Kirchturm



runde Türme aus dem 10. Jh., eckiger aus dem 13./14. Jh.


vier gleich hohe Türme

und ein Dachreiter



Ein Kirchturm ist der zu einem Kirchengebäude gehörende Turm.
Funktionen
Im traditionellen Verständnis hat ein Kirchturm mehrere Funktionen:
- Glockenturm, in früheren Zeiten nicht nur zur Ankündigung des Gottesdienstes
- Wachturm, bis ins 19. Jahrhundert Arbeitsplatz des Türmers, der nach militärischer Bedrohung und Bränden Ausschau hielt
- Repräsentation
- Wehr- und Fluchtturm
- In Meeresnähe als Seezeichen
- Seit Erfindung mechanischer Uhrwerke als Uhrturm
- In jüngerer Zeit als Aussichtsturm
Position und Dimension
Die häufigste Position ist die am dem (Haupt-) Altar gegenüberliegenden Ende des Kirchenschiffs. Traditionell ist das das Westende, aber seit dem 18. Jahrhundert haben städtebauliche Überlegungen Vorrang vor der im Mittelalter üblichen Ost-West-Orientierung der Kirchen. Es gibt aber auch Kirchen mit einem seitlich angebauten Turm, mit freistehendem Turm oder mit zwei oder vier etwa gleichhohen Türmen. Bei manchen romanischen Kreuzbasiliken ist der Vierungsturm höher als der oder die Glockentürme. In Vierungstürmen reicht auch der Innenraum des Hauptschiffs über den über Firsthöhe hinaus und erhält Licht durch Fenster des Turms. Ebenfalls in der Romanik baute man statt eines Turmes gern ein breitgestrecktes wehrhaftes Westwerk.
Daneben gibt es Kleinformen, bestehend aus ein oder zwei Bögen zur Glockenaufhängung oben auf einem Giebel (besonders in Südeuropa, aber auch weiter nördlich, z.B. Germigny-des-Prés). Ein kleiner Türme mitten auf dem Dachfirst des Kirchenschiffes wird Dachreiter genannt. Er kann sich über der Vierung befinden, ohne dadurch ein klassischer Vierungstrum zu sein. Manche Mönchsorden wie die Zisterzienser bauten als Ausdruck christlicher Demut nur einen Dachreiter – auch bei Kirchen stolzen Ausmaßes.
Freistehende Kirchtürme, in Italien (Campanile) zumeist schlank und hoch, können stattdessen auch eher Haus denn Turm sein, wie in Ostfriesland, wo sie oft niedriger als das Kirchenschiff sind. Oder es gibt nur einen unscheinbaren Glockenstuhl, wie die Glockenstapel in Nordfriesland.
Funktionen
Geläut
Traditionell trugen Kirchtürme mehrere Glocken. Kleine Glocken mit hohem Klang waren die Sturmglocke und die Totenglocke. Die großen Glocken sind im Klang harmonisch aufeinander abgestimmt. Große Glocken können eine erhebliche Belastung für das Mauerwerk darstellen. Daher gibt es verschiedene Arten der Glockenaufhängung. Bei der verbreitetsten lässt man die Glocke an der Achse hin und her pendeln und der Klöppel schwingt gegenüber der Glocke. So entsteht der typische Bim-Bam-Klang. In manchen Kirchtürmen des Mittelmeerraums sind die Glocken elastisch aufgehängt, aber nur die Klöppel pendeln hin und her. So entsteht ein Bim-Bim-KLang. In manchen spanischen Kirchtürmen rotieren die Glocken um eine Achse in Höhe ihres Schwerpunktes. Der entstehende Klang ist – im Sinne wissenschaftlicher Akustik – weniger harmonisch.
Türmer
In mittelalterlichen Städten gab es in mindestens einem der höchsten Kirchtürme eine Türmerwohnung. Erst im späten 19. Jahrhundert wurde das Amt des Türmers allgemein abgeschafft.
Zeitanzeige
Viele Kirchtürme sind mit einer Turmuhr ausgestattet, wobei meist auf mehreren Seiten des Turms ein Zifferblatt vorhanden ist. Die Turmuhr diente früher den Bewohnern des Dorfes als "Zeitnormal" zum Einstellen ihrer Uhren und - zusammen mit dem Glockenschlag - als Zeitansage bei der Arbeit auf den umliegenden Feldern. Wurden früher die Turmuhren mit Gewichten in Gang gehalten, so sind sie heute in der Regel elektrifiziert. Ausgetauschte Uhrwerke oder Zifferblätter findet man in Museen oder Rathäusern ausgestellt.
