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Gerd Schultze-Rhonhof

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Gerd Schultze-Rhonhof (*26. Mai 1939 in Weimar) ist ein deutscher Autor und ehemaliger Generalmajor der Bundeswehr.

Biographische Angaben

Schultze-Rhonhof trat 1959 in die Bundeswehr ein und war zuletzt Generalmajor und Territorialer Befehlshaber für die Bundesländer Niedersachsen und Bremen. 1996 wurde er aus der Bundeswehr verabschiedet. Der Generalmajor a.D. sorgte besonders 1995 für Aufsehen, als er das Bundesverfassungsgericht wegen des sogenannten Soldaten sind Mörder-Urteils öffentlich kritisierte und deshalb die Bundeswehr verließ. Die Forderung Bischof Wolfgang Hubers, Martin Hohmann aus der CDU-Bundestagsfraktion auszuschließen, nahm er zum Anlass, aus der evangelischen Kirche auszutreten. Seit einigen Jahren tritt Schultze-Rhonhof als Publizist u.a. mit Arbeiten zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges in Europa hervor. Im Kontext dieser publizistischen Tätigkeit trat er im Mai 2006 gemeinsam mit den umstrittenen Historikern Stefan Scheil und Walter Post auf einer Tagung der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften[1] Verleger Wigbert Grabert und Gert Sudholt auf.

„Der Krieg, der viele Väter hatte“

In seinem Buch "Der Krieg, der viele Väter hatte", geht Schultze-Rhonhof davon aus, dass Adolf Hitler bis in den Herbst 1939 keinen Krieg riskieren wollte.[2] Er attestiert deshalb Polen mit der Ablehnung der deutschen "Verhandlungsangebote" eine Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Auch Großbritannien, Frankreich, die USA und die Sowjetunion seien massiv am Ausbruch des Zweiten Welktkriegs beteiligt gewesen, da sie letztlich Polen in den Krieg getrieben hätten. Zwar hätten die späteren Alliierten nach der Besetzung der Tschechoslowakei einen Kriegsgrund gegen Deutschland besessen, da der militärische Eingriff aber ausblieb, seien sie danach durch die "Friedenspflicht" gebunden gewesen.[3] Obwohl er selbst angibt, dass er kein wissenschaftliches Buch geschrieben habe,[4] wirft er der deutschen Geschichtswissenschaft vor, im Falle der Analyse der Kriegsschuld mit einem "verengten Tunnelblick" zu arbeiten. Zudem behauptet er, dass amtliche Quellenbände wie die ADAP manipuliert worden seien[5] und die Geschichtswissenschaft und die deutschen Schulbuchverlage gezwungen seien, eine deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg festzuschreiben[6] und stellt sich daher in die lange Reihe revisionistischer Literatur zum Kriegsausbruch.

Das Buch ist insgesamt in vier Teile gegliedert und beginnt seine Darstellung mit der Ausgangslage des Ersten Weltkriegs und endet mit dem deutschen Angriff auf Polen, bzw. einer Aufrechnung der Schuldfrage.

Im Anhang werden insgesamt 178 Quellen- und Literaturverweise angegeben. Hierbei überwiegen revisionistische und rechtsextremistische Autoren (wie z.B. Gerhard Baumfalk, Hans Bernhardt, Friedrich Grimm, David L. Hoggan, Erich Kern, Paul Rassinier, Jacques Benoist-Méchin, Annelies von Ribbentrop, Heinrich Schulze-Dirschau), umstrittene Historiker, die die Präventivkriegsthese vertreten (wie z.B. Stefan Scheil, Werner Maser, Ernst Topitsch) und Publizisten aus dem rechtskonservativen Milieu (wie z.B. Franz Uhle-Wettler, Heinz Nawratil, Heinz Magenheimer, Dirk Bavendamm). Schultze-Rhonhof blendet in seiner Arbeit die geschichtswissenschaftliche Standardliteratur zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs aus.[7] Eine Auseinandersetzung mit dem internationalen Forschungsstand erfolgt somit nicht. Lediglich einige Schulgeschichtsbücher dienen ihm als Referenzrahmen. Ansonsten baut er seine Argumentation auf einer selektiven Auseinandersetzung mit bereits publizierten Aktenreihen zur auswärtigen Politik der kriegführenden Staaten auf.[8] Auf ungedruckte Quellen wird in Einzelfällen zurückgegriffen.

Rezeption

Seine Schriften zur Entstehung des Zweiten Weltkriegs sind in der Geschichtswissenschaft nicht rezipiert worden. Seine These, dass Hitler bis in den Herbst 1939 gegen einen Krieg mit Polen war, widerspricht allerdings deutlich der Mehrheitsmeinung in Forschung und Lehre. In größeren Tageszeitungen wurden in der Welt [9] und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Rezensionen abgedruckt,[10] die beide von einer "Mythenbildung" bzw. "Abstrusität" des Buches sprechen. Die Rezension in der FAZ betont zudem, dass das Buch nicht aufgrund seines - nicht vorhandenen - fachlichen Inhalts besprochen wurde, sondern aufgrund des geschichtsrevisionistischen Phänomens an sich. Eine Rezension von Stefan Scheil in der Wochenzeitung Junge Freiheit hingegen beurteilt Schultze-Rhonofs Werk positiv. [11]

Literatur von Schultze-Rhonhof

Quellen

  1. Vgl. die Erwähnung Sudholts und des Grabert-Verlags im Kapitel "Rechtsextremismus" im Verfassungsschutzbericht 2005, S. 128-130.
  2. Der Krieg, der viele Väter hatte, S. 442-446.
  3. Der Krieg, der viele Väter hatte, S. 564.
  4. Der Krieg, der viele Väter hatte, S. 13.
  5. Der Krieg, der viele Väter hatte, S. 12.
  6. Der Krieg, der viele Väter hatte, S. 13.
  7. Der Krieg, der viele Väter hatte, S. 567-577.
  8. Eigene Aussage Gerd Schultze-Rhonhofs während eines Vortrags (Vortrag zu seinem 2. Buch als Video bei Google)
  9. Sven Felix Kellerhoff: Der Stoff, aus dem die Mythen sind. Nicht nur für Hohmann: Von der Mühe der Historiker, Vor- und Fehlurteile über Juden und Drittes Reich abzubauen. In: Die WELT, 20.3.2003.
  10. Christian Hartmann: Im Generalsblick. Abstruses zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.2003, Nr. 275, S. 8.
  11. Stefan Scheil: Differenzierte Betrachtungen - Gerd Schultze-Rhonhof stellt die immer noch brisante Frage nach den Ursachen des Zweiten Weltkrieges