Wostoksee
Der Wostoksee ist der größte von mehr als 70 Seen, die sich unter dem Eispanzer der Antarktis befinden. Er befindet sich in der Nähe der russischen Vostok Station und ist ein Süßwassersee.
Entdeckung
Russische und britische Wissenschaftler entdeckten den See 1994 und konnten seine Existenz 1996 durch die Kombination verschiedener Daten zweifelsfrei bestätigen, unter anderem luftgestützter Radarmessungen, die tief ins Eis hineinreichten, weltraumgestützten Radar-Höhenmessungen und Analyse erzeugter seismischer Wellen. Aufgrund seiner Lage tief unter dem Eis handelt es sich um den wohl unberührtesten und ursprünglichsten See der Erde, sein Wasser ist wahrscheinlich mehrere Millionen Jahre alt.
Warum der See trotz seiner Durchschnittstemperatur von -3 °C nicht gefroren ist, ist Gegenstand aktueller Forschungen.
Geschichte
1974 errichteten russische Forscher die Vostok Station am kältesten bekannten Ort der Erde (-89,4 °C) zur Erforschung der irdischen Klimageschichte. 1990 wurde von russischen, französischen und amerikanischen Forschungsstationen aus zur Gewinnung von Eiskernen zur Klimaforschung gestartet. Wie sich später herausstellte, befindet sich die Bohrung genau über dem Wostoksee. Die Bohrung wurde fortgeführt und erst 1999 aufgrund eines internationalen Abkommens etwa 150 m über dem See gestoppt, um eine Kontamination des Sees zu vermeiden. Dies liegt vor allem daran, dass Kerosin und Freon verwendet wurden, um das Bohrloch offen zu halten. Bei der Analyse der Bohrkerne stellte sich allerdings heraus, das die letzten 60 m kein Gletschereis mehr sind, sondern gefrorenes Seewasser. Die meisten bisherigen Erkenntnisse über den Wostoksee stammen aus dieser Bohrung.
Kenntnisstand über See
Lage | 77°S 105°O |
Länge | 250 km |
Breite | 40 - 50 km |
Tiefe (unter dem Eis) | 3700 - 4100 m |
Tiefe (des Wasserbeckens) | 400 - 1000 m |
Größe | 10.000 - 14.000 km2 |
Temperatur | -3°C |
Das Alter des Eises wurde auf 420.000 Jahre datiert, der See ist also mindestens seit 500.000, vielleicht sogar mehr als 1 Million Jahren durch eine Eiskappe versiegelt.
Der über dem See liegende Gletscher bewegt sich mit geringer Geschwindigkeit und bringt Sedimente in den See. Auf der "ausströmenden Seite" des Gletschers gefriert Seewasser. Dies führt zu einer Höhendifferenz der beiden Seeseiten von mehr als 400 m. Auch der Boden des Sees ist nicht eben, sondern es erheben sich sogar "Inseln" über die Oberfläche des Sees hinaus in das Eis hinein.
Der Wostoksee bietet vermutlich einen sehr extremen Lebensraum. Neben seiner Temperatur ist auch der Sauerstoffgehalt ca. 50 mal höher als in normalem Süßwasser, zum einen aufgrund des hohen Drucks, zum anderen aufgrund des Vorkommens von Klathraten, bei denen der gasförmige Sauerstoff in eine Eisstruktur eingelagert ist.
Trotzdem deuten 200.000 Jahre alte Fossilien von Mikroben im Bohrkern auf Leben im See hin.
Europa/Vostok Initiative
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Aufgrund der Ähnlichkeit des Sees mit dem vermuteten Meer unter dem Eispanzer des Jupitermondes Europa beteiligte sich auch das Jet Propulsion Laboratory im Auftrag der NASA mit der Planung einer Bohrsonde als Modell für eine zukünftige Europa-Mission. Das Design der Europa/Vostok Initiative sieht eine zweistufige Bauweise vor. Der Cryobot schmilzt sich durch den Eispanzer und rollt dabei Versorgungsleitungen ab, durch die er von der Basisstation gesteuert und mit Energie versorgt wird. Nachdem der Cryobot auf dem Weg in die Tiefe einen Dekontaminationsstopp durchgeführt hat, wird bei Erreichen der Wassergrenze eine zweite Sonde, der Hydrobot ausgesetzt, der die eigentliche Erforschung des Sees vornehmen soll. Später sollte der Hydrobot wieder am Cryobot andocken und mit Wasserproben den Weg zurück durch den Eispanzer antreten.
Nach dem 1998 verabschiedeten Zeitplan sollte die Mission 2002 starten und 2003 Wasserproben liefern. Technische Probleme und die hohen Risiken einer möglicher Kontamination des Sees führten allerdings dazu, dass der Start des Projekts um mindestens 10 Jahre aufgeschoben wurde.
Zukünftige Projekte
Die Einzigartigkeit des Wostoksees treibt viele Wissenschaftler bei der weiteren Erforschung des Sees an, aber man ist sich nicht über die Methoden oder den Zeitplan einig. Sollte es bei der Erforschung des Sees zu einer Kontamination kommen, wären die dabei gewonnenen Ergebnisse nahezu wertlos und auch Auswertung späterer Forschungsmissionen würde deutlich erschwert, wenn überhaupt noch brauchbare Erkenntnisse gewonnen werden können.