Einige Kirchtürme besitzen auf einer Turmseite mehrere Zifferblätter. Bei modernen Kirchtürmen wird häufig auf eine Turmuhr verzichtet. Über die Verwendung von Digitaluhren als Kirchturmuhren liegen keine Informationen vor. Bei modernen Kirchtürmen wird häufig auf eine Turmuhr verzichtet.
Geodäsie
Für Geodäten sind die Kirchtürme ideale Festpunkte, die eindeutig zuzuordnen und leicht verfügbar sind. Seitlich des Eingangs befindet sich oft ein Turmbolzen, der als stabiler Nivellementpunkt dienen kann.
Aussichtspunkt
Zahlreiche Kirchtürme besitzen eine Aussichtsplattform. Allerdings sind diese im Regelfall - im Unterschied zu den Aussichtsplattformen auf Wasser- und Fernsehtürmen nur über ein Treppenhaus zugänglich, weil der Einbau eines Aufzugs meist nicht möglich ist.
Moderne Funktionen
Manche Kirchtürme werden für den Mobilfunk genutzt. Allerdings müssen hierbei die Antennen wegen Denkmalschutzauflagen meist unter dem Dach angebracht werden. Eine weitergehende Nutzung von Kirchtürmen für funktechnische Zwecke dürfte nur in Ausnahmefällen stattfinden.
Vereinzelt wurden und werden Kirchtürme zeitweise oder dauernd auch für Werbezwecke genutzt. Dieser Umstand wird rege diskutiert, durch die Möglichkeit der Einnahmenerzielung in den Pfarrgemeinden aber überwiegend akzeptiert.
Details
Dächer
Frühe Kirchtürme, beispielsweise die der byzantinischen Kirchen von Ravenna hatten nicht sehr steile Pyramiden- oder Kegeldächer. Auch Sattel- und Walmdächer gab es, die sich in ihren Proportionen wenig von Hausdächern unterschieden.
In Spätromanik und Gotil baute man gerne hohe spitze Kirchturmdächer. Hölzerne Dachstühle wurden zunächst oft mit Blei gedeckt. Die heutige Kupferdeckung der selben Türm ist in der Regel jünger. Typisch wurde die Form des Rhombenhelms. Bei ihr können alle Wände eines Turms als Giebel enden, ohne dass man mehrere Dachfirste braucht. Gemauerte Dächer entzünden sich nicht bei Blitzschlag, erhöhten aber das Gewicht. So errichtete man mancherorts durchbrochene Turmspitzen aus Maßwerk, wie beim Freiburger Münster. Vor allem in Frankreich und England verzichtete man in der Gotik vielerorts auf eine Turmspitze und ließ das reich verzierte hohe Gemäuer mit einer Plattform enden.
In der Renaissance und im Barock kamen modifizierte Kuppeln mit aufgesetzter Laterne als Kirchturmdach in Mode, so genannte Welsche Hauben. Besonders im deutschsprachigen Alpengebiet kam der Zwiebelturm auf. Eine andere regionaltypische Form ist die thüringische Haube“.
Als im 19. Jahrhundert immer mehr große Büro- und Mietshäuser gebaut wurden, besann man sich wieder auf die hohe gotische Turmspitze, um städtebauliche Akzente zu schaffen. Dank Blitzableiter waren sie nicht mehr so feuergefährlich. Viele im Mittelalter unvollendet gebliebene Kirchtürme wurden nun erstmalig mit hohen Kupferdächern ausgestattet.
Turmknopf
In der Kugel von Kirchturmspitzen (dem "Turmknopf") werden traditionell Zeitkapseln hinterlegt, um zeittypische Dinge (etwa Münzen und Geldscheine oder Zeitungen des Tages) an die nächsten Generationen weiterzugeben.
Andere Glockentürme
Wiewohl der Kirchturm geradezu sprichwörtlich ist und Haus-mit-Turm zur Chiffre von Kirche geworden (Verkehrsschilder mit Gottesdienstzeiten), gibt es in manchen Gegenden zahlreiche andere Gebäude mit hohem Gockenturm. In Flandern haben viele Rathäuser einen Belfried. Auch in der Toskana gibt es Rathäuser mit hohem Turm, beispielsweise in Siena.
