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Südostanatolien-Projekt

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Das Südostanatolische Projekt (Güney Anadolu Projesi) ist das größte türkische Regionale multi-sektorale Entwicklungsprojekt das 22 Staudämme und 19 Wasserkraftwerke und Bewässerungsanlagen umfasst. Mit dem Ende des Projektes wird die Türkei 28% ihres gesamten Wasserpotentials kontrollieren.

Komponenten des SAP

Das SAP wurde in den 1980er in Angriff genommen und soll das Wasser des Euphrat und Tigris zur wirtschaftlichen Nutzung erschließen. Insgesamt sollen 22 Staudämme und 19 Wasserkraftwerke gebaut werde. Die Kraftwerke weisen eine Kapazität von 7476 MW auf und sollen jährlich eine Energiemenge von 27 Mrd. kw/h produzieren. Mit Hilfe von riesigen Bewässerungsanlagen soll eine Fläche von 1,7 Millionen Hektar zwischen den beiden Flüssen bewässert und so zur landwirtschaftlichen Nutzung erschlossen werden. Diese Fläche ist damit größer als die Gesamtfläche der Benelux-Länder und entspricht mit ca. 75.358 km² 9% der gesamten Fläche der Türkei. Darauf sollen Baumwollfelder, Pistazien- und Mandelbaumplantagen, Erdbeer-, Sojabohnen- und Weizenfelder und Truthahnfarmen enstehen.

Der Atatürk-Staudamm ist der größte der 22 Staudämme, und staut das Wasser des Euphrats. Sein aufgestautes Wasser soll über die zwei Sanliurfa-Tunnel auf landwirtschaftliche Nutzflächen zur Bewässerung geleitet werden.

Die Sanliurfa-Tunnel sind mit je 26,2 km, und 7,62 m Innendurchmesser, die längsten Bewässerungstunnel der Welt. Allein diese beiden Tunnel entziehen dem Euphrat eine Wassermenge von 328 m³/s von insgesamt 700 m³/s.

Der Ilisu-Staudamm soll den Tigris stauen und wird in der Nähe zur irakischen Grenze gebaut. Der Damm wird 135 Meter hoch und 1820 Meter lang sein und ein Gebiet von 313 Quadratkilometer überfluten.

Neben der Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen und Stromgewinnung umfasst das SAP auch den Bau landwirtschaftlicher und städtischer Infrastruktur, Forstwirtschaft, Bildung und den Gesundheit-Bereich. Nach den staatlichen Planungen soll das Projekt 2010 fertiggestellt werden und 32 Milliarden Dollar kosten. Seit Begin des Projektes wurden bis 2000 14 Mrd. Dollar in das SAP investiert.

Das Projekt umfasst neun Provinzen die auf der Fläche im historischen Ober- Mesopotamien zwischen den beiden Flüssen Euphrat und Tigris liegen:

Ziele des SAP

Mit dem Fertigstellen des Projektes sind mehrere Ziele verbunden allen voran die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des lange Zeit vernachlässigten Südostens der Türkei. Auf diesem Gebiet lebt größtenteils die kurdische Minderheit. Durch die wirtschaftliche Entwicklung erhofft sich die Regierung auch eine Entschärfung der sozialen Lage der Kurden und damit auch eine Lösung der kurdischen Frage. Zudem soll durch das Entwicklungsprogramm die Binnenimmigration von Ost nach West verringert werden.

Ziele:

  • Entwicklung des unterentwickelten Osten der Türkei und Erhöhung des Lebensstandard und Einkommensniveau der Bevölkerung
  • Schaffung neuer Arbeitsplätze in allen Bereichen (Dienstleistung, Industrie und Landwirtschaft)
  • Energiegewinnung und Verringerung der Abhängigkeit vom Öl
  • zusätzliche staatliche Einnahmen durch den Wasserhandel mit den Nachbarländern und dem ganzen Nahen Osten (z.B. Israel)
  • Bewässerung der Steppe und Erschließung zur landwirtschaftlicher Nutzflächen
  • Diversifizierung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse
  • Erhöhung des Exports aus der Region durch eine exportorientierte Agrarproduktion
  • Ansiedlung von Industrien: Zunächst ist geplant die Lebensmittelverarbeitung anzusiedeln um darauf aufbauend weitere Industrien wie Möbel-Fertigung, Textil und Chemie anzusiedeln.
  • Förderung des Tourismus: Erschliessung vieler historischer und archäologischer Stätten durch den Ausbau der Infrastruktur (Straßen, Hotels usw.).
  • Gesellschaftliche Umwandlung: Frauenprojekte, Ausbildung, Erziehungstätigkeiten und Gesundheitsleistungen

Auswirkungen/ Probleme auf Nationaler-Ebene

Soziales

Bis jetzt sind kaum Arbeitsplätze für Ansässige geschaffen worden. Die „guten“ Stellen gehen zumeist an gut ausgebildete Arbeiter aus dem Westen der Türkei. Zudem profitieren von den neuen Landwirtschaftlich erschlossenen Gebieten vor allem die alten Großgrundbesitzer (Aga's).

