der Gorgo-Medusa. Die weiteren Kampfpaare sind ikonographisch zueinander passend angeordnet. So kämpft die mit Schild, Lanze und Helm bewaffnete Athene gegen einen ebenso ausgerüsteten Giganten, Dionysos kämpft im Pantherfell gegen einen ebenfalls mit einem Pantherfell bekleideten Giganten, Herakles im Löwenfell mit einem Giganten in einem Löwenfell. Besonders originell erscheint das Kampfpaar zur rechten Seite von Zeus. Hier kämpft die Liebesgöttin Aphrodite gegen einen jungen Giganten. Er schaut die einen Palmwedel (Siegeszeichen) haltende Göttin schmachtend an und kniet vor ihr. Eros nutzt diesen Moment und bindet seine Hände auf dem Rücken. Somit siegt die Liebe über die Gewalt.

Ein weiteres Liebesringen ist im Halsbild dargestellt. Peleus kämpft mit der Meeresgöttin Thetis, der prophezeit wurde, ihr Kind werde den Vater an Macht weit überflügeln. Der Mensch Peleus wird diesen Kampf gewinnen, was der geflügelte Eros anzeigt, der geflogen kommt, um Peleus als Sieger zu bekränzen. Der Sieg wird ihm die Liebe der Thetis einbringen und aus ihrer Verbindung wird mit Achilleus der mächtigste Grieche des Trojanischen Krieges hervorgehen. Flankiert wird der Kampf von gefährlich wirkenden Seeschlangen.

Priamiden-Krater

Vorderseite des Priamiden-Kraters

Der Priamiden-Krater[10] ist das Gegenstück zum Gigantomachie-Krater und wie dieser dem Unterwelt-Maler zugeschrieben worden. Mit 107 cm Höhe ist es das zweitgrößte Stück. Die Deutung der Szene muss wegen fehlender Inschriften aufgrund der Darstellung erfolgen. Im Zentrum des unteren Bildfeldes sieht man einen Wagenlenker auf seinem Streitwagen. Er ist durch eine Phrygische Mütze dem orientalischen Kulturkreis zugehörig gekennzeichnet. Links davon sieht man eine Abschiedsszene zwischen einem Mann und einem Kind auf dem Arm einer Frau, das nach dem Mann greift. Sowohl der Mann als auch die Frau sehen niedergeschlagen aus, als wüssten sie, was sie erwartet. Eine weitere Frau, zu der der Blick des Mannes geht, steht noch weiter am linken Rand, ist jedoch zum Teil verloren. Die Deutung der Szene ist am Ende recht einfach. Der Mann in der Verabschiedungsszene ist Hektor, der sich vor dem Zweikampf mit Achilleus von seiner Frau Andromache und seinem Sohn Astyanax verabschiedet, der auf den Armen seiner Amme ist.

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Rückseite des Priamiden-Kraters

Zentrales Motiv des oberen Bildfrieses ist eine Frau (Hekabe), die eine andere Frau (Kassandra) tröstet. Kassandra ist durch mit Binden geschmückte Lorbeerzweige als sakrale Persönlichkeit gekennzeichnet, ist sie doch in der Lage, in die Zukunft zu sehen. Doch Apollon gab ihr die Gabe nur mit der Auflage, dass ihr niemand ihre Prophezeiungen glaubt. So ist es nicht verwunderlich, dass weder ihre Mutter, noch ihr Vater Priamos zu ihrer Linken ihre Sorge um Hektor teilen. Rechts oben sieht man einen Adler fliegen, der eine Schlange in den Fängen hält – ein weiteres Zeichen für Kassandras Vorhersage. Nur ein weiterer Trojaner, ein junger Mann – wohl Kassandras Zwillingsbruder Helenos, der ebenfalls die Gabe des Sehens hat – erkennt das Zeichen. Die literarische Vorlage ist bei diesem Krater augenfällig. Den Namen Priamiden-Krater hat die Vase aufgrund der vielen zur Familie des Priamos gehörenden mythischen Figuren, die hier dargestellt sind.