Entwicklung
Hochragende Steintürme und -säulen lassen sich in den ältesten Kulturen finden. Sie symbolisieren überwiegend die männliche Fruchtbarkeit, wie es indische Lingams oder germanische Bautasteine belegen.
Im alten Orient gab es die mesopotamischen Zikkurate. Sie lieferten über die Legende vom Turmbau zu Babel christlichen und islamischen Baumeistern die Idee des himmelhohen Turms. Eine Verbindung voller Widersprüche: Während die Zikkurate Tempelbauten darstellten, schildert das alte Testament den Turmbau nicht als Gottesverehrung, sondern als menschliches Aufbegehren gegen Gott.
In der griechisch-römischen Antike spielten Türme so gut wie keine Rolle. Ein Turm war – wenn überhaupt - ein reiner Zweckbau, er diente höchstens als Uhrturm (Sonnenuhr; Turmuhren gab es noch nicht) wie der Turm der Winde in Athen, der lediglich 12 m Höhe erreichte. Auf pompejanischen Fresken finden sich hin und wieder Abbildungen größerer Villen mit kleineren Türmen, aber der Turm war kein Charakteristikum bedeutender Bauten. Der Leuchtturm von Pharos ist als einziges Beispiel eines hohen Turms überliefert.
Das Phänomen des Kirchturms lässt sich aus dem theologischen Konzept und der Symbolik des Christentums nicht erklären. Eine sakrale Nutzung erfolgte allenfalls im Erdgeschoss der Türme, als Kapelle oder Teil des Kirchenschiffs. Allenfalls der vor allem bei romanischen Basiliken häufige Vierungsturm fügt sich in die Symbolik, als weiterer Kreuzesbalken senkrecht zu Hauptschiff und Querschiff. Der Vierungsturm war nicht selten höher als die Glockentürme, wie bei Saint Sernin in Toulouse. Ab dem 12. Jahrhundert dominierten dann die Westtürme oder, in Deutschland und Skandinavien auch bei großen Kirchen, der eine Westturm. In der ersten Zeit ungehinderten Kirchenbaus seit der Zeit Konstantins hatten Türme keine überragende Bedeutung. Jahrhundertelang blieb die 55 Meter hohe Kuppel der Hagia Sophia in Konstantinopel das höchste christliche Bauwerk. Die Aachener Pfalzkapelle war bei viel kleinerem Grundriss nur 28 m hoch. Seit dem 6. Jahrhundert entstanden bekamen Kirchen in Italien freistehende Glockentürme (Campanile), beispielsweise in Sant'Apollinare Nuovo in Ravenna.
Seit dem 7. Jahrhundert entstanden unter dem neu geschaffenen Islam Moscheen mit Minarett. Erst im 11. Jahrhundert wurden Kirchtürme zum dominierenden Element von Kirchenbauten der Westkirche und damit zu abendländischen Stadtsilhouetten.
Oft wurden die Türme der gotischen Kirchen zuletzt gebaut, da ihnen keine besondere Bedeutung für die Liturgie zugemessen wurde. Nicht selten stellte man im 16. Jahrhundert ihren Bau ein und nahm ihn erst im 19. Jahrhundert im Zuge des Historismus mehr oder weniger werkgetreu wieder auf. Modernere Ingenieurleistungen vermochten zu verhindern, was im Mittelalter gang und gäbe war, den Einsturz halbfertiger Türme.
Streitpunkt: Gotischen Kirchtürme mit flachem Abschluss

Türme unvollendet oder
flacher Abschluss geplant?


Angesichts vieler 'abgeschnitten' wirkender Fassadentürme (etwa bei Notre Dame in Paris) wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob diese Kirchen mit spitzen Türmen geplant, aber nie vollendet worden sind, oder ob der flache Turmabschluss von Anfang an geplant war.
"Die Bauarbeiten an einer Kathedrale begannen normalerweise mit dem Chor und schritten über das Mittelschiff fort zur Fassade, die nur selten vollendet wurde, ehe das Geld ausging. Der Kathedralenbau war nämlich finanziell ein Mammutunternehmen und soll nach Angaben von einigen Historikern die wirtschaftliche Stabilität Frankreichs ernstlich beeinträchtigt haben." (Honour, Hugh / John Fleming: Weltgeschichte der Kunst [1982]. München 5. Auflage 1999, S. 310)
Die wissenschaftliche Forschung steht vor dem Problem, dass nur sehr wenige zeitgenössischen Dokumente erhalten sind, die Aufschluss über die originäre Planung geben. Bei einigen, wie für die Kathedrale von Laon), liegen Pläne von hohen Türmen mit Spitzen vor.