Ein weiteres Problem ist die Umsiedlung von Dörfern und deren Bewohnern aus Gebieten die in Folge der Stauung der Flüße überschwemmt werden. Von den Umsiedlungen sind über 4000 Dörfer und über 5000 Siedlungen betroffen. Allein der Atattürk-, Karakaya- und Birecik-Damm haben zu Umsiedlungen von ca. 90.000 Bewohnern geführt. Viele Betroffene bekommen nur unzureichende Entschädigungen für ihr verlassene Ländereien und Bestiztümer. So ist die Mehrzahl der Entschädigten Personen mit ihren neuen Siedlungen nicht zufrieden oder ihr Einkommen liegt unter dem was sie früher erwirtschaftet haben.

70% der SAP Fläche ist Staatseigentum, 25% verteilen sich auf die Großgrundbesitzer und lediglich 5% auf die vielzahl der Kleinbauern. Um optimale Landwirtschaftliche Erträge erziehlen zu können müssen große Flächen mit Maschinen, Dünger und Pestiziden bearbeitet werde. Der Großteil der Kleinbauern werden höchst wahrscheinlich nicht die finanziellen Mittel für diese Investitionen aufbringen können. Daher werden kaum Kleinbauern von diesem Projekt profitieren können sondern die alten Großgrundbesitzer. Daher ist es zu bezweifeln ob die angestrebte Verbesserung des Lebensstandards und Erhöhung der Einkommen die Maße der Bauern erreichen wird.

Ökologische und Kulturelle

  • Bodenversalzung: Durch Überdüngung und Hebug des Grundwasserspiegels.
  • Überschwemmung alter archologischer Fundorte und Kulturstätten

Auswirkungen/Probleme auf Regionaler-Ebene: Wasser als Konfliktstoff

Probleme mit den Anreiner Staaten

Das Projekt wird von den Nachbarn, Syrien und Irak, mit Argwohn beobachtet. Die Staudämme und Bewässerungsanlagen reichen bis an ihre Grenzen heran. Die Befürchtung ist das die Türkei eines Tages das Wasser als politisches Machtinstrument einsetzen könnte. Die Türkei ist Aufgrund der großen Speicherkapazitäten der Staudämme in der Lage jederzeit den beiden Nachbarn einfach das Wasser abzudrehen. Die Befürchtungen werden durch Äußerungen türkischer Politiker nicht gerade beseitig. Der ehemalige Ministerpräsident und spätere Staatspräsident Turgut Özal sagte mal: „die anderen Staaten der Region haben Öl, wir haben Wasser“. Das Misstrauen der Nachbarn steigt auch weil die Türkei eng mit den USA und Israel verbündet ist.

Durch den Einsatz von Pestiziden und anderer Mittel gelangt zunehmens "verseuchtes" Wasser zu den syrischen Bauern die zunehmens Ernteverluste beklagen.

Zudem haben sowohl Syrien als auch der Irak eine stark wachsende Bevölkerung die zu einem großen Teil aus Kleinbauern bestehen. Daher ist anzunehmen das ihr Bedarf zukünftig steigen wird was den Konflickt brisanter macht.

Internationale Abkommen und das Völkerrecht

Gegenwärtig fließt über die Grenze eine Wassermenge von ca. 700 m³/s. In bilateralen Verhandlungen von 1984 und 1987 hat die Türkei Syrien und Irak eine Wassermenge von 500 m³/s zu gesichert. Syrien und Irak Teilen sich das Wasser im Verhältnis von 58 zu 42.

Syrien ist in einer denkbar schlechteren Position als Irak gegenüber der Türkei. Der Irak kann sein Öl in die Verhandlungsposition werfen. Erschwert werden die Verhandlungen auch dadurch das die Staaten verschiedene rechtliche Positionen vertreten die sich aus unterschiedlichen völkerrechtlichen Auffassungen speisen. Syrien und Irak versuchen das Rechtskonzept der "geteilten Ressource" geltend zu machen was ihnen 2/3 des Wassers zusprechen würde. Die Türkei favorisiert das Konzept der "equitable and reasonable utilization", wie es von der UN-Völkerrechtskommission in ihren "Draft Articles on the Law of Non-navigational Uses of International Watercourses" zugrunde gelegt wurde.

Euphrat und Tigris

Die Flüße Euphrat und Tigris führen jährlich 50 Mrd.m³ Wasser. Der Euphrat führt eine Wassermenge von ca. 700 m³/s.

offizielle Seite des Südostanatolische Projekt

etwas Älterer Artikel über die Konfliktpotenziale in der Region