Das Halsbild stellt eine andere Geschichte dar, die auch mehrfach auf Vasen überliefert wurde und offenbar beliebt in Apulien war. Es ist ein bärtiger Krieger zu sehen, der mit seinem Schwert ein Pferd tötet. Es ist Oinomaos, Sohn des Kriegsgottes Ares, dem geweissagt wurde, dass er sein Leben durch den Bräutigam seiner Tochter verlieren werde. Deshalb forderte er alle Kandidaten, die um die Hand seiner Tochter anhielten, zu einem Wagenrennen um Leben und Tod heraus. Da ihm sein Vater Pferde geschenkt hatte, die schneller als der Wind waren, konnte er viele Verehrer seiner Tochter besiegen. Doch einer der Kandidaten griff zu einem Trick und löste die Radnabe von Oinomaos’ Wagen, der daraufhin beim Rennen einen Unfall hatte. Das Halsbild zeigt im Hintergrund den beschädigten Wagen und den verzweifelnden Oinomaos, der in seiner Wut die Pferde tötet. Von rechts kommt ein geflügelter Dämon mit einer Fackel, der den Wahnsinn symbolisieren soll, der Oinomaos nun erfasst hat. Auf der Rückseite der Vase ist ein Grabbau gezeichnet.

Weitere Kratere

Volutenkrater des Malers von Kopenhagen 4223
Volutenkrater des Loebbecke-Malers

Neben den Krateren, die eine mythologische Geschichte erzählen, gibt es zwei weitere Volutenkratere mit Maskenhenkeln, die als zusammengehörig gelten. Beide zeigen auf der Vorderseite einen Grabbau, auf der Rückseite eine Grabstele. Die etwas größere Vase[11], 84,5 cm hoch, wird dem Loebbecke-Maler, der zweite 76,5 cm hohe Krater[12] 76,5 cm wird dem Maler von Kopenhagen 4223 zugeschrieben.

Eleusinische Hydria

Eleusinische Hydria

Die 68 cm hohe Eleusinische Hydria[13] wird dem Varrese-Maler zugeschrieben. Die dargestellte Geschichte ist weder inschriftlich erklärt noch ist sie anderweitig in dieser Form aus der griechischen Ikonografie bekannt. Somit musste die Deutung der Szenen mit Hilfe der Bilder selbst erfolgen und mit schriftlicher Überlieferung in Einklang gebracht werden.

Die Bemalung ist in drei Register aufgeteilt. Im obersten, auf der Hydrienschulter, sieht man eine Gruppe von Göttern, wie sie auf das Geschehen unter ihnen auf der Erde hinab sehen. Das ist eine für apulische Vasen recht weit verbreitete Darstellungsform. Es handelt sich um Pan, Hermes, einen sehr jugendlichen Poseidon, Aphrodite, die man durch den neben ihr liegenden Spiegel erkennt, Apollon und Artemis. Darunter sieht man zentral eine Göttin auf einem Thron, vor der eine Frau kniet und ihr Ähren darreicht. Dadurch ist die Benennung der Göttin als Demeter leicht. Auch die anderen sechs jungen Frauen auf dem untersten Register der Vase sind durch Attribute gekennzeichnet, die mit Demeter zu tun haben – Ähren, flache Körbe, wie sie bei Kulthandlungen verwendet wurden – und vier von ihnen haben runde Kisten bei sich, wie sie zur Aufbewahrung von Kultgegenständen bei den Mysterien von Eleusis üblich waren. Neben der Göttin sieht man einen greisen Pädagogen und einen jungen, lockigen Knaben.