Dementsprechend konzipierte Viollet-le-Duc, der führende französische Denkmalpfleger des 19. Jahrhunderts, in einer Zeichnung das "Idealbild einer Kathedrale" mit diversen spitzen Türmen (abgebildet in: Binding, Günther: Was ist Gotik? Eine Analyse der gotischen Kirchen in Frankreich, England und Deutschland 1140 – 1350. Darmstadt / Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2000, S. 132 und in: Schäfke, Werner: Frankreichs gotische Kathedralen. Köln 1994. (DuMont Kunst-Reiseführer), S. 27). Im selben Buch von Schäfke ist auf Seite 100 die Zeichnung von Villard de Honnecourt zu den geplanten Türmen von Laon zu sehen. Die rechts daneben auf Seite 101 stehende "Idealansicht von Norden" von Laon zeigt die Türme zwar höher als die später gebauten, aber ohne spitze Türme. Die linke originale Zeichnung dagegen deutet diese spitzen Türme aber an.
Die bekanntesten im Mittelalter vollendeten Fassaden französischer Kathedralen mit spitzen Türmen sind allerdings entweder in der Romanik begonnen und im 13. Jahrhndert gotisch umgestaltet worden (Kathedrale von Coutances), oder sie wurden in der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik gebaut und die Turmspitzen Mitte des 12. Jahrhunderts fertiggestellt (Châlons-sur-Marne und der 105 m hohe Südturm der Kathedrale von Chartres. zu der Zeit wurde mit dem Bau von Notre Dame de Paris gerade erst begonnen. Der Südturm der Kathedrale von Senlis, im romanischen Stil der Türme von Laon gehalten wurde im Gegensatz zum Vorbild um 1250 mit Spitze fertiggestellt. Es ist anzunehmen, dass gotische Baumeister mit ihrer Vorliebe für die Vertikale ungern hinter diesen Türmen zurückstehen mochten.
Wurden die Türme einer Kirch ein ungleicher Weise flach abgeschlossen, so kann das verschiedene Ursachen haben: In Bourges musste tatsächlich vom ursprünglichen Bauplan abgewichen werden, wegen statischer Probleme. Der Südturm musse 1313 wegen Einsturzgefahr gesichert werden, der im 15. Jahrhundert weitergebaute Nordturm stürzte 1506 ein. In Amiens wurde der Südturm 1366 fertiggestellt, der Nordturm etwa 40 jahre später und wenig höher. Ein wichtiges Argument für die Annahme, die großen gotischen Kathedralen Frankreichs seien ursprünglich mit Spitzen Türmen geplant worden, ist der Fassadenplan des Kölner Doms (Borger/Gaertner: Der Dom zu Köln. Köln 1980, S. 40). Der Kölner Dom geht eindeutig auf französische Vorbilder zurück, die damals - was die Türme angeht - noch im Bau waren.
Bamberger Dom (1230/40) und Naumburger Dom (1250/60), im Mittelalter mit spitzen Türmen vollendet, verweisen dagegen mit ihrem abgesehen von späteren Umbauten romanischen Baustil, weniger prunkvollen Westfassaden, und jeweils vier etwa gleich hohen Türmen eher auf die Dome von Speyer und Worms als Vorbild, denn auf die französische Gotik, obwohl sie gebaut wurden, als der Bau von Notre Dame de Paris schon weit fortgeschitten war.
Die mittelalterlichen Bauvorhaben der Gotik sind nicht mit heutigen Planungen zu verwechseln. Die damaligen Baumeister ließen sich - auch hier muss man wieder einschränkend sagen: 'höchstwahrscheinlich' - durchaus auf Ideen ein, von denen nicht klar war, ob und wie sie gelingen konnten. Ein Paradebeispiel dazu ist die - diesmal gesicherte - Planung der Zweiturmfassade des Kölner Doms aus dem 14. Jh. (der berühmte "Kölner Fassadenplan" von 1310/20), die erst im 19. Jh. gelungen ist.
