Gaffeltakelung
Die Gaffeltakelung ist eine historische Takelungsart von Segelschiffen, die im 17. Jahrhundert in Holland als Weiterentwicklung der Lateinertakelung entstand und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitgehend durch die Hochtakelung abgelöst wurde[1].
Ein typisches gaffelgetakeltes (oder -geriggtes) Segelschiff ist der Gaffelschoner.
Bestandteile und Bezeichnungen

(1) Mast, (2) Gaffel, (3) Piek, (4) Klau, (5) Baum, (6) Nock, (7) Lümmelbeschlag, (8) Klauohr, (11) Hahnepot, (12) Piekfall, (13) Klaufall
Der Begriff Gaffel (niederdeutsch für „Gabel“) bezeichnet eine verschiebbar an einem Mast befestigte, schräg nach oben ragende Spiere (Rundholz).
Zwischen Gaffel und Baum wird das unregelmäßig viereckige Gaffelsegel aufgespannt, das zu den Schratsegeln gerechnet wird. Seine vier Lieken heißen Mastliek, Baumliek, Achterliek, Oberliek, die Ecken Klauohr, Hals, Schothorn und Piek.[2] Im Gegensatz zu Rahsegeln sind die Segel von gaffelgetakelten Schiffen in der Längsrichtung des Schiffes gesetzt. Sie sind vom Schiffsdeck aus und dadurch von kleineren Mannschaften bedienbar. Zum Setzen des Segels wird die Gaffel mit zwei Fallen, Piekfall und Klaufall, parallel zum Baum angehoben.

Eine Gaffelklau stellt die Verbindung zwischen Gaffel und Mast her. Die Klau wurde ursprünglich aus einer starken Astgabel, später aus gezimmertem Holz, Gusseisen oder Stahl hergestellt. Das entgegengesetzte Endstück heißt bei der Gaffel nicht Nock, sondern Piek.
Steilgaffel-Takelung
Von der üblichen Gaffel, die in einem großen Winkel zum Mast geführt wird, unterscheidet sich die nahezu senkrecht aufragende Steilgaffel, mit der ein Fahrzeug höhere Kurse zum Wind fahren kann. Grenzen setzte allerdings das früher verwendete Baumwolltuch, das nur eine geringe Belastung des Segels erlaubte. Man behalf sich mit eingearbeiteten Segellatten. Sonderformen eines Steilgaffelriggs sind das früh-amerikanische Huari-Rigg und das Gunter-Rigg. Letzteres stammt aus dem England des 17. Jahrhunderts[3], wird aber auch heute noch bei kleinen, trailerbaren Jollen verwendet, um die Mastlänge zu begrenzen. Die lange Gaffel wird bei ihm in einem Gaffelschuh senkrecht soweit aufgerichtet, dass optisch der Eindruck eines hochgetakelten Bootes entsteht.[4]
Weiterentwicklung durch die Hochtakelung
Eine Weiterentwicklung des Gaffelriggs ist das Bermuda- oder Hochrigg mit Dreieckssegeln, das dem heutigen Stand der Segeltechnik entspricht. Gegenüber der Hochtakelung hat die Gaffeltakelung zwar den Vorteil, dass bei gleicher Masthöhe eine größere Segelfläche geführt werden kann. Moderne und leichte Mastkonstruktionen erlauben heute jedoch höhere Riggs mit einem deutlich niedriger liegenden Schwerpunkt. Ein weiterer Nachteil der Gaffeltakelung besteht darin, dass statt des Achterstags in der Regel zwei Backstagen benötigt werden. Ebenso wie durch die Bedienung von zwei Fallen bedarf das Gaffelrigg dadurch einen höheren Personaleinsatz.
Einzelnachweise
- ↑ Claviez, Wolfram: Seemännisches Wörterbuch. S. 122, Stichwort Gaffelsegel
- ↑ Schult, Joachim: Segler-Lexikon. S. 146, Stichwort Gaffelsegel
- ↑ und soll lt. Schult, S. 163, nach dem Mathematiker Edmund Gunter benannt sein
- ↑ Schult, Joachim: Segler-Lexikon. S. 163, Stichwort Gunter-Takelung; siehe auch den Artikel Gunter der engl. Wikipedia
Literatur
- Claviez, Wolfram: Seemännisches Wörterbuch. Bielefeld: Delius Klasing, (3. Aufl.) 1994, ISBN 3-7688-0853-X
- Cunliffe, Tom: Oldtimer-Segeln, Segeln und Seemannschaft auf gaffelgetakelten Yachten., Stuttgart: Pietsch Verlag, 1994, ISBN 3-613-50204-6
- Schult, Joachim: Segler-Lexikon. Bielefeld: Delius Klasing, (9. Aufl.) 1994, ISBN 3-87412-103-8
- Palstek, Palstek Verlag (Hamburg), ISSN 0936-5877. Bestandteil der Zeitschrift Palstek ist die „Gaffelkiste“, die sich an Eigner und Nutzer gaffelgetakelter Bootstypen wendet.