Die dargestellte Geschichte, die sich aus den Figuren ergibt, ist schon in den homerischen Hymnen überliefert. Nachdem (wie auf dem Persephone-Krater geschildert) die Tochter der Demeter vom Gott Hades in die Unterwelt entführt worden war, zog die trauernde Vegetationsgöttin durch die Lande. In Eleusis wurde sie unerkannt als Kinderpflegerin am Hofe des Königs Keleos und seiner Frau Metaneira aufgenommen, die nach mehreren Töchtern erstmals einen Sohn, Demophon, bekommen hatten. Um dieses Kind kümmerte sich nun die Göttin. Sie salbte das Kind in Ambrosia und legte es nachts ins Feuer, um es so unsterblich zu machen. Eines Nachts wurde sie dabei von Metaneira gestört und der Unsterblichkeitszauber gebrochen. Nun gab sich die zornige Göttin zu erkennen. Die ganze Nacht über mussten Metaneira und ihre Töchter die Göttin besänftigen, die erst durch die Einrichtung eines Kultes – der Mysterien von Eleusis – zufriedengestellt werden konnte. Demnach sieht man auf dem unteren Register die Töchter der Metaneira mit Gegenständen für den Kult. Dieser Kult blieb die ganze Antike bis zum Sieg des Christentums bestehen. Der Knabe im mittleren Register ist demnach Demophon.

Amphoren und Skyphoi

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Zweite Amphore
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Skyphos

Die beiden zum Fund gehörenden Amphoren[14] stammen vom Lucera-Maler. Wie bei zwei der Krateren finden sich auf den Vorderseiten Grabbauten, auf der Rückseite Grabstelen. Die kleinere Amphore ist 56,5 cm hoch, die größere 64 cm.

Zwei große Skyphoi[15], Trinkgefäße, gehören zum Fund. Sie wurden beidseitig vom Armidale-Maler mit Frauenköpfen mit kunstvoller weißfarbiger Kopfbedeckung bemalt. Ein Skyphos ist 30,5, der andere ist 31 cm hoch.

Herakles-Teller

Der Herakles-Teller[16] wird der Phrixos-Gruppe aus dem Umkreis des Unterwelt-Malers zugeschrieben. Er hat einen Durchmesser von 50 cm. Im Mittelbild wird die Apotheose des Herakles dargestellt. Der Held ist, nun auf dem Weg in den Olymp, nicht mehr so dargestellt, wie es normal und üblich wäre. Er ist nicht bärtig sondern wie ein Jüngling dargestellt, was die ewige Jugend der Götter symbolisieren soll. Er trägt auch nicht mehr sein Löwenfell sondern seinen Mantel. Einziges Attribut, das den Mann als Herakles benennt, ist die Keule in seiner Hand. Neben ihm auf der Quadriga steht Athene, die Schutzgöttin des Helden. Er ist wie auch all die anderen verstorbenen jungen Männer auf den Vasen dargestellt. Es ist unklar, ob diese Angleichung programmatisch ist, oder nur der Phantasie des Malers entspringt.

Im das Mittelbild umgebenden Fries sieht man Meerfrauen, die verschiedene Meeresbewohner – Meerbrassen, Delfine und Seedrachen – als Reittiere benutzen. Dazu haben sie unterschiedliche Instrumente in der Hand (etwa einen Spiegel, einen Spielball, ein Kästchen, ein Musikinstument), die alle als Attribute eines sorgenfreien Lebens im Jenseits gelten.

Frauenkopf- und Fischteller

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Frauenkopfteller
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Fischteller

Neben dem großen Herakles-Teller gehören sieben weitere kleinere Teller zum Fund. Drei von ihnen sind sogenannte Frauenkopfteller[17]. Sie sind im Durchmesser 19 bis 20 cm groß und werden dem Armidale-Maler zugeschrieben. Die Frauenköpfe entsprechen denen auf den Skyphoi des Fundes, die ebenfalls der Armidale-Maler verziert hat. Vier Fischteller[18], eine spezielle Vasengattung, die im ganzen griechischen Süditalien verbreitet war, komplettieren das Ensemble. Sie werden einem oder mehreren Malern aus dem Umkreis des Dareisos-Malers zugeordnet. Ihr Durchmesser beträgt 23,5 bis 25 cm. Drei der Teller zeigen jeweils drei im Kreis angeordnete Meerbrassen, ein Teller enthält zwei Meerbrassen und einen Seeteufel. Da bei fast allen Stücken jeweils ein Gegenstück vorhanden ist und auch vier Fischteller existieren, ist davon auszugehen, dass mindestens ein Frauenkopfteller verloren gegangen ist.