Die gotische Architektur hat generell die Tendenz zur maximalen Ausnutzung der damaligen technischen Möglichkeiten - und zu ihrer Überschreitung. Nicht umsonst ist es häufig zu Einstürzen gekommen - der bekannteste in Beauvais 1284 bei dem Versuch, die Gewölbehöhe auf 48 Meter zu steigern. Gerade das damals mit architektonischen Höhenrekorden verbundene unkalkulierbare Risiko ist allerdings auch als Grund in Betracht zu ziehen, warum bei den prominentesten Kirchen Frankreichs darauf vezichtet wurde. Immerhin fanden in den Kathedralen von Paris und Reims regelmäßig Staatsakte statt.
Für die Theorie des geplant flachen Abschlusses spricht, dass gerade bei den drei wohl bedeutendsten gotischen Bauten Frankreichs (Notre Dame de Paris, Notre Dame d'Amiens, Notre Dame de Reims) insgesamt nicht ein einziger spitzer Turm fertiggestellt wurde, und darüber hinaus auch alle drei bei genau derselben Baustufe beendet wurden.
Für Absicht spricht die Zeitschiene, auch wenn in Frankreich während des Hundertjährigen Krieges von 1337 bis 1453 wenig Geld für den Kathedralbau übrig war. Die Bauarbeiten an den Kathedralen von Paris und Reims fanden ihren Abschluss im 14. Jahrhundert, lange bevor die Zeit gotischer Türme vorbei war. In Paris wurde man 1345 fertig, der Prager Veitsdom wurde 1344 begonnen, das Ulmer Münster 1377. Die Kathedrale von Antwerpen wurde 1352 begonnen und ihr Nordturm 1516 spitz vollendet. Der Nordturm der Kathedrale von Chartres bekam 1500-1503 seine Spitze, der Nordturm der Kathedrale von Tours 1543-1547. In Deutschland blieben dagegen tatsächlich viele gotische Türme vom 16. bis ins 19. Jahrhundert unvollendet, weil sie vor ihrer Fertigstellung veraltet waren.
Gleichermaßen ambivalente und erhellende Indizien liefert die Baugeschichte des Straßburger Münsters. Zunächst wurde es mit flachen Turmabschlüssen geplant und gebaut. Der erste Entwurf für eine Spitzturmfassade datiert von 1275, also dem Jahr nach Vollendung des Langhauses. Nachdem Erwin von Steinbach das so ganannte Rosengeschoss hochgezogen hatte, wurde der Entwurf in vielerei Hinsicht abgewandelt und in ganzer Breite ein drittes Geschoss mit neuem waagerechten Abschluss geschaffen. Danach wandte sich das Ziel wieder in Richtung eines spitzen Abschlusses. Ulrich von Ensingen entwarf ganz neu den Südturm, der dann 1399 bis 1419 errichtet wurde. Bei mehrfachen Entwurfsänderungen ist der heutige Zustand alles andere als ein unvollständig ausgeführter Originalentwurf.
Literatur
Allgemein:
- Pevsner, Nikolaus: Europäische Architektur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Darmstadt / Wissenschaftliche Buchgesellschaft 8. Auflage 1997.
- Worringer, Wilhelm: Abstraktion und Einfühlung [1907]. München [1976] 14. Auflage 1987.
- Worringer, Wilhelm: Formprobleme der Gotik. München 1911.
Gotische Turmabschlüsse:
- Binding, Günther: Baubetrieb im Mittelalter. Darmstadt / Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1993, S. 191 ff.
- Binding, Günther: Was ist Gotik? Eine Analyse der gotischen Kirchen in Frankreich, England und Deutschland 1140 – 1350. Darmstadt / Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2000, S. 237 ff.
- Schäfke, Werner: Frankreichs gotische Kathedralen. Köln 1994. (DuMont Kunst-Reiseführer), S. 27 und 101
- Wim: Die großen Kathedralen. Köln 1969, S. 72: Johan Hültz von Köln: Entwurf der Turmspitze des Straßburger Münsters von 1419
- Borger/Gaertner: Der Dom zu Köln. Köln 1980
Siehe auch
Gotteshaus, Liste der höchsten Kirchtürme der Welt, Turm (Bauwerk), Wehrkirche, Aussichtsturm, Funkturm, Fernsehturm
Weblinks
- http://www.elcom-stadler.de/kirchen/ (500 Kirchen und Kapellen in Niederbayern)
- http://members.surfeu.at/bretterklieber/kirchturm/kirchturm.htm (70 Kirchtürme von Graz)
- http://www.kirchturm.ch/ (Turmuhren, Geläute)
- Kirchtürme Ludwigsburg - Virtuelle Entdeckungsreise im Kirchturm, Informationen und Bilder zur Architektur und Historik