Künstler

Iason bringt Pelias das Goldene Vlies. Apulischer Krater um 340/330 v. Chr., Unterwelt-Maler, Louvre.

Die Vasen wurden zwar alle auf die Zeit um 340 v. Chr. datiert und die verschiedenen Maler, denen die Werke zugeschrieben werden, gehören demselben Umfeld an, doch kann man selbst hier noch chronologische Abstufungen feststellen[19]. Der erste Maler war der Varrese-Maler, der zur Mitte des 4. Jahrhunderts einer der bedeutendsten Vasenmaler in Apulien war. Ihm schlossen sich die unmittelbaren Vorgänger des Dareios-Malers an. Dem Varrese-Maler am nächsten ist der Maler von Kopenhagen 4223. Darauf folgte der Dareios-Maler, der als erster spätapulischer Maler die Möglichkeiten monumentaler Gefäße ausschöpfte. Seine Kunstfertigkeit beeinflusste alle nach ihm gekommenen apulischen Maler. Sein wichtigster Nachfolger war der Unterwelt-Maler, der neben dem Dareios-Maler für den Grabfund die meisten großen Werke beigesteuert hat. Der Armidale-Maler war der späteste der im Konvolut vertretenen Maler. Er war möglicherweise mit dem Ganymed-Maler identisch. Er war eher ein Meister der kleinen Formen, von dem bis zu 600 Werke überliefert sind.

Insgesamt sind recht viele Vasen der hier vertretenen Künstler überliefert. Alle hatten offenbar in einer manufakturähnlichen Werkstatt mit recht hohen Produktionszahlen gearbeitet, obwohl den Forschern bis heute noch nicht genau klar ist, wie der Aufbau solch großer Werkstätten war, von denen es mehrere in Süditalien gab.

Literatur

Anmerkungen

  1. Die Benennung erfolgte behelfsweise aufgrund der Inventarnummern der Antikensammlung, da es für den Fund keinen wissenschaftlich einheitlichen Namen gibt
  2. Peter Watson: The Medici Conspiracy. The Illicit Journey of Looted Antiquities, New York 2006, ISBN 1-58648-402-8, S. 199-200. 282
  3. Inventarnummer 1984.41, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 6–10 und 31
  4. Von Trendall stammen alle Zuweisungen.
  5. Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 6
  6. Inventarnummer 1984.48, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 31
  7. Inventarnummer 1984.39, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 10–13 und 31
  8. Inventarnummer 1984.40, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 13–15 und 31
  9. Inventarnummer 1984.44, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 15–17 und 31
  10. Inventarnummer 1984.45, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 18–24 und 31
  11. Inventarnummer 1984.42, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 31
  12. Inventarnummer 1984.43, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 31
  13. Inventarnummer 1984.46, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 24–28 und 31
  14. Inventarnummer 1984.49–50, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 31
  15. Inventarnummer 1984.58-59, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 31
  16. Inventarnummer 1984.47, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 28 und 31
  17. Inventarnummern 1984.51–53, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 31
  18. Inventarnummern 1984.54–57, Beschreibung bei Luca Giuliani: Bildervasen aus Apulien, S. 31
  19. Zu den Malern und ihrer Chronologie und Geschichte siehe A. D. Trendall: Rotfigurige Vasen aus Unteritalien und Sizilien, v.a. S. 97–115